Brücken für friedliche Lösung bauen

Proteste in der Ukraine Brücken für friedliche Lösung bauen

Zusammen mit ihren europäischen Partnern setzt sich die Bundesregierung weiter für eine friedliche Lösung des Konflikts in der Ukraine ein. Sie tut dies in engem Zusammenwirken mit Polen, betonte Bundeskanzlerin Merkel nach ihrem Meinungsaustausch mit Ministerpräsident Donald Tusk in Berlin.

3 Min. Lesedauer

Demonstranten in Kiew

Merkel: "Hoher Veränderungsbedarf in der Ukraine"

Foto: picture alliance / dpa

Die Kanzlerin stellte nach der Unterredung mit ihrem polnischen Amtskollegen am 31. Januar klar, aus gutem Grund sei die angespannte Situation in der Ukraine das absolute Hauptthema gewesen. Zwischen den beiden Regierungschefs habe es "hundertprozentige Übereinstimmung" gegeben, wie wichtig das gemeinsame Vorgehen der Europäischen Union jetzt sei.

Große Übereinstimmung in der Europäischen Union

Europa müsse mit einer Stimme sprechen und tue dies auch. Dies zeigten die Gespräche der Hohen Außenbeauftragten der EU, Lady Ashton, und des EU-Erweiterungskommissars Füle ebenso wie die zahlreicher EU-Parlamentarier in Kiew.

Inzwischen ist die EU-Außenbeauftragte erneut nach Kiew gereist, um dort zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Die Bundesregierung wird die Bemühungen Ashtons mit voller Kraft unterstützen.

Auch Ministerpräsident Tusk schätzte das Engagement der EU in der Ukraine als "außergewöhnlich" ein. Seine bisherigen Gespräche mit führenden Politikern anderer EU-Staaten seien eine Bestätigung für die "wirklich einmalige" Übereinstimmung im Vorgehen.

Video Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und Ministerpräsident Tusk

Dringender Veränderungsbedarf in der Ukraine

Merkel erläuterte mit Zustimmung Tusks, Deutschland wie Polen suchten bilaterale Kontakte sowohl zur Opposition als auch zu Staatspräsident Janukowitsch und der ukrainischen Administration. Es gehe darum, "dafür Sorge zu tragen, dass die Entwicklungen friedlich gestaltet werden können".

"Wir halten die Anliegen der Opposition für berechtigt", betonte die Kanzlerin. Es müsse möglich sein, friedlich zu demonstrieren und seine Meinung zu sagen. Denn es gebe "einen hohen Veränderungsbedarf in der Ukraine". Wichtig sei, dass die Opposition ihre Forderungen formuliere. Die EU ihrerseits werde "alles daransetzen, dass keine Gewalt überhand gewinnt."

Worten müssen Taten folgen

Die Kanzlerin sagte, Deutschland werde seinen Einfluss so weit wie möglich darauf lenken, "dass Brücken gebaut werden in einer so komplizierten Situation". Dass dies nicht nur das Anliegen der Menschen auf dem Maidan-Platz sei, sondern in weiten Teilen der Ukraine, hätten die vergangenen Tage gezeigt.

Es sei daher ein wichtiger Schritt gewesen, dass Präsident Janukowitsch zugesagt habe, er wolle die Anti-Demonstrationsgesetze aufheben und die rechtliche Grundlage für eine Amnestie für inhaftierte Demonstranten schaffen, so Merkel.

Allerdings sei heute festzustellen: Das ukrainische Parlament habe zwar entsprechende Gesetze verabschiedet, aber keines dieser Gesetze sei bisher unterschrieben worden. "Dass heißt, die erste Aufforderung ist, dass den Worten nun auch Taten folgen müssen", betonte die Kanzlerin.

Demonstrationen müssen möglich sein

Zweitens habe das verabschiedete Amnestiegesetz "natürlich eine Gegenbedingung", die aus ihrer Sicht "sehr schwierig sei": die totale Räumung des von der Opposition angemieteten Gewerkschaftsgebäudes auf dem Maidan-Platz in Kiew. Deshalb habe sie großes Verständnis, dass die Opposition diese nicht erfüllen könne.

Es sei richtig, dass Regierungsgebäude geräumt werden müssen, sagte Merkel. Aber: "Es muss für die Opposition eine Möglichkeit geben, die Demonstrationen auch durchführen zu können. Ansonsten ist es wieder ein faktisches Demonstrationsverbot."

In ihrem Telefonat mit Staatspräsident Janukowitsch am Mittwochnachmittag habe sie ihm mitgeteilt, "dass ich dies für eine essenzielle Forderung halte", stellte Merkel klar. Sie habe es deshalb sehr bedauert, dass die Verabschiedung des Gesetzes in einer Weise erfolgt sei, die aus ihrer Sicht "noch nicht die Brücke baut, die wir brauchen, um eine weitere friedliche Entwicklung voranzubringen."

Tür für EU-Assoziierungsabkommen bleibt offen

"Wir werden von unserer Seite alles unterstützen, was in eine richtige Veränderung geht", versprach die Kanzlerin. Ministerpräsident Tusk und sie stimmten darin überein, "die Tür zur Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens ist weiter offen".

Dies habe sie Präsident Janukowitsch in ihrem letzten Telefonat "noch einmal ganz deutlich gesagt", so Merkel, und daran habe sich nichts geändert. Fortschritte in dieser Frage "würden auch viele Menschen in der Ukraine beruhigen", denn Ausgangspunkt der Demonstrationen sei die eindeutige Haltung vieler Menschen in der Ukraine gewesen, die gesagt hätten, wir wollen einen engeren Kontakt zu Europa.

Sanktionen derzeit kein Thema

Die EU habe der Ukraine im Zusammenhang mit dem Assoziierungsabkommen "umfangreiche Hilfen angeboten - weitergehende Fragen stellen sich im Augenblick nicht", so die Kanzlerin mit Blick auf mögliche Sanktionen. Vielmehr sei sie sich mit Ministerpräsident Tusk einig, dass die "Gesprächsfäden zwischen Opposition und Administration nicht völlig gekappt werden."

"Wir sprechen mit beiden Seiten", denn "ohne Gespräche wird es keine friedliche Lösung geben" betonte die Kanzlerin. Damit sei man ausgelastet. Deshalb stünden "andere Dinge im Augenblick für mich nicht auf der Tagesordnung - ich sage ganz ausdrücklich: im Augenblick", so die Kanzlerin.