Rede der Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Dr. Ursula von der Leyen,

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Herr Präsident!
Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Dann fangen wir einmal an mit der Bilanz, die Sie, Frau Pothmer, gerade eingefordert haben. Das ist eine Bilanz, die sich sehen lassen kann:

Wir haben in Deutschland so viel Beschäftigung wie noch nie. Wir haben die geringste Arbeitslosigkeit seit der Wiedervereinigung. Wir haben die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Dafür werden wir international hoch anerkannt. Das sind nachhaltige Entwicklungen.

Wir haben seit 2005 einen Rekord bei den Erwerbstätigen. Wir haben einen Rekord bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Übrigens, der Anteil der erwerbstätigen über 55-Jährigen ist auf 60 Prozent gestiegen, der Anteil der erwerbstätigen über 60-Jährigen ist auf 44 Prozent gestiegen. Wir haben damit in Europa Platz zwei hinter Schweden. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht, Frau Pothmer. Wir haben die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen halbiert. Wir haben die Zahl der Langzeitarbeitslosen gesenkt, und zwar um 40 Prozent seit 2007.

Das sind die Fakten in dem Land, in dem Angela Merkel seit sieben Jahren Kanzlerin ist. Darauf sind wir stolz.

Wir haben übrigens auch in der Grundsicherung nachhaltige, langfristige Erfolgszahlen. Die Hilfequote ist heute so niedrig wie noch nie seit Einführung von Hartz IV; das muss man der Opposition einmal sagen. Wir haben die Hilfequote gesenkt. Wir haben rund 450.000 Bedarfsgemeinschaften in Hartz IV weniger als 2007. Wir haben rund eine Viertelmillion Kinder weniger in Hartz IV, und das ist etwas, worüber wir uns freuen. Das ist der richtige Weg. Wir haben 900.000 Menschen aus der Grundsicherung herausgeholt und ihnen den Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt ermöglicht.

Das zeigt, dass wir es mit Fordern und Fördern ernst meinen, dass wir den Menschen wirklich eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt geben, dass wir mehr Arbeitsangebote machen können. Wir haben inzwischen einen besseren Betreuungsschlüssel in den Jobcentern. Die Arbeitsmarktdaten sind der beste Beweis dafür, dass unsere Politik stimmig ist.

Es sind die Reformen der letzten Jahre, die sich als richtig erwiesen haben. Es sind die Arbeitsmarktreformen vom Anfang des letzten Jahrzehnts, von denen Sie sich gerade förmlich im Schweinsgalopp verabschieden. Es ist im Übrigen die Jobcenterreform, die Sie nicht geschafft haben. Wir haben diese Reform zum Abschluss gebracht. Heute stehen die Jobcenter deshalb hervorragend da.

Wir haben die Zeitarbeit als flexibles Instrument erhalten, aber wir haben sie reguliert. Das war nötig, Stichworte „Drehtürklausel“ und „Mindestlohn“. Das heißt, wir haben die schlechten Anteile des rot-grünen Gesetzes korrigiert. Das war nötig.

Wir haben in der Tat das SGB II reformiert und das Bildungspaket eingeführt. Ich freue mich, dass Sie mehr davon fordern, Frau Pothmer. Es ist der richtige Weg, den wir gegangen sind. Wir haben den Übergang von Schule in den Beruf neu geordnet. Es spricht Bände, dass sich Europa in diesen Tagen genau nach diesen Erfolgsrezepten ausrichtet, aber die Opposition sich davon verabschiedet und eine Rolle rückwärts macht.

Wir stehen zu diesem Erfolgspfad. Wir stehen zu den Arbeitsmarktreformen, und wir stehen auch zu der schrittweisen Einführung von Arbeit bis 67.

Wir haben uns einmal angeschaut, was Sie auf den letzten Parteitagen beziehungsweise die SPD in ihrem Rentenpapier beschlossen haben.

Die Grünen haben auf ihrem Parteitag beschlossen, den Regelsatz auf 420 Euro zu erhöhen. Das betrifft Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, steuerlichen Grundfreibetrag. Die Grünen haben beschlossen: auf einen Schlag acht Milliarden Euro Kosten mehr und auf einen Schlag 1,5 Millionen Menschen in Hartz IV mehr. Das müssen Sie nicht nur denen erklären, die Sie jetzt neuerdings zu Bedürftigen machen, sondern auch den Menschen, die jeden Tag aufstehen und fleißig dafür arbeiten, dass dieses Geld dann auch in der Kasse klingelt.

Das war ein ausführliches Statement, Herr Kurth. – Da Sie das Bundesverfassungsgericht bemüht haben, bitte ich Sie, Folgendes zur Kenntnis zu nehmen:

Erstens. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil zum Asylbewerberleistungsgesetz explizit auf unser gutes Gesetz Bezug genommen und damit indirekt bestätigt, dass diese Rechnungen richtig sind.

Zweitens. Kommen wir zum Rentenpapier der SPD. Wir stellen fest, dass die SPD in ihrem Rentenpapier die Rentenpolitik von Schröder und Müntefering rückabgewickelt hat.

– Es war die Frage von Herrn Kurth nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil und danach, ob wir zur Kenntnis nehmen, dass seine Ausführungen richtig seien, Frau Haßelmann.

Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichtes zu den Hartz-IV-Regelsätzen, nach denen Sie gefragt haben, richtig sind, so wie wir sie berechnet haben. Ich kann aber gerne, Herr Präsident, diesen Satz noch dreimal wiederholen, falls Herr Kurth es nicht versteht.

Jetzt zu den Rentenplänen der SPD. Ich merke, wenn Sie versuchen, immer wieder auf Herrn Kurth abzulenken, dann, weil Sie Angst davor haben, dass wir Ihnen jetzt sagen, was in Ihren Papieren steht. In Ihren Papieren steht nämlich – ich finde das ganz spannend –:

Erstens. Alles, was Schröder und Müntefering in der Rentenpolitik gemacht haben, wird wieder rückabgewickelt. Der Gedanke von Generationengerechtigkeit – nicht drin! Beitragszahler werden massiv belastet. Ich zähle es Ihnen einmal auf: Erwerbsminderungsrente, Teilrente, abschlagsfreier Zugang, Aussetzung der Rente mit 67, Anhebung des Sicherungsniveaus, Solidarrente. Kostenpunkt 2030: 90 Milliarden Euro. Wie verträgt sich das eigentlich mit der Beinfreiheit des Kandidaten? Diese Frage stellen wir uns gemeinsam.

Für uns bleibt nach wie vor nicht das Ziel, mehr Menschen in Hartz IV zu bringen, nicht das Ziel, die junge Generation mehr zu belasten, wie es offensichtlich Ihre Ziele sind. Unsere Ziele bleiben, die Langzeitarbeitslosigkeit abzubauen und Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Deshalb stehen acht Milliarden Euro für Eingliederung und Verwaltung bereit. Das sind pro Arbeitslosen genauso viel Mittel wie vor der Wirtschafts- und Finanzkrise in 2008 und deutlich mehr, als es 2006 der Fall war. Wir setzen die Akzente auf Bildung, auf Ausbildung und Weiterbildung. Der Eingliederungstitel der Bundesagentur für Arbeit bleibt nicht nur stabil. Er wächst. 2013 stehen 800 Millionen Euro mehr zur Verfügung, als das voraussichtliche Ist für 2012 – also das, was tatsächlich gebraucht wird – beträgt.

Frau Hagedorn, Sie haben die Bundesagentur für Arbeit als Zitrone bezeichnet. Nein, die Bundesagentur für Arbeit ist keine Zitrone, und die Unkenrufe aus dem Frühjahr, als Sie uns sagten, welche Defizite entstehen würden, haben sich nicht bestätigt. Die BA braucht keine Zuschüsse. Sie hat 2,1 Milliarden Euro Überschuss. Das ist der richtige Weg. Sie geht sogar selbst davon aus, dass wir 2017 wieder sechs Milliarden Euro Rücklage in der BA aufgebaut haben.

Ich möchte noch einmal zur Rente Stellung nehmen, was unsere eigenen Pläne angeht. Das Rentensystem ist gut aufgestellt. Wir sind der Meinung, dass wir mit der gesetzlichen und der privaten oder betrieblichen Absicherung das Risiko auf zwei Beine verteilt haben, aber auch die Chancen auf zwei Beine verteilt haben. Dafür werden wir weltweit gelobt. Wenn das Rentenniveau zum Schutz der jungen Erwerbstätigen sinkt, dann ist unsere Antwort nicht, dass wir das gesamte Niveau wieder erhöhen nach dem Motto: Vor allem die hohen und mittleren Renten bekommen etwas, aber – nach uns die Sintflut! – die Jungen können das bezahlen.

Wir wollen gezielt für die Geringverdiener etwas tun. Wer jahrzehntelang in den Generationenvertrag eingezahlt hat, ihn durch Beiträge oder Kindererziehung sichert, und wer privat oder betrieblich vorsorgt – wir halten beide Formen der Vorsorge für richtig –, muss im Alter eine Rente aus dem Rentensystem erhalten. Deshalb führen wir die Lebensleistungsrente ein.

Wir werden die Höhe der Entgeltpunkte festlegen. Das ist im Rentensystem üblich. Die Niedrigrenten werden durch Steuermittel aufgewertet. Dabei wird die private und betriebliche Vorsorge nicht verrechnet. Wir wollen nicht, dass Bezieher von Niedrigrenten umsonst in die private oder die betriebliche Vorsorge eingezahlt haben, sondern wir wollen einen Anreiz für sie schaffen, sozialversicherungspflichtig zu arbeiten. Außerdem wollen wir einen Anreiz für sie schaffen, private und betriebliche Vorsorge zu betreiben.

Nach unserer Vorstellung muss nach wie vor gelten: Es muss einen Unterschied machen, ob man sich anstrengt oder nicht. Das gilt für den Arbeitsmarkt genauso wie für die Rente. Deshalb ist dieser Haushalt gut aufgestellt.