Wachstumspakt und Bankenaufsicht

Europäische Union Wachstumspakt und Bankenaufsicht

Der Europäische Rat hat ein Wachstumspaket von 120 Milliarden Euro vereinbart. Außerdem wurde beschlossen, eine zentrale europäische Bankenaufsicht einzuführen. Die Euro-Gruppe will die Länder mit hoher Zinsbelastung entlasten, die bereits große Anstrengungen zur Sanierung ihrer Staatshaushalte vorgenommen haben.

Bundeskanzlerin Merkel mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mont und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank Monti

Merkel: Keine Haftung ohne Kontrolle

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Pakt für Wachstum und Beschäftigung verabschiedet

Wie bereits angekündigt, vereinbarte der Europäische Rat (ER) neben vielen anderen Maßnahmen ein Programm zur Förderung des Wirtschaftswachstums in Europa. Es umfasst 120 Milliarden Euro, was etwa einem Prozent des Bruttosozialprodukts der EU entspricht und besteht aus mehreren Komponenten:

• Das Eigenkapital der Europäischen Investitionsbank (EIB) soll um 10 Milliarden Euro erhöht werden, so dass zusätzliche Kredite von 60 Milliarden Euro mobilisiert werden können.

• Innerhalb der EU-Strukturfonds werden Mittel umverteilt, so dass 55 Milliarden Euro insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit zur Verfügung stehen.

• Weitere rund fünf Milliarden Euro sollen in Pilotprojekte für Projektanleihen fließen, mit denen Verkehrs-, Energie- und Breitbandinfrastrukturvorhaben finanziert werden sollen.

• Einigkeit besteht auch darin, dass künftige Haushalte der EU mehr als bisher Wachstum unterstützen sollen.

Darüber hinaus sollen unter anderen folgende Maßnahmen auf europäischer Ebene umgesetzt werden:

• Vertiefung des Binnenmarkts durch die Beseitigung verbleibender Hemmnisse

• Vollendung eines gut funktionierenden digitalen Binnenmarkts bis 2015

• Vollendung des Energiebinnenmarkts bis 2014

• Stärkung des Europäischen Forschungsraum

Europäische Bankenaufsicht kommt

Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte, dass sich die Euroländer auf die Schaffung einer unabhängigen gemeinsamen Bankenaufsicht unter Einbeziehung der Europäischen Zentralbank (EZB) geeinigt haben. Dies sei Voraussetzung dafür, dass Banken direkt Mitteln aus den Rettungsfonds erhalten können, wenn sie in Schwierigkeiten sind. Die Bankenhilfe würde an angemessenen Auflagen geknüpft, die in einer Vereinbarung einem Memoranden of understanding (MoU) festgeschrieben würden, so Merkel.

Spanien hatte verlangt, dass seine Banken sich aus den Rettungsfonds rekapitalisieren können, ohne dass diese Hilfe auf die Staatsverschuldung angerechnet wird. Dies wird jetzt unter einer zentralen europäischen Bankenaufsicht möglich. Die EU-Kommission hat den Auftrag erhalten, bis Ende des Jahres die entsprechenden Regelungen auszuarbeiten.

Für den aktuellen Antrag Spaniens auf Hilfen aus dem Rettungsfonds für seine angeschlagenen Banken gilt, dass diese Hilfen nicht privilegiert sind, auch wenn sie aus der EFSF in den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) überführt werden. Grundsätzlich bleibt es nach Angaben der Kanzlerin dabei, dass Darlehen aus dem ESM gegenüber anderen Darlehen vorrangig zu bedienen sind.

Vor der Presse unterstrich die Bundeskanzlerin, dass die Hilfen an Banken nur nach einstimmigem Beschluss des ESM-Gouverneursrat gewährt werden. Auch müsse entsprechend des deutschen ESM-Ausführungsgesetzes der Bundestag beteiligt werden.

ESM-Hilfen auf der Basis der Länderberichte möglich

Die Staats- und Regierungschefs der 17 Euroländer einigten sich auf ein Verfahren, wonach ESM-Hilfen auf der Basis der Vorgaben aus dem Länderberichten der EU-Kommission möglich sind. Spanien und Italien müssen aktuell hohe Zinsen für neue Kredite bezahlen, obwohl sie bereits weitgehende Maßnahmen zur Sanierung ihrer Staatshaushalte unternommen haben. Länder mit guter Haushaltsführung sollen in Zukunft ohne zusätzliche Sparprogramme Unterstützung aus dem ESM erhalten, um die Finanzmärkte zu beruhigen. Allerdings müssen diese Länder die Vorgaben der EU-Kommission im Rahmen

• des europäischen Semesters,

• des Stabilitäts- und Wachstumspakts oder des Verfahrens bei einem übermäßigen Ungleichgewicht ihre länderspezifischen Empfehlungen und

• ihre anderen Verpflichtungen einschließlich ihrer jeweiligen Fristvorgaben erfüllen.

Diese Auflagen sollten in einer Vereinbarung, einem so genannten Memorandum of Understanding im Detail festgelegt werden. Die Einzelheiten müssen in der Euro-Gruppe noch verhandelt werden. Bundeskanzlerin Merkel erklärte, dass dies keine Abweichung von den beschlossenen Regelungen des ESM bedeute. Dies entspreche den Prozeduren, wie sie der Bundestag beschließen soll.

Zukunft der EU kontrovers diskutiert

Die Vorschläge der vier Präsidenten van Rompuy, Barroso, Juncker und Draghi zur Zukunft der Union wurden unter den 27 Chefs kontrovers diskutiert, wie die Bundeskanzlerin vor der Presse einräumte. Bis Oktober soll unter Beteiligung der Mitgliedstaaten weiter verhandelt werden. Dann solle ein erster Zwischenbericht vorliegen.

Patentgericht kommt nach Paris

Als letzter Schritt für ein einheitliches europäisches Patentrecht, hat der Gipfel Paris als Sitz des Patentgerichts festgelegt. Kammern des Gerichts werden in München und London eingerichtet.

Beitrittsverhandlungen mit Montenegro

Der ER beschloss, Beitrittsverhandlungen mit Montenegro aufzunehmen.

In seinen außenpolitischen Schlussfolgerungen verurteilte der Rat erneut die Gewalt in Syrien und forderte den UN-Sicherheitsrat auf, geschlossen an einer Lösung für das Land zu arbeiten.