Gutes Zusammenleben – klare Regeln

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Integrationsgipfel Gutes Zusammenleben – klare Regeln

Die Bundesregierung hat zu einem Integrationsgipfel eingeladen. Mit 70 Gästen aus Politik und Gesellschaft tagt der Gipfel im Kanzleramt. Ziel ist es, einen nationalen Integrationsplan zu erarbeiten. Das Bundeskabinett verabschiedete dazu eine Erklärung, die von der Integrationsbeauftragten Maria Böhmer vorgelegt wurde. Diese Erklärung ist die Positionsbestimmung der Bundesregierung im Vorfeld des Gipfels. Der Text im Wortlaut:

5 Min. Lesedauer

Gutes Zusammenleben – klare Regeln

– Start in die Erarbeitung eines Nationalen Integrationsplans –

Schlüsselaufgabe Integration

Die Integration von Zuwanderern ist eine der großen politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Deutschland. Die Bundesregierung sieht darin eine politische Schlüsselaufgabe.

Deutschland ist nicht erst seit der Anwerbung der „Gastarbeiter“ Ziel von Zuwanderung. Unser Land blickt auf eine lange und prägende Migrationstradition mit zahlreichen Beispielen erfolgreicher Integration zurück. Wir sollten diesen historischen Erfahrungsschatz stärker als bisher für einen positiven und pragmatischen Umgang mit Zuwanderung und Integration nutzen.

Zuwanderung rückläufig

Heute leben in Deutschland rund fünfzehn Millionen Menschen, die einen Migrationshintergrund haben oder als Spätaussiedler zu uns gekommen sind. Dies ist fast ein Fünftel der Bevölkerung in unserem Land. Der überwiegende Teil dieser Menschen hat längst seinen Platz in unserer Gesellschaft gefunden und ist voll integriert. Im Jahr 2010 wird möglicherweise in den großen deutschen Städten bereits jeder Zweite unter vierzig Jahren einen Migrationshintergrund haben.

Die Zahl der Neuzuwandernden geht indes in den letzten Jahren stetig zurück. Im Jahr 2005 kamen rund 110.000 Menschen aus Nicht-EU-Staaten aus Gründen des Familiennachzugs, als Spätaussiedler, jüdische Zuwanderer oder als Arbeitsmigranten mit der Perspektive auf Daueraufenthalt nach Deutschland; in den Jahren 2002 bis 2004 lag die Zahl der Neuzuwandernden noch um 20.000 bis 80.000 pro Jahr höher.

Potenziale nutzen

Hinter den Begriffen Migration und Integration verbergen sich sehr unterschiedliche Lebenswirklichkeiten. Es macht einen Unterschied, ob Männer oder Frauen, freiwillig oder unfreiwillig, als deutschstämmige Aussiedler oder als Angehörige anderer Nationen, aus einem verwandten oder sehr fernen Kulturkreis, alleine oder mit ihrer ganzen Familie zu uns kommen. Familie kann einerseits Integrationsmotor, andererseits aber auch Integrationsbremse für den Zugang zur Aufnahmegesellschaft sein. Wenn sich Zugewanderte in kulturell geschlossenen Systemen bewegen, in denen sie die deutsche Sprache nicht brauchen, können sich Spracherwerb und Überwindung der Fremdheit verzögern. Integrationspolitik muss daher verstärkt die ganze Familie in den Blick nehmen.

Angesichts des demographischen Wandels und des wachsenden weltweiten Wettbewerbs um die besten Köpfe müssen wir auch zukünftig Zuwanderung gezielt für die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen Deutschlands nutzen. Auch dafür ist eine nachhaltige Integrationspolitik dringend erforderlich. Zuwandernde haben wesentlich zur wirtschaftlichen Kraft und kulturellen Vielfalt Deutschlands beigetragen. Dazu zählen auch rund 300.000 Unternehmer, die eine Million Arbeitsplätze geschaffen haben.

Zuwanderung der Besten

Die Zuwanderung, insbesondere der „Gastarbeiter“ in den fünfziger und sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts, war dadurch gekennzeichnet, dass in erster Linie Menschen mit einem geringem Bildungsgrad nach Deutschland kamen, die überwiegend einfache Tätigkeiten ausübten.

Viele Migrantinnen und Migranten sind in der Zwischenzeit zu „Aufsteigern“ in unserer Gesellschaft geworden. Andere sind vom Wandel am Arbeitsmarkt betroffen, der mehr und mehr qualifizierte Arbeitskräfte verlangt. Dem muss neben der Integrations- auch die Zuwanderungspolitik gerecht werden: Zuwanderung der Besten und jedenfalls derjenigen, die für ihren Unterhalt sorgen können.

Integrationsdefizite in der 2. und 3. Generation

In der jüngsten Zeit müssen wir aber feststellen, dass gerade bei der zweiten und dritten Generation deutliche Integrationsdefizite bestehen. Zu nennen sind in erster Linie die mangelnde Beherrschung der deutschen Sprache, Schwächen in Bildung und Ausbildung, eine höhere Arbeitslosigkeit und die fehlende Akzeptanz von Grundregeln unseres Zusammenlebens bis hin zur Verletzung von Gesetzen, nicht zuletzt von Frauenrechten. Für die Zukunft der Menschen in unserem Land wird es von entscheidender Bedeutung sein, dass alle bereit und willens sind, diese Defizite zu beheben.

Wir müssen verhindern, dass eine „verlorene Generation“ entsteht. Integrationsdefizite bergen die Gefahr, dass aus einem Miteinander ein Nebeneinander und im schlimmsten Fall sogar ein Gegeneinander wird. Voraussetzung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einem weltoffenen Land, in dem Menschen unterschiedlichster Herkunft friedlich und rechtstreu miteinander und in gegenseitiger Achtung leben, ist Integration.

Teilhabe und Verantwortung

Erfolgreiche Integration bedeutet Identifikation, Teilhabe und Verantwortung. Dafür sind Anstrengungen seitens des Staates, der bürgerschaftlichen Gesellschaft und der Migranten und Migrantinnen selbst notwendig. Maßgebend ist zum einen die Bereitschaft der Zuwandernden, sich auf ein Leben in unserer Gesellschaft einzulassen, unser Grundgesetz und unsere gesamte Rechtsordnung vorbehaltlos zu akzeptieren und insbesondere durch das Erlernen der deutschen Sprache ein sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit zu Deutschland zu setzen. Dies erfordert Eigeninitiative, Fleiß und Eigenverantwortung.

Auf Seiten der Aufnahmegesellschaft benötigen wir dafür Akzeptanz, Toleranz, zivilgesellschaftliches Engagement und die Bereitschaft, Menschen, die rechtmäßig bei uns leben, ehrlich willkommen zu heißen.

Es gilt, ein gemeinsames Verständnis von Integration zu entwickeln, das wechselseitige Pflichten und Rechte begründet: für Migrantinnen und Migranten wie für die heimische Bevölkerung. Wer Forderungen stellt, muss auch fördern. Wer Rechte beansprucht, muss auch Pflichten erfüllen. Grundlage ist neben unseren Wertvorstellungen und unserem kulturellen Selbstverständnis unsere freiheitliche und demokratische Ordnung, wie sie sich aus der deutschen und europäischen Geschichte entwickelt hat und im Grundgesetz ihre verfassungsrechtliche Ausprägung findet.

Integrationsbereitschaft einfordern

Mit dem Aufenthaltsgesetz ist ein erster wichtiger Schritt hin zur systematischen Integrationsförderung von rechtmäßig auf Dauer im Bundesgebiet lebenden Migrantinnen und Migranten getan worden. Die Bundesregierung hat sich zu ihrer Verantwortung für die Sprachförderung der Zugewanderten und deren Orientierung über Recht, Kultur, Geschichte und das Staatswesen Deutschlands bekannt. Indem wir Menschen, die neu zu uns kommen, ein bestimmtes Maß an Integrationsbemühungen abverlangen, befördern wir auch Akzeptanz für Migration in der Aufnahmegesellschaft.

Auftakt zum Dialog

Hieran wollen wir anknüpfen und Maßnahmen auf allen Ebenen von Staat und Gesellschaft zusammenführen und bündeln. Die Bundeskanzlerin hat deshalb erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu einem Integrationsgipfel eingeladen, an dem Migrantinnen und Migranten sowie Vertreter aller politischen Ebenen und gesellschaftlichen Gruppen teilnehmen. Der Gipfel ist Auftakt zu einem fortlaufenden Dialog, als dessen Abschluss ein Nationaler Integrationsplan mit klaren Zielen, konkreten Maßnahmen und Selbstverpflichtungen als Grundlage einer nachhaltigen Integrationspolitik erarbeitet werden soll.

Integrationsplan erarbeiten

Zur Vorbereitung des Nationalen Integrationsplans werden Arbeitsgruppen eingerichtet, in denen unter Leitung der jeweiligen Bundesministerien konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Bedingungen für Integration erarbeitet werden. Begleitend richten wir ein Forum für Integration ein, in dem Vertreter der Migrantinnen und Migranten, gesellschaftlicher Gruppen, der Wirtschaft, der Gewerkschaften, der Kirchen, der Wissenschaft, der Kultur und der Medien in einem Dialog miteinander stehen.

Ziele

Die Bundesregierung will auf den folgenden sechs Handlungsfeldern Fortschritte erzielen, um Integration zu verbessern:

  • Integrationskurse weiterentwickeln
  • Von Anfang an deutsche Sprache fördern
  • Gute Bildung und Ausbildung sichern, Arbeitsmarktchancen erhöhen
  • Lebenssituation von Frauen und Mädchen verbessern, Gleichberechtigung verwirklichen
  • Integration vor Ort unterstützen
  • Bürgergesellschaft stärken