Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel, IWF-Präsidentin Christine Lagarde, OECD-Generalsekretär Angel Gurría und Weltbank-Präsident Robert B. Zoellick zu Wegen zur Verbesserung des internationalen Währungssystems

Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel, IWF-Präsidentin Christine Lagarde, OECD-Generalsekretär Angel Gurría und Weltbank-Präsident Robert B. Zoellick zu Wegen zur Verbesserung des internationalen Währungssystems

in Berlin

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Donnerstag, 6. Oktober 2011

(Die Ausschrift des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung.)

BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, wir haben heute eine Besprechung durchgeführt im Blick auf das nächste G20-Treffen, das unter französischer Präsidentschaft stattfindet. Frankreich hat Deutschland und Mexiko gebeten, über einen Themenbereich, der ein Schwerpunkt der französischen Präsidentschaft bei den G20 ist, nämlich das Thema der Reform des internationalen Währungssystems, nachzudenken und daran zu arbeiten. Die Arbeiten finden im Wesentlichen auf der Ebene der Finanzminister und der Sherpas statt.

Wir hatten heute ein Zusammentreffen, das vor allen Dingen die Rolle der internationalen Organisationen in diesem Zusammenhang beleuchtet. Deshalb bin ich hier zusammen mit Christine Lagarde, der Chefin des Internationalen Währungsfonds, Bob Zoellick, dem Präsidenten der Weltbank, und Herrn Gurría, dem Chef der OECD.

An der Besprechung teilgenommen haben darüber hinaus der französische, der deutsche und der mexikanische Finanzminister, der Nobelpreisträger Mundell und der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet.

Später werden sich die drei Chefs der internationalen Organisationen und ich uns noch mit zwei weiteren Organisationen treffen, die im G20-Prozess engagiert sind, der Internationalen Arbeitsorganisation und der Welthandelsorganisation, die aber im Blick auf die Reform des internationalen Währungssystems nicht die zentrale Rolle spielen. Deshalb sitzen wir in dieser Konfiguration jetzt bei Ihnen.

Das internationale Währungssystem und seine Stabilität sind natürlich von größter Bedeutung für eine vernünftige Weltwirtschaftsentwicklung. Wir alle wissen, dass dieses internationale Währungssystem ein System im Übergang ist, dass es sich wahrscheinlich entwickelt von einem Währungssystem, das sehr stark auf eine Währung, nämlich den Dollar, konzentriert ist, in ein multipolares Währungssystem in der Zukunft. Die Frage, wie ein solches Währungssystem ausgestaltet sein muss, welche Überwachungsfunktionen es braucht, welche notwendigen Rahmenbedingungen es braucht, das ist das, was uns heute in der Tagung interessiert hat und was die Arbeitsgruppe bei dem G20-Finanzministertreffen in wenigen Tagen und dann bei dem G20-Treffen der Staats- und Regierungschefs auch vorstellen wird.

In der aktuellen Ausgestaltung des internationalen Währungssystems gibt es keinen Mechanismus, der eine automatische Korrektur von Ungleichgewichten ermöglichen würde. Wir haben außerdem eine riesige Zunahme internationaler Kapitalströme, und deshalb geht es darum: Wie können wir das internationale Währungssystem stabiler und widerstandsfähiger gestalten? Genau damit befassen sich die Arbeitsgruppe und verschiedene Unterarbeitsgruppen in diesem Zusammenhang.

Es geht also erstens um ein Rahmenwerk zum Umgang mit Kapitalströmen, Kapitalbilanzliberalisierungen und die Frage: Wann sollten Kapitalverkehrskontrollen eingeführt werden? Die übereinstimmende Meinung in dem heutigen Kreis war, dass Kapitalverkehrskontrollen ein letztes Mittel sind und vorher erst einmal versucht werden sollte, in vielerlei anderer Hinsicht Kapitalströme sich frei entwickeln zu lassen.

Zweitens geht es um die Weiterentwicklung von lokalen Anleihemärkten in Schwellen- und Entwicklungsländern. Hierzu wird ein Aktionsplan entworfen. Deutschland hat sich während seiner G8-Präsidentschaft schon einmal mit der Frage der lokalen Anleihemärkte beschäftigt; damals ging es um afrikanische Anleihemärkte. Wir nehmen dieses Thema jetzt praktisch wieder auf. Es geht um die Unterstützung von Entwicklungs- und Schwellenländern und die Zusammenarbeit des IWF mit regionalen Institutionen.

Drittens ist das globale Liquiditätsmanagement zu nennen. Hier geht es um die Definition und Messung von Liquidität, auch gegebenenfalls um die Erweiterung der Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds.

Viertens geht es um die Weiterentwicklung eines sogenannten Financial Safety Net, also eines Finanzsicherungsnetzes, und fünftens um die Verbesserung der Überwachung durch den IWF als zentraler Institution, die sich mit der Überwachung der weltwirtschaftlichen Entwicklung befasst, sowohl im Blick auf einzelne Länder bilateral als auch multilateral.

Ich glaube, gemeinsam sollten wir herausarbeiten, dass die G20 sich gegen jede Art von Protektionismus aussprechen und akzeptieren, dass es eine gewisse Koordinierung von Wirtschaftspolitiken und Regulierung der Hauptverantwortung für eine stabile Wirtschaftsentwicklung geben muss. Ich hoffe, dass wir in Cannes in diese Richtung auch erste Ergebnisse aufzeigen können. Allerdings glaube ich, dass die Arbeit mit Cannes nicht beendet sein wird, sondern dass man weiterarbeiten werden muss.

Es muss um ein gemeinsames Verständnis für den Umgang mit internationalen Kapitalflüssen gehen. Es muss auch um ein gemeinsames Verständnis gehen, wann man Kapitalverkehrskontrollen einsetzen darf. Ich hoffe, dass es dazu kommt, ein Programm zur Entwicklung lokaler Anleihemärkte vorzulegen und noch die Zuständigkeit des IWF zu stärken, sich mit der Überwachung der weltwirtschaftlichen Entwicklung zu befassen.

Wir werden auch sicherlich die Frage diskutieren: Wie kann man in Zukunft neue Währungen in den Währungskorb des Internationalen Währungsfonds aufnehmen? Auch das ist eine spannende Frage. Deshalb werden wir in all diesen Bereichen neue und weitere Wege skizzieren können.

Einige Fragen sind noch zu klären  ich habe das angedeutet , zum Beispiel was Kapitalverkehrskontrollen und anderes anbelangt, aber ich hoffe doch, dass wir gute Ergebnisse zum Gipfel in Cannes vorzeigen können. Ich möchte mich bei allen bedanken, die daran mitgewirkt haben, speziell jetzt bei den Vertretern der drei internationalen Organisationen.

Wir haben ausgemacht, dass Ihre Fragen an uns alle gehen können, dass ich jetzt eine Einführung gegeben habe und Sie direkte Fragen an die hier Bereitstehenden und Bereitsitzenden in ihren speziellen Rollen und Verantwortlichkeiten in der Frage des internationalen Währungssystems stellen können. Ich bedanke mich für diese Bereitschaft.

Frage: Ich habe zwei Fragen. Frau Bundeskanzlerin, Sie haben gestern schon erwähnt, dass die Bundesregierung bereit wäre, Banken zu rekapitalisieren. Würden Sie sagen, dass der Zeitpunkt gekommen ist, dass diese Rekapitalisierung jetzt auch notwendig ist?

Eine Frage an die IWF-Präsidentin: Es hat Diskussionen darüber gegeben, ob der IWF dauerhaft in der Eurozone aktiv wird oder sich auf Druck von nichteuropäischen Mitgliedern bei künftigen Rettungspaketen möglicherweise zurückhalten könnte. Können Sie uns eine Einschätzung geben, wie die Lage im IWF ist?

BK’in Merkel: Ich glaube, dass wir als Politiker in Zeiten von wirtschaftlich schwierigen Situationen darauf angewiesen sind, den Rat, den wir von den Fachleuten bekommen, sehr ernst zu nehmen und auf dieser Grundlage unsere Entscheidungen zu treffen. Die Frage der Kapitalausstattung von Banken ist ja nicht zuerst eine politische und dann eine fachliche, sondern es ist schon eine, wo man auf den Rat von Fachleuten sehr genau hören sollte. Besonders schwierig ist es, wenn es in verschiedenen Regionen der Welt unterschiedliche Auffassungen darüber gibt, ob die Banken nun ausreichend kapitalisiert sind oder nicht.

Wir haben immer wieder gemerkt  deshalb sitzen wir ja auch im G20-Prozess zusammen , dass ähnliche Standards von Amerika über Asien bis nach Europa uns eigentlich helfen, die Probleme zu überwinden. Deshalb ist der Rat, den wir bekommen, dass die europäischen Banken nicht ausreichend mit Kapital ausgestattet sind, sehr ernst zu nehmen.

Wir haben als Folge der internationalen Finanzmarktkrise eine europäische Bankenüberwachung, die die Standards dafür dann vorgeben muss. Das kann auch nicht jedes europäische Land alleine entscheiden. Ich habe den Eindruck, dass die Gespräche auch zwischen den verschiedenen Fachleuten in den verschiedenen Regionen doch jetzt zu einem Punkt kommen, an dem man sagt, die Situation ist so, dass wir uns das in der Europäischen Union noch einmal anschauen sollten.

Ich glaube, wenn die Notwendigkeit dafür besteht, dann ist es vernünftig investiertes Geld. Dann sollten wir nicht zögern, weil die Schäden, die ansonsten auftreten, um Größenordnungen höher sind, als wenn wir Banken den Rat geben, sich zu kapitalisieren, und gegebenenfalls auch staatlicherseits hier Unterstützung leisten. Der erste Weg muss natürlich sowieso sein, dass die Banken versuchen, selbst Kapital am Markt zu bekommen.

Lagarde: Ich denke, Ihre Frage hatte ja auch etwas mit der Beteiligung des IWF in der Eurozone zu tun. Ich darf ganz klar sagen: Der IWF ist in der Eurozone beteiligt, und wir haben zwei Schlüsselfunktionen, nämlich zuerst die der Überwachung. Das heißt, für jedes andere Land, das Teil unserer Mitgliedschaft ist, machen wir natürlich regelmäßig Überprüfungen, sowohl bilateral als auch multilateral, damit wir unsererseits wissen, was läuft, und damit das Land selber das auch weiß und damit man natürlich auch von vornherein vermeidet, dass es Diskrepanzen makroökonomischer Natur gibt, dass es keine Blasen gibt, die sich entwickeln, oder dass gefährliche Entwicklungen sich innerhalb eines bestimmten Landes ergeben.

Zweitens sind wir natürlich auch aktiv, wie man es uns ja gebeten hat, engagiert in drei Mitgliedstaaten der Eurozone, nämlich Griechenland, Irland und Portugal. Das heißt, der IWF ist aktiv, ist engagiert, ist beteiligt und arbeitet sehr eng zusammen. Wir versuchen auch immer wieder, einen Konsens mit denjenigen, die dort finanziell engagiert sind, herbeizuführen. Das sind natürlich die Kommission und die Europäische Zentralbank. Wir haben im Moment dort eine Zusammenarbeit. Man erwartet das von uns, man hat uns darum gebeten. Diese Länder sind ja auch ganz klar Mitglied des IWF.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Sie haben die fünf Themen genannt, die für das internationale Währungssystem besprochen werden sollen. Die Finanzminister hatten sich ja in Washington darüber auch unterhalten. Zwei von fünf Themen waren noch streitig. Mir ist aus Ihren Worten nicht ganz klar geworden, ob Sie jetzt dahinter zurückgefallen sind oder ob das noch der Status quo ist und ob diese zwei offenen Themen dann in Cannes offenkundig nicht verabschiedet werden können. Da geht es einmal um die Frage, wie eine Währung ausgestaltet sein muss  Stichwort: Renminbi , um in das Sonderziehungsrecht einbezogen zu werden.

BK’in Merkel: Nein, zurückgefallen sind wir überhaupt nicht, sondern wir haben das heute beleuchtet im Blick auf das, was in Cannes dann passiert, nämlich dass die Staats- und Regierungschefs sich treffen und sicherlich noch einmal auf einer politischen Ebene über die entsprechenden Fragen befinden, während die Finanzminister sehr viel spezifischer bestimmte Probleme bewältigen können.

Was ich heute gelernt habe, ist, dass es einen interessanten Gesprächsgang innerhalb der Arbeitsgruppe gibt, der vielleicht noch nicht ganz abgeschlossen ist, was die Kapitalflüsse anbelangt, bei dem die Rolle der Kapitalverkehrskontrollen vielleicht noch nicht ganz konsensual entwickelt ist. Da sehe ich aber durchaus Hoffnung, dass man das bis Cannes noch ein Stück vorantreiben kann.

Zweitens gibt es auch noch Diskussionsbedarf bei der Frage der Überwachungsfunktion des IWF im Hinblick auf die bilaterale Überwachung und die multilaterale Überwachung. Ich glaube, dieser Diskussionsprozess wird über Cannes hinausgehen, bis er sich vielleicht eines Tages auch im Regelwerk des IWF niederschlägt. Das ist ein längerer Prozess.

Ich würde Christine Lagarde bitten, zu der Frage der Sonderziehungsrechte noch ein Wort zu sagen, weil es da auch ganz klare Prozeduren gibt. Und ich bitte Bob Zoellick, auf die Fragen der lokalen Anleihemärkte einzugehen. Vielleicht kann auch Christine Lagarde aus Sicht des IWF noch etwas zu den lokalen Anleihemärkten sagen; das kann ich nicht genau einschätzen.

Lagarde: Ich freue mich sehr, das auszuführen, Frau Bundeskanzlerin. Ich möchte nur sagen, dass wir alle fünf Jahre im IWF die Zusammensetzung des Währungskorbes analysieren. Die nächste Analyse wird im Jahr 2015 stattfinden. Was im Moment stattfindet, ist eine Analyse unter Führung Deutschlands in der Arbeitsgruppe. Das läuft alles sehr gut ab, auch in Bezug auf zwei bestimmte Themen. Das erste ist bereits von der Bundeskanzlerin angesprochen worden, und das ist sehr kritisch im Moment. Hier geht es um die Kapitalverkehrskontrollen, denn es gibt Kapitalflüsse in Länder und aus Ländern heraus, besonders in Schwellenländern, aufstrebenden Märkten. Die sehen, dass Kapital zufließt und herausfließt. Dieses Thema muss natürlich besser verstanden werden, koordiniert werden und auch mit einem Verhaltenskodex versehen werden, und Regeln müssen eingehalten werden.

Ein zweiter Punkt, den wir angesprochen haben, sind die Sonderziehungsrechte und der Währungskorb: Wie verändern wir diesen Korb? Wie schließen wir andere Währungen oder eine andere Währung ein oder nicht ein? Das ist genau das, was getan wurde. Wir haben die Kriterien überprüft und das Kriterium, das genutzt wird. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bearbeitet das die Arbeitsgruppe. Es geht hierbei um das Kriterium der internationalen Währung; das ist insbesondere das, was viele noch vor Augen haben, die sich mit diesem Thema befassen.

Die Arbeit wird bis Cannes weitergehen, aber das sind die zwei Richtungen, in denen sehr viel Arbeit geleistet wurde. Es gibt zwei Bereiche, wo noch sehr viel mehr Arbeit geleistet werden muss, und zwar im Bereich der Überwachungsfunktion und auch im Bereich der finanziellen Stabilitätsnetze. Da haben wir sehr viele Fortschritte gemacht, aber da gibt es noch Raum für weitere Fortschritte. Es gibt ein klares Ziel: Sicherheit und Stabilität des Systems.

Zoellick: Wie die Bundeskanzlerin bereits sagte: Viele Jahre lang hat Deutschland unterstrichen, wie wichtig es ist, dass die Schwellenländer Anleihemärkte in ihren eigenen Währungen entwickeln. Das klingt jetzt vielleicht etwas technisch, aber wenn Sie sich die Finanzkrise Ende der 90er-Jahre ansehen, dann werden Sie sich daran erinnern, dass der Auslöser Thailand war. Thailand hat Schulden in Dollar angehäuft, und als der Wert der thailändischen Währung fiel, konnten sie ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen.

Die Weltbank hat mit Unterstützung Deutschlands und anderer Länder versucht, Länder bei der Entwicklung von Anleihemärkten in ihren eigenen nationalen Währungen zu unterstützen, um natürlich auch dafür zu sorgen, dass die Unternehmen Referenzwerte haben, sodass sie Anleihen in nationalen Währungen tätigen können.

Wir haben in diesem Bereich gute Fortschritte gemacht. Das ist aber weiterhin ein dringendes Thema. Manche Länder in Mittel- und Osteuropa haben Schwierigkeiten, weil sie Kredite in Schweizer Franken aufgenommen haben. Das zeigt, wie dringlich es ist, sich dieses Themas anzunehmen. Ich hoffe, dass das Programm, das wir für den Gipfel in Cannes dazu erarbeiten, es uns ermöglichen wird, mehr Ländern zu helfen.

Ein Beispiel, das auch die Kanzlerin angeführt hat: In Kenia versucht man, zusätzlich zur Schaffung eines Anleihemarktes auch eine Agenda der finanziellen Inklusion zu verfolgen. Es gibt also Sparer, die mit ihren Handys Zugang zu verschiedenen Sparmechanismen haben können. Auch Regierungen haben so bessere Möglichkeiten, ihre Schulden zu vermarkten.

Gurría: Noch zur Frage der Kapitalflüsse  das wurde ja bereits angesprochen : Wir hatten früher die Vorstellung, dass, wenn Kapitalflüsse von einem Land zum anderen Land fließen, diese Kapitalströme von Entwicklungsländern in entwickelte Länder fließen. Da gab es doch unterschiedliche Klüfte in Bezug auf den Wert. Das passiert, aber es gibt natürlich auch andere Entwicklungen. Es gibt große Kapitalflüsse, die aus entwickelten Ländern in Entwicklungsländer strömen. Das führt zu großen Verzerrungen in den Märkten. Es kommt zu Immobilienblasen, Aktienmarktblasen, und diese führen dann zu einer Aufwertung der nationalen Währungen. Das passiert nicht in kleinen Ländern, sondern in Ländern wie Chile, Mexiko oder Indien und Korea, in vielen anderen Ländern dieser Größe, die dann sehr stark für ihre Wettbewerbsfähigkeit kämpfen müssen. Das ist natürlich etwas, was der Wettbewerbsfähigkeit zuwiderläuft.

Diese Frage der Kapitalflüsse, wie man mit diesen Herausforderungen umgeht, welche Instrumente wir haben, um mit diesen Kapitalströmen umzugehen, das sind genau die Themen, denen sich die G20 widmen wird. Das ist natürlich ein Teil der größeren Diskussion, die wir heute geführt haben: Wie gehen wir mit dieser neuen Wirklichkeit um, dieser neuen Herausforderung, die ein ganz anderes Ausmaß hat als die Herausforderungen, die wir sonst hier mit Ihnen besprechen?

Frage: Dürfte ich eine Frage an Madame Lagarde stellen, was die Überwachung und die Unterstützung und Ihr Engagement in der Eurozone betrifft: Ist der IWF in einer Position, verfügt der IWF über angemessene Ressourcen, um sich in mehr Programmen zu engagieren, um eine Ansteckungsgefahr in der Eurozone zu vermeiden, insbesondere in Italien?

Dürfte ich Bundeskanzlerin Merkel fragen: Ist der EFSF der richtige Fonds zur Rekapitalisierung der Banken in Europa, oder sollten die stärkeren Wirtschaften in Europa ihre eigenen Banken rekapitalisieren?

Lagarde: Wissen Sie, wenn Sie einen Fonds fragen „Haben Sie genug Ressourcen?“ und wenn Sie bereit sind, mehr auszugeben, dann werde ich sagen: Na ja, ich möchte mehr, das ist ganz klar. Aber in Bezug auf die Fähigkeit, Ressourcen einzusetzen: Klar, wir haben Ressourcen, die wir einsetzen können.

Viele Bemühungen werden in der Eurozone unternommen, und all das wird gemeinsam organisiert, zusammen mit anderen finanziellen Mitteln, die von Mitgliedern der Eurozone unter der Führung und Leitung der EZB und der Europäischen Kommission bereitgestellt werden. Ich denke, das sollte Ihre Frage beantworten.

BK’in Merkel: Auch die EFSF hat noch eine Menge Ressourcen; gebunden sind im Augenblick gerade erst 10 Prozent. Auch das muss man ab und zu im Auge behalten.

Wenn Sie zu der Kapitalisierung der Banken nachfragen, dann will ich noch einmal daran erinnern: Die EFSF ist eine Fazilität, die dazu dient, dann Hilfestellung zu geben, wenn ein Land die Stabilität des Euro als ganze Währung infrage stellt oder gefährdet. Das heißt, immer unter einer strikten Konditionalität wird dann einem Land geholfen.

Wir haben die Mittel, die zur Hilfe anwendbar sind, jetzt erweitert, indem wir gesagt haben: Die Kapitalisierung von Banken über den Weg, dass der Staat einen Antrag stellt und die Bank das Geld bekommt, ist in Zukunft möglich, wenn alle Euro-Mitgliedstaaten die neue EFSF ratifiziert haben.

Das beinhaltet schon, dass Länder, die sozusagen keine Gefahr für die Stabilität des Euro als Ganzes darstellen, die Kapitalisierung der Banken, falls die Banken das Kapital auf dem freien Markt nicht bekommen, selbst vornehmen können. Nur dann, wenn eine Gefährdung der Stabilität des Euro als Ganzes durch die Kapitalisierung von Banken durch ihren Staat auftritt, sollte der EFSF subsidiär einsteigen, weil mit diesem Einsteigen auch immer eine zusätzliche Konditionalität für das entsprechende Land verbunden ist.

StS Seibert: Dann danke ich Ihnen herzlich, meine Damen und Herren.

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