Pressestatements von Bundeskanzlerin Merkel und der Ministerpräsidentin der Republik Slowenien, Bratušek, am 12. Juli 2013

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung)

BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass die slowenische Ministerpräsidentin Alenka Bratušek heute zu ihrem Antrittsbesuch nach Berlin gekommen ist. Wir hatten uns schon beim Europäischen Rat kennengelernt und haben auch schon größere Probleme gemeinsam gelöst. Dies ist aber heute der erste bilaterale Besuch, und ich glaube, dass dies auch ein wichtiges Zeichen dafür ist, dass sich die slowenisch-deutschen Beziehungen weiter so gut entwickeln, wie es in den letzten mehr als 20 Jahren der Fall gewesen ist, und dass wir jetzt auch schon auf eine Zeit sehr enger Partnerschaft zurückblicken können.

Deutschland ist nicht nur ein guter Freund Sloweniens, sondern auch der wichtigste Handelspartner. Deshalb haben wir natürlich auch mit Gesprächen über die wirtschaftliche Situation und über die Möglichkeiten, die wirtschaftliche Kooperation zu verbessern, begonnen. Ich habe darauf hingewiesen, dass von deutscher Seite aus natürlich Interesse daran besteht, wenn jetzt gerade Privatisierungen in Slowenien stattfinden, dass auch deutsche Unternehmen hierbei gegebenenfalls zum Zuge kommen. Die Ministerpräsidentin hat dies bestätigt und gesagt, dass man natürlich auch gegenüber deutschem Engagement offen ist. Wir sind natürlich auch seitens der Bundesrepublik offen, wenn sich slowenische Unternehmen in Deutschland niederlassen wollen.

Wir haben darüber gesprochen, wie die wirtschaftliche und die finanzielle Situation ist. Die Ministerpräsidentin hat gerade auch noch einmal den Plan zur Überprüfung der Banken dargelegt. Ich habe den Eindruck, dass Slowenien alles daransetzt, auf einen stabilen Kurs zu kommen, der vor allen Dingen auch die Unsicherheiten internationaler Investoren überwindet und damit Vertrauen schafft. Aus Vertrauen kann dann auch wieder Wachstum entstehen, und Wachstum ist natürlich die Voraussetzung dafür, dass Arbeitsplätze entstehen können, gerade auch für die jungen Leute.

Wir haben festgestellt, dass es gut ist, dass die finanzielle Vorausschau der Europäischen Union beschlossen worden ist, sodass auch Sicherheit für europäische Mittel in den Jahren 2014 bis 2020 besteht. Ich kann sagen, dass Deutschland und Slowenien in allen wichtigen Fragen - auch in den Fragen der Weiterentwicklung der anderen Länder des ehemaligen Jugoslawiens - sehr eng zusammenarbeiten. Ich freue mich, dass es gelungen ist, alle Streitigkeiten mit Kroatien zu überwinden. Insofern noch einmal ein herzliches Willkommen und eine glückliche Hand bei all den schwierigen Aufgaben, die auch zu lösen sind!

MP’in Bratušek: Vielen Dank! Ich bin auch sehr froh über den Besuch bei diesem sowohl auf wirtschaftlicher als auch auf politischer Ebene strategischen Partner unseres Landes. Wir haben festgestellt, dass die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern ausgezeichnet sind. Wir haben aber auch darüber gesprochen, diese Beziehungen natürlich weiter zu stärken, vor allem im wirtschaftlichen Bereich.

Natürlich haben wir auch darüber gesprochen, welche Reformprozesse schon gestartet wurden - in Slowenien, aber auch in der gesamten Europäischen Union. Ich habe ein bisschen genauer erläutert, was wir in der Vergangenheit schon getan haben und was wir künftig planen. Wie schon erwähnt wurde, haben wir festgestellt, dass der Weg, den wir gehen, der richtige ist.

Wir haben zuletzt auch einige Standpunkte bezüglich der Erweiterung der Europäischen Union ausgetauscht. Ich glaube, dass wir diese Erweiterung eigentlich alle unterstützen, dass alle Länder, die der Europäischen Union beitreten, also unserer großen Familie, die Bedingungen erfüllen (sollten) und dass sie natürlich gut vorbereitet in die Europäische Union eintreten (sollten). Denn das kann später (ansonsten) natürlich größere Probleme aufwerfen.

Wir haben auch über das Problem der Jugendbeschäftigung gesprochen. Ich bin froh darüber, dass mir die Frau Bundeskanzlerin auch die Möglichkeit angeboten hat, vielleicht Ratschläge aus Deutschland zu beziehen. Wir wissen nämlich, dass die Arbeitslosigkeit unter der Jugend in Deutschland natürlich viel geringer als die in Slowenien ist.

Ich möchte mich zum Schluss natürlich auch ganz herzlich bedanken, vor allem dafür, dass Sie sich in dieser Zeit die Zeit für unseren Besuch genommen haben. Danke schön!

Frage: Was würden Sie Slowenien - abgesehen von der Haushaltskonsolidierung - empfehlen, um die Wirtschaft anzukurbeln?

BK’in Merkel: Ich glaube, dass die slowenische Regierung selbst weiß, was sie zu machen hat. Aber ich glaube, dass es ganz wichtig ist, und darin stimmen wir ja vollkommen überein, dass die Banken das Vertrauen wiederbekommen. Dazu müssen die notwendigen Stresstests durchgeführt werden. Das muss auch international akzeptiert sein, damit dann auch wieder Geld an die Unternehmen verliehen werden kann; denn sonst, wenn die Zinsen zu hoch sind und wenn kein Vertrauen in die Banken besteht, kommen wir ja in einen ganz schwierigen Kreislauf.

Zweitens unterstütze ich ausdrücklich den Weg der Koalition, sich zu Privatisierungen entschieden zu haben. Einerseits kommt durch Privatisierungen Geld in die Kassen des Haushalts, aber noch wichtiger ist, dass dann natürlich auch eine dynamische Wirtschaftsentwicklung stattfinden kann; das haben wir auch in Deutschland immer wieder gesehen, wenn wir privatisiert haben. Insofern kann ich da nur großen Erfolg wünschen. Ich denke, das sind zwei wichtige Gebiete, die für das Wachstum Sloweniens ganz entscheidend sind.

Vielleicht noch ein Drittes: Wir haben darüber gesprochen, dass die Ministerpräsidentin heute zusammen mit jungen slowenischen Unternehmern Startups besucht hat. Ich glaube, das ist ein Feld, in dem Europa noch längst nicht seine Karten ausgereizt hat und in dem man auch durch günstige Rahmenbedingungen noch sehr viel machen kann. Ich glaube, es ist ein richtiger Ansatz, die Jugend des Landes auch im Land zu haben und ihr eine Chance im Land zu geben.

Frage: Frau Ministerpräsidentin Bratušek, mich würde interessieren, wie Sie die aktuelle Lage in der Eurozone einschätzen, ob Sie glauben, dass Länder wie Griechenland oder Portugal bereits über das Schlimmste hinaus sind, und wie Sie die Lage Deutschlands und die Rolle Deutschlands in der Stabilisierung des Euro einschätzen.

Eine Frage an die Frau Bundeskanzlerin: Glauben Sie, dass angesichts der veränderten Regierungssituation in Griechenland dort wieder mit einem Aufflammen der Probleme zu rechnen ist, oder sehen Sie eher Probleme bei großen Eurozonenländern wie Italien und Frankreich?

MP‘in Bratušek: Ich glaube, dass die Situation in der Eurozone immer besser wird und dass die Länder mit den größten Schwierigkeiten auf eine bestimmte Art und Weise doch saniert sind beziehungsweise auf dem richtigen Weg sind, dasselbe zu tun wie Slowenien. Wir sind uns unserer Schwierigkeiten natürlich bewusst, was vorhin auch schon bezüglich des Banksystems erwähnt wurde. Ich glaube, wie gesagt, dass wir hier doch auf dem richtigen Weg sind, um aus der Krise zu kommen.

BK’in Merkel: Ich glaube auch, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir haben eine Vielzahl von Problemen noch vor uns, die mit der Frage der Wettbewerbsfähigkeit und mit der Frage der Arbeitsplätze zusammen hängen; das ist vollkommen klar.

Sie sprachen Griechenland an: Erst einmal ist erfreulich, dass Griechenland zumindest in Tranchen die nächste Rate des Geldes ausgezahlt bekommt. Griechenland hat unglaubliche Anstrengungen unternommen, aber vor Griechenland steht jetzt auch noch eine schwierige Zeit; denn die Reduzierung der Beschäftigung im öffentlichen Sektor ist ein Thema, das gelöst werden muss. Die Regierung hat hierzu auch Pläne entwickelt. Ich will das gar nicht kommentieren; ich weiß nur, dass es angesichts der Situation im Lande auch eine große politische Leistung ist, das durchzusetzen. Ich glaube, für die langfristige Entwicklung ist das trotzdem sehr wichtig. Deshalb wünsche ich der griechischen Regierung sehr viel Erfolg dabei.

Frage: Frau Ministerpräsidentin und Frau Bundeskanzlerin, ich habe an Sie beide dieselbe Frage: Haben Sie vielleicht auch über deutsche Interessen in Slowenien bezüglich des Privatisierungsprozesses gesprochen?

MP‘in Bratušek: Sie wissen, dass wir natürlich über konkrete Geschäfte nicht gesprochen haben. Ich habe das Paket, das von unserem Land für die Privatisierung geschnürt wurde, aber doch genauer erläutert. Ich habe gesagt, dass fünf Unternehmen zum Verkauf stehen und für zehn weitere Unternehmen die Verfahren in die Wege geleitet werden. Für uns ist es wichtig, dass wir einen strategischen Partner finden, der für eine weitere Entwicklung der Unternehmen sorgen wird, dass ein entsprechender Verkaufserlös erzielt wird und dass das Verfahren des Verkaufs auf eine transparente Weise durchgeführt wird.

BK’in Merkel: Ich habe den Eindruck, dass die Ministerpräsidentin deutlich gemacht hat, dass sie offen sind für Interessenten aus welchem Land auch immer, und damit auch für deutsche Interessenten. Bei uns ist es so, dass wir nicht politisch Einfluss darauf nehmen, welche Unternehmen sich interessieren. Es ist vielmehr wichtig, dass diese Unternehmen Bescheid wissen, dass sie im Zweifelsfall willkommen sind. Es ist außerdem wichtig, dass es ein gutes Rechtssystem gibt. Die Ministerpräsidentin hat noch einmal deutlich gemacht, dass die slowenische Regierung alles daransetzen wird, dass dieser Privatisierungsprozess auch transparent abläuft. Insofern haben wir sozusagen für das, was politisch machbar ist, den Grundstein gelegt, und nun ist es an den Unternehmen, sich zu entscheiden, wofür sie sich interessieren - das kann die Politik nicht für die Unternehmen regeln.

Herzlichen Dank!