Dialog mit der türkischen Regierung

Steinmeier in Ankara Dialog mit der türkischen Regierung

Außenminister Steinmeier ist nach Ankara gereist, um den Dialog mit der türkischen Regierung zu suchen. In seiner Rede vor dem deutschen Bundestag hatte Steinmeier gesagt, die Türkei stehe an einer Wegscheide: "Es geht um die Richtung des Landes: hin nach Europa – oder weg von Europa."

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Außenminister Steinmeier reiste am Montagabend nach Ankara, um dort den Dialog mit der türkischen Regierung zu suchen - "so breit und so tief", wie das zur Zeit möglich sei, so der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Schäfer, am Freitag. Es sei ein Jahr mit tiefen Zäsuren auch für die Türkei gewesen. Schäfer erinnerte an den Konflikt mit den Kurden, die tödlichen Anschläge des IS und den, zum Glück gescheiterten, Putschversuch im Juli.

Türkei an Wegscheide

Der Außenminister hat in seiner Rede im Deutschen Bundestag die Frage gestellt, "ob das, was wir jetzt beobachten, ob die Personenkreise, die jetzt verfolgt werden, wirklich noch in Zusammenhang mit dem Putschversuch oder mit dem Terrorismus stehen – und vor allem müssen wir fragen: ob das Vorgehen der türkischen Regierung mit den Mindeststandards rechtsstaatlicher Verfahren vereinbar sind."

All die Stürme, all die Turbulenzen, die die Türkei jetzt erlebe, deuteten auf eines hin: Die Türkei stehe an einer Wegscheide. Und weiter: "Es geht um die Richtung des Landes: hin nach Europa – oder weg von Europa. Hin zu einer verfassten Demokratie, inklusive einer respektierten parlamentarischen Opposition – oder weg von ihr."

Steinmeier betonte, dass die Bundesregierung die europäische Bindung der Türkei wolle: "Wir sollten an dieser Wegscheide ein deutliches Signal an die Türkei senden: Wir stehen für die europäische Bindung der Türkei. Wir wollen die europäische Bindung der Türkei.", so Steinmeier weiter.

Gemeinsame europäische Haltung

Regierungssprecher Steffen Seibert forderte in der Regierungspressekonferenz am 7. November "eine klare und eine gemeinsame europäische Haltung" zu den Ereignissen in der Türkei. Europa müsse dem Land deutlich machen, "welche Auswirkungen die Repression sowohl der Presse als auch die Repression der Opposition auf die Beziehungen zur Europäischen Union haben".

Dies sei "der richtige Weg, um zu zeigen, wo die europäische Solidarität liegt, nämlich bei denen, die für einen pluralistischen und demokratischen Staat eintreten", bekräftigte der Regierungssprecher.

Gesprächskanäle offenhalten

Gerade deshalb sei es wichtig, die Gesprächskanäle offen zu halten. Seibert begrüßte in diesem Zusammenhang die jüngsten Kontakte zwischen EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und dem türkischen Ministerpräsidenten Firat Yıldırım sowie das Gespräch des türkischen EU-Ministers Ömer Celik mit den Botschaftern der EU .

Dies sei "der richtige Weg um zu zeigen, wo die europäische Solidarität liegt, nämlich bei denen, die für einen pluralistischen und demokratischen Staat eintreten", bekräftigte der Regierungssprecher.

Entwicklung in Türkei "höchst alarmierend"

Kritisch äußerte sich Seibert zur aktuellen Diskussion um die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei. Sollte das türkische Parlament dies tatsächlich beschließen, würde das für die europäische Seite das Ende der Beitrittsverhandlungen bedeuten.

Schon am Freitag vor einer Woche hatte der Regierungssprecher betont, es sei "in höchstem Maße alarmierend", was derzeit in der Türkei geschehe. Er bezog sich damit auf die Festnahmen zahlreicher Journalisten und Oppositionspolitiker in der vergangenen Woche.

Die Festnahmen der HDP-Politiker Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag und anderer Spitzen dieser Partei bestätigten alle internationalen Befürchtungen, wozu die im Mai 2016 erfolgte Aufhebung der Immunität führen könnte, so Seibert.

Zweifel an Rechtmäßigkeit bei Vorgehen gegen Journalisten

Die Bundesregierung habe vollstes Verständnis dafür, dass der türkische Staat die Folgen des Militärputsches vom Juli diesen Jahres aufarbeiten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen wolle. Die Bundesregierung sehe durchaus die Notwendigkeit, dass sich der türkische Staat gegen den Terrorismus zur Wehr setze. Das sei die Verpflichtung eines jeden Staates gegenüber seinen Bürgern, so Seibert weiter: "Wir unterstützen die Türkei dabei."

Die Bundesregierung habe aber Zweifel, dass das Vorgehen gegen die Journalisten von "Cumhuriyet" und gegen die Politiker der HDP rechtmäßig sei. Dies spreche die Bundesregierung "gegenüber unseren türkischen Partnern auf allen Ebenen aus".

Einschränkung der Pressefreiheit

Für die Bundesregierung sei es "in höchstem Maße alarmierend, wie das hohe Gut der Presse- und Meinungsfreiheit immer wieder aufs Neue eingeschränkt wird". Das hatte auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits in der Vorwoche festgestellt. Gegen zahlreiche Mitarbeiter der türkischen Zeitung "Cumhuriyet" waren Haftbefehle ergangen.

"Das jüngste Beispiel dieser schon an sich sehr traurigen Entwicklung ist das, was sich mit den Redakteuren und auch dem Chefredakteur der Zeitung 'Cumhuriyet' abgespielt hat", hatte die Kanzlerin betont. Man habe sehr große Zweifel, dass dies den rechtsstaatlichen Prinzipien entspreche, so Merkel weiter.