Weiter im Gespräch bleiben

Ukraine Weiter im Gespräch bleiben

Angesichts der Unruhen in der Ostukraine hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut telefonisch mit US-Präsident Barack Obama über die Lage in der Ukraine ausgetauscht. Sie verständigten sich über das Treffen der Außenminister der USA, Russlands, der Ukraine sowie der Hohen Repräsentantin der EU am 17. April.

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Im Deutschen Bundestag hatte Merkel zuvor bereits die Bedeutung von Frieden, Freiheit und Menschenwürde hervorgehoben. Diese Themen beschäftigten die Bundesregierung gerade in diesen Tagen besonders, da die Lage in der Ukraine kritisch bleibe. In ihrer Grundsatzrede anlässlich der Haushaltsdebatte am Mittwoch kritisierte die Bundeskanzlerin die Haltung Russlands. Leider sei "an vielen Stellen nicht erkennbar", wie Russland zur Entspannung der Situation beitrage. Merkel forderte Moskau auf, sich mit der neuen ukrainischen Regierung an einen Tisch zu setzen.

Gespräche auf Augenhöhe führen

Es sei dringend notwendig, dass es internationale Gespräche mit der Europäischen Union, den USA und Russland gebe – "aber eben unter Beteiligung der Ukraine", so Merkel. Die Bundesregierung werde weiterhin ihre Gesprächsfäden nach Moskau nutzen. Die Kanzlerin machte zugleich aber auch deutlich: "Die Ukraine hat aus unserer Sicht ein Recht auf einen eigenen Entwicklungsweg - den werden wir einfordern. Die Ukrainer müssen über ihr Schicksal selbst entscheiden."

Merkel mahnte gleichzeitig die Regierung in Kiew, die Verfassungsreform im Land voranzutreiben und für eine faire Vorbereitung der Wahl am 25. Mai zu sorgen. An die Adresse der internationalen Gemeinschaft und der EU sagte sie: Diese müssten dafür sorgen, dass die beschlossene Finanzhilfe jetzt auch schnell ausgezahlt werde.

Sorge über Unruhen in der Ostukraine

Die Ereignisse in Donezk und Charkiw am Wochenende habe die Bundesregierung "mit großer Sorge" gesehen, hatte Regierungssprecher Seibert am Dienstag betont. "Alle Verantwortlichen sind und bleiben aufgerufen, ihren Beitrag zur Stabilisierung, zur Deeskalation zu leisten."

Russland, so Seibert, sei aufgerufen, "seinen Teil zur Stabilisierung zu leisten", indem es Einfluss auf prorussische Kräfte in der Ostukraine nehme. Die Einflussnahme müsse dahingehen, "dass diese prorussischen Kräfte die Verfassung der Ukraine achten und dass sie von jeglicher Gewaltanwendung Abstand nehmen." Die Ukraine ihrerseits müsse die anstehende Verfassungsreform "wirklich auch in transparenter Weise durchführen", sagte der Regierungssprecher.

Weitere Sanktionen möglich

Die Bundeskanzlerin habe auf dem CDU-Europaparteitag in Berlin daran erinnert, dass Deutschland und seine Partner durchaus in der Lage seien, in einer dritten Stufe von Sanktionen auch Wirtschaftssanktionen zu beschließen - "falls der politische Anlass dafür gegeben sein sollte", so Seibert. "Wir wünschen uns das nicht, aber es soll sich niemand täuschen: Die Bereitschaft dazu besteht."

Die EU-Kommission war beim letzten Ratstreffen in Brüssel aufgefordert worden, vorbereitende konzeptionelle Arbeiten für derartige Sanktionen gegen Russland in die Wege zu leiten. Falls also der Tag käme - "den wir uns wirklich nicht wünschen und den wir gerne vermeiden würden" - wäre es möglich, dass Europa und die transatlantischen Partner entsprechend handelten, so Seibert. Es gebe allen Grund, hieran zu erinnern, weil man "an mehreren Punkten leider nicht den Fortschritt, die Stabilisierung" sehe, die erhofft und erwünscht seien.

Truppenabzug nicht nachweisbar umgesetzt

In seinem jüngsten Telefonat mit Bundeskanzlerin Merkel hatte der russische Präsident Wladimir Putin den Rückzug russischer Truppen von der ukrainischen Grenze angekündigt. Außenminister Sergej Lawrow hatte dies bestätigt und vom Abzug eines Bataillons und weiteren Schritten gesprochen.

"Wir müssen heute feststellen, dass es immer noch darum geht, dass dieser Rückzug auch nachweisbar umgesetzt wird und dass dadurch die Spannungen an der Grenze spürbar verringert werden", sagte der Regierungssprecher. Das müsse enttäuschen, weil ganz Europa darauf warte, dass eine solche "dringend notwendige vertrauensbildende Maßnahme" tatsächlich auch sichtbar werde.

Deutschland weiterhin gesprächsbereit

Die unbefriedigende aktuelle Situation werde nichts daran ändern, dass die Bundesrepublik weiterhin das Gespräch suche. Man sei nach wie vor bemüht, "im Wege der Verständigung und der Diplomatie Deeskalation" herbeizuführen, erklärte Seibert. "Dass es dabei nicht so schnell vorangeht, nicht an allen Punkten vorangeht, ändert nichts an unserer Entschlossenheit", stellte er klar.

OSZE-Beobachter vor Ort

Die Kanzlerin forderte außerdem am Mittwoch, dass die OSZE-Beobachtermission in der Ukraine - "die glücklicherweise angelaufen ist" - wie zugesagt von 100 auf 500 Personen aufgestockt werde.

Dass diese Mission ihre Arbeit aufgenommen habe, sei immerhin "ein Schritt in die richtige Richtung", hatte Regierungssprecher Seibert festgestellt. Diese Tatsache könne jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Meldungen aus der Ostukraine seit dem Wochenende "besorgniserregend" seien.

Das Mandat der OSZE-Beobachtermission umfasst das Sammeln und Berichten von Informationen zur Sicherheitslage. Auch die Beobachtung der Einhaltung der Menschenrechte, Grundfreiheiten und Minderheitenrechte zählt zu den Aufgaben der Mission. Zudem ist der Kontakt zu lokalen, regionalen und nationalen Stellen wichtig sowie zur Zivilgesellschaft, zu ethnischen und religiösen Gruppen sowie der örtlichen Bevölkerung.

Ziel der Beobachtermission ist es, den Dialog vor Ort zu fördern, um Spannungen abzubauen und die Lage zu normalisieren. Deutschland unterstützt die Mission mit rund einer Million Euro - je etwa die Hälfte dieses Betrags für Projekte und für entsandte Beobachter.