Pressekonferenz am 2. September 2014 in Meseberg, Thema: 5. "Zukunftsgespräch" mit Sozialpartnern

BK'IN DR. MERKEL: Meine Damen und Herren, wir haben heute wieder mit den Vertretern von Wirtschaft und Gewerkschaften und diesmal auch mit den Unternehmen Siemens und Telekom sowie den entsprechenden Vorsitzenden der Gesamtbetriebsräte ein Zukunftsgespräch hier in Meseberg gehabt.

Wir haben uns heute insbesondere mit den langfristigen Herausforderungen für den Standort Deutschland mit Blick auf notwendige Innovationen befasst. Ein zentrales Thema hierbei das kann man, glaube ich, sagen war die Frage der Industrie 4.0, also die Frage der Digitalisierung und ihrer Auswirkungen auf den Industriestand Deutschland. Wir sind stolz darauf, dass unser Anteil der verarbeitenden Industrie an der Industrie insgesamt noch über dem von der EU anvisierten Prozentsatz von 20 Prozent liegt, aber gerade dieser Bereich ist einer maximalen, sehr starken Veränderung unterworfen.

Eingeführt in das Thema hatte uns ein Innovationsökonom, Professor Cantner, der uns deutlich gemacht hat was wir ja auch alle spüren und fühlen , dass wir uns in einer Umbruchphase befinden, die deutliche Auswirkungen zum einen auf unsere Wettbewerbsfähigkeit, aber auch auf die Anforderungen auf die Beschäftigten haben wird. Beide Herausforderungen wollen wir erfolgreich für unser Land meistern. Deshalb liegt die Bundesregierung ganz klar das kann man, glaube ich, sagen mit der Digitalen Agenda richtig, und die einzelnen Felder müssen jetzt bearbeitet werden.

Es ist auch deutlich geworden, dass wir die Dinge nicht als Deutschland alleine schaffen werden, sondern dass wir uns darum kümmern müssen, dass Europa ein wettbewerbsfähiger Markt wird. Hier haben wir deutliche Vorteile. Ein großer Vorteil, den wir haben, ist die soziale Marktwirtschaft, ist die Tarifpartnerschaft in Deutschland, die dazu führt, dass wir solche Themen eben auch gemeinsam besprechen können.

Wir haben große Herausforderungen an die Bildung, denn zum einen wird die Arbeitswelt der Zukunft anders aussehen, zum anderen wird es aber auch völlig neue Formen der Beschäftigung geben, die wir natürlich wieder so ausgestalten müssen, dass sie sozial akzeptabel sind darauf ist hier heute auch hingewiesen worden.

Alles steht und fällt mit der Frage, ob wir ausreichend Investitionen haben. Der Bundeswirtschaftsminister hat dieses Thema deshalb schon auf seine Tagesordnung gesetzt, aber heute hat man das noch einmal in seiner Vernetzung mit den Innovationen gesehen. Wir waren uns eigentlich alle einig: Allein mit öffentlichen Investitionen werden wir das nicht schaffen. Die Kunst wird vielmehr darin bestehen, dass wir privates Kapital durch unsere Definition der Herausforderungen in die richtigen Richtungen lenken, die auch wirklich für die Zukunft unseres Landes von entscheidender Bedeutung sind.

Wir haben abgesprochen, dass wir dieses Thema weiter besprechen werden. Wir werden die Diskussionspunkte heute zusammenfassen und daraus eine Agenda machen, in der es um die Frage geht: Wer kann was dazu beitragen, dass wir als Standort auch in zehn Jahren noch zukunftsfähig sind. Hier gibt es auch das ist heute, glaube ich, herausgekommen einen sehr starken Wettbewerb mit den Vereinigten Staaten von Amerika, die in dem gesamten digitalen Bereich durchaus an vielen Stellen weiter sind. Unsere Chance in der Industrie 4.0 liegt aber darin, die digitalen Kenntnisse sozusagen in die produzierende Wirtschaft hinüberzunehmen. Darin liegt eine Riesenchance, dass Deutschland den Anschluss schafft und führend sein wird. Das wollen wir, das ist unser Anspruch das ist hier heute auch deutlich geworden.

BM GABRIEL: Vielen Dank, Frau Bundeskanzlerin! Meine Damen und Herren, wir haben in Deutschland eine außerordentlich gute wirtschaftliche Entwicklung für dieses Jahr prognostiziert. Die Fundamentaldaten unseres Landes sind nach wie vor gut, der Arbeitsmarkt ist robust, wir haben nach wie vor eine ausgesprochen große Konsumfreudigkeit. Das wird sehr stark getragen durch die Binnenkonjunktur.

Wir sehen aber natürlich, dass die geopolitischen Risiken inzwischen längst in Deutschland und Europa angekommen sind. Auf der einen Seite gibt es die schwache Konjunktur in Europa und auch rückgehende Warenausfuhren in wichtige Schwellenländer, auf der anderen Seite machen sich bei uns aber vor allen Dingen die Risiken, die durch den Russland-Ukraine-Konflikt bei uns ankommen, bemerkbar. Das ist nicht so sehr wegen der unmittelbaren Betroffenheit der Unternehmen der Fall, vielmehr leidet das Investitionsklima darunter. Das ist das wesentlich größere Problem, denn der Außenhandel mit Russland ist nicht so umfangreich, dass wir durch die Sanktionen selbst unmittelbar oder in starkem Maße betroffen wären.

Aber auch unabhängig von den geopolitischen Entwicklungen ist es, glaube ich, vernünftig, die Debatte, die wir heute mit Arbeitgebern und Gewerkschaften geführt haben, zu diesem Zeitpunkt zu führen; denn das größte Risiko besteht natürlich darin, dass man sich auf guten ökonomischen Prognosen ausruht. Wahrscheinlich besteht darin, dass man sich in seiner wirtschaftlichen Entwicklung zu sicher fühlt, schon der Keim des Scheiterns. Deswegen kommt die Debatte heute, glaube ich, zum richtigen Zeitpunkt.

Unser Land ist seit mehr als hundert Jahren vor allen Dingen dadurch berühmt und bekannt, dass es besser und schneller als andere neue Produkte und neue Verfahren erfindet und sie in die vorhandene Produktions- und Dienstleistungsstruktur integriert, also nicht nur Innovationsfähigkeit, sondern auch Integrationsfähigkeit beweist und daraus neuen wirtschaftlichen Erfolg macht.

Die Voraussetzung dafür ist Qualifikation, deswegen haben wir heute auch viel über eine Frage gesprochen, die auch in vorangegangenen Treffen dieser Art eine Rolle gespielt hat: Was müssen wir tun, um in Bildung und Ausbildung voranzukommen? Ein Thema heute war, mehr dafür zu tun, dass berufliche Bildung und akademische Bildung bei uns wieder gleichermaßen geschätzt und wertgeschätzt wird. Wir haben aus meiner Sicht eine eher problematische Tendenz, dass vielfach geglaubt wird, dass nur ein akademischer Bildungsgang zu einem selbstbestimmten und guten Leben führen kann. Die Arbeitgeber und die Gewerkschaften wissen, dass das bei weitem nicht der Fall ist, sondern dass in der dualen Berufsausbildung und in den dann existierenden Weiterbildungsmöglichkeiten große Chancen für jeden Menschen liegen. Deswegen ist das Thema von Qualifikation, Ausbildung und Weiterbildung eines der Themen, die wir heute besprochen haben.

Das zweite Thema ist die Investitionstätigkeit in unserem Land. Wir haben seit mehr als zehn Jahren, wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag gerade erst veröffentlicht hat, eine Investitionsschwäche nicht nur in den öffentlichen Investitionen, sondern auch in der Nettoinvestitionsquote von Unternehmen. Das hat auch Gründe. Verunsicherung über die Energiepreisentwicklung ist zum Beispiel ein Thema, aber auch die Erfahrungen am Finanzmarkt führen dazu, dass Unternehmen eher zurückhaltend bei der Kreditaufnahme für Investitionen sind.

Deswegen wird es ganz entscheidend darauf ankommen, dass wir mit den Arbeitgebern, den Gewerkschaften und auch der Wissenschaft gemeinschaftlich überlegen: Wie können wir bessere Rahmenbedingungen setzen, und zwar erstens dafür, dass privates Kapital das umfangreich vorhanden ist in Infrastrukturinvestitionen geht. Der Bund erhöht seine Infrastrukturinvestitionen auch. Die Entlastung der Kommunen, die wir bereits durchgeführt haben und auch weiter fortsetzen werden, wird auch dabei helfen, die öffentlichen Infrastrukturinvestitionen zu steigern. Sie müssen wissen: Normalerweise sind zwei Drittel der öffentlichen Investitionen kommunale Investitionen; zurzeit sind das nur die Hälfte. Deswegen verbessern wir die kommunale Finanzsituation. Wir werden den Stau aber nicht allein mit öffentlichen Investitionen bewältigen, sondern wir brauchen privates Kapital.

Das Zweite ist: Wir müssen die Rahmenbedingungen für die Investitionen in Forschung und Entwicklung, in Innovation, in Ausrüstungsinvestitionen, in Wachstum verbessern. Wer kann uns da bessere Hinweise geben als die Arbeitgeber, die an diesem Thema natürlich ganz besonders interessiert sind.

Das sind ganz wesentliche Themen, über die wir heute gesprochen haben und die sowohl der Kollege Schäuble als auch ich bereits miteinander bearbeiten. Sie wissen, dass wir eine Expertenkommission berufen haben, in der zum Beispiel auch Herr Grillo drin ist, in der aber auch Vertreter der Gewerkschaften und der Wissenschaft sind, die diese zentrale Herausforderung Deutschlands, die Investitionsschwäche, bekämpfen soll. Denn letztlich wird die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes gerade an dieser Frage zu entscheiden sein.

Das letzte große Thema hat die Bundeskanzlerin schon angesprochen, ich will es nur streifen: Das ist die Frage der Wettbewerbsfähigkeit in einer digitalen Ökonomie. Das betrifft die gesamte Bandbreite von der Aus- und Weiterbildung über die Qualifizierung der Arbeitnehmer bis hin natürlich zur Netzinfrastruktur. Ich will noch einmal wiederholen, was dazu die gemeinschaftliche Auffassung der Bundesregierung ist: Es nützt auch da nichts, noch ein bisschen über die Frage zu philosophieren, was der Bund noch an Milliardenbeträgen investieren soll. Wir arbeiten unter der Bedingung der Schuldenbremse und wir müssen sorgfältig mit unseren Finanzen umgehen. Deswegen ist der Weg, den die Bundesregierung beschreiten will, nämlich durch eine Re-Regulierung bzw. eine Rücknahme bestimmter Regulierungen zum Beispiel Unternehmen wie die Telekom in die Lage zu versetzen, ihre Investitionen auch zu refinanzieren. Dann werden wir vorankommen, und wenn wir dafür sorgen, dass wir das nicht nur mit Blick auf Deutschland, sondern auch mit Blick auf den europäischen Markt tun.

Alle diese Fragen sind hier heute erörtert worden. Ich habe ja zum ersten Mal die Gelegenheit gehabt, an einem solchen Dialog hier in Meseberg teilzunehmen. Ich finde, es ist sehr, sehr lohnenswert; wir haben viele wichtige Beiträge bekommen. Damit zeigt sich übrigens noch einmal, dass sich diese spezielle deutsche Tradition der Sozialpartnerschaft bei der die unterschiedlichen Teile nicht immer die gleichen Interessen haben, aber immer Verantwortung dafür übernehmen wollen, dass man zu gemeinsamem Handeln kommt nicht nur in Krisensituationen, sondern auch dann, wenn wir über die Zukunft des Landes reden, bewährt. Ich finde, das ist ein riesiger Standortvorteil unseres Landes. Ich kann den Beteiligten heute nur danken, dass Sie zu uns gekommen sind.

HOFFMANN: Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, meine Damen und Herren, ich kann unmittelbar an das anknüpfen, was Herr Gabriel als Bundeswirtschaftsminister gesagt hat: Die Gespräche haben heute in einer Situation stattgefunden, in der wir in Deutschland auf eine stabile wirtschaftliche Lage blicken können. Es ist unsere Aufgabe gewesen, die Herausforderungen, die mit der Digitalisierung auf der einen Seite, aber auch mit den globalen internationalen Herausforderungen auf der anderen Seite verbunden sind, gemeinsam zu analysieren und das nicht in einem Krisenmodus. Das war der große Vorteil der heutigen Diskussion.

Ich kann bestätigen, dass wir in der Analyse, in der Einschätzung, wo wir als Wirtschaftsstandort, als Industrie- und Dienstleistungsland Bundesrepublik Deutschland stehen, viel Übereinstimmung haben. Wir sind uns darüber bewusst, mit welchen Herausforderungen wir uns gemeinsam konfrontiert sehen. Ich kann ausdrücklich dem zustimmen, was die Frau Bundeskanzlerin gesagt hat: Wir haben auch den Blick über den bundesrepublikanischen Tellerrand hinaus gerichtet und müssen ein ureigenes Interesse daran haben, dass wir auch europäische Lösungen mit in den Blick nehmen; denn die Herausforderungen der Globalisierung bedingen geradezu, dass wir mit Kleinstaaterei und nationalen Lösungen allein überhaupt nicht weiterkommen werden.

Wir haben über Innovation gesprochen. Wir haben darüber gesprochen, welche Voraussetzungen dieses Land braucht, damit Innovationen auch von den Menschen gelebt und akzeptiert werden. Ich habe darauf hingewiesen, dass es gerade in einer sozialen Marktwirtschaft ein Fehler wäre, wenn wir ausschließlich über Hightech-Strategien sprechen würden und nicht auch die soziale Dimension von Innovationen mit in den Blick nähmen; denn Innovationen werden von Menschen gemacht, werden von Menschen gelebt und müssen anschließend auch von Menschen angewandt und umgesetzt werden. Dieses Land steht durchaus vor Herausforderungen, wenn es darum geht, Innovationstreiber zu bleiben. Wir müssen uns in der Frage der Bildung mehr engagieren. Da sind viele Fortschritte gemacht worden, es ist aber auch so: Wenn wir zwingend gemeinsam wollen, dass Menschen länger gesund und innovativ in Arbeit bleiben, dann können wir nicht aufhören, im Bereich des lebenslangen oder, wie ich lieber sage, des lebensbegleitenden Lernens zu investieren. Das ist auch eine Herausforderung für die Unternehmen. Das sind keine Kosten, das sind keine Personalkosten, sondern das sind in erster Linie Investitionen in die Zukunft; denn unsere Unternehmen brauchen für moderne, innovative Dienstleistungen eine qualifizierte Arbeitnehmerschaft.

Wir haben uns darüber hinaus mit den Chancen der Digitalisierung beschäftigt und haben auch hier gemeinsame Einschätzungen, welche positiven gesellschaftlichen Entwicklungen mit der Digitalisierung einhergehen können. Ich fand es aber aus gewerkschaftlicher Perspektive auch beeindruckend festzustellen, dass wir einen sehr ähnlichen Blick auf die möglichen Risiken haben. Das ist auch die Voraussetzung dafür, dass wir mit solchen Risiken dann auch umgehen können und diesen Prozess dann auch gestalten können, um nicht zu einer neuen digitalen Prekarisierung von Arbeit zu kommen.

Wir brauchen stabile Beschäftigungsverhältnisse, wir wissen aber auch: Arbeit wird sich verändern. Wir wollen uns mit Blick auf diesen Prozess von Veränderungen auf den Weg machen und wollen ihn begleiten. Wir wollen auch, dass damit verbundene Chancen genutzt werden, Arbeit humaner zu gestalten. Aber auch der Grundsatz der Selbstverwirklichung, der mit der Digitalisierung einhergehen kann, sollte nicht zu kurz gesehen werden. Wir sehen aber auch eine Entgrenzung von Raum und Zeit von Arbeit. Hier braucht es neue Leitplanken für einen solchen digitalen Arbeitsmarkt.

Ich denke, die heutigen Gespräche waren eine gute Grundlage dafür, dass wir das wenn man eine gemeinsame Analyse hat, eine europäische, internationale Perspektive an den Tag legt nicht nur in Deutschland hinbekommen, sondern auch im Europäischen Gewerkschaftsbund und mit BUSINESSEUROPE, dem europäischen Arbeitgeberverband, gemeinsam nach vorne schreiten. Das sind auch für die neue Kommission mit Herrn Juncker neue Herausforderungen, wenn es darum geht, den sozialen Dialog nicht nur in Deutschland zu stabilisieren und weiterzuentwickeln. Insofern waren das heute gute Beispiele dafür, wie es in Deutschland gehen kann, wir brauchen aber auch die Stärkung des sozialen Dialogs auf europäischer Ebene, um Innovationen, um Investitionen, um Zukunftsfähigkeit für Deutschland und Europa gemeinsam zu gestalten.

Vielen Dank.

GRILLO: Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, meine Damen und Herren, ich gehe zuversichtlich aus der heutigen Runde heraus. Ich meine, wir hatten eine sehr gute, eine sehr detaillierte und eine überragende Diskussion mit einem riesigen Arbeitspaket, das wir diskutiert haben; nicht alles davon zu Ende.

Wenn ich „zuversichtlich“ sage, dann könnte man auf die Idee kommen, der deutschen Wirtschaft gehe es ja gut. Wir wissen alle, dass das Wachstum im Moment etwas ins Stottern gekommen ist. Das hat verschiedene Gründe. Das hat auch geopolitische Gründe. Es wird zu wenig investiert. Es wird zu wenig innoviert, wie man sagt. Das sind auch Unsicherheiten. Das sind auch Rahmenbedingungen, in denen wir arbeiten müssen. Das haben wir heute intensiv diskutiert. Es geht um staatliche Investitionen. Es geht auch um private Investitionen. Es ist ja bekannterweise genug Geld da, es muss nur angelegt werden. Das ist auch eine Frage des Vertrauens.

Wir sind sehr zuversichtlich, gerade in Bezug auf das Thema Industrie oder besser Wirtschaft 4.0 das haben wir ja heute diskutiert , die Digitalisierung voranzutreiben. Da gibt es hier und da gerne einmal Angst: Was passiert da? Sind die Deutschen da nicht in der Nachhut? - Ich bin zuversichtlich, dass wir als Industrieland gerade in der Vorhut sind. Denn der eine hat die Daten, aber wir wissen, wie Industrie funktioniert und wie wir Industrie auch in die Digitalisierung begleiten. Insofern: Daher kommt die Zuversicht.

Wir müssen sehr viel an die Zukunft denken. Wir müssen sehr an der Zukunft arbeiten. Wir haben, wenn ich das so sagen darf, vielleicht in der ersten Phase der Großen Koalition ein bisschen am Status quo gearbeitet, an den sozialen Maßnahmen. Wenn wir so weiterarbeiten, wie wir heute diskutiert haben, die Zukunft denken und nicht vergessen, dass Deutschland im globalen Standortwettbewerb steht - das heißt, wir haben einen Wettbewerb nicht nur in Bezug auf unsere Güter, sondern auch hinsichtlich die Standortentscheidungen und auch der Investitionen, und dabei ist, wir die Frau Bundeskanzlerin erwähnt hat, das Thema Nordamerika sehr wichtig, um in der Vorhut (zu bleiben) , wenn wir da besser werden, wenn wir da viel tun, dann bin ich zuversichtlich, dass wir auch in Zukunft wieder wachsen und die führende Rolle in der Welt und auch in Europa innehaben werden.

Letzter Punkt: Wir dürfen natürlich nicht nur an Deutschland denken. Wir müssen europäisch denken. Wir sind in Europa stark. Wenn wir in Europa mit den 500 Millionen Einwohnern eine gemeinsame digitale Agenda und eine gemeinsame Agenda bezüglich der Energieversorgung hinbekommen, dann, glaube ich, haben wir eine gute Zukunft vor uns. Vielen Dank.

FRAGE: Welche Rolle hat denn das Thema Tarifeinheit gespielt? Sind Sie da einen Schritt weiter gekommen? Hat das eine Rolle gespielt, zumindest am Rande? Das ist ja zumindest aktuell das Thema.

BK'IN DR. MERKEL: Wir lächeln jetzt gerade, weil wir auf dem Hinweg gesagt haben, dass wir wahrscheinlich danach gefragt werden. Ich darf Ihnen Folgendes sagen: Die Bundesarbeitsministerin hat jetzt in sehr enger Zusammenarbeit mit den Verfassungsressorts die Fortentwicklung unsere Vorstellungen betrieben. Ich habe mich mit ihr auch abgestimmt. Wir werden hier am Rande noch kurz mit den Gewerkschaften und dem Arbeitgeberpräsidenten sprechen, und dann wird es in den nächsten Tagen sehr detaillierte Diskussionen darüber geben, wie wir uns das vorstellen. Ich glaube, wir sind einem Gesetzentwurf doch ein ganzes Stück näher gekommen. Hier wird es also keine Detailgespräche darüber geben, aber wir können verkünden, und wir hatten uns dafür auch dieses Datum vorgenommen, dass wir innerhalb der Regierung ein ganzes Stück weiter gekommen sind.

HOFFMANN: Ich kann für den Deutschen Gewerkschaftsbund bestätigen, was die Frau Bundeskanzlerin gesagt hat. Wir befinden uns auch in intensiven Gesprächen mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber, der BDA. Wir werden in der nächsten und übernächsten Woche dann auch die Gespräche mit dem Ministerium führen, wenn die Arbeiten dort abgeschlossen sein werden so weit ist es noch nicht , und wir werden uns dann gemeinsam an die Arbeit machen, das zu bewerten und zu schauen, dass wir zu tragfähigen Lösungen kommen.

FRAGE DR. RINKE: Ich habe zwei Fragen, zum einen an den Wirtschaftsminister. Herr Gabriel, vielleicht können Sie noch etwas präzisieren, was Sie mit der „Verbesserung der Rahmenbedingungen bei Infrastrukturausgaben“ gemeint haben. Bedeutet das zum Beispiel auch eine private Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur oder bessere Abschreibungsmöglichkeiten für die Unternehmen?

Frau Bundeskanzlerin, ich hätte ganz gerne gewusst, ob Sie auch über die möglichen Bremsspuren durch den Russland-Konflikt und über weitere Sanktionen gesprochen haben. Wären Sie dafür, dass auf der nächsten Sanktionsliste auch das Verbot von Rüstungslieferungen an Russland steht?

BM GABRIEL: Das steht, glaube ich, jetzt schon darauf.

BK'IN DR. MERKEL: Für Neuverträge, aber noch nicht für Altverträge.

BM GABRIEL: Ach so.

BK'IN DR. MERKEL: Ich glaube, wenn ich gleich anfangen darf, das Thema Russland-Ukraine und die Bremsspuren, die damit verbunden sein könnten, werden wir jetzt noch einmal beim Abendessen diskutieren, soweit daran Interesse besteht. Der Bundeswirtschaftsminister wird uns auch noch einmal einen kurzen Überblick geben. Er hat ja seine Einschätzung hier im Grundsatz auch schon benannt.

Über die Spezifika der Sanktionen kann ich heute noch nichts sagen. Es wird jedenfalls in allen vier Bereichen, die wir schon hatten, Vorschläge von der Kommission geben. Wie man sich einigen wird, kann man heute noch nicht absehen. Aber über das generelle Thema werden wir beim Abendessen noch einmal reden.

BM GABRIEL: Die Expertenkommissionen hat die Aufgabe, unter dem Vorsitz von Herrn Prof. Fratzscher beide Bereiche zu untersuchen, sowohl die Frage, wie wir privates Kapital in öffentliche Infrastrukturinvestitionen lenken können dabei geht es um mehr als um die Wiederholung alter PPP-Ideen , als auch die zweite Frage, die genauso wichtig ist, welche politischen Rahmenbedingungen Unternehmen brauchen, damit das entsteht, was Herr Grillo gesagt hat, nämlich Vertrauen darin, dass das vorhandene Kapital in Investitionen und in die Unternehmen fließt. Beide Bereiche sollen dort bearbeitet werden.

Die Experten sind in ihrer Arbeit erst einmal frei; es gibt keine Vorgaben. Wir werden hinterher mit Sicherheit auch eine Debatte über die Frage führen, was davon realistisch ist, was finanzierbar ist, was vielleicht schnell und was mittelfristig machbar ist. Aber es gibt keine einschränkenden Vorgaben an die Expertenkommission.

BK'IN DR. MERKEL: Danke schön! Ich danke auch dafür, dass Sie gekommen sind.