Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem Premierminister von Irland, Leo Varadkar

(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung)


PM Varadkar: Frau Bundeskanzlerin, Angela, ich möchte noch einmal ein ganz herzliches Willkommen an Sie und Ihr Team hier in Dublin aussprechen. Wie wir alle wissen, treffen wir uns auf den Sitzungen des Europäischen Rates sehr regelmäßig. Aber jetzt war es eine besonders gute Gelegenheit für uns beide, hier eine ausgedehnte Diskussion von Angesicht zu Angesicht zu haben und auch zum ersten Mal seit dem letzten Mal in Berlin wieder Kontakt aufzunehmen.

Ich weiß, dass die Arbeit eines Taoiseach tatsächlich sehr viel Arbeit mit sich bringt. Jede Stunde zählt. Ich kann mir vorstellen, dass es siebenmal so viel Arbeit mit sich bringt, eine Bundeskanzlerin von Deutschland zu sein. Aus diesem Grund weiß ich es besonders zu schätzen, dass Sie sich einen halben Tag Zeit genommen haben, um hier in Dublin an einem so wichtigen historischen Moment in Bezug auf die Zukunft Irlands und die Zukunft der Europäischen Union zu uns zu sprechen.

Wir hatten ausgedehnte Diskussionen zu vielen Themen, aber der Hauptbrennpunkt lag natürlich auf dem Thema des Brexits. Die Kanzlerin ist während der ganzen Verhandlungen eine sehr starke Verbündete Irlands gewesen. Wir haben unsere Dankbarkeit für diese Unterstützung heute wieder persönlich zum Ausdruck bringen können.

Bevor wir uns offiziell getroffen haben, haben wir hier mit Menschen direkt Kontakt aufgenommen, für die die Gemeinschaft im Norden und Süden, auf beiden Seiten der Grenze, eine große Bedeutung hat. Es waren Landwirte und Menschen, die von dem Nordirland-Konflikt tief betroffen waren. Ich möchte auch all jenen meinen Dank aussprechen, dass sie hierher angereist sind, um zu erklären, warum das Thema ein so tief greifendes ist, das über wirtschaftliche Gedanken hinausgeht, und um ihre Lebensgeschichte mit uns zu teilen.

Diese Sitzung ist wirklich zeitlich gut geeignet. Denn wir bereiten uns auf den kommenden Sondergipfel vor. Wir müssen dem Vereinigten Königreich die Möglichkeit geben, eine Mehrheit für eine Zukunftslösung zu finden. Wir haben gesagt: Wenn dieses Austrittsabkommen nicht unterzeichnet wird, dann sollte das Vereinigte Königreich auf jeden Fall bis nächste Woche einen klaren Plan vorlegen oder am 12. April ohne Deal die Europäische Union verlassen. - Das Zweite wäre natürlich ein Ergebnis, dass niemand von uns will.

Im Moment laufen die Dinge in London noch. Wir müssen uns in Geduld fassen und verstehen, in welchem Dilemma sich das Vereinigte Königreich befindet. Weiterer Aufschub muss natürlich eine glaubwürdige und realistische Zukunftsperspektive aufweisen. Die EU hat gesagt, dass das Austrittsabkommen nicht mehr geöffnet wird und weiteren Verhandlungen nicht mehr zugänglich ist. Das ist jetzt verstanden worden. Es ist an sich schon ein Kompromiss und stellt ein faires Gleichgewicht dar, nach zwei Jahren Verhandlungen von 28 Regierungen. Wir haben außerdem immer gesagt, dass wir, wenn das Vereinigte Königreich bereit ist, seine roten Linien zu bewegen, gern eine politische Erklärung in Bezug auf die zukünftigen Beziehungen sehen würden.

Beide, Irland und Deutschland, wollen Zukunftsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich, die eng sind, so tief greifend wie möglich und umfassend gestaltet. Wir wollen auch, dass die Austrittserklärung und das Austrittsabkommen unterzeichnet werden, sodass wir Verhandlungen zu einer neuen Partnerschaft im Sicherheitsrahmen ohne weitere Verzögerungen in Angriff nehmen können. Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass es alle möglichen Ergebnisse geben kann. Auf europäischer und nationaler Ebene müssen wir uns auf einen No-Deal vorbereiten und überlegen, wie wir unsere Doppelziele des Schutzes des Karfreitagsabkommens, auf dem der Frieden in Irland aufbaut, erreichen und auch den europäischen Binnenmarkt und die Zollunion schützen können, auf denen das Wirtschaftsmodell aufbaut. Die Kanzlerin hat Unterstützung und Verständnis für die Herausforderungen. Wenn diese Herausforderung eintritt, dann wird es eine gemeinsame Herausforderung für Irland und die Europäische Union.

Wir schauen auf die Zukunft und die kommenden Monate. Das ist eine Zeit der Erneuerung mit den Wahlen zum Europäischen Parlament, mit der Neuernennung der Kommission und mit der Diskussion über die Zukunft, unsere strategische Agenda in Bezug auf die Handelsbeziehungen zu den Vereinigten Staaten und die Ukraine.

Irland und Deutschland stimmen darin überein, dass gewährleistet werden soll, dass Europa weiterhin integriert, weiterhin Wohlstand für die Menschen garantiert, weiterhin die Herausforderungen der Bürger als Erstes verfolgt, dass wir enge Beziehungen zu unseren Nachbarn pflegen und Themen wie Klimawandel, Migration und internationale Entwicklungen mit in den Blick nehmen.

Wir machen eine Bestandsaufnahme in Bezug auf die bilateralen Beziehungen zwischen Irland und Deutschland. Sie sind ausgezeichnet; sie blühen und gedeihen. Zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Jahr wird zusätzlich zur Botschaft in Berlin ein neues Konsulat in Frankfurt eingerichtet, um sozusagen den Fußabdruck Irlands in Deutschland und auch global weiter auszudehnen.

(auf Deutsch) Frau Bundeskanzlerin, noch einmal vielen Dank für Ihren Besuch und für Deutschlands Freundschaft und Partnerschaft. Ich freue mich sehr auf unsere weitere Zusammenarbeit. - Danke schön!

BK’in Merkel: Danke schön! - Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr und bedanke mich dafür, dass ich heute hier in Irland sein kann. Ich möchte mich natürlich vor allen Dingen bei dem Taoiseach bedanken, bei meinem Kollegen Leo, besonders auch dafür, dass ich in diesem traditionsreichen Gästehaus von Farmleigh sein kann.

Mir war dieser Besuch sehr wichtig, weil wir über eine lange Wegstrecke als die 27 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, die in der Europäischen Union in Zukunft zusammenarbeiten werden, sehr eng miteinander zusammengearbeitet und auch einig und gemeinsam gehandelt haben und weil mein Besuch auch deutlich machen soll, dass wir diese Gemeinsamkeit auf jeden Fall erhalten wollen, selbst wenn wir jetzt in die entscheidende Phase des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union eintreten. Dazu gehört auch, dass wir uns in unseren Argumenten verstehen.

Unzweifelhaft ist Irland in ganz besonderer Weise von dem Austritt Großbritanniens betroffen. Denn wie es der Taoiseach gesagt hat, muss sowohl das Good Friday Agreement auf jeden Fall weiter gelten als auch die Integrität des Binnenmarktes gewahrt sein. Deshalb gehen wir jeden Schritt gemeinsam.

Für mich war es heute eine sehr wichtige Erfahrung - dafür herzlichen Dank! -, dass Menschen zu einem Round Table eingeladen wurden, bei dem wir sehr intensiv darüber sprechen konnten, was das für die persönlichen Lebenssituationen sowohl auf der nordirischen Seite als auch auf der Seite der Republik Irland bedeutet. Ich persönlich komme aus einem Land, das viele Jahre durch eine Mauer getrennt war. Ich habe 34 Jahre lang hinter dem Eisernen Vorhang gelebt. Ich weiß, was es bedeutet, wenn Mauern fallen, wenn Grenzen verschwinden und dass man alles tun muss, damit dieses friedliche Zusammenleben, das hier ja auch mit so vielen Menschenleben bezahlt wurde, erhalten werden kann. Die Diskussion hat mich tief beeindruckt und wird mich auch ermutigen, weiter nach guten Wegen zu suchen, die dieses friedliche Zusammenleben weiterhin möglich machen.

Wir haben ein Austrittsabkommen, zu dem wir stehen. Das ist ein Kompromiss, eine faire Balance. Leider hat dieses Austrittsabkommen bis heute keine Mehrheit im britischen Unterhaus bekommen. Aber wir glauben, dass dies inklusive der Übergangszeit, die sich dann anschließen würde, eine Voraussetzung wäre, um in Ruhe und im Blick auf das, was wir gemeinsam erreichen wollen, die zukünftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union zu klären.

Wir von deutscher Seite wollen - darin stimmen wir mit Irland völlig überein - gute, intensive Beziehungen. Theresa May hat oft gesagt: Wir treten aus der Europäischen Union aus, aber wir bleiben Europäer. - Wir haben eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten, nicht nur die wirtschaftlichen Beziehungen, sondern auch die Kooperation im Sicherheitsbereich, die Fragen der außenpolitischen Gemeinsamkeiten, und diese wollen wir natürlich auch in vollem Umfang zur Geltung kommen lassen.

Deshalb hoffen wir, dass die intensiven Diskussionen in London bis nächsten Mittwoch, wenn wir unseren weiteren Sonderrat haben werden, zu einer Position führen, die uns Theresa May als britische Premierministerin dann sagt und mit der wir auch weitere Schritte besprechen können. Wir werden als 27 zusammenstehen. Wir wollen alles tun, wir wollen - ich habe das im deutschen Parlament gesagt - bis zur letzten Stunde alles tun, um einen ungeregelten Austritt Großbritanniens zu verhindern. Wir werden darauf auch viel Kraft verwenden. Aber wir müssen es natürlich gemeinsam mit Großbritannien und der Position Großbritanniens schaffen.

Wir haben natürlich auch darüber gesprochen, dass diese Austrittszeit dadurch noch etwas kompliziert wird, dass wir nun Europawahlen haben, auf die wir uns natürlich auch vorbereiten und in denen wir, weil wir beide zur gleichen Parteienfamilie innerhalb der Europäischen Union gehören, natürlich auch sehr eng zusammenarbeiten.

Wir haben auch über die bilateralen Beziehungen gesprochen. Hier darf ich das bestätigen, was der Taoiseach gesagt hat. Diese Beziehungen sind sehr intensiv. Sie sind wirtschaftlich sehr produktiv, aber sie sind auch zivilgesellschaftlich sehr eng. Gerade diese schwierige Zeit mit dem Austritt Großbritanniens hat sozusagen das Interesse, aber auch den Wunsch, Irland besser kennenzulernen, bei vielen in Deutschland noch einmal erhöht. Insofern freue ich mich, dass wir wirklich auf eine feste, konsolidierte und sich weiterentwickelnde bilaterale Zusammenarbeit blicken können. Dass ein neues Konsulat in Frankfurt errichtet wird, ist dafür ein lebendiges Zeichen. Herzlichen Dank dafür!

Frage: Ist es möglich, die Integrität des Binnenmarktes zu schützen und ein Engagement einzugehen, in dem alles auf der irischen Insel, was einer Grenze ähnelt, ausgeschlossen wird?

An den Taoiseach: Welche Sicherheiten können Sie geben, dass wir daran arbeiten, die Integrität von Nordirland zu schützen?

BK’in Merkel: Ich sage ganz einfach: Das muss uns gelingen. Wir hoffen auf eine Lösung, die wir mit Großbritannien vereinbaren können, aber es muss uns gelingen. Ich vertraue auf das, was wir in Deutschland oft sagen - ich habe gehört, das gibt es auch hier als Sprichwort -: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Daran arbeiten wir, und ich glaube, wir haben mit Michel Barnier und mit Jean-Claude Juncker auch sehr gute Partner in der Kommission, die auch ihre ganze Kraft darauf verwenden werden. Deshalb werden wir gemeinsam Lösungen finden. Wir setzen aber eigentlich immer noch auf einen geregelten Vorgang.

PM Varadkar: Es ist mir gelungen, der Kanzlerin zu versichern, dass wir ein Doppelziel verfolgen, nämlich das Good Friday Agreement und alles, was sich daraus ableiten lässt, zu schützen, aber auch die Integrität des Binnenmarktes und der Zollunion zu schützen - was etwas ist, was wir unbedingt erreichen wollen. Wir haben vor fast 20 Jahren als Land die Entscheidung getroffen, dass unsere Zukunft im Herzen Europas liegt; wir sind der Eurozone, dem Binnenmarkt und der Zollunion beigetreten. Unsere Wohlfahrtsziele obliegen dem und sind darauf aufgebaut. Das wollen wir nicht unterminieren, und wir wollen verhindern, dass Irland eine Hintertür zum Binnenmarkt wird, falls es einen harten Brexit geben sollte.

Was wir natürlich erreichen wollen, ist die Personenfreizügigkeit zwischen Norden und Süden, keine Zollabgaben, keine Grenzposten, keine Grenzkontrollen. Es gibt drei Möglichkeiten, das zu erreichen: Entweder bleibt das Vereinigte Königreich in der Europäischen Union - das haben (akustisch unverständlich) zu tun - oder es ist das Norwegen-Plus-Modell einzuführen, mit dem es eng an die Zollunion und den Binnenmarkt angebunden wird, oder das Ausstiegsabkommen mit dem Backstop. Das sind die drei Möglichkeiten, wie dies erreicht werden kann. Aber natürlich sind wir in einer schwierigen Situation. Wir wissen, dass bestimmte Dinge nicht ungelöst bleiben können, wie beispielsweise, dass physische Checks in Bezug auf Tiere durchgeführt werden können. Dazu gehören Debatten, die mit der Europäischen Kommission in Bezug auf Optionen geführt werden, aber auch die Kooperation des Vereinigten Königreiches erfordern; denn selbst wenn es keinen Deal gibt, müssen sie die im Karfreitagsabkommen und in der politischen Erklärung von 2017 eingegangenen Verpflichtungen einhalten.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Mister Taoiseach, eine Frage an Sie beide: Glauben Sie, dass die Entscheidung, die das britische Parlament letzte Nacht getroffen hat, nämlich dass es auf jeden Fall ein Gesetz durchbringen wird, das einen No-Deal verhindern soll, eine Grundlage dafür ist, dass der Austritt sozusagen noch weiter nach hinten geschoben werden kann? Haben Sie Hoffnung, dass sich dadurch die Chancen auf einen Deal vergrößern?

BK’in Merkel: Wir verfolgen natürlich die Vorgänge und das, was in Großbritannien diskutiert wird, sehr intensiv, und das ist ein sehr interessanter Beschluss des Parlaments. Wir müssen jetzt aber weiterverfolgen, was daraus wird und welche Varianten sich daraus ergeben. Wie gesagt, wir haben nächsten Mittwoch ein Treffen des Europäischen Rats, und wir müssen dann sehen, was uns die britische Premierministerin sagt. Ich kann insofern nur sagen, dass wir das intensiv verfolgen und weiter hoffen, dass sich daraus Möglichkeiten eines geregelten Austritts ergeben.

PM Varadkar: Ich bin der Meinung, dass die Entscheidung seitens des Unterhauses, bei einer Reihe von Gelegenheiten einen No-Deal anzustreben, ganz deutlich bedeutet, dass sie nicht ohne einen Deal ausscheiden wollen. Damit respektiert das Parlament den Willen der Briten, denn die wollen ohne einen Deal nicht ausscheiden. Das ist etwas sehr Bedeutungsvolles und das ist auch sehr hilfreich, und das schafft die Grundlage für einen geordneten Brexit und macht ihn sehr viel wahrscheinlicher.

Als Regierungschefs in den jeweiligen Ländern müssen wir natürlich zwischen 27 Mitgliedstaaten Einigkeit erzielen, Regierungen müssen mit Regierungen Rücksprache nehmen, und das House of Commons muss zwölf unterschiedliche Optionen untersuchen und die alle ablehnen. Es gibt natürlich einen Grund, warum wir das Ausstiegsabkommen so erstellt haben und diese ganzen Optionen in den letzten zwei Jahren auch durchgearbeitet haben. Wir haben ein Ausstiegsabkommen, das vielleicht nicht perfekt ist, aber es schafft das, was wir in der Europäischen Union und in Irland brauchen und was dann im Mansion House und in den Räten aufgegriffen wird. Es gibt natürlich Gründe dafür, dass das Austrittsabkommen ein irisches Protokoll hat und das Backstop-Agreement beinhaltet. Insofern: Hoffentlich schafft es das House of Commons, das auch anzunehmen.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, was passiert nächste Woche, wenn das Vereinigte Königreich das Ausstiegsabkommen nicht unterzeichnet? Welche Bedingungen, welche Konditionen sollten einen Aufschub begleiten, wenn Theresa May nächste Woche einen solchen Aufschub fordert?

An den Taoiseach: Sie haben fortgesetzt gesagt, dass es ein Doppelziel in Bezug auf eine offene Grenze und den Schutz des Binnenmarktes gebe, aber Ende nächster Woche werden diese beiden Ziele möglicherweise miteinander konfligieren. Haben Sie einen Plan dafür, wie dann in einer Woche verfahren werden soll?

BK’in Merkel: Wir haben doch in den letzten Tagen gesehen, dass auch noch sehr viel Bewegung in der britischen Diskussion ist. Deshalb sehe ich mich heute außerstande, auf spekulative Fragen zu antworten. Für mich ist eine wichtige Botschaft - so wie es der Taoiseach eben gesagt hat -, dass eine sehr große Mehrheit im britischen Unterhaus vermeiden will, dass es zu einem Austritt ohne Abkommen kommt. Ich finde, das ist erst einmal ein Ausgangspunkt. Alles Weitere müssen wir einfach abwarten, und wir können darüber heute nicht spekulieren - auch aus Respekt vor den Diskussionen, die ja zur Stunde auch wieder in Großbritannien stattfinden.

PM Varadkar: Um das einmal ganz offen zu sagen: Wir haben einen Plan, wenn das Austrittsabkommen nicht unterzeichnet wird, und wir haben dann eine Übergangsphase, die sozusagen die Verhandlungen in Bezug auf die künftigen Beziehungen einsetzen lässt. Wir kennen unsere Prioritäten; wir haben also diesen Plan. Wir wissen, was wir im Falle eines Aufschubs machen können.

Es ist aber nicht möglich, für den Fall eines No-Deals, also wenn es kein Abkommen gibt, einen klaren Plan zu haben; denn es gibt sehr viele unterschiedliche, sehr viele hypothetische Szenarien. Das heißt, sehr viel hängt davon ab, was das Vereinigte Königreich zu tun beschließt, und davon, ob es sich nach wie vor an das Karfreitagsabkommen hält, ob es nach wie vor seine Verpflichtungen im Rahmen der politischen Erklärung von 2017 hält. Es gibt also so viele Variablen, dass es unmöglich ist, einen klaren Plan für eine No-Deal-Situation zu haben.

Wir arbeiten aber Optionen und Notfallpläne aus, und wir haben dabei immer dieses Doppelziel vor Augen: unsere vollkommene Unterstützung für das Karfreitagsabkommen, also dafür, dass wir eine harte Grenze in Irland um jeden Preis verhindern wollen, und unser Engagement für die Integrität des Binnenmarktes.

Frage: Herr Taoiseach, noch eine Frage in Bezug auf die Grenze: Was für Garantien konnten Sie der Bundeskanzlerin in Bezug darauf geben, inwieweit Sie zu garantieren bereit sind, dass es keine harte Grenze geben wird, egal wie die Situation aussieht?

Frau Bundeskanzlerin, Sie haben das Sprichwort „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“ angesprochen, und Sie haben gesagt, es sei auch eine Frage von Krieg und Frieden, des irischen Friedens, dass man hier eine Lösung findet. Inwieweit haben Sie den Eindruck, dass dies auch allen Seiten bewusst ist, die damit befasst sind, vor allen Dingen in Großbritannien?

Vielleicht wollen Sie sich auch noch zu einer deutschen Frage äußern: Hängt die Abhängung von zwei Bildern von Emil Nolde mit seiner eventuellen nationalsozialistischen Vergangenheit zusammen?

PM Varadkar: Um diese Frage zu beantworten: Etwas, worauf wir uns geeinigt haben - und zwar sehr deutlich geeinigt haben -, ist, dass wir die Einheit innerhalb der 27 Mitgliedstaaten aufrechterhalten wollen. Das haben wir im Rahmen dieser Verhandlungen auch gemacht, und das werden wir auch in einem No-Deal-Szenario in Bezug auf die Verhandlungen zu den zukünftigen Beziehungen aufrechterhalten. Egal, was für Herausforderungen auf uns zukommen, ob es um den Schutz des Good Friday Agreements oder um den Schutz der Integrität des gemeinsamen Marktes geht: Wir werden diese Herausforderungen gemeinsam bewältigen. Das ist also eine gemeinsame europäische Herausforderung.

BK’in Merkel: Ich kann natürlich nur für mich als deutsche Bundeskanzlerin und für die deutsche Bundesregierung sprechen, aber ich habe große Einigkeit unter uns im Kollegenkreis gesehen. Wir alle sind uns bewusst, was insgesamt zu lösen ist und was auch auf dem Spiel steht, und wir sind uns ganz besonders mit Blick auf Irland bewusst, was zu tun ist und was zu sichern ist. Deshalb habe ich auch volles Vertrauen in den Taoiseach und glaube, dass wir mit der Kommission jemanden haben, der die Interessen von allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union - eben auch die irischen in ganz besonderer Weise - vertritt. Wir alle haben Vertrauen zu Michel Barnier und zu Jean-Claude Juncker. Insofern bin ich optimistisch, dass wir auch unter schwierigen Bedingungen immer Lösungen finden werden. Aber noch einmal: Wir werden alles dafür tun, dass dies geregelt stattfindet.

Bezüglich der Frage der Nolde-Bilder kann ich ganz einfach nur sagen, dass der Chef der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Herr Parzinger, mich gebeten hat, für diese Ausstellung die beiden Bilder zur Verfügung zu stellen. Es ist für mich ganz selbstverständlich, dass ich das tue. Damit ist, glaube ich, das getan, was auch zu erwarten ist: Wenn solche Bilder für eine Ausstellung gebraucht werden, dann werden sie herausgegeben, klar.