Pressestatement von Bundeskanzlerin Merkel zum Besuch beim Präsidenten der Hellenischen Republik

BK'in Merkel: Sehr geehrter Herr Präsident, ich möchte mich für den freundschaftlichen Empfang bedanken. Ich erinnere mich sehr gut an unser Treffen in Berlin. Ich denke, dass man sagen kann, dass sich in der Zwischenzeit in den deutsch-griechischen Beziehungen doch vieles entwickelt hat. Wir haben ein großes Interesse daran, dass Griechenland nicht nur ein Mitglied der Europäischen Union, sondern ein starkes Mitglied ist. Im letzten Jahr sind vier Millionen Menschen als Touristen aus Deutschland nach Griechenland gefahren. Sie sehen, wir haben ein großes Interesse. Wir freuen uns natürlich, dass Griechenland jetzt auch die Europrogramme hinter sich lassen konnte und dass wir eine neue Phase haben, in der Griechenland seine Entwicklung wieder auf eigenen Beinen gehen kann.
 

Diese Entwicklung wollen wir auch bilateral begleiten. Wir haben eine Vielzahl von Kooperationen im Bereich der Jugend, im Bereich der Schulen, im Bereich der Forschung und natürlich auch im Bereich der Wirtschaft. Wir sind sehr geehrt, dass wir 2020 Gastland bei der großen Messe in Thessaloniki sein dürfen. Die deutsche Wirtschaft wird sicherlich deutlich machen, dass Griechenland ein interessanter Investitionsort ist.

Natürlich haben die Menschen hier schwere Zeiten durchlebt; das wissen wir. Wir hoffen, dass das Wirtschaftswachstum, das es jetzt glücklicherweise wieder gibt, endlich bei allen ankommt. Das ist ja auch der Sinn der sozialen Marktwirtschaft. Dabei möchten wir, wo immer wir können, auch helfen.

Zweitens gibt es in der Tat eine Vielzahl von Herausforderungen für Europa. Diese können wir nur gemeinsam bewältigen, auch was unsere Rolle in der Welt anbelangt. Deshalb brauchen wir ein starkes, ein einheitliches Europa mit gemeinsamen Antworten. Hierbei sind wir an einigen Stellen eben leider noch nicht so weit, wie wir sein wollten. Ich teile die griechische Position absolut, dass zum Beispiel die Frage der Flüchtlinge eine Frage ist, die uns alle angeht. Deutschland hat immer deutlich gemacht, dass wir Griechenland damit nicht allein lassen können, nur weil es eine geografische Lage hat, die eben dazu führt, dass hier sehr, sehr viele Menschen ankommen. Wir wissen, dass gerade auf sehr vielen Inseln die Lage auch heute noch sehr, sehr angespannt ist. Deshalb werden wir uns von deutscher Seite auch immer für eine gemeinsame Asyl- und Flüchtlingspolitik innerhalb der Europäischen Union einsetzen, bei der jeder seinen Beitrag zur Lösung eines solchen Problems leisten muss.

Wir sehen auch die mutigen Anstrengungen, gerade im Blick auf die Nachbarschaft auf dem westlichen Balkan Beiträge zu leisten, um zu einer Gemeinsamkeit zu kommen, die im Zusammenhang mit der ganzen Frage von Nordmazedonien natürlich nicht nur gut für die Zukunft Ihres Nachbarlandes und, wie ich glaube, letztlich auch für Griechenland ist, sondern es ist für uns alle in Europa eine wichtige Entwicklung. Das bedarf natürlich auch eines mutigen Herangehens.

Alles in allem dürfen Sie davon ausgehen, dass wir uns unserer historischen Verantwortung bewusst sind. Wir wissen auch, wie viel Leid wir als Deutschland in der Zeit des Nationalsozialismus über Griechenland gebracht haben. Deshalb ist die Lehre für uns, alles daran zu setzen, gute Beziehungen mit Griechenland zu haben und sich gegenseitig zu unterstützen, zum Wohle beider, von Griechenland und von Deutschland.