Pressestatement von Bundeskanzlerin Merkel beim Zusammentreffen mit Mitgliedern der deutschen Minderheit in Hermannstadt am 9. Mai 2019

BK'in Merkel: Sehr geehrter Herr Staatspräsident, lieber Klaus Johannis, sehr geehrter Herr Vorsitzender Paul-Jürgen Porr, sehr geehrte Bürgermeisterin, sehr geehrte Damen und Herren, die Sie heute hier die deutsche Minderheit in Rumänien repräsentieren, und natürlich Herr Abgeordneter, ich freue mich sehr, dass ich heute hier bei Ihnen im Spiegelsaal des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien sein darf. Man hat aus der Ferne ja keine so gute Vorstellung. Wenn Sie manchmal zu den Empfängen kommen, die wir für die Vertriebenen und die deutschen Minderheiten im Ausland geben und wenn Sie Herrn Fabritius in Deutschland besuchen, dann sprechen wir natürlich miteinander. Aber es ist einfach gut, Hermannstadt auch einmal in seinem neuen, schmucken Aussehen gesehen zu haben.

Ich bin als Bundeskanzlerin noch nicht hier gewesen. Aber ich war zu DDR-Zeiten hier. Ich war, glaube ich, auch einmal zu Anfang der 90er-Jahre als Jugend- oder als Umweltministerin hier. Aber jetzt als Bundeskanzlerin bin ich natürlich sehr, sehr gern hierhergekommen.

Ich darf Ihnen erst einmal berichten, dass sich Hermannstadt heute wunderbar präsentiert hat, mit vielen Menschen, die uns auch draußen so herzlich empfangen haben, und dass Ihr Staatspräsident diesen Europäischen Rat wirklich ganz wunderbar organisiert hat. Wir haben gerade auf dem kurzen Weg vom Rathaus hierher darüber gesprochen, dass die Umgebung auch die Diskussionskultur formt. Ob man in einem etwas nüchternen Saal in Brüssel im Ratsgebäude zu Mittag isst oder ob man im Rathaus von Hermannstadt zu Mittag isst, macht doch einen Unterschied. Insofern haben wir diesen Tag und diese Stunden heute bei Ihnen sehr genossen.

Herrmannstadt hat eine sehr intensive Entwicklung genommen. 2007 waren Sie schon europäische Kulturhauptstadt, und die deutsche Minderheit hat natürlich eine unglaublich wichtige Funktion, zum einen zu zeigen, dass Rumänien eine Demokratie ist. Herr Porr hat uns eben darauf hingewiesen: Immer wieder gibt es Phasen, in denen Demokratien auch großem Druck ausgesetzt sind. Aber Sie stehen zu diesen demokratischen Werten. Sie wehren sich, wenn es notwendig ist. Wir verfolgen das auch mit Sorge und versuchen mit aller Kraft, darauf Wert zu legen, dass in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Rechtsstaatlichkeit, Fairness, Schutz von Minderheiten, die kulturelle Vielfalt das ist, was uns ausmacht und was uns bereichert. Wo notwendig, erhebt die Kommission ihr Wort und erheben auch wir unser Wort. Deshalb dürfen Sie davon ausgehen, dass wir Ihre Verbündeten sind, wenn man Sie beleidigt, wenn man Sie beschuldigt. Das gilt natürlich auch für andere Minderheiten, zum Beispiel für die Minderheit der Roma, aber auch für andere.

Rumänien hat sich unter der Präsidentschaft von Präsident Klaus Johannis dennoch sehr gut entwickelt. Sie sind ein wichtiges Glied in einem Europa geworden, das ja nicht nur in Rumänien verschiedenste Diskussionen hat, sondern wir alle haben sie in unseren Ländern. Wenn wir als die 27 Staats- und Regierungschefs, die wir heute waren, zusammenkommen, dann kann jeder davon berichten, dass das, was vielleicht ganz selbstverständlich ist   die Würde des Menschen, die Identität, die Personalität jedes einzelnen Menschen, der Respekt, den wir jeder einzelnen Person gegenüber üben müssen  , vielleicht nicht mehr so selbstverständlich ist und dass wir deshalb anders als vielleicht noch vor einigen Jahren und Jahrzehnten dafür kämpfen müssen. Aber das ist sozusagen das Konstitutive von Europa. Das können wir niemals zur Disposition stellen und müssen deshalb dafür eintreten. Jede Generation hat Kämpfe durchzufechten. Sie wissen ja wirklich, wenn Sie sich die Geschichte der deutschen Minderheit hier in den verschiedenen Regionen anschauen, wie viele Kämpfe Sie schon auszufechten hatten.

Ich darf Danke sagen, dass Sie eine Brücke zwischen unseren Ländern sind, dass Sie das kulturelle Erbe hier hochhalten. Wir versuchen, das mit 2,4 Millionen Euro zu unterstützen, auch mit der Ausbildung deutschsprachiger Lehrer. Die Staatsministerin für Kultur im Bundeskanzleramt hat ein gutes Herz, auch der Innenminister. Wir sind dadurch auch immer wieder mit Ihnen verbunden und hören durch die Wünsche, die Sie äußern, natürlich auch von den Schwierigkeiten, die Sie haben.

Ich sage Danke für diesen freundschaftlichen Empfang hier im sehr schönen Spiegelsaal und darf Ihnen versichern   das sage ich für unsere gesamte Regierung  , dass wir weiterhin stolz sind, dass wir nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland leben, sondern dass wir deutsche Minderheiten haben, und dass wir auch den jungen Menschen in Deutschland erzählen werden, wie diese Minderheiten entstanden sind, welche Geschichte sie durchlebt haben und wie sie ein Stück unserer Vergangenheit einfach auch anderweitig und anderswo leben und damit natürlich auch eine Bereicherung für das, was man als deutsches Kulturerbe im weiteren Sinne bezeichnen kann, sind. Tun Sie das weiter, auch mit Ihren Kindern! Wir wissen, dass Sie nicht so viele sind. Viele von Ihnen sind ja schon nach Deutschland gekommen. Aber wenn wir gute Beziehungen haben, dann spielt das auch keine so große Rolle, und wenn wir die europäischen Infrastrukturprojekte noch besser durchsetzen, dann kommt man auch noch schneller zueinander.

Danke also für Ihre Arbeit, alles Gute, und danke, dass ich hier sein darf!