Offenheit statt Abschottung

Nato-Treffen in Brüssel Offenheit statt Abschottung

"Nicht Abschottung und Mauern sind erfolgreich, sondern offene Gesellschaften, die auf gemeinsamen Werten aufgebaut sind": So die Kanzlerin bei der Einweihung eines Berliner-Mauer-Denkmals vor dem neuen Nato-Gebäude in Brüssel. Den Beitritt der Nato zur "Koalition gegen den IS" bezeichnete Merkel als "starkes Zeichen".

Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht bei der Enthüllung des Berliner Mauer-Denkmals in Brüssel neben Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Merkel: Deutschland wird nicht vergessen, welchen Beitrag die Nato zur Wiedervereinigung geleistet hat.

Foto: Bundesregierung/Steins

"Ich freue mich, dass alle Mitgliedstaaten der Nato noch einmal bekräftigen, dass die Nato der zentrale Pfeiler unserer gemeinsamen Sicherheit ist und wir uns in Solidarität für unsere gemeinsame Sicherheit verbunden fühlen": Das betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Auftakt des Nato-Treffens am Donnerstagnachmittag in Brüssel. Internationaler Terrorismus, Verteidigungsausgaben und die euro-atlantische Sicherheit: Das sind drei Top-Themen bei den Gesprächen der Staats- und Regierungschefs der 28 Nato-Mitgliedstaaten.

Kampf gegen den IS

Die Nato weitet ihren Kampf gegen den Terrorismus deutlich aus. Der Beitritt zur internationalen Koalition gegen die Terrormiliz IS sei "eine starke politische Botschaft", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel. Er kündigte zudem die Einrichtung einer Anti-Terror-Abteilung und die Berufung eines Koordinators für den Bereich an.

Durch den Beitritt der Nato zur Anti-IS-Koalition werden auf Deutschland keine zusätzlichen Aufgaben zukommen, sagte Merkel. "Wobei klar ist, dass damit keine neuen Beiträge Deutschlands über das hinaus, was wir bisher tun, verbunden sind", betonte die Kanzlerin. Die Nato unterstützt die Anti-IS-Koalition bereits im begrenzten Rahmen mit Awacs-Aufklärungsflugzeugen. Merkel betonte das breite Engagement Deutschland für die Nato: Neben der Luftüberwachung in den baltischen Staaten, sei Deutschland auch durch des Einsatz in Afghanistan und im Kampf gegen den IS beteiligt.

Am Rande des Nato-Treffens kam es zu einer bilateralen Begegnung zwischen der Bundeskanzlerin und dem türkischen Präsidenten Erdogan. Dabei ging es um die derzeitigen Belastungen der deutsch-türkischen Beziehungen. Die Kanzlerin wies noch einmal darauf hin, dass es "unabdingbar ist, dass Bundestagsabgeordnete ihre Bundeswehr im Auslandseinsatz besuchen können". Außerdem hat sich die Kanzlerin erneut für eine rechtsstaatliche Behandlung inhaftierter deutscher Staatsbürger eingesetzt und dabei insbesondere die Freilassung von Deniz Yücel gefordert.

Deutschlands Beitrag kann sich "sehen lassen"

Die Staats- und Regierungschefs der Nato haben vereinbart, bis Dezember "Aktionspläne" darüber abzugeben, wie sie höhere Verteidigungsausgaben erreichen können. Konkret sollten diese darlegen, wie die Mitgliedsstaaten ihre entsprechenden Ausgaben bis
zum Jahr 2024 jeweils auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes erhöhen, sagte Nato-Generalsekretär Stoltenberg nach dem Treffen.

"Wir werden hier auch noch einmal die Beschlüsse von Wales bestätigen", sagte Merkel mit Blick auf die Verteidigungsaufgaben. "Ich freue mich, dass der Nato-Generalsekretär auch mit Blick auf Deutschland gesagt hat, dass es gut ist, dass wir in einer großen Koalition unseren Verteidigungsetat erhöht haben und dass damit auch eine bessere Absicherung unserer Beiträge für die Nato möglich ist". Deutschland könne sich mit seinen Beiträgen für die Nato sehen lassen. Deutschland werde nicht vergessen, welchen Beitrag die Nato dazu geleistet hat, dass "unser Land wiedervereint ist. Deshalb werden wir unseren Beitrag zur Sicherheit und zur Solidarität im gemeinsamen Bündnis auch leisten", hob Merkel hervor.

Denkmäler zur Berliner Mauer und Nine-Eleven

Während des Treffens in Brüssel wurden zwei Denkmäler eingeweiht, die im Eingangsbereich des neuen Hauptquartiers ausgestellt sind. Dabei handelt es sich einerseits um zwei Segmente der Berliner Mauer, andererseits um ein Erinnerungsstück an die Terroranschläge vom 11. September 2011 in den USA ("Nine-Eleven"). Merkel betonte mit Blick auf die Mauer-Segmente: "Mit diesem Stück Berliner Mauer haben wir die Geschichte vor Augen, die die Nato während des kalten Krieges über viele Jahrzehnte geprägt hat. Mit diesem Stück Mauer haben wir aber auch etwas vor Augen, was mein Leben viele Jahre bestimmt hat. Es hat sich gezeigt, dass Standfestigkeit auf der einen Seite - ganz besonders auch durch die Nato - und Mut unserer Freunde in Mittel- und Osteuropa und der damaligen DDR dazu geführt haben, dass es die Mauer heute nicht mehr gibt und dass sie ein Erinnerungsstück ist."

Merkel weiter: "Unsere Allianz ist sich einig in dem Bewusstsein der Zusammenarbeit, des Bestehens auf Freiheit und des Vertrauens darauf, dass nicht Abschottung und nicht Mauern erfolgreich sind, sondern offene Gesellschaften, die auf gemeinsamen Werten aufgebaut sind."

Treffen mit Stoltenberg am 11. Mai

Zur Vorbereitung des Gipfels war Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits am 11. Mai mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Berlin zusammengekommen. Wie Stoltenberg schon in Berlin betonte, gehe es bei dem Kampf gegen den IS ausschließlich um Unterstützungsleistungen wie etwa Aufklärungsergebnisse oder Ausbildungsvorhaben wie im Irak, nicht um den Einsatz von Kampftruppen.

Hinsichtlich der Beschlüsse auf den Gipfeltreffen in Wales/Cardiff 2014 und Polen/Warschau 2016 diskutiert die Nato über eine faire Lastenteilung. Die Bundesregierung hat sich damals wie alle anderen Partner dazu verpflichtet, die Verteidigungsausgaben in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigern. "Die gesamte Bundesregierung hat den Beschluss von Cardiff gefasst, und an diesem Beschluss wollen wir jetzt auch festhalten und darauf hinarbeiten", so Merkel.