Starkes Signal an Europa

Fiskalvertrag und ESM Starkes Signal an Europa

Das Kabinett hat die Vereinbarungen mit den Bundestagsfraktionen und Bundesländern zum Fiskalvertrag beschlossen. Damit können Bundestag und Bundesrat am Freitag dem Vertrag und dem Europäischen Stabilitätsmechanismus zustimmen.

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Euro-Scheine auf Europafahne

Fiskalvertrag kann in Deutschland ratifiziert werden

Foto: Oliver Mann

Deutschland sendet damit ein starkes Signal an die europäischen Partner: Die Bundesregierung, die Mehrheit des Bundestages und die Länder stehen gemeinsam und geschlossen für Europa ein.

Nach einem Treffen im Kanzleramt am 24. Juni hatten die Vertreter der Bundesländer zugesagt, dem Fiskalvertrag zuzustimmen. Dies war notwendig, weil für den Vertrag im Bundestag und Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist. Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen hatten bereits vergangene Woche ihre Zustimmung signalisiert.

Die gemeinsame Ratifizierung des Fiskalvertrages und des Vertrages zum Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) durch Bundesrat und Bundestag ist für den 29. Juni geplant. Beide Verträge liegen im deutschen und im europäischen Interesse.

Der Fiskalvertrag tritt in Kraft, sobald zwölf Euro-Staaten den Vertrag ratifiziert haben – entweder am 1. Januar 2013 oder zu einem früheren Zeitpunkt, falls die notwendigen Ratifizierungen früher erfolgen.

Im Fiskalpakt verpflichten sich 25 Länder der Europäischen Union (EU) zu einer konsequenten Sparpolitik. Seine Ratifizierung ist Voraussetzung, um Kredite aus dem ESM zu erhalten. Der Vertrag sieht ehrgeizige Vorgaben für nationale Schuldenbremsen vor. Das gesamtstaatliche strukturelle Defizit darf die Obergrenze von 0,5 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht übersteigen, solange die Schuldenquote nicht deutlich unter 60 Prozent liegt. Die Umsetzung in nationales Recht muss mit starker und permanenter Bindungswirkung erfolgen, vorzugsweise auf Verfassungsebene.

Die Umsetzung von Schuldenbremsen in nationales Recht kann durch eine Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) durchgesetzt werden. Für den Fall der Nichtbefolgung von EuGH-Urteilen sind Strafzahlungen an den ESM in Höhe von bis zu 0,1 Prozent des BIP vorgesehen. Mitgliedstaaten, die sich in einem Defizitverfahren befinden, müssen ein Haushalts- und Wirtschaftspartnerschaftsprogramm auflegen. Das wird vom Rat der EU und der Europäischen Kommission genehmigt und überwacht. Die Vertragsparteien verpflichten sich zu einer verstärkten wirtschaftspolitischen Koordinierung. Hierzu treffen sich die Staats- und Regierungschefs der EU mindestens zweimal im Jahr.

Eckpunkte für die innerstaatliche Umsetzung

Die Bundesregierung hat sich in den Gesprächen mit den Ländern auf Eckpunkte zur Umsetzung der neuen Vorgaben des Fiskalvertrages in Deutschland geeinigt. Bund und Länder bekennen sich zu ihrer gemeinsamen Verantwortung, die Vorgaben des Fiskalvertrages und des reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakt zu erfüllen. Beide stimmen darin überein, dass Deutschland mit den verfassungsrechtlich verankerten Schuldenregeln und der begleitenden Einrichtung des Stabilitätsrats umfassende institutionelle und rechtliche Regelungen verabschiedet hat. Diese sichern die langfristige Tragfähigkeit der Haushalte von Bund und Ländern.

Zur innerstaatlichen Umsetzung der Vorgaben des Fiskalvertrags und des Stabilitäts- und Wachstumspaktes haben Bund und Länder mehrere Eckpunkte vereinbart, unter anderem:

  • Die Länder entscheiden eigenständig über den Abbau der Schulden bis 2020. Der Bund haftet im Fiskalvertrag im Außenverhältnis. Er ist bereit, für den Zeitraum bis 2019 das Risiko etwaiger Sanktionszahlungen zu übernehmen.

  • Angesichts des Fiskalpakts und des Verschuldungsverbots für die Länder ab 2020 können zukünftig gemeinsame Anleihen von Bund und Ländern vernünftig sein. Vor diesem Hintergrund wird der Bund zusammen mit den Ländern die Voraussetzungen dafür schaffen, dass eine gemeinsame Kreditaufnahme von Bund und Ländern möglich ist.

  • Der Entwicklung der Sozialversicherungen und der kommunalen Finanzen kommt bei der Einhaltung des Fiskalpaktes eine wichtige Rolle zu. Die Länder werden in ihrer Konsolidierungspolitik vor große Herausforderungen gestellt. Deshalb werden Bund und Länder ein neues Bundesleistungsgesetz in der nächsten Legislaturperiode erarbeiten und In-Kraft setzen.

  • Die Bundesregierung stellt für 30.000 weitere Kita-Plätze die erforderlichen Mittel bereit. Das Ausbauziel wird damit auf 780.000 Plätze erhöht. Dazu wird der Bund einmalig Mittel für Investitionskosten in Höhe von 580 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Außerdem wird er den Ländern jährlich zusätzliche Betriebskosten in Höhe von 75 Millionen Euro bereitstellen.

Pakt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung

Bereits in der vergangenen Woche hatten sich Bundesregierung und Bundestagsfraktionen auf einen Pakt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung verständigt. Denn Konsolidierung und Wachstum gehören zusammen.

Solide öffentliche Finanzen sind eine notwendige Grundlage für nachhaltiges Wachstum. Staatliche Aufgaben sollen aus Einnahmen, nicht auf Pump finanziert werden. So verstandene Haushaltskonsolidierung ist unverzichtbar, um zu langfristig tragfähigen Haushalten zurückzukehren. Eine wirtschaftliche Erholung erfordert nicht nur eine solide Haushaltspolitik der Eurostaaten. Eine Stärkung von Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung muss ebenso höhere Investitionen beinhalten wie notwendige Strukturreformen. Wenn Konsolidierung durch nachhaltiges Wachstum gestützt wird, kann Europa die Schuldenkrise überwinden. Wir brauchen einen Pakt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung.

Finanzmärkte besteuern

Ein wesentliches Element der Wachstums- und Konsolidierungsstrategie ist die angemessene Beteiligung des Finanzsektors. Denn die aktuelle Staatsschuldenkrise ist auch Folge einer Finanz- und Bankenkrise, die viele Staaten zu milliardenschweren Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzmärkte gezwungen hat. Die Bundesregierung setzt sich deshalb für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in Europa - notfalls auch mit einem kleineren Kreis von EU-Staaten ein.

Sie setzt sich mit Nachdruck dafür ein, die Besteuerung von Finanztransaktionen zeitnah in möglichst vielen Mitgliedsstaaten zu erreichen, um den Finanzsektor angemessen an den Kosten der Finanzkrise zu beteiligen. Die Beteiligung des Finanzsektors bringt zugleich die Haushaltskonsolidierung voran und verstärkt die Möglichkeit von Wachstumsimpulsen.

Das Kabinett hat am 27. Juni beschlossen, bei der EU den Antrag zur Einführung der Finanztransaktionssteuer zu stellen.