Mitten in Berlin, am Anhalter Bahnhof, wurde Ende Juni das Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung mit einem Festakt eröffnet. Am Mittwoch hat Bundeskanzlerin Merkel die Ausstellung besucht. Hier zu sehen ist der Raum der Stille. Der 100 Quadratmeter große Raum ist mit hölzernen Lamellen ausgekleidet, die das Tageslicht filtern und eine introvertierte Atmosphäre erzeugen.
Das Dokumentationszentrum versteht sich als ein einzigartiger Lern- und Erinnerungsort zum Thema Flucht, Vertreibung und Zwangsmigration – vor allem im 20. Jahrhundert in Europa, aber auch darüber hinaus. Träger des Dokumentationszentrums ist die Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung.
Auf mehr als 5.000 Quadratmetern bietet das Haus seinen Gästen eine Ständige Ausstellung, aber auch thematische Sonderausstellungen, Bildungs- und Vermittlungsangebote sowie Veranstaltungen. Im Dokumentationszentrum befindet sich zudem eine Bibliothek mit Zeitzeugenarchiv.
Die Ständige Ausstellung beleuchtet auf 1.300 Quadratmetern politisch, ethnisch und religiös begründete Zwangsmigrationen vor allem im 20. Jahrhundert in Europa und darüber hinaus. Flucht und Vertreibung der Deutschen im und nach dem von Deutschland ausgegangenen Zweiten Weltkrieg bilden dabei den Schwerpunkt der Präsentation.
„Die Diskussionen um diesen Ort waren wahrlich nicht immer einfach. Doch sie waren wichtig“, erklärte Kanzlerin Merkel am Tag der Eröffnung des Zentrums. Nur so hätte in einem offenen und dialogorientierten Geist dieser besondere Ort in Berlin entstehen können – als Ort des Lernens und Erinnerns. „Mit diesem Dokumentationszentrum schließt sich eine Lücke in unserer Geschichtsaufarbeitung“, betonte Merkel.
Zahlen und Fakten sind wichtig, fassten Geschehenens zusammen, so Merkel. Doch sie seien „eben nicht alles“. Damit Flucht und Vertreibung nicht abstrakt bleiben, „brauchen wir die Berichte derer, die Flucht und Vertreibung selbst erlebt und erlitten haben, brauchen wir die Berichte der Zeitzeugen“, erklärte die Kanzlerin. Mit dem Dokumentationszentrum könnten die Besucher ein wenig zu „Mitzeugen individueller Lebensgeschichten werden“.
„Es sind die persönlichen Schicksale, die uns Flucht und Vertreibung etwas näherbringen und so Brücken von der Vergangenheit zur Gegenwart entstehen lassen“, unterstrich Angela Merkel bei der Eröffnung. Erinnerung brauche Raum und Orte der Information und des Austauschs – „einen solchen Ort haben wir mit dem Dokumentationszentrum gewonnen“.
Angela Merkel erklärte, das Zentrum sei auch ein Ort, der vor Augen führe, dass ohne den von Deutschland im Nationalsozialismus über die Welt gebrachten Terror, ohne den Zivilasationsbruch der Shoa und ohne den von Deutschland entfesselten Zweiten Weltkrieg es nicht dazu gekommen wäre, dass danach Millionen Deutsche Flucht, Vertreibung und Zwangsumsiedlung erleiden mussten. „Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Vertreibungsgeschichte der Deutschen in ihrem historischen Kontext von Ursache und Folgen eingebettet und nicht isoliert dargestellt wird", so Merkel.
„Dieser Ort lädt – auch jenseits von Gedenktagen – jeden von uns ein, sich auf Erinnerung einzulassen“, erklärte die Kanzlerin. Das Zentrum richte sich „an die Erlebnisgeneration und ihre Kinder und Enkel ebenso wie an die deutsche, europäische und internationale Öffentlichkeit“.