Pressekonferenz von BK'in Merkel, BM Rösler, BM Altmaier, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung TenneT TSO GmbH, Fuchs, und dem Präsidenten der Bundesnetzagentur, Homann

Pressekonferenz von BK'in Merkel, BM Rösler, BM Altmaier, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung TenneT TSO GmbH, Fuchs, und dem Präsidenten der Bundesnetzagentur, Homann

in Bonn

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Dienstag, 29. Mai 2012

Thema: Besuch der Bundesnetzagentur

Homann: Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie hier in der Bundesnetzagentur, ganz besonders natürlich unsere Bundeskanzlerin und die beiden Bundesminister für Wirtschaft und Umwelt. Der heutige Besuch ist für dieses Haus natürlich ein ganz besonderes Ereignis. Es ist ein guter Tag für die Netzagentur, aber eben auch ein Tag, der für uns in der Arbeit, die nun vor uns liegt, Ansporn ist. Sie wissen, dass die vier Übertragungsnetzbetreiber heute den Entwurf für einen Netzentwicklungsplan für die nächsten zehn Jahre ausgeben werden, der dann morgen ausführlich in Berlin vorgestellt und dann auch Anlass für Nachfragen aller Art sein wird.

Die Netzagentur hat im Rahmen der weiteren Schritte eine besondere Funktion, nämlich in dem Sinne, sich diesen Netzentwicklungsplan dann genau anzuschauen, Umweltberichte zu machen, die Öffentlichkeit hinsichtlich des Plans zu konsultieren und dann so schnell wie möglich der Bundesregierung einen Vorschlag für einen Bundesbedarfsplan zu machen. Darauf wird dann der Gesetzgebungsprozess aufsetzen.

Für mich ist noch wichtig zu sagen, dass die Bundesnetzagentur alles unternehmen wird, um den Fortschritt der Energiewende durch die Arbeit zu unterstützen, die wir hier machen. Wir betrachten uns als Teil der Energiewende und als eine Organisation, die mithilft, die Prozesse schnell voranzubringen.

Damit würde ich auch schon enden und das Wort an Herrn Fuchs geben, der kurz etwas zu dem Netzentwicklungsplan sagen wird.

Fuchs: Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, sehr geehrte Herren Bundesminister, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren von der Presse! Die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber, für die ich heute hier ein kurzes Statement abgeben darf, haben in den letzten Monaten einen Netzentwicklungsplan bis zum Jahr 2022 erstellt. Wir werden diesen morgen in Berlin noch einmal im Detail vorstellen und ihn sodann in die öffentliche Konsultation geben. Es ist für uns eine große Freude, dass wir ihn bereits heute mit Analysen und Planungen der Bundeskanzlerin, den zuständigen Fachministern und der Bundesnetzagentur vorstellen und auch miteinander diskutieren konnten.

Wir stehen alle vor einer sehr großen Herausforderung, nämlich der, die Energiewende erfolgreich umzusetzen. Ein zentrales Element ‑ vielleicht sogar das wichtigste Element ‑ ist sicherlich der Ausbau der Übertragungsnetze. Ich kann sagen, dass sich die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, Transnet BW und TenneT dieser Aufgabe mit ganzer Kraft stellen werden.

Der Netzentwicklungsplan zeigt den notwendigen Netzausbau der nächsten zehn Jahre und legt damit die Grundlage für künftige Versorgungssicherheit und einen stabilen Netzbetrieb. Er berücksichtigt insbesondere den Ausbau der erneuerbaren Energien und deren Integration sowie auch den europäischen Strommarkt und dessen Weiterentwicklung.

Es sind eine Reihe von Maßnahmen für den Netzausbau definiert worden. Mehr als die Hälfte der Maßnahmen sind laut Plan in bestehenden Trassen vorgesehen, und zwar durch einen Neubau auf einer höheren Spannungsebene oder eben auch durch entsprechende Umstellungen. Nur in bestehenden Trassen wird es jedoch nicht gehen, sondern es sind auch Neubauerfordernisse ‑ in etwa 1.700 Kilometer an neuen Trassen ‑ für Drehstromverbindungen vorgesehen. Erstmalig in Deutschland ‑ ich denke, in dieser Dimension auch erstmalig in Europa ‑ sind etwa 2.100 Kilometer an Hochspannungsleitungen in Gleichstromtechnik vorgesehen, über die innerhalb von vier Korridoren im großen Maßstab Energie von Nord nach Süd übertragen werden soll. In der Summe sind für all diese Maßnahmen Investitionen in Höhe von ca. 20 Milliarden Euro bis zum Jahr 2022 nötig.

Wir sind der Überzeugung: Wir können das Übertragungsnetz für eine erfolgreiche Energiewende fit machen. Wir sagen aber auch: Das ist kein Selbstläufer. Damit es gelingt, braucht es den Schulterschluss aller Beteiligten. Wir werden als Übertragungsnetzbetreiber alle unsere technischen und planerischen Ressourcen einsetzen und alles dafür tun, um bei der Konsultation dieses Netzplans mit den betroffenen Bürgern und Gemeinden in Transparenz für Akzeptanz zu werben. Das allein wird nicht reichen; denn genauso wichtig ist, dass das Ob, also die Notwendigkeit der Projekte, politisch entschlossen unterstützt wird, und dass das Wie, also die eingesetzte Technik und die Trassenverläufe, mitgetragen wird. Wenn wir uns in jahrelangen Diskussionen über Erdkabel oder auch Gleichstrom aufreiben, bleiben die Projekte vor Ort stecken. So, wie es partei- und länderübergreifend einen Konsens für die erneuerbare Stromerzeugung in Deutschland gibt, brauchen wir auch einen Konsens zwischen Bund und Ländern darüber, wo und wie wir im kommenden Jahrzehnt Netze bauen. Das Tempo des Netzausbaus wird nämlich die Energiewende bestimmen.

Mit breiter politischer Unterstützung ‑ das ist unsere feste Überzeugung ‑ und mit einem geeigneten planungsrechtlichen und regulatorischen Rahmen können wir es schaffen. Es kann gelingen, wenn wir in den nächsten Jahren auf eine stabile Grundlage bauen können. Herr Präsident Homann hat es bereits gesagt: Es wird ja nach der Konsultation der Übertragungsnetzbetreiber dann auch die Konsultation der Bundenetzagentur folgen, und am Ende soll dann die Integration in den Bundesbedarfsplan stehen. Das kann gelingen, wenn Planfeststellungsverfahren auf der Ebene der Bundesländer schnell ablaufen ‑ ich würde sagen: dort, wo es um bestehende Trassen geht, möglichst ohne vorgeschaltete Raumordnungsverfahren ‑, und es kann gelingen, wenn gerade die länderübergreifenden Projekte hier bei der Bundesnetzagentur zentral und stringent in den Genehmigungsverfahren koordiniert werden.

Zum Start der öffentlichen Konsultationen werden wir uns morgen der Debatte stellen. Bis zum 10. Juli werden dann Bürger, Wissenschaft, Verbände, Wirtschaft und jedermann die Möglichkeit haben, sich einzubringen. Wir hoffen auf eine engagierte Konsultation und sind überzeugt, dass wir dann am Ende ein Ergebnis erreichen können, dass in einen belastbaren Bundesbedarfsplan überführt werden kann.

Die Energiewende und der Ausbau des Übertragungsnetzes sind eine Herkulesaufgabe, aber wir sagen von unserer Seite: Deutschland kann es schaffen. Um unser Commitment an dieser Stelle deutlich zu machen, bitte ich auch meine drei Kollegen von den anderen Netzbetreibern auf das Podium, um das Erstexemplar an Herrn Homann als Präsidenten der Bundesnetzagentur und an den zuständigen Fachminister überreichen zu können.

BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, der Bundeswirtschaftsminister wird gleich noch einmal zu dem Werk Stellung nehmen, das ihm übergeben wurde. Ich möchte aber zuerst der Bundesnetzagentur meinen Dank dafür aussprechen, dass sie uns heute hier empfangen hat, und möchte deutlich machen, dass der heutige Besuch der Bundesregierung hier auch eine Anerkennung für die Arbeit der Bundenetzagentur insgesamt ist. Deshalb auch ein Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter! Sie sind ja nämlich nicht nur im Bereich der Energiewende tätig, sondern genauso beim Breitbandausbau oder bei allen Regulierungsfragen, die es sonst ‑ von der Bahn bis hin zu vielen anderen Dingen ‑ noch gibt.

Deshalb haben wir uns heute hier ‑ natürlich aus aktuellem Anlass ‑ auf die Frage konzentriert: Wie gestalten wir die Energiewende? In diesem Zusammenhang geht mein Dank auch an die Netzbetreiber; denn sie haben mit dem heutigen Tag dem Bundeswirtschaftsminister, aber vor allen Dingen erst einmal der Bundesnetzagentur den Netzentwicklungsplan übergeben, der jetzt natürlich zu einem Bedarfsplan fortentwickelt werden muss und dann im Laufe dieses Jahres, also bis zum Ende dieses Jahres, in ein Gesetz gegossen werden wird, das dann ‑ ähnlich einem Bundesverkehrswegeplan ‑ die Bedarfspläne festschreiben wird. Das heißt, wir haben dann die Transportnetze der Zukunft.

Wir müssen sehen: Es gibt nach dem Energieleitungsausbaugesetz eine Vielzahl von wichtigen Projekten, die zeitnah ‑ vorzugsweise bis 2015 ‑ realisiert werden müssen. Dieses Gesetz stammt aus der vergangenen Legislaturperiode und befindet sich jetzt in der Umsetzung. Wir stellen mit Freude fest, dass sich die Planungen beschleunigt haben. In dem sogenannten EnLAG haben wir damals festgelegt, dass es nur eine Instanz gibt, in der geklagt werden kann, was die Genehmigungsverfahren natürlich auch beschleunigt, ähnlich wie wir das bei den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit gemacht hatten.

Man kann sagen: Das Glas ist halbleer, es sind erst 100 Kilometer von sehr vielen zu bauenden Kilometern in Betrieb. Man kann aber auch sagen: Die Prozesse haben sich sehr beschleunigt, und vielleicht werden wir manche Rückstände auch wieder aufholen können. Es gibt Kernprojekte im EnLAG, die unbedingt realisiert werden müssen ‑ bei denen sind Fortschritte erzielt worden ‑, damit die erneuerbaren Energien dann auch vernünftig übertragen werden können.

Der zweite Punkt ist die Anschlussplanung, also die Frage: Was müssen wir bis 2022 als Bedarfsplan für die Netze schaffen? In dieser Hinsicht ist im Rahmen eines sehr intensiven Prozess, der auch über die Netzplattform des Bundeswirtschaftsministeriums abgelaufen ist, konsultiert worden, und zwar auf Grundlage der Frage: Welche Kraftwerke werden wir 2022 denn zur Verfügung haben? All diese Annahmen sind mit den Staatskanzleien der Länder auch besprochen worden. Auf dieser Basis ist aber jetzt sozusagen ein Netzentwicklungsplan erarbeitet worden, der Ihnen morgen im Detail vorgestellt werden wird und über den jetzt natürlich wieder gesprochen werden muss. Es muss gesagt werden: Ist das dann auch der wirkliche Bedarf? Dabei kann man also mit Änderungen im Verlauf der Konsultationsprozesse rechnen.

Wichtig ist, dass wir den Ausbau der erneuerbaren Energien, die Übertragung durch die Netze und die Sicherheit der Stromversorgung zusammenbringen, das Ganze dann noch mit dem Ziel der Bezahlbarkeit. Insofern ist dieser Netzentwicklungsplan ein ganz wichtiger Schritt, in dem schon viel mehr als nur Netze angelegt sind; denn darin ist auch angelegt, welche Kraftwerke wir in Zukunft zur Verfügung haben werden und welche Annahmen wir bezüglich des Ausbaus erneuerbaren Energien haben. Das heißt, wir nähern uns den Dingen, die dann bis 2022 im Rahmen der gesamten Planung geleistet werden müssen, jetzt qualitativ einen großen Schritt.

Ich danke also allen, die daran beteiligt sind. Viel Glück bei den Konsultationen, die sicherlich nicht ohne jegliche Kontroverse ablaufen werden. Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger beteiligen.

Wir arbeiten jetzt auf einer neuen gesetzlichen Grundlage, dem sogenannten Netzausbaugesetz, NABEG, für das noch eine ganz wichtige Verordnung zu erstellen ist, nämlich in Bezug darauf, wie die Planungshoheit dann verteilt sein wird. Es besteht Einigkeit darüber, dass der Bund bei diesen großen Netzen die Raumordnungsverfahren übernehmen wird. Es muss noch darüber geredet werden, wie die Planfeststellungsverfahren ablaufen werden. Diesbezüglich werden wir natürlich mit den Ländern in einen sehr engen Prozess eintreten.

Wir als Bundesregierung werden mit den Ministerpräsidenten der Länder am 14. Juni das nächste Mal über die Dinge sprechen. Dabei werden wir dann auch sehr deutlich machen, in wessen Verantwortungsbereich was entschieden werden muss, damit wir dann wirklich im Laufe dieses Jahres Klarheit über den Bedarf an neuen Netzen haben werden. Ich glaube, dass es heute ein sehr wichtiger Tag ist, über den Besuch der Bundesnetzagentur hinaus, der sich schon allein gelohnt hätte. Aber so bekommt er natürlich noch einmal eine neue Qualität. Herzlichen Dank!

BM Rösler: Vielen Dank, Frau Bundeskanzlerin! Lieber Kollege, sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bundeskanzlerin hat es gesagt: Zur erfolgreichen Umsetzung der Energiewende brauchen wir einen starken Ausbau der erneuerbaren Energien. Hierfür brauchen wir wiederum einen deutlichen Ausbau unserer gemeinsamen Stromnetze.

Anders als manchmal vielleicht der Eindruck entstanden sein könnte, ist gerade im letzten Jahr aufgrund der vor einem Jahr beschlossenen Gesetze enorm viel passiert. Die Übertragungsnetzbetreiber haben sich mit der Bundesnetzagentur zusammengefunden und eigentlich in kürzester Zeit aus dem Nichts heraus eben diesen Netzentwicklungsplan selbst neu geschaffen. Das ist ein einmaliger Vorgang, auch in der Geschichte. Insofern ist das eine enorme Leistung. Deswegen geht auch von meiner Seite der Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Bundesnetzagentur genauso wie bei den Übertragungsnetzbetreibern selbst.

Die wichtigste Botschaft ist damit gesetzt, auch vonseiten der Übertragungsnetzbetreiber: All das, was wir uns vorgenommen haben, und all das, was notwendig ist, nämlich der Netzausbau, ist bei gemeinsamer Kraftanstrengung eben auch gemeinsam zu schaffen. Das belegt eben der jetzt vorliegende Netzentwicklungsplan. Bis zum Jahr 2022 kann es eben gelingen, die notwendigen Netze für den starken Ausbau der erneuerbaren Energien aufzubauen, die wir im Sinne der Versorgungssicherheit auch brauchen.

Ebenso ist deutlich geworden: „Gemeinsam“ heißt Europa, Bund, Länder und Kommunen, die Menschen vor Ort selbst. Deswegen gibt es auch die umfangreichen Konsultationsverfahren. Wir wollen die Menschen vor Ort sehr frühzeitig ‑ nicht erst beim Netzausbau, sondern schon bei der Netzplanung und Vorbereitung ‑ mit einbinden. Deswegen gab es auch die Gespräche im letzten Jahr. Sie werden hier morgen mit den Konsultationsgesprächen zum Netzentwicklungsplan weiter fortgesetzt werden. Wir haben dann aufgrund des Netzentwicklungsplans das ehrgeizige Ziel, den Bundesbedarfsplan bis zum Herbst vorzulegen, um daraufhin ein Gesetz zu entwickeln, mit dem wir dann auch gemeinsam auf die Länder zugehen wollen. Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern bedeutet nämlich ‑ das wird auch dieser Plan selbst zeigen ‑, dass gerade die großen, länderübergreifenden Trassen am besten und am schnellsten gebaut werden können, wenn eben ungefähr 10 Prozent der Trassen von der Planung her auf den Bund übertragen werden können. Das sieht das Netzausbaubeschleunigungsgesetz selbst so vor. Auf Grundlage dieses Plans und des sich anschließenden Gesetzes werden wir die Trassen eben gemeinsam ausfindig machen, die wir dann sehr schnell bauen werden, um die großen Nord-Süd-Verbindungen herstellen zu können; denn im Norden wird erneuerbare Energie produziert und muss dann in den Süden und Westen transportiert werden. Dafür brauchen wir eben diesen starken Ausbau der Netze.

Eine weitere positive Botschaft neben der Tatsache, dass wir es gemeinsam schaffen können und schaffen werden, ist, dass man einen Großteil der Planungen eben auch in die bestehenden Trassen selbst gelegt hat. Das entlastet die Menschen und im Ergebnis auch die Umwelt.

Aber die entscheidende Botschaft ist: Gemeinsam sind die ehrgeizigen Ziele umzusetzen - im Sinne von Umweltverträglichkeit durch den starken Ausbau der erneuerbaren Energien, im Sinne von Bezahlbarkeit durch den günstigsten Speicher, den wir haben können, nämlich die Netze, sowie auch im Sinne von Versorgungssicherheit durch die neuen Kapazitäten, die für die großen Verbraucher im Westen und Südwesten neu entstehen.

Deswegen ist in der Tat ein guter Tag. Wir freuen uns sehr, dass wir jetzt mit diesem Netzentwicklungsplan in die weitere Arbeit werden einsteigen können. Sie sehen: Wir sind absolut im Zeitplan, was die vielleicht wichtigste Aufgabe im Bereich der Umsetzung der Energiewende anbelangt, nämlich im Bereich des Netzausbaus und der Planung des Netzausbaus.

BM Altmaier: Frau Bundeskanzlerin, Herr Kollege, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der heutige Tag hat deutlich gemacht, dass die Energiewende gelingen kann und dass sie gelingen wird, wenn es uns gelingen wird, in den nächsten Wochen und Monaten umsichtig und klug zu entscheiden. Dazu gehört vor allen Dingen ‑ auch das ist deutlich geworden - eine verbesserte Verzahnung des Netzausbaus mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien.

Die Energiewende ist ein technologisch, ökologisch und demokratisch sehr anspruchsvolles Vorhaben. Es kann nur gelingen, wenn wir die einzelnen Komponenten zueinander bringen. Der Kollege Rösler hat darauf hingewiesen, dass wir in der Vergangenheit Kernkraftwerke dort hatten, wo die Energie gebraucht wurde. Die erneuerbaren Energien bauen wir dort, wo der Wind weht und wo die Sonne scheint. Das bedeutet, wir müssen dafür sorgen, dass die Energie zum Abnehmer kommt, und dafür brauchen wir funktionierende und moderne Netze. Je besser der Netzausbau gelingt und je moderner die dabei eingesetzten Technologien sind, desto eher wird es möglich sein, die erneuerbaren Energien auch vollumfänglich zu nutzen, desto eher wird es möglich sein, eine stabile Stromversorgung darzustellen, und desto eher wird es möglich sein, die Kosten in einem vertretbaren Rahmen zu halten.

Wir haben aufseiten der Bundesregierung in den letzten Wochen zwei wichtige Grundentscheidungen getroffen. Das eine ist die Netzplattform in der Zuständigkeit des Kollegen Rösler, und das andere ist die Plattform Erneuerbare Energien in der Zuständigkeit des Bundesumweltministers. Wir werden auf beiden Plattformen mit den Ländern, mit den zuständigen Verbänden und mit den zuständigen Betreibern den Dialog führen. Wir werden dafür sorgen, dass die beiden Minister und die beiden Ministerien auf der politischen Leitungsebene so vertrauensvoll zusammenarbeiten, dass davon das positive Signal ausgeht, dass die Bundesregierung diese Energiewende möchte und dass sie diese Energiewende auch innerhalb der nächsten Jahre durchsetzen wird.

Frage: Ich habe eine Frage zur EEG-Umlage. Es war jetzt gerade am Pfingstwochenende zu lesen, dass die erneuerbaren Energien ‑ insbesondere die Solarenergie ‑ sehr viel Strom erzeugt haben, was bei diesem Wetter kein Wunder ist. Es gibt vor diesem Hintergrund immer wieder die Befürchtung, dass die EEG-Umlage drastisch steigen könnte. Mich würde interessieren, wie die Position der Bundesregierung dazu ist. Bleiben Sie dabei, dass das bei 3,5 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt werden soll? Wie kann das gelingen, oder haben Sie sich von diesem Ziel schon verabschiedet?

BK’in Merkel: Es wird ja jährlich ein Bericht erstellt, in dem die Umlage hinsichtlich der erneuerbaren Energien bestimmt wird. Sie ergibt sich ja aus der Zahl der Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien und aus der daraus erzeugten Leistung. Es hat einen extrem hohen Zubau an Solarenergie gegeben. Wir wissen nicht, wie sich das jetzt genau auf die Umlage auswirken wird. Das ist, glaube ich, im Augenblick auch Kaffeesatzleserei. Wir haben da Reserven, und es gibt bei der Berechnung viele Faktoren. Wichtig ist, dass wir jetzt die gesetzliche Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes bezüglich der Zukunft des Ausbaus der Solarenergie hinbekommen. Davon wird nämlich im Verlaufe des Jahres schon wieder abhängen, wie sich diese Umlage entwickeln wird. Unsere Zielvorstellung hat sich nicht verändert. Richtig ist, dass sich der Ausbau der Solarenergie durch technologische Entwicklungen extrem beschleunigt hat. Das ist einerseits erfreulich. Andererseits ist es dann natürlich auch wieder so, dass wir korrigieren und gegensteuern müssen. Sie werden dann in einigen Monaten wieder den jährlichen Bericht bekommen. Heute kann man zu der Umlage seriös nichts sagen.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, es wird im Moment schon wieder über die Energiewende und darüber diskutiert, ob man die ein bisschen lockern soll, ob man die Fristen verschieben soll. Die Frage ist: Bleibt es beim Atomausstieg 2022, oder wird inzwischen auch innerhalb der Bundesregierung darüber diskutiert, das zu ändern?

BK’in Merkel: Sie haben doch eben gerade vom Bundeswirtschaftsminister, vom Bundesumweltminister und von den Netzbetreibern gehört ‑ von mir können Sie es jetzt auch noch einmal haben ‑, dass die Energiewende so, wie wir sie vor einem Jahr beschlossen haben, machbar ist. Heute bekommen Sie ein wichtiges Werkstück auf dem Weg dahin übergeben und zur Kenntnis, und morgen wird das im Detail vorgestellt werden. Wir fühlen uns den Zielen absolut verpflichtet, und alle anderen Diskussionen spielen für uns in unserer Arbeit überhaupt keine Rolle. Es bleibt wie festgelegt natürlich bei dem Ausstieg aus der Kernenergie bis zum Jahr 2022. Es bleibt ein anspruchsvolles Projekt, ein spannendes Projekt und ein Projekt, dem wir uns ‑ inklusive all derer, die heute hier dabei sind ‑ mit Leidenschaft widmen werden. Es ist ein Projekt, das sicherlich auch international durchaus verfolgt werden wird. Es soll unsere industrielle Basis sichern, es soll unsere Umweltfreundlichkeit deutlich machen, und es soll den Strom auch in Zukunft bezahlbar halten. Deshalb halten wir das heute für einen wichtigen, konstruktiven Schritt genau auf dem Weg zu den Zielen, die wir auch festgelegt haben.

Gibt es noch eine Frage zum Netzausbau? Die könnten wir dann nämlich noch drannehmen, weil man ja sonst ganz enttäuscht wäre.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, ich wollte gerne wissen, inwieweit der Netzausbau der Übertragungsnetzte jetzt mit den Verteilnetzen abgestimmt ist, weil gerade erneuerbare Energien immer mehr dezentral eingespeist werden.

Ich habe eine darüber hinausgehende Frage. Man will ja mehr Wettbewerb auf dem Markt, aber die großen Windparks werden gerade wieder von den großen vier Betreibern gebaut. Wie passt das mit einer Erhöhung des Wettbewerbs auf dezentraler Ebene zusammen?

BM Rösler: Wenn ich antworten darf, zunächst einmal zur Frage des Wettbewerbs: Die Windparks werden nicht nur von den großen Energieversorgern auf den Weg gebracht, sondern auch von Mittelständischen, die sich zum Teil in Konsortien zusammengefunden haben. Aber bei beiden gilt: Eben auch hier brauchen wir einen Netzausbau. Wir haben heute über die Übertragungsnetze im Fernübertragungsbereich gesprochen. Das Wirtschaftsministerium wird selbst auch noch einmal eine Studie zum Thema der Verteilnetze in Auftrag geben, weil es nicht nur um die Frage der Kapazitäten und des Ausbaus der Verteilnetze selbst geht. Aus unserer Sicht spielt vielmehr gerade hierbei die Frage der Art der Netze eine große Rolle. Das Stichwort „intelligente Netze“ ‑ „smart grids“ ‑ muss also eine große Rolle spielen, wenn es darum geht, nicht einfach nur Netze, nicht einfach nur Kabel zu haben, sondern diese Kabel so zu nutzen, dass man die dezentrale Energieerzeugung zum Beispiel auch für das Zusammenschalten von virtuellen Kraftwerken wird nutzen können. Dafür dient auch die Diskussion im Rahmen der Netzplattform. Dort findet die Abstimmung zwischen den großen Netzen und den Verteilnetzen statt. Aber wir werden noch einmal eine gesonderte Studie dazu durchführen, was wir im Bereich der Verteilnetze brauchen, insbesondere dazu, welche Art von Netzen wir brauchen. Hierbei geht es nicht nur um die Quantität, sondern eben auch um die Qualität des Netzes selbst.

Beitrag teilen