Pressekonferenz zum Treffen der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer

Sprecher: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher, Ministerpräsident Tobias Hans


BUNDESKANZLERIN DR. MERKEL: Meine Damen und Herren, wir haben eine intensive und konstruktive Tagung hinter uns. Dies ist ja ein Treffen, das für Ende des vergangenen Jahres geplant war und im Grunde nachgeholt wird.

Wir haben, wie üblich, Fragen der europäischen Politik besprochen; darauf möchte ich jetzt nicht weiter eingehen.

Dann standen die zukünftige Finanzierung der Flüchtlingskosten und die Aufteilung zwischen Bund und Ländern auf unserer Tagesordnung. Es war schon abzusehen, dass wir heute kein Ergebnis darüber erzielen würden. Darüber wird weiter gesprochen.

Aber wir haben dann, und das wiegt schwer, ein Ergebnis im Pakt für den Rechtsstaat erzielt. Das ist ein wichtiges Projekt aus unserer Koalitionsvereinbarung, und an der Erarbeitung dieser Koalitionsvereinbarung waren ja auch viele Ministerpräsidenten beteiligt. Bund und Länder verbessern in ihren Zuständigkeitsbereichen die Personalausstattung von Justiz und Polizei. Wir werden als Bund im Zeitraum von 2018 bis 2019 die Stellen beim Generalbundesanwalt um 30 Prozent erhöhen, also um 71 Stellen, werden beim Bundesgerichtshof neue Stellen schaffen und werden damit einen neuen Zivilsenat in Karlsruhe und einen Strafsenat in Leipzig schaffen. Wir werden auch noch Planstellen für Bundesgerichtshof, Bundesfinanzhof und Bundesverwaltungsgericht zur Verfügung stellen. Natürlich ist die Personalhoheit der Länder   dazu werden die Ministerpräsidenten etwas sagen   im Justizbereich noch um ein Vielfaches größer.

Wir sagen deshalb, dass wir in einem Bereich, der uns alle im Augenblick beschäftigt, nämlich dem der Digitalisierung, auch seitens des Bundes einen unterstützenden Beitrag leisten wollen, um damit Verfahrensbeschleunigungen und medienbruchfreien Austausch zwischen den verschiedenen Stellen zu ermöglichen. Deshalb unterstützt der Bund die zügige Einrichtung eines Polizei-IT-Fonds, der die finanzielle Grundlage für die im Zuge von "Polizei 2020" nötigen, weiteren IT-Anpassungen von Bund und Ländern schafft. Ich glaube, das ist eine gute Sache.

Wir werden den Opferschutz verbessern, und wir werden die Qualität in der Rechtspflege sichern, natürlich auch und nicht nur, was Geld anbelangt, sondern wir werden insgesamt auch den Rechtsstaat offensiv verteidigen.

Der Bund wird den Ländern für die Umsetzung einmalig Mittel in Höhe von 220 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Das wird in zwei Tranchen aufgeteilt, weil die Länder eine Zahl von neuen Stellen schaffen, und bei Schaffung der Hälfte der Stellen wird dann die erste Tranche gezahlt und bei Vollendung des Personalaufwuchses auch die zweite Tranche. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel für die Kooperation und für die gemeinsame Verantwortung; denn gerade den Bürgerinnen und Bürgern ist natürlich ein funktionierender Rechtsstaat und ein schneller Rechtsstaat sehr wichtig, und dazu haben wir einen großen Beitrag geleistet.

Wir haben dann noch über die Fragen der Energiewende und den Netzausbau gesprochen. Dazu hat uns die Bundesnetzagentur etwas vorgetragen. Wir werden heute Abend ja noch einmal ein Gespräch mit der Kohlekommission oder Strukturwandelkommission führen, und uns allen ist klar, dass wir hier vor einer riesigen, großen Aufgabe stehen. Aber ich glaube, die Tatsache, dass die Kohlekommission ihre Arbeit beenden konnte, auch mit großem Einvernehmen, zeigt, dass es hier eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung gibt, und der wollen wir nachkommen. In diesem Zusammenhang kommt dem Netzausbau allerdings eine sehr, sehr große Bedeutung zu.

Wir haben auch noch über das Thema Landstrom gesprochen, das für viele Städte - nicht nur Küstenstädte, sondern auch Städte mit Binnenhäfen - von großer Bedeutung ist und für die Umwelt auch einen riesigen Beitrag leisten kann.

Alles in allem war das hier also auch eine sehr wichtige Diskussion.

BÜRGERMEISTER DR. TSCHENTSCHER: Auch aus Sicht der Länder ist der Pakt für den Rechtsstaat jetzt auf einem sehr guten Weg. Wir, alle 16 Länder, haben uns ja dazu bekannt, ihn jetzt in dieser Form umzusetzen - im Grunde so, wie er vereinbart worden war. Wir haben an vielen Stellen - bei Polizei und Justiz -  schon damit begonnen, das Personal zu verstärken. Wir werden auf diese Zahlen kommen, die vereinbart worden sind, und insofern auch die entsprechenden Tranchen der 220 Millionen Euro entgegennehmen.

Aber man muss natürlich sagen, dass das, was wir im Personalbereich als Länder machen, auch eine sehr große finanzielle Last darstellt. Wir machen das gerne, weil es eine wichtige Aufgabe ist. Aber wenn man einmalig 220 Millionen Euro für eine dauerhafte Schaffung von ja fast 10 000 Stellen zur Verfügung hat, dann kann man schon sehen, dass das also eine gute Unterstützung ist, aber nicht an die im Grunde 500 Millionen Euro pro Jahr heranreicht, die das in den Länderhaushalten ausmacht. Aber wir machen das aus Überzeugung und haben auch schon damit begonnen, die Polizei- und Justizkräfte zu verstärken.

Bei den Flüchtlingskosten haben wir noch einiges zu besprechen. Das steht jetzt auf der Agenda, weil wir bis 2019 eine Regelung haben, aber darüber hinaus natürlich eine Anschlussvereinbarung brauchen. Auch die Kommunen sind ja mittlerweile alarmiert, wenn ich das sagen darf, und verlangen nach einer Anschlussregelung.

Wir sind aber bei anderen Fragen der Flüchtlingsintegration auf einem sehr gemeinsamen Weg. Wir haben vieles gehört, was für die verbesserte Integration auch in den Arbeitsmarkt sowie für viele Aufenthaltsfragen bedeutsam ist. Dazu ist vieles vorgelegt worden. Das haben wir sehr begrüßt.

Auch die Diskussion über die Energiewendethemen war sehr einvernehmlich. Der Netzausbau, der jetzt mit zusätzlichen Maßnahmen vorangetrieben wird, ist ein Aspekt. Die Kraft-Wärme-Kopplung ist besprochen worden. Auch dort ist die Verlängerung bis 2025 schon beschlossen worden. Wir haben auch gemeinsam festgestellt, dass das noch einige Jahre fortgeführt werden soll, mindestens bis 2030. Die Landstromthematik hat die Kanzlerin erwähnt.

Wir haben überhaupt vereinbart, was diese ganzen Energiewendethemen angeht, jetzt zu einem sehr engen Austausch zu kommen, weil es noch viele weitere Facetten gibt. Wir müssen über die EEG-Umlage sprechen, die eine große Rolle spielt und die nicht zum Hemmschuh werden darf, sondern die eingesetzt werden muss, um Innovationsprojekte auch weiterhin zu ermöglichen. Das ist etwas, das uns als Bund und Länder sehr bewegt.

Wir wissen, dass es mit dem Kohleausstieg und mit dem Ausstieg aus der Kernenergie für die Industrienation Deutschland natürlich enorm bedeutsam ist, dass wir die Energieversorgung dann auf alternative Art und Weise sicherstellen. Das ist für alle Länder bedeutsam, insbesondere für die Industriestandorte, und deswegen bin ich sehr froh, dass wir dafür sehr energisch gemeinsam Lösungen finden werden.

MINISTERPRÄSIDENT HANS: Ich kann daran anschließen. In der Tat hat sich diese Runde, die Besprechung zwischen den Regierungschefinnen und –chefs der Länder und der Bundesregierung, bewährt, weil sie noch einmal zeigt, dass unser föderaler Staat handlungsfähig ist, weil Bund und Länder in der Lage sind, tatsächlich Hand in Hand die Fragestellungen anzugehen, die die Menschen umtreibt.

Kollege Tschentscher hat eine genannt: den Ausstieg aus der Kernenergie, der bereits erfolgt ist, und den Ausstieg aus der Kohleverstromung. Der stellt die Bundesrepublik Deutschland vor wirklich große Herausforderungen. Es sind gerade die industriegeprägten Länder in Deutschland, die bereits besonders stark mit den Auswirkungen zu kämpfen haben uns zu kämpfen haben werden. Deswegen ist es so wichtig, dass wir neben den entscheidenden Fragen, über die jetzt die Kommission zum Ausstieg aus der Steinkohle- und Braunkohleverstromung tagt, flankierend jetzt auch die wichtigen Zukunftsfragen beantworten. Dabei ist ein Thema in der Tat ganz wichtig, gerade für die Länder, und das ist die Kraft-Wärme-Kopplung. Teilweise sind es kleinere und auch größere Industriebetriebe, die sehr stark auf diese umweltfreundliche Energietechnik gesetzt haben, um Energie zu erzeugen, und deswegen ist es wichtig, dass die Bundesregierung den Ländern hier auch erheblich entgegengekommen ist, die Förderfähigkeit bis zum Jahr 2025 gewährleistet und darüber hinaus auch eine Perspektive für die Jahre danach bietet. Das ist der Komplex der Energie, der bereits genannt worden ist und der für uns wichtig ist.

Gerade den CDU- bzw. unionsgeführten Ländern war es noch einmal ein ganz besonderes Anliegen, über die Handlungsfähigkeit unseres Rechtsstaats mit der Bundesregierung zu diskutieren. Allem voran haben wir heute auch noch einmal evaluiert, wie die Umsetzung des Koalitionsvertrags im Hinblick auf die Etablierung von AnkER-Zentren in Deutschland voranschreitet. Wir haben festgestellt, dass wir hier gute Erfolge erzielt und Fortschritte verzeichnet haben, zum einen in Bayern. Aber auch im Saarland gibt es erste AnkER-Zentren, die bereits seit letztem Jahr am Start sind. Wir stellen fest, dass sich Verfahrensdauern bei der Anerkennung von geflüchteten Menschen dadurch verkürzen können. Wir stellen auch fest, dass es in den einzelnen Ländern unterschiedliche Konzepte hinsichtlich dessen gibt, wie man AnkER-Zentren anpackt, und dass die jeweiligen Ansätze jetzt auch in die Art und Weise einfließen müssen, auf die wir evaluieren, wie erfolgreich das ist. Der Bund wird seinen Verlautbarungen hierbei auch gerecht. Wir haben festgestellt, dass die Personalaufstockungen, die dazu notwendig sind, bereits erfolgt sind, und deswegen glauben wir, dass das ein ganz wichtiger Beitrag ist, das Vertrauen in unseren Rechtsstaat noch einmal zu stärken. Kurze Verfahrensdauern, klare Zuständigkeiten, auch was die Beschaffung von Ersatzpapieren anbelangt und die zentrale Durchführung von Rückführungen auch durch den Bund: Das ist alles Gegenstand des Konzeptes der AnkER-Zentren, und wir sind zuversichtlich, dass wir das auch vorantreiben können.

Der zweite Punkt im Zusammenhang mit der Handlungsfähigkeit des Rechtsstaates, der vor allem auch für die unionsgeführten Länder wichtig ist, ist der Pakt für den Rechtsstaat. Wie der Name schon sagt, ist es nicht ein einseitiger Akt des Bundes, sondern ein Pakt von Ländern und Bund. Die Länder sind teilweise schon in die Vorlage getreten, indem sie im Bereich der Justiz Personalaufstockungen vorgenommen haben. Wir sind froh, dass der Bund hier den Ländern auch entgegengekommen ist und das berücksichtigen wird. Auch sehr positiv hervorzuheben ist, dass wir die Verfahrensdauern, die in Deutschland aufgrund von personellen Engpässen aus unserer Sicht teilweise noch zu lang sind, durch gezielte Mittelgabe des Bundes im Bereich der Digitalisierung noch einmal erheblich beschleunigen können. Das zusammen, glaube ich, bringt uns ein gutes Stück weiter.

Ungeklärt - auch das wurde genannt - ist die Frage der Flüchtlingsfinanzierung für die Jahre ab 2020. Wie das bei solch schwierigen finanziellen Verhandlungen ist, dauert das eben noch ein wenig an. Wir glauben aber, dass wir, wenn wir jetzt beherzt in eine Runde der Entscheidungsträger   bestehend aus dem Bundesfinanzminister und den Ministerpräsidenten   gehen und jetzt eine solche AG aufsetzen, auch hier zügig zu einer Einigung kommen.

Insofern würde ich ein positives Fazit unter die heutige Besprechung ziehen wollen.

FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, Sie haben eben die Kohle und die gesamtgesellschaftliche Aufgabe erwähnt. Heißt das, dass Sie auch einverstanden sind mit den vorgeschlagenen 40 Milliarden Euro, die dafür ausgegeben werden sollen? Es gibt in der Bundesregierung jetzt ja schon eine Debatte, ob das zusätzliches Geld ist oder nicht.

An alle drei eine Nachfrage zum Thema Brexit, wenn Sie darüber gesprochen haben: Der Bund gibt sich ja auch vorbereitet für einen ungeregelten Brexit. Haben Sie den Eindruck, dass Bund und Länder - und zwar alle Länder - für diesen Fall vorbereitet sind?

MERKEL: Zum Thema Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union sind wir, glaube ich, gemeinsam der Meinung, dass wir einen geregelten Austritt wollen, also nicht auf ein Szenario hinarbeiten, dass ohne Regelung stattfinden würde. Dennoch müssen wir uns vorbereiten, und wir haben miteinander besprochen, dass wir uns eng austauschen und gegebenenfalls auch kurzfristig bereit sind, uns noch einmal miteinander zu treffen. Unser Ziel ist aber ein anderes, nämlich, einen geregelten Austritt hinzubekommen.

Was den Bericht der Kohlekommission betrifft, so werden wir dessen Inhalt natürlich sorgsam prüfen. Ich habe deutlich gemacht - und wiederhole das gerne noch einmal -, dass die Tatsache, dass sich eine aus so unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen zusammengesetzte Kommission geeinigt hat und einen Rahmen geschaffen hat, für uns natürlich eine wichtige Mitteilung ist. Damit werden wir sehr sorgsam umgehen. Dass die Gruppen sich auch wiederfinden wollen, ist auch klar.

Was zusätzliche und was nicht zusätzliche Mittel sind, kann man überhaupt nicht sagen, weil unsere mittelfristige Finanzplanung im Augenblick, glaube ich, im Jahre 2023 endet, wir hier aber über 2038 sprechen. Das heißt, kein Mensch weiß, was irgendwann einmal die Finanzplanung ist. Deshalb werden wir auch über einen sehr langen Zeitraum planen müssen. Wozu wir uns jetzt erst einmal verpflichtet haben - und darüber werden wir heute mit den Bundesländern noch sprechen -, ist, dass wir bis vor der Sommerpause, also bis Mai, sage ich einmal, ein Maßnahmengesetz auf den Weg bringen werden. Die Länder wollen auch sehr gerne ein Planungsbeschleunigungsgesetz, damit die Maßnahmen auch umgesetzt werden können. Beides werden wir in Angriff nehmen.

TSCHENTSCHER: Für die Länder noch einmal zum Brexit-Thema: Wir haben jetzt natürlich erst einmal Vorkehrungen getroffen für den Fall, dass das Abkommen zustande kommt. Die Länder haben beschlossen oder beschließen noch die entsprechenden gesetzlichen Regelungen auf Landesebene, damit die Übergangsbestimmungen entsprechend angepasst werden. Natürlich machen wir uns Gedanken über ein No-Deal-Szenario. Wir wollen das nicht. Ich glaube, dass es sowohl für Großbritannien wie auch für alle anderen eine sehr viel bessere Lösung ist, ein Abkommen zu schließen.

Ich kann Ihnen als Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg sagen: Wir haben als Handelsstadt jahrhundertelange Erfahrung damit, mit Drittstaaten Zollfragen zu klären. Es gibt aber natürlich keinen Präzedenzfall dafür, dass wir sozusagen von einem Fall auf den anderen eine so wichtige Wirtschaftsnation wie Großbritannien aus der Zollunion herausbekommen. Insofern ist das ein Risiko, weil es keine Erfahrungswerte gibt, und deswegen würden wir, sollte dieses Szenario tatsächlich eintreten - da ist ja noch viel Dynamik drin -  kurzfristig noch einmal prüfen müssen, welche Vorkehrungen wir besonders bräuchten. Gleichwohl ist es so, dass wir das kennen. Wir haben mit unserem Hafen gesprochen; der Zoll weiß, was dann passiert. Das sind alles keine positiven Vorstellungen, deswegen ist es besser, wenn die Verhandlungen noch zu einem Ergebnis kommen. Dann sind wir ohnehin vorbereitet, und für den No-Deal-Fall müssten wir sozusagen aufpassen, dass uns nicht in den kurzfristigen Auswirkungen jetzt etwas schiefgeht.

Wir haben ein großes Interesse daran, dass es zu einem Abkommen kommt; das sage ich einmal als Bürgermeister des Airbusstandorts Hamburg. Wenn Sie sich vorstellen, dass bei uns der A320 aus Teilen zusammengeschweißt wird, die auch aus Großbritannien "just in time" angeliefert werden, können wir sozusagen als europäische Wirtschaftsmacht nur froh sein, wenn wir Verfahren haben, die uns diesbezüglich nicht insgesamt zurückwerfen. Deswegen, glaube ich, hoffen wir da auf ein gutes Ergebnis und würden, falls es nicht dazu kommt, vorbereitet sein.

HANS: Genau das kann ich aus Sicht des Saarlandes im Südwesten bestätigen. Es gibt ein Ford-Werk in Saarlouis. Jeder fünfte Ford Focus - das ist ein europäisches Modell - rollt mit Rechtslenker vom Band, ist also für den Markt im Vereinigten Königreich gemacht. Das zeigt, wie abhängig auch die deutsche Wirtschaft tatsächlich vom Export nach UK ist. Deswegen wünschen wir uns tatsächlich einen geordneten Brexit, wenn es denn schon einen Brexit geben muss. Wir alle wissen aber: Es passieren Dinge, mit denen niemand rechnet. Insofern kann es zu einem ungeordneten No-Deal-Brexit kommen, und für diesen Fall haben wir heute beschlossen - und das halte ich für eine gute Vorsorge -, dass wir dann zwischen Bundesregierung und Ländern schnellstmöglich noch einmal zusammenkommen, um die notwendigen rechtlichen Anpassungen dann miteinander zu besprechen - für den Fall, von dem wir alle hoffen, dass er nicht eintritt.

FRAGE: Eine Frage an die Bundeskanzlerin: Wie optimistisch sind Sie, dass das, was Sie im Pakt für den Rechtsstaat vereinbart haben, tatsächlich die Probleme der Justiz löst?

An die Ministerpräsidenten: Sind Sie zufrieden mit dem Geld, das Sie bekommen? Denn die Hauptlast tragen jetzt die Länder, und Ihre Justizminister hätten ja gerne mehr gehabt.

MERKEL: Ich glaube, dass das ein wichtiger Beitrag dazu ist, dass der Rechtsstaat besser funktionieren kann und dass notwendige technische Umstellungen gemacht werden. Wir sind jetzt ja im Rechtsbereich   es kommt ja noch dazu, dass der Bund im gesamten Sicherheitsbereich auch erhebliche personelle Aufstockungen vorgenommen hat. Insofern ist es erst einmal ein guter Tag für den Rechtsstaat. Damit wird die Arbeit nun auch nicht zu Ende sein, da darf man keine falschen Erwartungen wecken. Wir haben aber erst einmal etwas, was wir ins Visier genommen haben, ziemlich schnell in dieser Legislaturperiode umgesetzt.

TSCHENTSCHER: Für die Länder kann man, glaube ich, sagen, dass das schon ein großer Schritt ist. Siebeneinhalbtausend Polizeikräfte mehr, 2000 Richter und Staatsanwälte, plus noch einmal weiteres Personal, das dazugehört: Das ist schon ein großer Schritt nach vorne. Wir haben als Länder ja auch schon viele Maßnahmen ergriffen. Über das Personal hinaus kommt es ja zu vielen Dingen, die auch von Bedeutung sind. Die Digitalisierung in der Justiz, die Verfahrensbeschleunigung   all das, was mitbeschlossen worden ist, hilft ja auch dabei, dass der Rechtsstaat stark wird und dass er schlagkräftig und handlungsbereit ist.

Natürlich, wenn Sie uns fragen "Was ist mit den 220 Millionen Euro?" - ich habe ja eben vorgerechnet, dass das eigentlich pro Jahr bedeutet. Sicherheit, innere Sicherheit, Polizei und Justiz sind aber Länderaufgaben, und deswegen sind wir auch dazu bereit, diesen Pakt sozusagen aus unserer finanziellen Kraft heraus umzusetzen. Was die Finanzen angeht, haben wir viel größere Themen bei den anderen Fragen. Wir haben ja erwähnt, dass wir uns bei den Flüchtlingskosten noch nicht in einem Zielkorridor bewegen. Insofern ist das für den Pakt für den Rechtsstaat jetzt eine gute Lösung. Aber selbstverständlich gibt es Finanzierungsfragen an anderen Stellen, die wir eben noch besprechen müssen.

HANS: Es geht ja vor allem um die Wahrnehmung unseres Rechtsstaates durch die Bürgerinnen und Bürger, und da gab es eben Defizite. Vor allem wird durch die Bürger auch nicht unterschieden, ob es sich hier um Zuständigkeit des Bundes oder der Länder handelt; deswegen ist es ja so wichtig, dass Bund und Länder hier zu diesem Pakt zusammengekommen sind und gemeinsam gesagt haben "Wir wollen etwas besser machen" -  und zwar ganz unterschiedliche Länder. Es gibt Bundesländer, die aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten tatsächlich unglaublich viel auch personell gemacht haben, und es gibt Bundesländer wie das meinige, das aufgrund einer Haushaltskonsolidierungsanstrengung nicht in der Lage war, ganz so viel zu machen, wie man gerne getan hätte, und trotzdem auch in Zeiten gestiegener Zuwanderung zusätzliche Personen im Bereich der innen Sicherheit - sowohl in der Justiz als auch in der Polizei - eingestellt hat, weil es eben einen höheren Bedarf gegeben hat. Das berücksichtigt einfach die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Länder. Deswegen, glaube ich, ist das, was wir hier heute beschlossen haben, gut   vor allem auch, weil sich der Bund in die zentralen Zukunftsfragen einbringt, und das ist für mich die Digitalisierung.

STAATSSEKRETÄR SEIBERT: Danke Ihnen allen für das Interesse!