Wie steht Deutschland in fünf bis zehn Jahren da? Wie wollen wir gegen Ende des Jahrzehnts leben? Diese und andere Fragen diskutiert die Bundeskanzlerin seit Frühjahr 2011 mit Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis. Ab 1. Februar beginnt nun der Bürgerdialog, an dem jeder teilnehmen kann.
3 Min. Lesedauer
Der Dialog wird nicht nur im Internet geführt. Vorgesehen sind auch Bürgergespräche in verschiedenen deutschen Städten. Es gehe nicht um Theorie: "Wir wollen die Ideen und Erfahrungen unserer Bürger konkret nutzen", sagte Merkel im Gespräch mit "Bild am Sonntag". Gute Vorschläge aus dem Dialog könnten ihren Weg bis in die Ministerien finden.
Unter der Überschrift "Menschlich und erfolgreich. Dialog über Deutschlands Zukunft" stehen dabei drei Kernfragen im Mittelpunkt:
Was hilft dem Zusammenhalt der Gesellschaft? Wie können wir kinderreicher und wie familienfreundlicher werden? Wie können Staat und Gesellschaft für mehr Sicherheit sorgen, zum Beispiel im Wohnumfeld, auf der Straße oder im öffentlichen Nahverkehr? Wie lässt sich Bürgerbeteiligung konkret besser organisieren?
Was sind eigentlich Deutschlands Stärken auf dem Weltmarkt? Wie können wir neugierig und innovativ bleiben und damit Geld verdienen? Was können Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Staat tun, um Arbeit sicherer und attraktiver zu machen?
Wie sieht praktische Wertevermittlung aus? Wie können wir alle besser hinzulernen – sowohl im Beruf als auch privat? Welche Rolle spielt das Internet? Wie kann unser berufliches Lernen verbessert werden. Und: Kann eigentlich auch die Gesellschaft als Ganzes hinzulernen?
Zu den drei Hauptthemen wurden jeweils sechs Arbeitsgruppen gebildet, die aus bis zu 20 Experten bestehen. Im vergangenen Jahr haben dazu mehrere Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel stattgefunden. Die Vorsitzenden der Arbeitsgruppen haben intensiv mit der Kanzlerin über Zukunftsfragen diskutiert. Nun ist es an der Zeit, die Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen - online und vor Ort im Gespräch.
Ein Bürgerdialog im Internet ergänzt den laufenden Dialog mit den Experten. Auf der Internetplattform "www.dialog-ueber-deutschland.de" können Sie ab dem 1. Februar 2012 genau das gleiche tun, was die Wissenschaftler und Praktiker im Expertendialog tun: nämlich ganz konkret eigene Handlungsvorschläge machen und von Ihren Erfahrungen und Ideen berichten. Ziel des Zukunftsdialogs ist es, eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über die nahe Zukunft unseres Landes anzuregen. Der Diskussionsprozess ist sehr offen und frei angelegt, um möglichst viele Seiten einzubeziehen. Er findet bewusst abseits des politischen Tagesgeschäfts statt. Kreative und innovative Ideen, die für das künftige Regierungshandeln relevant sein könnten, sind willkommen. Der Zukunftsdialog ist ein langfristiger Prozess des Nachdenkens in einer schnelllebigen Zeit. Denn konkrete Vorschläge und Denkanstöße von Experten und Bürgern sind für die politische Arbeit der Bundesregierung unerlässlich.
Damit der Bürgerdialog nicht nur auf der Onlineplattform stattfindet, wird die Bundeskanzlerin auf drei Bürgergesprächen in Erfurt (29. Februar), Heidelberg (14. März) und Bielefeld (28. März) ausgewählte Themen des Zukunftsdialoges mit Bürgerinnen und Bürgern direkt diskutieren.
Auch die Vorschläge, die bei diesen Veranstaltungen gemacht werden, fließen in den Zukunftsdialog ein.
Bis zum 15. April lassen sich Vorschläge einreichen, aber auch kommentieren und bewerten. Die Absender jener zehn Vorschläge, denen die meisten Nutzer ihre Stimme gegeben haben, werden nach dem Ende des Zukunftsdialogs ins Bundeskanzleramt eingeladen. Dort treffen sie die Bundeskanzlerin und können ihre Ideen persönlich vorstellen.
Die gleiche Einladung erhalten die Absender jener zehn Vorschläge, die von den unabhängigen Fachleuten des Expertendialogs und den Mitarbeitern des Bundespressamtes nach fachlicher Prüfung als die erfolgversprechendsten ausgewählt wurden. Im Juli 2012 beenden auch die Experten ihre Arbeit. Anschließend wird der Abschlussbericht für die Bundeskanzlerin zusammengestellt. Dieser Bericht wird der Bundeskanzlerin auf einer Abschlussveranstaltung überreicht.
Der Zukunftsdialog bietet eine Form der Bürgerbeteiligung, wie sie in Deutschland zuvor noch nicht stattgefunden hat. Er ist ein Experiment, das stark auf den Prozess der Zusammenarbeit setzt, Fehler bewusst zulässt und vor allem eines im Blick hat: das Hinzulernen. Aufbauend auf den Erfahrungen dieser gelebten „Fehlerkultur“ müssen ihm weitere Dialogprozesse folgen. Denn Deutschland braucht mehr gemeinsames Nachdenken über die Zukunft und die stets neu zu beantwortende Frage: Wie wollen wir leben?