Merkel: "Ein Tag der Freude"

Tag der Deutschen Einheit Merkel: "Ein Tag der Freude"

"Vieles in der deutschen Einheit ist uns geglückt. Das sollte uns die Kraft geben, auch die ausstehenden Probleme zu lösen", erklärte Kanzlerin Merkel in Mainz am Rande der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit. Auf dem Bürgerfest informierten sich zahlreiche Interessierte über die Arbeit der Bundesregierung.

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Die geladenen Verfassungsorgane zum Tag der Deutschen Einheit posieren vor dem Mainzer Dom.

"Familienfoto" der Verfassungsorgane vor dem Mainzer Dom.

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in Mainz die Verantwortung Deutschlands betont. "Die freiheitliche Verantwortung" gelte für seine Bürgerinnen und Bürger, "aber auch für Europa und auch dafür, dass es in der Welt besser geht", betonte Merkel am Dienstag vor dem offiziellen Festakt zum Tag der Deutschen Einheit. Deutschland wisse: "Wir können uns von den Ereignissen der Welt nicht abkoppeln, sondern müssen auch dort dafür sorgen, dass es besser wird, dass Globalisierung menschlich gestaltet wird."

Kanzlerin Merkel hob hervor: "Auch 27 Jahre nach dem eigentlichen Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 1990 ist dieser Tag ein Tag der Freude." Für Bundesinnenminister Thomas de Maizière ist der Tag der Deutschen Einheit ebenfalls ein Tag der Freude. Die Kombination von Staatsakt und Bürgerfest jedes Jahr wieder in einem anderen Bundesland nannte er wichtig und "eine gute Tradition".

Steinmeier warnt vor neuen Mauern

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnte in seiner Festrede in Mainz vor neuen Mauern in der Gesellschaft. Er forderte zugleich einen ehrlichen Umgang mit dem Flüchtlingsproblem. "Die große Mauer quer durch unser Land ist weg", sagte Steinmeier. Aber das Wahlergebnis vom
24. September habe gezeigt: "Es sind andere Mauern entstanden, weniger sichtbare, ohne Stacheldraht und Todesstreifen." Gewachsen sei die Sehnsucht nach Heimat, die nicht Nationalisten überlassen werden dürfe.

Der Bundespräsident verlangte Argumente statt Empörung. Die Debatte über Flucht und Migration habe Deutschland aufgewühlt, sei aber auch Folge einer aufgewühlten Welt, sagte Steinmeier. Viele Menschen sagten: "Ich verstehe die Welt nicht mehr." Wer sich nach Heimat sehne, sei nicht von gestern. Aber: "Die Sehnsucht nach Heimat dürfen wir nicht denen überlassen, die Heimat konstruieren als ein "'wir gegen die', als Blödsinn von Blut und Boden".

Dreyer: Brauchen "konstruktiven Streit"

Bundesratspräsidentin Malu Dreyer hält eine neue Dialogkultur für nötig, um Wähler zurückzugewinnen. "Wir brauchen einen konstruktiven Streit, einen Stil, der Probleme erkennt, benennt und fair löst", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin. "Zusammen können wir auch unüberwindlich scheinende Hindernisse überwinden." Bisher prallten die gleichen Positionen unversöhnlich aufeinander. "In manchen Regionen haben Bürger und Bürgerinnen offenbar das Gefühl, ihre Lebensleistung werde nicht gewürdigt und ihre Furcht vor sozialem Abstieg nicht ernstgenommen."

Bürgerfest zog Tausende Interessierte an

Am Montag und Dienstag fand in Mainz zudem das Bürgerfest statt. Im Informationszelt der Bundesregierung und an den Ständen herrschte an beiden Tagen großer Andrang. Insgesamt 47.000 Besucherinnen und Besucher konnten die Bundesministerien und das Bundespresseamt an ihren Ständen begrüßen, davon allein 30.000 am Tag der Einheit selbst. Obwohl streckenweise kein Durchkommen in den Zelten war - die Besucher blieben gelassen. Auch für die nötigen Sicherheitsvorkehrungen zeigten alle Verständnis. "Ist doch klar, das man hier aufpassen muss", sagt eine Frankfurter Studentin.

Viele Besucher freuten sich darüber, direkt mit der Bundesregierung ins Gespräch zu kommen. "Das ist ja eine Ehre, dass die Bundesregierung extra aus Berlin gekommen ist", grüßte ein Mitfünfziger mit einem Lächeln am Eingang des Zeltes. Der freundliche Mainzer stand stellvertretend für das interessierte und aufgeschlossene Publikum. Auffällig, dass nicht nur Einheimische die Gelegenheit zum Besuch bei der Bundesregierung nutzten, sondern viele aus ganz Deutschland bewusst zu den Feierlichkeiten angereist waren. Manche sind gar jedes Jahr dabei. Und alle, ob Jung oder Alt, kamen an den lebendig gestalteten Ständen der Ressorts auf ihre Kosten.

Besucher vor dem Zelt der Bundesregierung am Tag der Deutschen Einheit 2016 in Dresden.

Die Bundesregierung ist auch 2017 bei den Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit vertreten.

Foto: Bundesregierung/Seeger

Gespräche mit zahlreichen Prominenten

Auf der Bühne vor dem Zelt unterhielt die Bundesregierung die Gäste wie gewohnt mit guter Musik, Quizrunden und interessanten Gesprächen. So standen am ersten Tag etwa der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, Schiedsrichterlegende Markus Merk und Fußball-TV-Experte Rainer Callmund Rede und Antwort. Jahn betonte, auch nach 27 Jahren Wiedervereinigung sei der Zugang zu den Akten wichtig für die Demokratie. Er bezeichnete Archive als "Gedächtnis der Nation". Auch heute noch erfolgten monatlich rund 4.000 Anträge auf Akteneinsicht bei seiner Behörde. Besonders an die Jüngeren im Publikum appellierte Jahn, sich politisch zu engagieren. Das sei eine Chance, Demokratie lebendig mitzugestalten.

Einheitsfeier 2018 in Berlin

Auch Müller betonte, dass sich der Tag der Deutschen Einheit insbesondere auch an die Jugend richten müsse. Für die, die den Mauerfall selbst nicht erlebt hätten, müsse man "Geschichte erlebbar machen". Berlin übernimmt ab November von Rheinland-Pfalz die Präsidentschaft im Bundesrat. Müller nutzte die Gelegenheit, die Besucher nächstes Jahr zur Einheitsfeier nach Berlin einzuladen. Für seine Präsidentschaft kündigte der Regierende Bürgermeister an, einen Schwerpunkt auf das Thema Digitalisierung zu legen. Davon seien alle Menschen und alle Lebensbereiche betroffen.

Hamburg präsentiert sich auf der Ländermeile zum Tag der Deutschen Einheit.

Ländermeile zum Tag der Deutschen Einheit.

Foto: Staatskanzlei Rheinland-Pfalz/Facebook

Am Dienstag nahmen unter anderem Bundesinnenminister Thomas de Maizière, Familien- und Arbeitsministerin Katarina Barley, die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke sowie die beiden stellvertretenden Regierungssprecher Ulrike Demmer und Georg Streiter als Gesprächsgäste teil.

Willkommen am Kabinettstisch

Im Informationszelt konnten sich Interessierte über die Pläne und Schwerpunktthemen der Bundesregierung informieren und viel Wissenswertes über die Aufgaben und Arbeitsweisen der Ministerien erfahren.

Planspiel zum Tag der Deutschen Einheit.

Einmal am Kabinettstisch Platz nehmen: Besucher beim Tag der Deutschen Einheit in Mainz.

Foto: Jürgen Kornaker

Highlight für viele Besucher: Einmal selbst Mitglied des Bundeskabinetts sein. In einem Planspiel konnte man in die Rolle einer Ministerin oder eines Ministers schlüpfen und am Kabinettstisch seine Standpunkte und Projekte vertreten. Nähere Informationen dazu finden Sie hier .

Feier erinnert an "glücklichen Moment der Geschichte"

Bereits im Vorfeld des Tags der Deutschen Einheit hatte Kanzlerin Merkel betont: Auch 27 Jahre nach der Wiedervereinigung sei es für Jung und Alt gleichermaßen wichtig, daran zu erinnern, dass Deutschland hiermit "einen sehr glücklichen Moment seiner Geschichte erlebt hat", sagt die Bundeskanzlerin in ihrem neuen Video-Podcast .

Gleichwohl habe Deutschland sein Ziel, vollkommen gleichwertige Lebensbedingungen zu schaffen, noch nicht erreicht. "Ja, wir haben noch einige strukturelle Probleme", beispielsweise die unterschiedliche Vermögenssituation von Menschen in den neuen und alten Bundesländern, so Merkel. Für die Kanzlerin bedeutet das, die neuen Länder im Bund-Länder-Finanzausgleich ab 2020 weiter strukturell zu unterstützen. Sie erinnert gleichzeitig daran, dass es strukturschwache Regionen auch in den alten Ländern gibt.

Gastgeber des Festaktes zum Tag der Deutschen Einheit und des Bürgerfestes ist stets das Bundesland, das in diesem Jahr den Vorsitz im Bundesrat hat. 2018 findet der Tag der Deutschen Einheit daher in Berlin statt, 2019 ist Schleswig-Holstein an der Reihe.