Merkel verurteilt "grausame Mordserie"

Bundestagsdebatte Merkel verurteilt "grausame Mordserie"

Erneut verurteilte Bundeskanzlerin Angela Merkel die "grausame Mordserie" und die "schrecklichen Gewalttaten" in Deutschland. Zu Beginn ihrer Rede gedachte sie der Opfer und verlas deren Namen. Merkel wandte sich direkt an die Angehörigen: "Unsere Gedanken sind bei Ihnen."

3 Min. Lesedauer

Die Mitglieder der Bundesregierung haben sich neben Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundestag in Berlin zu Ehren der Opfer der Mordserie der Neonazis von den Plätzen erhoben.

Gedenken an Opfer des rechtsextremistischen Terrors

Foto: picture alliance / dpa

In der Generaldebatte des Deutschen Bundestags begrüßte die Bundeskanzlerin die Initiative der Bundesjustizministerin, die Opfer zu entschädigen, als "Zeichen der Verbundenheit". Außerdem dankte Merkel  Bundespräsident Christian Wulff für seine Geste, sich mit Angehörigen der Opfer zu treffen. Damit werde "die Zugewandtheit und Verbundenheit des ganzen Deutschen Volkes" zum Ausdruck gebracht.

"Angriff auf unser demokratisches Gemeinwesen"

Die Existenz der rechtsextremistischen Zelle, die mehr als ein Jahrzehnt im Untergrund agiert habe, sei ohne Beispiel, sagte die Bundeskanzlerin. "Was die Ermittler, die mit ihrer Arbeit erst am Anfang sind, an Perversion im Denken und Handeln, an Menschenfeindlichkeit und Verachtung aus einem verfestigten rechtsextremen Milieu ans Tageslicht bringen, beunruhigt nicht nur mich zutiefst." Die Vorfälle schockierten alle Bürger und seien eine Gefahr für das Ansehen Deutschlands.

"Diese Taten sind nicht mehr und nicht weniger als ein Angriff auf unser demokratisches Gemeinwesen", sagte Merkel. Sie forderte die demokratischen Parteien zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen  rechtsextremistische Ideologien auf. Die gemeinsame, einstimmig verabschiedete Erklärung des Bundestages am Dienstag sei "ein wichtiges Signal" gewesen.

Alle rechtsstaatlichen Mittel prüfen

"Wir nehmen die Gefahren des Rechtsextremismus sehr ernst", betonte Merkel. "Aber wir sollten uns allen den Vorwurf, auf irgendeinem Auge blind zu sein, ersparen. Das treibt nur einen Keil in die Gemeinsamkeit der Demokraten."

Die Bundeskanzlerin erneuerte ihr Versprechen, Politik und Sicherheitsbehörden würden alles tun, um die Taten und deren Hintergründe aufzuklären. Als Konsequenz würden alle rechtsstaatlichen Mittel geprüft. Dazu gehöre auch die schwierige Frage von Parteiverboten.

Versprechen aufzuklären

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hatte in der Debatte über Rechtsextremismus am 22. November 2011 bekräftigt, er gebe "das Versprechen aufzuklären: Das Versprechen, diejenigen zu bestrafen, die schuldig sind und ihre Helfershelfer, und das Versprechen, mit aller Kraft den geistigen Sumpf, der diesen Straftaten zugrunde liegt, auszutrocknen."

Er stünde "mit Entsetzen und Trauer vor den täglich zahlreicher werdenden Erkenntnissen über die Mordserie einer terroristischen Bande", sagte der Innenminister. Die Morde seien "nicht nur ein Angriff auf einzelne Menschen, sondern ein Angriff auf unsere Gesellschaft, auf unsere freiheitliche Ordnung und auf unsere Demokratie". Für Extremismus, politische Gewalt und Fremdenfeindlichkeit dürfe in Deutschland kein Platz sein.

"Auf keinem Auge sind wir blind!"

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte gestern in der Bundestagsdebatte dazu aufgerufen, aufmerksam und wachsam zu sein gegenüber allen Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung: "Egal aus welcher Ecke der Gesellschaft sie kommen". Es bringe nicht weiter, Gefährdungen gegeneinander auszuspielen. Keine Gefahr für den Rechtsstaat werde verharmlost: "Auf keinem Auge sind wir blind – und dürfen es nicht sein!"

Die Bundesregierung werde nicht hinnehmen, dass sich Strukturen und Gedankengut breitmachten, die zur Verletzung von Bürgern anderer Herkunft, anderen Glaubens und anderer Ethnien führten, so die Ministerin.

Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden verbessern

Leutheusser-Schnarrenberger forderte, Versäumnisse "schonungslos" aufzuklären und zu analysieren. Die Innen- und Justizminister ermittelten mit Nachdruck, warum es Informationsdefizite zwischen Bund und Ländern, aber auch zwischen Polizei und Verfassungsschutz gegeben habe.

Friedrich erklärte, die Defizite in der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden von Bund und Länder beheben zu wollen. Nötig sei vor allem eine bessere Zusammenarbeit der Polizeibehörden und Verfassungsschutzämter von Bund und Ländern.

Gemeinsame Erklärung aller Fraktionen

Der Bundestag gedachte gestern zu Beginn seiner Sitzung der Opfer der Mordserie. Die Abgeordneten erhoben sich von ihren Stühlen und Bundestagspräsident Norbert Lammert verlas eine gemeinsame Erklärung. Darin brachte er im Namen aller Mitglieder des Bundestages Trauer und Scham zum Ausdruck. Der Bundestagspräsident versicherte den Angehörigen seine Anteilnahme und wies auf die Verantwortung des Rechtsstaats hin.