Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel und dem ukrainischen Ministerpräsidenten Wolodymir Boryssowitsch Hroisman

MP Hroisman: Guten Tag, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin! Ich bin sehr froh, dass ich Sie in der Ukraine und bei der ukrainischen Regierung begrüßen kann. Als Erstes möchte ich meine Dankbarkeit für Ihre Beteiligung an der Stärkung der Ukraine in der Überwindung der außerordentlich großen Herausforderungen, die in dieser wichtigen historischen Periode vor dem ukrainischen Staat stehen, ausdrücken. Seit dem ersten Tag der russischen Aggression, dieser großen Belastung, haben wir Ihre Stärke, Ihre Verteidigung der Ukraine und des internationalen Rechts gespürt. Wir sind Ihnen dankbar für die große Aufmerksamkeit, die Sie der Ukraine schenken. Wir sind Deutschland als unserem wichtigsten strategischen Partner sehr dankbar.

Ich muss auch unterstreichen, dass wir einen sehr großen Fortschritt in den bilateralen Beziehungen zu verzeichnen haben. Hier spielt Ihre persönliche Rolle und die Rolle Deutschlands bei der Unterstützung des Reformprojektes in der Ukraine eine große Rolle. Als wir nach der Revolution der Bürger die Arbeit der neuen Regierung begonnen haben, war es eine sehr wichtige Initiative zur Unterstützung der Ostukraine, die sehr schnell und sehr praktisch durchgeführt wurde. Wir konnten die Herausforderungen, vor denen wir standen, sehr schnell bewältigen. Das war auch sehr wichtig für uns.

Ich möchte auch anmerken, dass Ihre Unterstützung sehr wichtig ist, und zwar in allen Bereichen, die die Veränderung in der Ukraine betreffen. Aber im Jahre 2015 habe ich damals als Bürgermeister die Dezentralisierungsreform in der Ukraine mit begonnen. Ich kann sagen, dass sich die deutsche Regierung und Sie persönlich damals sehr für diese Reformen eingesetzt haben. Ihr Sondergesandter, Herr Milbradt, spielt eine sehr positive Rolle dabei, diese Reformen voranzubringen.

Wir werden in diesem Monat einen Aufsichtsrat für den Energieeffizienzfonds in der Ukraine zusammenstellen. Das ist erstmalig ein solches Instrument, das in der Ukraine geschaffen wurde, für die Förderung der Energieeffizienz. Ich bin sehr froh darüber, dass sich Deutschland so aktiv an der Erschaffung dieser so wichtigen Einrichtung beteiligt hat.

Wir konzentrieren uns auf die finanzielle Stabilität, auf das Wirtschaftswachstum in der Ukraine. Das ist ein ganz wichtiges Signal. Wir brauchen ein Wachstumswunder in der Ukraine. Damit sich die Wirtschaft entwickeln und stärker werden kann, ist die deutsche Wirtschaft für uns sehr wichtig. Sie ist in der Ukraine aktiv; unser gegenseitiger Handel wächst. Ich denke, dass wir in den nächsten Jahren auf ein Niveau von ca. 10 Milliarden im gegenseitigen Handel kommen können.

Es geht auch um Fragen von Änderungen im Bildungssystem und die Gesundheitsreform. Dort werden Entscheidungen benötigt. Es geht um eine neue Qualität im Energiesektor. Auch hier arbeiten wir unter anderem mit deutscher Unterstützung, mit der Unterstützung deutscher Unternehmer. Ich werde Ende November am dritten deutsch-ukrainischen Wirtschaftsforum in Berlin teilnehmen. Wir haben sehr aktiv begonnen, daran zu arbeiten, auch unter Beteiligung der deutsch-ukrainischen Außenhandelskammer.

Wir sind in einer sehr guten Dimension unserer Zusammenarbeit angelangt. Ihr Besuch ist ein gutes Zeichen für die Zukunft. Nochmals vielen Dank dafür, dass Sie heute in der Ukraine sind!

BK’in Merkel: Danke schön, Herr Ministerpräsident! Ich freue mich natürlich, dass wir hier in Ihrem Land sein können und dass wir auch sehen können, dass sich in den vergangenen vier Jahren sehr viel verändert hat. Es ist richtig, dass wir sehr enge und sehr freundschaftliche Beziehungen haben und dass sich Deutschland dafür einsetzt, dass die territoriale Integrität der Ukraine gesichert ist, aber auch dafür, dass die wirtschaftliche Entwicklung gut vorangeht. Wir wissen, dass das zum Teil ein sehr schmerzhafter Prozess ist, der der Ukraine sehr viele Reformen abverlangt. Deshalb ist Ihre Arbeit wirklich nicht jeden Tag leicht, sondern zum Teil sehr, sehr schwer. Wir versuchen Unterstützung zu geben, sowohl im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit als auch im Bereich der wirtschaftlichen Hilfe. Gerade der ungebundene Finanzkredit ist ein Beitrag, der gerade die sehr schwierige Haushaltslage so verändern soll, dass Investitionen getätigt werden können.

Wir können heute auch eine Zusage machen, dass wir die Exzellenz in der Wissenschaft mehr fördern als bisher, jedes Jahr mit zwei Millionen Euro, sodass Wissenschaftler hier auch Exzellenzcluster bilden können. Denn Innovation ist von allergrößter Wichtigkeit.

Wir haben mit Herrn Milbradt einen deutschen Experten geschickt, der sich bei den Fragen der Dezentralisierung auskennt. Ich freue mich, dass die Regierung auch sehr eng zusammenarbeitet und, denke ich, seine Arbeit schätzt. Ich werde mich heute selbst noch von den Projekten, die dort in Angriff genommen wurden, überzeugen.

Wir sind auch sehr eng mit dabei, wenn es um die Entwicklungszusammenarbeit geht. Denn die Ukraine steht ja vor riesigen Herausforderungen durch die 1,6 Millionen binnenvertriebenen Ukrainer infolge des russischen Angriffs auf die Regionen Donezk und Lugansk. Insofern ist es sehr gut, dass wir jetzt auch noch einmal mehr Mittel für Berufsausbildung und für Wohnungen zur Verfügung stellen können. Auch das habe ich gerade schon beim Präsidenten gesagt.

Ende November haben wir in der Tat das dritte Wirtschaftsforum. Ich denke, dass die Wirtschaft sehr stark engagiert ist. Die Gründung der Außenhandelskammer vor einigen Jahren hat sich rentiert.

Wir wissen ja, dass die staatliche Hilfe nur das eine ist. Wir können auch mit Expertise zur Seite stehen. Aber alles kann nur dann auf dauerhaft nachhaltige Füße gestellt werden, wenn es gelingt, auch die Wirtschaft voranzubringen. Hierfür ist natürlich der Kampf gegen die Korruption sehr wichtig. Die Wirtschaft will transparente Bedingungen. Wir wissen, dass dieser Kampf in der Ukraine geführt wird, auch wenn er nicht ganz einfach ist.

Insofern kann ich mir vorstellen, dass Ihre Regierung oft auch eine Menge Sorgen hat. Aber umso mehr und umso enger sollten wir zusammenarbeiten. Danke, dass wir das heute hier auch zeigen können!