Pressekonferenz zum Gespräch der Bundeskanzlerin mit zentralen Akteuren der Energiewende

Sprecher: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesminister Philipp Rösler, Bundesminister Peter Altmaier, Bundesminister Peter Ramsauer, Ulrich Grillo (BDI), Michael Vassiliadis (IG BCE), Prof. Hartmut Vogtmann (Deutscher Naturschutzring), Ewald Woste (BDEW)

BK‘in Merkel: Wir haben uns heute extra zu dieser breiten Präsenz hier entschlossen, weil in der Tat jeder seinen Beitrag zu der Energiewende leisten kann und, wie ich nach diesem Gespräch berichten darf, auch leisten will.

Es gab heute in unserem Gespräch mit den Akteuren der Energiewende keinerlei Zweifel daran, dass wir eine erfolgreiche Energiewende wollen. Das bedeutet noch nicht, dass alle Probleme gelöst sind. Wir waren uns aber einig: Das Ganze ist ein Prozess, der gestaltet werden muss, bei dem es Dinge gibt, die erreicht wurden, bei dem es Dinge gibt, die noch nicht erreicht sind, und bei dem die Zeit insgesamt drängt, wenn es darum geht, die notwendigen Aufgaben zu erledigen.

Ich möchte Ihnen heute nur sagen, dass wir jetzt eine Arbeitsstruktur zur Realisierung der Energiewende haben, auf die wir aufbauen können. Das umfasst einmal die verschiedenen Plattformen, in denen eine breite gesellschaftliche Diskussion stattfindet: die Netzplattform und das Kraftwerksforum, die vom Bundesministerium für Wirtschaft geführt werden, die Plattform Erneuerbare Energien unter der Ägide des Bundesumweltministeriums und die Plattform für die Energieforschung, im Rahmen derer das Forschungs- und das Wirtschaftsministerium zusammenarbeiten. Hier findet praktisch ein beständiger Dialog über die notwendigen Fragen statt, in den die meisten gesellschaftlichen Akteure auch einbezogen sind.

Wir haben des Weiteren die Steuerungstreffen - beziehungsweise die Treffen, auf denen ein Resümee gezogen wird - im Bundeskanzleramt mit den entsprechenden Ministern und den gesellschaftlichen Akteuren, zu denen auch das heutige Treffen zählt. Wir haben vereinbart, dass wir uns jährlich treffen, um hier zu sehen: Wo stehen wir uns welche Aufgaben haben wir noch zu lösen?

Wir haben eine zweite Arbeitsstruktur: Das sind die Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder, die zweimal im Jahr stattfinden; denn Bund und Länder müssen aufs Engste zusammenarbeiten, um die notwendigen Aufgaben zu lösen.

Wir haben außerdem den jährlichen Monitoring-Bericht, der uns sagt, wo wir stehen - flankiert von anderen, die diesen Prozess aufmerksam begleiten, wie zum Beispiel die Wirtschaft durch den BDI und auch andere Institutionen in der Gesellschaft.

Heute haben wir intensiv über die vier Themen gesprochen, über die zu sprechen notwendig ist: Das ist erstens das Thema der Netze und des Netzausbaus, das ist zweitens das Thema der Kraftwerke, das ist drittens das Thema der erneuerbaren Energien und das ist viertens das Thema der Energieeffizienz, für das vor allem Minister Ramsauer steht - insbesondere, was das Stichwort Gebäudebau betrifft.

Ich möchte mich bei allen bedanken und möchte jetzt den Einzelnen kurz die Möglichkeit geben, ihre Fachbereiche darzustellen. Wichtig ist - es wird ja immer gefragt, wie dieser Prozess organisiert ist -, dass wir jetzt sagen können: Wir haben eine Struktur, die nicht nur beschreibt, wie die Diskussion geführt wird, sondern auch, wie geschlussfolgert wird und dann nächste Maßnahmen eingeleitet werden. Das ist für den zeitlichen Ablauf sehr wichtig. Deshalb danke ich allen, die heute dabei waren, für die konstruktiven Diskussionen.

Ich würde sagen, dass der Wirtschaftsminister als nächstes das Wort ergreift.

BM Rösler: Vielen Dank, Frau Bundeskanzlerin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Zuständigkeiten wurden gerade schon beschrieben. Im Bereich des BMWi wäre das die Zuständigkeit für den Netzausbau und für den Bereich der konventionellen Kraftwerke.

Was den Netzausbau betrifft, so haben wir den Zielpfad, wie wir ihn uns vorstellen, jetzt auch im Rahmen des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes beschrieben. Wir bedanken uns nochmals für die gute Zusammenarbeit im Vorfeld der Erstellung dieses Netzausbaubeschleunigungsgesetzes - dem ist ja der Netzentwicklungsplan vorausgegangen, und die Bürgerbeteiligung hat auch dort schon sehr gut funktioniert. Gleichzeitig hat auch die Zusammenarbeit mit den Ländern sehr gut funktioniert, sodass wir im Zeitplan sind, wenn es darum geht, die Netze auszubauen, die zur Umsetzung der Energiewende notwendig sind, und gleichzeitig die Verkürzung von derzeit zehn Jahren für Planung und Bau auf dann vier Jahre umsetzen zu können - das ist ja das gemeinsame Ziel im Rahmen der Umsetzung der Energiewende.

Besonders bedanken möchte ich mich bei den Umweltverbänden, die angeboten haben, dass wir gerade beim Netzausbau überlegen, ob wir nicht so etwas wie eine gemeinsame Clearingstelle auf den Weg bringen können, um langfristige Klageverfahren in einzelnen Teilabschnitten zu vermeiden, um so noch schneller voranzukommen. Selbst wenn der Instanzenweg verkürzt wird, könnte das noch einmal zu einer erheblichen Beschleunigung führen; deswegen noch einmal ausdrücklich mein Dank an die Umweltverbände.

Wir haben im Weiteren über das Thema Kraftwerksbau, Kraftwerksneubau, und hier das Thema Marktdesign gesprochen. Wir haben die kurzfristige Frage der Versorgungssicherheit durch Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz für die nächsten beiden Winter und auch schon für den letzten Winter gelöst. Trotzdem müssen wir jetzt gemeinsam die Frage beantworten: Wie kann eigentlich ein Marktdesign aussehen, wie sehen also die Investitionsmöglichkeiten für konventionelle Kraftwerke in der Zukunft aus? Denn diese Kraftwerke werden wir auch weiterhin als Ausgleichskapazitäten für die erneuerbaren Energien brauchen, wenn diese aufgrund der Witterungsverhältnisse oder der Tageszeit nicht produzieren können. Hierzu wollen wir noch zum Sommer einen gemeinsamen Vorschlag vorlegen. In diesem Zusammenhang ist besonders wichtig, dass es nicht nur darum geht, wie wir den konventionellen Kraftwerkbau und seine Finanzierung sicherstellen können; vielmehr ist auch die Verknüpfung mit dem Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energien wichtig. Sie können kein Marktdesign für konventionelle Kraftwerke mehr erstellen, ohne eine Zusammenarbeit mit der Förderung der erneuerbaren Energien zu haben. Beides - das muss die Zielsetzung sein - muss auch immer wieder dem Gesichtspunkt der Effizienz gerecht werden. Die Bezahlbarkeit von Energie steht also auch hier im Vordergrund und ist ein wesentlicher Punkt für die Industrie. Auch das war im Rahmen der heutigen Gespräche natürlich ein Thema.

BM Altmaier: Vielen Dank, Frau Bundeskanzlerin. - Der Ausbau der erneuerbaren Energien geht sehr dynamisch voran. Wir werden in diesem Jahr wahrscheinlich einen höheren Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung haben, als ihn die Kernkraft in der Vergangenheit hatte. Dadurch verändern sich aber auch die Anforderungen an die Netzintegration. Deshalb war es wichtig, dass wir heute von sehr vielen in der Debatte Zustimmung erfahren haben, dass wir eine grundlegende Reform des EEG brauchen. Diese grundlegende Reform muss entsprechend ambitioniert und sorgfältig vorbereitet werden, und es sollen von der Wirtschaft über die Umweltverbände alle Beteiligten mit einbezogen werden. Ich fühle mich sehr unterstützt in dem, was ich im letzten Herbst dazu vorgelegt habe. Wir wissen allerdings auch, dass dabei sehr schwierige Fragen zu entscheiden sind.

Wir wollen zweitens dafür sorgen, dass wir im Auge behalten, dass die Energiewende sicher und ständig vorangehen kann, dass aber auch die Kostenentwicklung erträglich für alle Beteiligten gestaltet wird - sowohl für die Verbraucher, wie auch für die Industrie, wie auch für diejenigen im Erneuerbare-Energien-Bereich. Wir, der Bundeswirtschaftsminister und der Bundesumweltminister, haben dazu, wie Sie wissen, Vorschläge vorgelegt. Diese Vorschläge werden derzeit in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe diskutiert, und wir werden bis etwa Ende März Klarheit darüber haben, ob es gelingt, diese Vorschläge im Konsens - parteiübergreifend, fraktionsübergreifend, länderübergreifend - noch vor der Bundestagswahl im Bundesgesetzblatt zu verankern.

BM Ramsauer: Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Energiewende betrifft nicht nur die Elektrizität, nicht nur den Strom, von dem bisher schwerpunktmäßig die Rede war, sondern sie betrifft den Primärenergieverbrauch insgesamt. Bisher wurden 40 Prozent des gesamten Primärenergiebedarfs in Gebäuden verbraucht - für das Heizen und auch das Kühlen von Luft und Wasser sowie für den gesamten Haushaltsstromverbrauch. Wir konnten in den letzten Jahren durch das ganze Maßnahmenbündel, das wir ergriffen haben, diesen Anteil von 40 Prozent bereits auf 34 Prozent senken, mit weiter sinkender Tendenz.

Wir setzen dabei auf Fördern auf der einen Seite und Fordern auf der anderen Seite. Das Fördern bezieht sich vor allen Dingen auf die Programme für die energetische Sanierung von Gebäuden, aber auch für den Neubau, die wir über die Kreditanstalt für Wiederaufbau abarbeiten und anbieten. Im Bereich des Ordnungsrechts, also des Forderns, haben wir jetzt im Kabinett die neue, verschärfte Energieeinsparverordnung - die EnEV - beschlossen, die jetzt ins Gesetzgebungsverfahren hineingeht.

Weitere Stichworte - um wirklich nur Stichworte zu nennen - für mein Ministerium in der Energiewende sind die Elektromobilität, das Repowering von alten Onshore-Windenergieanlagen, Solarenergie an Gebäuden, vor allen Dingen aber die Offshore-Windenergienutzung. Für die gesamte Offshore-Windenergienutzung im großen Stil in der ausschließlichen Wirtschaftszone liegen uns - beziehungsweise meinem Ministerium in Form des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie in Hamburg - derzeit Anträge für 128 Windparks mit zusammen etwa 10.000 Einzelanlagen vor. Von diesen 128 Windparks, die beantragt sind, sind 29 bereits genehmigt.

Am Ende noch eine Zahl: Die elektrische Nennleistung dieser beantragten 128 Windparks läge, wenn man sie alle genehmigen würde, wie sie beantragt sind, bei weit über 40.000 Megawatt. Das wäre eine gigantische Leistung.

Grillo: Die deutsche Industrie unterstützt ausdrücklich die Energiewende. Die Bundeskanzlerin hat es erwähnt: Auch wir wollen, dass sie erfolgreich läuft. Das ist ein komplexes Projekt mit Chancen - Chancen ergeben sich sicherlich auch für die deutsche Industrie; zum Umsatzpotenzial gibt es verschiedene Zahlen -, neuen Technologien, Umwelttechnologien, aber auch Risiken. Ich habe darauf hingewiesen, dass wir Risiken einmal in der Versorgungssicherheit und in der Bezahlbarkeit sehen. Das ist wichtig, damit die deutsche Industrie in ihrer gesamten Stärke, also die gesamte Wertschöpfungskette, erhalten bleibt.

Was die Wirtschaftlichkeit angeht, so bin ich dem Umweltminister und dem Wirtschaftsminister dankbar, dass diese Thematik im Moment nach oben kommt und diskutiert wird. Im Moment ist auch die Frage: Was trägt die Industrie dazu bei?

Wir sind für eine faire Lastenverteilung. Ich habe die Zahlen vorhin in der Runde erwähnt. Von EEG-Beiträgen in Höhe von 20 Milliarden Euro in 2012 wird immerhin die Hälfte von Industrie, Handel und Dienstleistung bezahlt. Das ist ein großer Betrag. Allein die energieintensive Industrie bezahlt insgesamt 3 Milliarden Euro. Es ist also nicht so, wie es manchmal in der Öffentlichkeit diskutiert wird, dass die Industrie ihren fairen Anteil nicht zahlt. Wir zahlen ihn auch.

Noch einen Punkt: Ich habe erwähnt, dass die Investitionsquote der energieintensiven Industrie in den letzten Jahren abgenommen hat. Das heißt, wir haben zum Beispiel im letzten Jahr nur 75 Prozent der Abschreibungen reinvestiert. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Grenze der Tragfähigkeit erreicht ist. Wenn wir weniger investieren, entstehen weniger Arbeitsplätze, und dann zieht sich die Industrie weiter zurück. Das ist zu beachten. Aber ich glaube und bin mir sicher, das ist auch im Fokus der Minister Rösler und Altmaier. Insofern bin ich zuversichtlich, dass wir gemeinsam zu vernünftigen Ergebnissen kommen. Vielen Dank.

Vassiliadis: Meine Damen und Herren, die IG BCE und auch die deutschen Gewerkschaften unterstützen die Energiewende. Ich glaube, in dem heutigen Gespräch ist deutlich geworden, dass in dieser Gesellschaft viel bei der Bewertung der Energiewende passiert ist und wir mit allen Kräften daran arbeiten - die Unternehmen, das hat Herr Grillo gesagt, die Regierung, die Länder, aber auch die Gewerkschaften in der Arbeitnehmerschaft und in der Gesellschaft -, die vorhandene Akzeptanz auch zu Lösungen zu führen.

Ich glaube, diese gemeinsame Einschätzung eines guten und erfolgreichen Zukunftsprojektes gibt uns auch die Chance, mit den kritischen Punkten offener umzugehen. Es gibt kritische Punkte. Heute hat die Frage eine Rolle gespielt: Wie balanciert man Kosten, die in der Industrie sicherlich ankommen, aber auch in der breiten Bevölkerung? Wie kann man Innovationspfade sicher gestalten, und wie kann man im Wandel vor allem die Wirtschaftlichkeit für konventionelle Energieerzeugung sicherstellen?

Das wird viel offener diskutiert, als es noch vor einigen Monaten der Fall war. Das gibt uns Korridore für Lösungen. Ich kann Ihnen garantieren, dass die IG BCE und auch die qualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Bereich der konventionellen Energieerzeugung wie der erneuerbaren Energien mit aller Kraft und Kompetenz daran arbeiten werden, das zu einem Erfolg zu führen.

Prof. Vogtmann: Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, meine Damen, meine Herren! Wir haben es sehr begrüßt, dass die heutige Diskussion zustande kam. Noch mehr haben wir es begrüßt, dass die Bundeskanzlerin gesagt hat „Wir wollen diesen Dialog fortsetzen“ und alle anwesenden Ministerinnen und Minister hinter der Energiewende stehen. Ich gehe davon aus, dass auch der Rest des Kabinetts voll hinter der Energiewende steht.

BK’in Merkel: Ich konnte heute nicht jeden ins Kanzleramt bringen. Sie können davon ausgehen: Es gilt für jeden Minister. Insofern darf da kein Zweifel sein.

Prof. Vogtmann: Wir haben von Seiten der Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände, die ich vertrete - das sind 5,6 Millionen Mitglieder –, Bedenken mit der Vorlage zur Strompreisbremse, die von Herrn Minister Rösler und Altmaier gekommen ist. Wir waren froh, dass das heute nicht das Hauptthema war. Wir glauben, dass dieser Vorschlag zu viel Aktionismus hat, dass er ein Ausbaustopp der erneuerbaren Energie bedeutet und der Energiewende damit Investitionsgrundlagen entzogen werden. Daher sind wir der Meinung: Keinen Aktionismus, lieber langsam machen. Wir wünschen uns eine Reform, die solide ist und auf guten Beinen steht. Da würden wir voll mitmachen, bei einem Schnellschuss eher nicht.

Zwei andere Punkte will ich erwähnen: Das ist erstens der Einbezug der Forschung in die ganze Diskussion, und zwar nicht nur im Bereich Technologiefortschritt, sondern auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften und den Umwelt- und Naturwissenschaften.

Ich würde dafür plädieren - das ist heute nicht erwähnt worden -, da einen Dialog hinzubekommen und in diese Forschung hinein Belange der Zivilgesellschaft zu integrieren. Wir wollen, dass das nicht anonym läuft, sondern dass diejenigen, die damit befasst sind, die es finanzieren und nachher auch etwas davon haben sollen, in die Forschung einbezogen werden. Das begrüßen wir sehr. Wir wünschen uns, dass wir als Natur- und Umweltschützer in diese Diskussion, in die Plattformen, eingebunden werden.

Als letzten Punkt noch zu der von uns vorgeschlagenen Clearingstelle: Die Natur- und Umweltschützer sind immer als die Verhinderer und Verlangsamer der Energiewende dargestellt worden. Das ist nicht der Fall. Aber wir wollen auch nicht, dass jetzt Gesetze ausgehebelt werden - wie ja auch Vorschläge von gewissen Politikern kamen, kurzzeitig einmal Natur- und Umweltschutz auszuklammern, damit wir weiterkommen.

Wir schlagen diese Clearingstelle vor, damit alle Beteiligten ihre Anliegen vortragen können. Unsere Hoffnung wäre, dass Biodiversität immer mitgedacht wird, dass wir zu konsensualen Lösungen kommen, die schnell durchgesetzt werden können und nicht plötzlich Natur- und Umweltschutz gegen Soziales ausgespielt wird. Wir sind der Meinung: Alles, was zu passieren hat, hat auch auf sozialer Grundlage zu geschehen.

Woste: Vielen Dank! Frau Bundeskanzlerin, meine Damen und Herren, ich stehe hier für den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Es sind mehr als 1.800 Unternehmen, die sich in diesem Verband von großen Energieversorgungsunternehmen bis hin zum kleinsten Stadtwerk zusammengefunden haben.

Wir haben uns sehr früh positiv für diese Energiewende ausgesprochen. Wir unterstützen sie. Ich bin der Bundeskanzlerin sehr dankbar, dass dieser Termin heute stattfinden konnte. Er hat in einer Atmosphäre stattgefunden, wo nicht nur die schönen Dinge dargestellt worden sind, sondern insbesondere auch die Problemlagen beschrieben wurden.

Eine Problemlage hat Herr Rösler intensiv herausgearbeitet, nämlich dass wir innerhalb der Marktentwicklung des neuen Marktdesigns, wie der schöne Ausdruck heißt, ein Zusammenspiel zwischen erneuerbaren Energien und konventionellen Energien finden müssen, dass beide weiterhin ihren Platz haben. Dieses Thema ist adressiert worden. Es wird in den nächsten Wochen bearbeitet werden. Wir aus Sicht des Verbandes werden jetzt sehr kurzfristig ein eigenes Marktdesign vorlegen, wie es viele andere auch getan haben. Ich denke, es ist sehr notwendig, diese Diskussion jetzt zu führen.

Ich habe auch dafür plädiert, dass wir ein Phasenmodell einhalten, uns zunächst mit den kurzfristigen Fragen wie zum Beispiel den Netzausbau beschäftigen und uns dann langfristig hin zu einem neuen Marktdesign entwickeln, wo erneuerbare und konventionelle Erzeugung ihren Platz haben werden. Der BDEW wird hieran mitarbeiten. Wir bedanken uns noch einmal sehr herzlich für die Einladung und freuen uns auf die weitere Diskussion.

Frage: Eine Frage zu den Belastungen für die Industrie. Die EU-Kommission und auch das Oberlandesgericht Düsseldorf haben an den Netzentgeltbefreiungen Anstoß genommen. Wie sehen Sie das? Denken Sie, dass die Industrie einen größeren Teil der Lasten der Energiewende zu tragen hat?

Eine zweite Frage, die am Rande wahrscheinlich keine Rolle gespielt hat, zum Thema Emissionshandel. Glauben Sie, dass die Bundesregierung noch eine einheitliche Position entwickeln kann, sodass man in Brüssel bei der Frage der Reform des Emissionshandels, die auch bei der Energiewende eine Rolle spielt, eine einheitliche Position hat und sich nicht enthalten muss?

BK’in Merkel: An wen richtet sich die Frage?

Zusatz: An Sie, Frau Bundeskanzlerin.

BK’in Merkel: Was die Netzentgelte anbelangt, kann gegebenenfalls der Wirtschaftsminister ergänzen.

Wir sind mit der Kommission in einem sehr intensiven Gespräch. Es gibt Klagen aus anderen EU-Ländern über die Befreiung von den Netzentgelten. Das bedeutet, dass die Kommission darauf reagieren muss. Damit ist noch kein Urteil verbunden. Wir selber sind aber dabei, die Netzentgeltverordnung noch einmal neu zu gestalten.

Was die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf anbelangt, so geht es vielleicht eher um formalrechtliche Fragen; das muss man noch einmal erklären. Gibt es eine Ermächtigungsverordnung - Ja oder Nein? Wir werden uns das genau anschauen. Gegebenenfalls kann man ja dagegen auch noch eintreten.

Wir müssen ein faires Verfahren finden, die im weltweiten Wettbewerb stehende Industrie nicht zu benachteiligen. Diese braucht faire Wettbewerbsbedingungen. Wir müssen auf der anderen Seite lernen: Wo kann man das von Industrieunternehmen unterscheiden, die nicht in diesem weltweiten Wettbewerb stehen? Ich denke, da befinden wir uns in einem Prozess, das besser zu verstehen. Dafür ist das Gespräch sowohl mit der Wirtschaft als auch mit anderen Akteuren dringend notwendig.

BM Rösler: Zum Thema Netzentgeltverordnung und Urteil des Oberlandesgerichts: Die Bundesnetzagentur prüft gerade, wie sie mit dem Urteil umgeht und ob man gegebenenfalls in Revision geht oder nicht.

Zweitens zum Beschluss der EU-Kommission, ein Beihilfeverfahren dagegen anzustrengen: Hier prüfen wir erst einmal die Begründung der EU-Kommission. Sie kennen bisher unsere Position. Der Begriff „Beihilfe“ ist sehr genau definiert. Aus unserer Sicht heraus trifft genau dieser Punkt nicht zu, denn es wären sonst immer Forderungen nach Subventionen aus Steuergeldern. Das ist hier bei der Netzentgeltverordnung definitiv nicht der Fall.

Unabhängig davon erarbeiten wir sowieso eine andere Netzentgeltverordnung. Diese kann vielleicht noch im Sommer dieses Jahres in Kraft treten und würde im Übrigen auch die alte ablösen, unbenommen der Frage, wie es in Sachen Beihilfeverfahren selber weitergeht.

BK’in Merkel: Was die Zertifikatefrage anbelangt, ist heute in dem Gespräch vor allem deutlich geworden, dass wir schon darüber nachdenken müssen, wie die Zielstrukturen nach 2020 für die CO2-Emissionen aussehen. Viele haben aus der wirtschaftlichen Perspektive heraus gesagt: Wir brauchen Investitionssicherheit. Das wird die Bundesregierung aufnehmen und gegebenenfalls darüber noch einmal befinden.