Gemeinsame Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und Bundesfinanzminister Scholz nach dem G20-Gipfel 22.11.20

BK’in Merkel: Guten Nachmittag, meine Damen und Herren! Wir haben soeben den G20-Gipfel im virtuellen Format beendet. Herr Scholz und ich haben daran teilgenommen. Die Sherpas haben die Dinge intensiv vorbereitet. Ich darf mich auch bei der saudischen Präsidentschaft bedanken, die unter den widrigen Umständen von Corona wirklich ein sehr gutes und substanzielles Gipfelkommuniqué zusammengebracht hat. Dieses Gipfelkommuniqué atmet den Geist der multilateralen Zusammenarbeit, und das ist in dieser Zeit, denke ich, sehr wichtig.

Die G20 wurde 2008 aus einer Krisensituation heraus auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs gegründet. Die COVID-19-Herausforderung ist wieder einmal eine globale Herausforderung, die nur von allen beantwortet werden kann. Ich unterstütze in dem Zusammenhang den Vorschlag des EU-Ratspräsidenten Charles Michel, einen weltweiten Pandemiebekämpfungsvertrag als Lehre aus dem, was wir im Augenblick erleben, zu machen.

Wir haben erst einmal über die Frage der Gerechtigkeit im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Pandemie gesprochen. Wir haben als G20-Initiative den sogenannten Access to COVID-19 Tools Accelerator, den ACT Accelerator, gegründet. Ein Arm davon ist die COVAX-Initiative, die die Aufgabe hat, alle Länder der Welt gleichermaßen mit Impfstoffen zu versorgen. Glücklicherweise gibt es jetzt Hoffnung auf Impfstoffe. Insofern stellt sich die Frage auch sehr konkret, dass nicht nur wir in Europa uns Impfstoffe sichern, wie es die Europäische Kommission tut, sondern dass dies auch insgesamt für die Länder der Welt wichtig und richtig ist. Das ist insbesondere von den G20-Teilnehmern aus Afrika, also von dem Präsidenten Südafrikas, Herrn Ramaphosa, und Präsident Kagame aus Ruanda, noch einmal bestätigt worden. Deutschland hat in diesen Fonds eingezahlt, aber es fehlen noch erhebliche Mittel. Deshalb müssen wir an dieser Stelle weiterarbeiten.

Auch der Zusammenhang der Coronapandemie mit den wirtschaftlichen Fragen wurde sehr deutlich herausgearbeitet und spiegelt sich in dem Kommuniqué wider. Zum ersten Mal seit Langem haben wir wieder eine Zunahme von Armut auf der Welt. Dem müssen wir uns im Weiteren entschieden entgegenstellen. In der heutigen Sitzung wurde in dem Zusammenhang noch einmal auf die Wichtigkeit von Privatinvestitionen gerade auf dem afrikanischen Kontinent hingewiesen und die Initiative, die von uns ganz maßgeblich mit betrieben wurde und jetzt von der Weltbank und dem IWF noch ein bisschen unter deutscher Obhut weitergeführt wird, nämlich den „Compact with Africa“.

Wir haben auf die Nachhaltigkeitsagenda 2030 verwiesen. In der Erreichung der verschiedenen Zielindikatoren fallen wir durch diese Pandemie natürlich zurück. Wir hatten dazu schon vergangenes Jahr einen Sondergipfel bei der UNO und waren, was die Erreichung der Ziele angeht, in vielen Fragen nicht so weit, wie wir hätten sein müssen, um diese Ziele bis 2030 wirklich zu schaffen. Deshalb ist heute die Dringlichkeit bestärkt worden. Ich habe auch heute noch einmal darüber gesprochen, dass insbesondere auch die Rolle der Frauen in dem Zusammenhang besonders gewürdigt und gestärkt werden muss.

Wir haben uns sehr intensiv mit dem Thema des Klimas befasst. Die 19 Staaten, die dem Pariser Abkommen angehören, haben bekräftigt, dass sie sich diesem Abkommen verpflichtet fühlen. Das Pariser Abkommen wird jetzt fünf Jahre alt. Wir werden daran arbeiten, unsere Zielverpflichtungen auch von europäischer Seite aus zu verbessern. Insofern haben die Themen Klima und Umwelt eine große Rolle eingenommen. Im Zusammenhang mit dem Klima und der Umwelt sind wir auch auf die Biodiversität eingegangen, hinsichtlich der im nächsten Jahr in China ja auch ein Gipfel stattfinden wird, den Deutschland in der Vorbereitung sehr unterstützt.

Die saudische Präsidentschaft hat einen Dialog in Bezug auf Wasser, auch einem ganz wichtigen Umweltthema, in Gang gesetzt, den wir jetzt auch weiter umsetzen werden.

Die saudische Präsidentschaft hat sich damit sozusagen in die gesamte Philosophie der letzten G20-Präsidentschaften eingefügt. Wir haben in schwierigen Zeiten wirklich einen Beitrag dazu geleistet, dass der Multilateralismus und die gemeinsame Übernahme von Verantwortung mit Blick auf globale Herausforderungen eine große Rolle spielen.

Saudi-Arabien hat die Präsidentschaft jetzt an Italien übergeben. Die nächste G20-Präsidentschaft wird von Italien geführt werden und sich dann sicherlich auch weiter mit den auf der Welt vorhandenen Problemen beschäftigen.

Es wird dann im nächsten Jahr auch einen Gesundheitsgipfel in Italien geben. Das Thema der Gesundheit, der Zusammenarbeit und auch dessen, auf Pandemien vorbereitet zu sein, wird uns natürlich weiter beschäftigen.

Insgesamt wurde auch die Rolle der Vereinten Nationen gestärkt. Der französische Präsident und ich haben gestern noch einmal darauf hingewiesen, dass die Vereinten Nationen mit ihrer Menschenrechtserklärung auch auf den allgemein gültigen, universellen Werten beruhen, und das ist auch das Fundament unserer gemeinsamen Zusammenarbeit innerhalb der G20; so jedenfalls unser Verständnis.

Von meiner Seite aus war es das. Der Finanzminister hat das Wort.

BM Scholz: Es waren insgesamt sehr fruchtbare Debatten, die auch auf die Arbeiten zurückgegriffen haben, die in den letzten Monaten stattgefunden haben. Insbesondere geht es natürlich auch um die Reaktion auf die Krise. Die verschiedenen Debattenbeiträge haben die nationalen und internationalen Aktivitäten widergespiegelt. Ein Teilnehmer hat auch noch einmal die Gelegenheit wahrgenommen, seine eigene Großartigkeit zu schildern.

Im Übrigen ist es so, dass wir doch sagen können, dass die G20-Staaten insgesamt sehr, sehr große Summen mobilisiert haben, um Beschäftigung und Arbeitsplätze in der Krise zu sichern. Es ist eine koordinierte Aktion gewesen, die auch heute noch anhält und die von großer Bedeutung für die wirtschaftliche Antwort auf die Coronapandemie ist. Schön zu beobachten ist auch, dass ein Handlungsinstrument wie die Kurzarbeit, das in Deutschland seinen Ausgangspunkt genommen hat, bis heute in vielen Ländern eine große Rolle spielt und mittlerweile international Konjunktur hat. Das ist, wie ich finde, schon etwas, das im Rahmen der internationalen Kooperation von größter Bedeutung ist.

Natürlich helfen all diese Krisenreaktionen dabei, dass die Welt nicht insgesamt in eine ökonomisch schwierige Lage gerät. Nur dadurch, dass miteinander Hilfsprogramme entwickelt worden sind, die Unternehmen und Beschäftigung gesichert haben, dass Konjunkturprogramme entwickelt wurden und dass die internationalen Organisationen auf die Krise reagiert haben, gibt es eine Chance, dass wir nicht eine langfristig weltwirtschaftlich schwierige Phase vor uns haben. Unverändert ist die Möglichkeit eines guten Ausgangs dieser Angelegenheit ja vorhanden, insbesondere dann, wenn es gelingt, die Impfstoffe zu entwickeln und sie, wie die Kanzlerin es geschildert hat, auch international gerecht zu verteilen und dafür zu sorgen, dass auch die ärmsten Staaten davon profitieren können.

Die G20 haben sich in den letzten Wochen und Monaten sowie jetzt erneut auf ein Schuldenmoratorium für die ärmsten Staaten geeinigt. Das ist ganz, ganz wichtig. Mittlerweile sind es 77 Länder, die keine Zinsen mehr zahlen müssen und die Tilgungsleistungen, die sie für ihre Auslandsschulden gegenüber anderen Staaten leisten müssten, jetzt einsparen können, um dadurch unmittelbar Aktivitäten und Investitionen in ihren Ländern zu finanzieren, ob es nun um Schutzausrüstung, Krankenhäuser oder um Wirtschaftshilfen geht, die auch in diesen Ländern notwendig sind. Es werden gegenwärtig 6 Milliarden US-Dollar an Zinszahlungen gestundet, und das ist aus meiner Sicht eine ganz große und wichtige Maßnahme, die stattgefunden hat.

Das alleine reicht nicht; das wissen wir. Deshalb ist es wichtig, dass wir jetzt einen weiteren Fortschritt erzielt haben, indem wir uns auf ein gemeinsames Rahmenwerk für Schuldenerleichterungen für die ärmsten Länder verständigt haben. Das war schwierig, weil die Welt sich ja auch verändert hat. Es sind nicht mehr die klassischen westlichen Länder die Hauptkreditgeber der ärmsten Staaten, sondern es sind noch viele andere Akteure dabei. Ein ganz wichtiger Konfliktpunkt der letzten Wochen und Monate war, diese und auch den Privatsektor einzubeziehen. Deshalb ist es gut, dass jetzt ein solcher Gesamtansatz gewählt worden ist, in dem das auch eine Rolle gespielt hat. 

Im Übrigen haben wir uns weiterhin über die international abgestimmte Besteuerung von Unternehmen unterhalten. Das bleibt für die Zukunft wichtig, denn wenn es dort keine internationale Kooperation gibt, droht, dass sich die Unternehmen gewissermaßen den Ort suchen, wo sie am wenigsten Steuern zahlen müssen, und die Länder, in denen die wirtschaftliche Leistung erbracht wird, die Aufgaben nicht finanzieren können, die in ihren Staaten für ihre Bürgerinnen und Bürger und für das wirtschaftliche Wachstum notwendig sind. 

Zwei Themen gehören dazu: Verständigung über Mindestbesteuerung auf internationaler Ebene und in Bezug auf die faire Besteuerung internationaler großer Digitalkonzerne. Gemäß den letzten Verabredungen ist die Absicht, dass wir es hinbekommen, dass noch im Sommer des nächsten Jahres eine Verständigung im Rahmen der OECD gelingt, die dann sowohl von den G20 als auch   was in unserem Fall besonders wichtig ist   von der Europäischen Union nachvollzogen wird. Für unsere europäische Antwort auf die Krise spielt das auch eine Rolle, denn das gehört zu den beabsichtigten eigenen Einnahmen der EU für die Finanzierung der Aufgaben, die mit dem Recovery Fund verbunden sind. 

Ich glaube also, dass man schon sagen kann, dass sich multilaterale Zusammenarbeit und internationale Kooperation auch in der Krisenreaktion in Bezug auf die Pandemie bewährt haben und dass es richtig ist, sich dazu zu besprechen, aber auch gemeinsam diese Arbeit fortzusetzen. 

Frage: Frau Bundeskanzlerin, der US-Präsident hat in seiner Videoansprache heute noch einmal das Pariser Klimaabkommen als unfair und nicht zutreffend geschildert. Gab es in dieser Runde Widerspruch? Wie hat man sich das vorzustellen, oder wird das einfach so hingenommen? Das würde mich interessieren. 

Herr Scholz, stimmt es, dass Herr Trump gesagt hat, er freue sich darauf, noch lange mit Ihnen in dem Kreis zusammenzuarbeiten? Freuen Sie sich auch darauf? Wie sehen Sie das?   Danke. 

BK’in Merkel: Der US-Präsident hat in der Tat in diesem Side Event diese Aussagen gemacht. Es war ja schon in dem Kommuniqué klar, dass die Aussagen zum Klima zweigeteilt sind: einmal die Aussage, dass sich alle dem Klimaschutz verpflichtet fühlen und auf der anderen Seite noch ein Passus, in dem sich die Unterzeichner und diejenigen, die zum Pariser Klimaabkommen gehören, geäußert haben. Insofern war das heute kein Gegenstand kontroverser Dinge. 

Ich glaube, dass man von unserer Warte aus schon sagen muss, dass wir das anders sehen, dass das Pariser Abkommen zwar unterschiedliche Verantwortlichkeiten unterschiedlichen Akteuren unterschiedliche Verantwortlichkeiten auf der Welt zuweisen, aber dabei geht es um hochentwickelte Länder, um ärmere Länder. Gleiche Verantwortlichkeit, aber unterschiedliche Maßnahmen - das ist ja die Philosophie. Insofern haben wir da eine Meinungsverschiedenheit, die aber auch nicht neu ist. 

Trotzdem bin ich sehr froh, dass im allgemeinen Teil der Klimaherausforderungen doch auch sehr wichtige und gute Schlussfolgerungen gezogen werden, auf denen man aufbauen kann. 

BM Scholz: Die Vereinigten Staaten von Amerika sind die mächtigste und größte Demokratie, mit der wir kooperieren. Insofern ist für uns immer interessant, wie sich dort Wahlen ereignen. Das Ergebnis der Wahlen in den USA ist eindeutig. Es gibt eine Mehrheit der Stimmen, die auf den President-elect Biden gefallen sind, und eine Mehrheit der Wahlleute, die für ihn aufgrund der Entscheidung der Wählerinnen und Wähler aufgestellt worden sind. 

Frage: An Frau Merkel: An welchen Stellen gab es heute in der Diskussion die größten Schwierigkeiten mit den G20?

Wenn ich darf, möchte ich auch noch eine Frage an Sie beide zur Coronasituation in Deutschland stellen: Mehrere Ministerpräsidenten haben sich geäußert, die Maßnahmen verschärfen bzw. verlängern zu wollen. Was ist Ihre Position? Was muss vor dem Hintergrund des Ausbruchsgeschehens in Schulen und Familien vielleicht noch getan werden, was können Sie sich da an Maßnahmen vorstellen?

BK’in Merkel: Es gab heute Nuancen in den einzelnen Beiträgen, die vielleicht in Bezug darauf, wer worauf mehr Wert legt, etwas unterschiedlich sind. Das Kommuniqué war aber weitestgehend einvernehmlich verhandelt, und darin steckt unheimlich viel Arbeit von den Sherpas. Diesmal verliefen die Verhandlungen auch so, dass man nicht erst in der letzten Stunde fertig war. Es gab noch ein kleineres Problem im Zusammenhang mit der Türkei und dem Klimaschutz   das kennen wir von vergangenen Gipfeln  , weil sich die Türkei an einer Stelle im Pariser Abkommen nicht fair behandelt fühlt. Ansonsten gab es da aber keine großen Schwierigkeiten, und deshalb war es interessant zu sehen, wie im Vergleich zu früheren Gipfeln das Thema Umwelt, das Thema Nachhaltigkeit und das Thema Leben im Einklang mit der Natur und nicht basierend auf dem Raubbau der Natur   egal ob es um Klimaschutz, um Korallenriffe oder um die Frage der Biodiversität geht   doch von fast allen, egal, wo sie herkamen, angesprochen und deutlich gemacht worden ist. 

Das heißt, es ist klar, dass es einen Willen gibt. Diesen Willen in die Praxis umzusetzen, wird nicht so ganz einfach, aber es gibt einen Willen, aus der Pandemie zu lernen, dass das Wirtschaften nachhaltiger werden muss. Das ist gegenüber der Situation vor fünf Jahren eine deutliche Veränderung der Diskussionsschwerpunkte, würde ich sagen.

Was die Coronamaßnahmen anbelangt, so wollen wir es ja diesmal gerade so machen, dass wir Mittwoch dann unsere Ergebnisse vorweisen. Deshalb gibt es eine Vielzahl von Gesprächsrunden. Jeder schaut sich die Daten und Fakten an. Tatsache ist, dass wir durch die Kontaktbeschränkungen noch nicht so weit sind, wie wir gerne gekommen wären. Wir haben in vielen Ländern ein Plateau erreicht, in einigen wenigen Ländern gehen die Zahlen auch deutlich nach unten, und in einigen wenigen Ländern steigen sie noch. Das heißt also, wir müssen, um in Form der Kontaktnachverfolgung wieder Zugriff auf die Pandemie zu bekommen, sicherlich noch einiges tun. Aber was genau das ist, dem kann und will ich heute nicht vorgreifen, denn die Bürgerinnen und Bürger sollen von Bund und Ländern eine geschlossene gemeinsame Antwort bekommen. Darauf haben sie eigentlich ein Recht, und daran arbeiten wir jetzt   diesmal sehr intensiv.

BM Scholz: In der Tat ist es so, dass man während der ganzen Krise gut versteht, woher eine der historischen Stärken unseres Landes kommt, nämlich aus seiner föderalen Tradition. Das ist manchmal mit viel Anstrengung verbunden, führt aber auch dazu, dass die Diskussionen über das, was zu tun ist, sehr sorgfältig sind. Ich habe aus den vielen Gesprächen, die ich mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten über diese Frage geführt habe   auch heute wieder  , den sicheren Eindruck, dass ganz hart daran gearbeitet wird, einen guten Vorschlag vorzubereiten, auf den sich dann die Bundesregierung mit den 16 Ländern in Gestalt ihrer Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am Mittwoch verständigen kann.

Klar ist für uns alle, dass wir sicher sind, dass wir mit den weitreichenden Einschränkungen, die wir für einen Teil des Lebens in Deutschland im November auf den Weg gebracht haben, das Richtige getan haben. Klar ist auch, dass es trotz der sichtbaren Ergebnisse noch nicht reicht, weil wir im Hinblick auf die Entwicklung der Fallzahlen nicht da sind, wo wir gerne wären. Deshalb ahnt auch jeder, dass es noch Verlängerungen geben muss; das habe ich und das haben auch andere heute ja schon gesagt. Insofern ist das, glaube ich, sicherlich ein Bestandteil der Entscheidung, die dann am Mittwoch getroffen wird. Die wird aber, wie gesagt, gut vorbereitet, und deshalb, glaube ich, macht es auch keinen Sinn, darauf noch im Einzelnen einzugehen.

Was mir wichtig ist   ich glaube, auch allen anderen: Der Erfolg all dessen, was wir tun, hängt auch davon ab, dass wir uns alle an die gemeinsam gesetzten Rahmenregeln halten. Das heißt: Abstand halten, Maske im öffentlichen Bereich tragen und all das tun, was ansonsten an Hygienevorschriften aufgeschrieben worden ist.

Das Virus ist nicht auf unserer Seite. Es möchte gern, dass wir Menschen uns eng begegnen, weil es dann von Mensch zu Mensch überspringen kann. Wir wollen genau das verhindern.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, eine Frage zum Thema Joe Biden: Der gewählte Präsident der Vereinigten Staaten hat ja schon gesagt, er würde gern sehr schnell nach der Rückkehr zum Pariser Abkommen eine Art Klimagipfel machen, um noch einmal so einen großen Aufschlag zu machen. Es ist ja heute auch weltweit über ein wirtschaftliches Wiederaufbauprogramm gesprochen worden. Wäre es nicht eine Möglichkeit, dass man sich zu einer Art globalen „green deal“ zusammensetzt? Er hat zum Beispiel auch ins Spiel gebracht, dass man ein 20 Milliarden-Dollar-Programm macht, um Brasilien zu entschädigen, damit der Regenwald nicht weiter abgeholzt wird.

BK’in Merkel: Wir haben ja erst einmal noch eine Aufgabe als europäische Ratspräsidentschaft, nämlich zu versuchen, eine Einigkeit über die Erhöhung unserer europäischen Ziele zu bekommen. Die Kommission hat dazu einen Vorschlag gemacht. Es wird noch vor der Sonderkonferenz, der virtuellen Konferenz, die António Guterres seitens der Vereinten Nationen einberufen hat, eine Möglichkeit geben, dass Europa dort den Stand seiner Diskussion einbringt. 

Wir schauen dann natürlich auf die Zusammenarbeit mit dem President-elect nach dem 20. Januar, um zu sehen: Welche Gemeinsamkeiten finden wir da?   Wir werden die Vorschläge, die Joe Biden macht, aufmerksam aufnehmen. Wir werden unsere eigenen Vorschläge einbringen. Wir arbeiten sowieso an einer Agenda der Europäischen Union, an einer Art Offerte: Wie können wir unsere Zusammenarbeit gestalten?   Da wird das Thema Klimaschutz eine große Bedeutung haben. Dann werden wir uns auch zu den Einzelheiten äußern.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, noch einmal zu G20: Sie hatten gesagt, dass das Geld für COVAX nicht reicht. Sie hatten auch darauf verwiesen, dass Deutschland ja schon einen Beitrag leistet. Aber wenn das Geld nicht reicht, schießt Deutschland dann nach? 

Herr Finanzminister, an Sie die Frage: Ist überhaupt Geld da? Sie haben eben gesagt, eine Verlängerung der Novemberhilfen kommt. Nun ist Dezember ja ein sehr umsatzstarker Monat, gerade in der Gastronomie. Ist genug Geld dafür da angesichts der Neuverschuldung, die im nächsten Jahr anscheinend über 160 Milliarden Euro in die Höhe schießt?

BK’in Merkel: Ich finde, das Allerwichtigste ist jetzt, dass COVAX mit dem Geld, das es hat, die Verhandlungen mit den Herstellern potentieller Impfstoffe führt. Denn wir sind zum Beispiel in der Europäischen Union recht weit fortgeschritten in den Verhandlungen mit einigen Impfstoffherstellern. Wir sehen, dass die Amerikaner natürlich weit fortgeschritten sind, auch Großbritannien und andere Länder. Das Ziel war ja gerade, dann über COVAX Absprachen für die Entwicklungsländer zu führen. Das wird durch Gavi, die Impfstoffallianz in COVAX, gemacht. Sie haben die Aufgabe. Wir werden jetzt mit Gavi sprechen, wann diese Verhandlungen beginnen. Denn das beunruhigt mich jetzt etwas, dass da noch gar nichts gemacht ist.

Wenn dann das Geld alle ist, dann müssen wir weitersehen. Deutschland hat selten nichts gemacht. Deutschland kann aber auch nicht allein die internationale Allianz aufrechterhalten. Jetzt geht es erst einmal darum, dass man das Richtige tut. Denn Geld auf dem Konto reicht nicht, sondern es muss dabei auch etwas für die Entwicklungsländer herauskommen. 

BM Scholz: Wir haben geplant, für die Jahre 2020 und 2021 zusammen etwas mehr als 300 Milliarden Euro aufzunehmen. Das wird auch mit leichten Modifikationen in der Perspektive so bleiben. Wir können jetzt schon absehen, dass wir wohl nicht alles ausgeben müssen, was wir an Kreditermächtigungen für das Jahr 2020 haben, und wir für 2021 mehr ausgeben müssen. Der Korridor wird nicht ganz genau, aber ungefähr, der Gleiche bleiben. 

BK’in Merkel: Okay. Danke schön.