Videogrußwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich des AJC Virtual Global Forum am 14. Juni 2020

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Sehr geehrter Herr Harris,
sehr geehrte Delegierte und Freunde des AJC,
meine Damen und Herren,

herzlich begrüße ich Sie zum virtuellen Global Forum des AJC!

Es hat mich tief berührt, dass das AJC sein Global Forum 2020 eigentlich in Berlin durchführen wollte. Ausgerechnet in Berlin! Und ausgerechnet im 75. Jahr nach Ende des Zivilisationsbruchs der Shoa! Was für eine großherzige Geste des Vertrauens und der gewachsenen Verbundenheit!

Es war auch das AJC, das als erste jüdische Organisation nach dem größten Menschheitsverbrechen die Zusammenarbeit mit der damals noch jungen Bundesrepublik gesucht hat. Wenn ich daran denke, fühle ich tiefe Dankbarkeit und Demut.

Aus der Bereitschaft zum Dialog und zur Versöhnung ist über die Jahre längst eine enge Partnerschaft erwachsen.

Wir wissen um unsere Verantwortung, der vielen Millionen jüdischer Kinder, Frauen und Männer zu gedenken, die während der Shoa von Deutschen entrechtet, verfolgt und ermordet wurden. Und wir wissen um unsere Verantwortung, gegen Antisemitismus in all seinen Ausprägungen entschlossen vorzugehen. Das verstehe ich als Teil unserer Staatsräson.

Unser Staatswesen und unser friedliches Zusammenleben bauen auf grundlegenden Werten auf. Und mit diesen Werten sind Antisemitismus und Rassismus, Hass und Hetze – ob in sozialen Medien oder auf offener Straße – unvereinbar. Solchen Auswüchsen müssen wir – Regierung und Gesellschaft – mit aller Macht und Kraft entgegenwirken.

Leider erleben wir immer wieder bittere Rückschläge. Besonders das Attentat auf die Synagoge in Halle hat uns tief erschüttert. Solche widerwärtigen Angriffe zielen auf das Herz unserer Demokratie.

Unsere Gesellschaft lebt von kultureller und religiöser Vielfalt und Toleranz. Jüdinnen und Juden sollen sich in Deutschland frei und sicher fühlen; sie sollen ihren Glauben und ihre Kultur offen leben können. Das gehört zum Selbstverständnis unserer gesamten Gesellschaft als Verantwortungsgemeinschaft. 

Zu unserer Verantwortung zählt auch, für die Sicherheit Israels einzutreten. Diese ist nicht verhandelbar. Und auch das möchte ich anmerken: dauerhafter Frieden in Nahost lässt sich nur durch Verständigung zwischen den Völkern und eine verhandelte Zwei-Staatenlösung erreichen. Davon bin und bleibe ich überzeugt.

Im Wissen um unsere Verantwortung können und wollen wir nicht neutral bleiben. Und gerade auch im Bewusstsein unserer Verantwortung vor der Geschichte dürfen wir nicht nachlassen, uns für Sicherheit, für gelebte Demokratie und Menschenrechte einzusetzen – bei uns in Deutschland wie auch in der Welt.

Und dabei ist es gut zu wissen, auf Partner zählen zu dürfen – starke Partner, wie wir sie auch und besonders im AJC finden. Ich bin Ihnen von Herzen dankbar für Ihr unermüdliches und vielfältiges Wirken für Frieden und interreligiöse Verständigung!

Ich wünschte, ich könnte Sie persönlich in Berlin begrüßen. Das ist leider nicht möglich. Umso herzlicher grüße ich Sie nun auf diesem Weg und wünsche Ihnen ein gelungenes virtuelles Global Forum!

Alles Gute für Sie und viel Erfolg für Ihre weitere Arbeit! Herzlichen Dank.