Eingangsstatement von Bundeskanzlerin Merkel zum Bürgerdialog in der Berliner Kulturbrauerei, 1. Juni 2015

Moderator: (…) Frau Bundeskanzlerin, gut leben, das wollen wir ja alle. Aber was heißt das eigentlich genau? Warum auch diese Regierungsstrategie?

BK’in Merkel: Diese Regierungsstrategie haben wir uns deshalb vorgenommen, weil wir ja meistens als Parteien uns Regierungsprogramme machen. Dann machen wir Koalitionsvereinbarungen, dann schreiben wir alles auf, was wir für wichtig halten. Aber wir wissen nicht ganz genau, ob das die Menschen auch für wichtig halten. Das heißt, wir wollen die Bürgerinnen und Bürger in ganz verschiedenen Formaten fragen: Was ist eigentlich für Sie der Schwerpunkt? Was ist Ihnen besonders wichtig? Denn jeder will ja für sich gut leben und vielleicht auch für seine Mitbürger, dass andere auch gut leben können.

Um diese Schwerpunktsetzung herauszubekommen, wollen wir - „wir“ sind alle Mitglieder der Regierung und auch viele Vereine und Gruppen; die machen das ohne uns - mit Menschen sprechen und aufnehmen: Was ist den Menschen wichtig? Dann wird das Ganze gesammelt, wissenschaftlich ausgewertet. Wir werden dann sogenannte Indikatoren entwickeln, also Faktoren, Parameter, an denen man sieht, was die Punkte sind, die wichtig sind, die dann auch gewichten und daraus einen Aktionsplan für unsere Arbeit in der Regierung machen.

Wenn die unterschiedlichen Parteien in der Regierung unterschiedlicher Meinung sind, wird man das sicherlich auch im nächsten Wahlkampf wieder auf die Tagesordnung nehmen und sagen: Das, haben wir verstanden, ist den Menschen wichtig, und dafür wollen wir eintreten.

Deshalb stehen heute auch nicht meine Antworten im Vordergrund, sondern ich möchte hören, was Ihnen wichtig ist, was Sie beschwert. Und so hoffe ich, dass wir gut ins Gespräch kommen.

Moderator: Ja, das glaube ich auch. Wichtig, meine Damen und Herren, ist also auch der Input an die Bundesregierung.

Es gab vor drei Jahren schon einmal einen Dialog rund um Deutschlands Zukunft. Was ist jetzt anders bei diesem Dialog rund um das Thema „Gut leben in Deutschland - was uns wichtig ist“?

BK’in Merkel: Erstens war es damals so, dass ich zwar auch zugehört habe, aber dass die Befragten von mir schon auch Antworten wollten.

Zweitens hat nicht die ganze Regierung daran teilgenommen, sondern ich habe das alleine gemacht.

Wir hatten sehr viel mehr Experten, aber wir haben keine wissenschaftliche Auswertung gemacht. Das heißt, wir haben nicht so breit hingehört, und wir hatten nur drei ausgewählte Themen - die haben wir vorgegeben -: Wie wollen wir zusammenleben? Wie wollen wir lernen? Und das dritte habe ich doch jetzt - - Wissen Sie es noch?

Moderator: Nein.

BK’in Merkel: Wovon wollen wir leben? Das ist das Allerwichtigste. Diese Fragen waren vorgegeben. Jetzt können Sie sagen, was Ihnen wichtig ist. Das heißt, das ist viel freier und bringt uns dann, glaube ich, auch ein Stück weiter.