Unverhältnismäßig hohe Strafe

Nawalny-Prozess Unverhältnismäßig hohe Strafe

Regierungssprecher Steffen Seibert hat im Namen der Bundeskanzlerin Kritik an Strafmaß und Art des Gerichtsverfahrens gegen Alexej Nawalny geäußert. Der russische Oppositionspolitiker und Internet-Aktivist war am 18. Juli in erster Instanz zu fünf Jahren Lagerhaft verurteilt worden.

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Alexej Nawalny wird in Handschellen von der Polizei aus dem Gerichtssaal geführt.

Alexej Nawalny nach Verkündung des Urteils

Foto: picture alliance / dpa

Die Bundesregierung habe den Prozess gegen den russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny in Kirow "aufmerksam beobachtet", teilte der Regierungssprecher mit. Nach der Urteilsverkündung am Donnerstag drängten sich Zweifel auf, "ob bei diesem Prozess strafrechtliche Motive im Vordergrund gestanden haben".

Unabhängigkeit der Justiz wahren

Seibert verwies auf die verhängte Haftstrafe von fünf Jahren. Diese sei "selbst vor dem Hintergrund des ihm zur Last gelegten Verbrechens unverhältnismäßig hoch".

Bundeskanzlerin Angela Merkel habe in ihren Gesprächen mit den russischen Partnern "wiederholt auf die Bedeutung der Grundsätze des Rechtsstaats, insbesondere die Unabhängigkeit der Justiz hingewiesen", sagte Seibert.

Anklage wegen angeblicher Veruntreuung

Nawalny war wegen angeblicher Veruntreuung angeklagt worden. Ermittler warfen ihm vor, zwischen April und August 2009 eine Summe von rund 1,3 Millionen Rubel (etwa 33.000 Euro) veruntreut zu haben. Nawalny war damals Berater des Gouverneurs im Bezirk Kirow und kümmerte sich um die Sanierung des dortigen staatlichen Holzbetriebs. Das Verfahren wurde zwischenzeitlich eingestellt, weil kein Straftatbestand festgestellt werden konnte.

Auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, zeigte sich "erschüttert" über das Verfahren und den Schuldspruch. Er sah darin einen weiteren "Beleg für die fehlende Unabhängigkeit der russischen Justiz".

Alexej Nawalny ist Anwalt und schloss sich 1999 der sozial-liberalen Jabloko-Partei an. Wegen Unstimmigkeiten über deren Kurs wurde er 2007 ausgeschlossen. Seitdem kämpfte er im Internet mit seinem Blog gegen Verschwendung und Vetternwirtschaft. Er gründete einen "Fonds zum Kampf gegen die Korruption", der sich aus Spenden finanziert. Im Oktober 2012 wurde Nawalny an die Spitze eines neu geschaffenen Koordinierungsrates für die Opposition gewählt.