Sport als Wegbereiter für ein Miteinander im Alltag

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Im Wortlaut: Merkel Sport als Wegbereiter für ein Miteinander im Alltag

Die Aufmerksamkeit für die Paralympics sei im Laufe der Jahre deutlich gestiegen, freut sich Bundeskanzlerin Merkel. Im Interview spricht sie über die Wirkung der Paralympics in Rio und Initiativen der Bundesregierung für Inklusion und Integration. "Wir wollen erreichen, dass Inklusion in allen Lebensbereichen Einzug hält", so Merkel.

  • Interview mit Angela Merkel
  • Tagesspiegel
Bundeskanzlerin Angela Merkel während einer Pressekonferenz

Merkel: Der Sport spielt als Motor der Inklusion und der Integration eine besondere Rolle.

Foto: Bundesregierung/Schacht

Das Interview im Wortlaut:

Der Tagesspiegel: Frau Bundeskanzlerin, die Paralympics haben gezeigt, dass sie die Wahrnehmung der Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung verändern können. Was erhoffen Sie sich von den Paralympics in Rio?

Angela Merkel: Erfreulicherweise ist die Aufmerksamkeit für die Paralympics im Laufe der Jahre deutlich gestiegen. Ich denke, dass auch die Paralympics in Rio auf große Resonanz stoßen und eine gute Signalwirkung haben. Der Sport kann ein hervorragender Wegbereiter dafür sein, dass Menschen mit und ohne Behinderung zu einem selbstverständlichen Miteinander im Alltag finden.

Der Tagesspiegel: Was wünschen Sie der brasilianischen Gesellschaft?

Merkel: Brasilien hat nach dem Zweiten Weltkrieg einen spektakulären Aufstieg erlebt. Umso mehr wünsche ich den Brasilianern, dass sie diese Erfolge fortsetzen und dass sie ihre kostbaren natürlichen Ressourcen für die kommenden Generationen bewahren.

Der Tagesspiegel: Wie wichtig sind in Zeiten politischer und gesellschaftlicher Unruhe sportliche Wettkämpfe wie die Paralympics?

Merkel: Internationale Großveranstaltungen des Sports sind aus meiner Sicht ganz wichtige Orte der Begegnung von Menschen aus aller Welt. Hier entwickelt sich gegenseitiges Verständnis, oft entstehen so auch Freundschaften. Das hat natürlich keine unmittelbare Auswirkung auf das Weltgeschehen, aber es sind Zeichen der Hoffnung und des Friedens, ohne die unsere Welt ärmer wäre.

Der Tagesspiegel: Hamburg hat heimischen Paralympics im vergangenen Dezember per Volksabstimmung eine Absage erteilt. Bedauern Sie dieses Votum als gebürtige Hamburgerin?

Merkel: So schön es auch wäre, Olympische und Paralympische Spiele vor heimischer Kulisse zu erleben - wir müssen das Votum der Hamburgerinnen und Hamburger akzeptieren.

Der Tagesspiegel: Die Bundespolitik ähnelt ein bisschen dem Leistungssport: Wie die Athleten arbeiten Sie vier Jahre hart dafür, dass am Ende bei der Bundestagswahl ein gutes Ergebnis herauskommt. Haben Sie Vorbilder aus dem Sport? Welche paralympische Sportart würden Sie gern einmal ausprobieren?

Merkel: Alle ehrlichen und fairen Sportler beeindrucken mich mit ihrer Willenskraft und ihrer Disziplin sehr - und sicher auch sehr viele andere Menschen, denke ich. Eine Sportart probiere ich besser nicht aus, das überlasse ich denen, die so etwas wirklich gut können.

Der Tagesspiegel: Immer mehr sportliche Großereignisse werden nun inklusiv gestaltet. Wie kann die Bundesregierung solche Projekte unterstützen und Barrierefreiheit im Alltag und im Sport fördern?

Merkel: Im Juni hat die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan 2.0 zur UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen. Wir wollen erreichen, dass Inklusion in allen Lebensbereichen Einzug hält. Dazu gehört auch die Barrierefreiheit im Alltag, etwa der Abbau von Barrieren im privaten Wohnraum oder mehr Barrierefreiheit in Bahnhöfen. Darüber hinaus unterstützen wir gemeinsame Aktivitäten von Menschen mit und ohne Behinderungen im Rehabilitations-, Breiten- und Leistungssport. Seit 2012 findet beispielsweise "Jugend trainiert für Paralympics" als regulärer Schulsportwettbewerb statt. Die Bundesregierung fördert das Finale, das gemeinsam mit "Jugend trainiert für Olympia" ausgetragen wird. Zudem schaffen wir Anreize für einen inklusiven Spitzensport. Ein Beispiel war die Weltmeisterschaft im Parakanu im Mai in Duisburg. Dort sind Sportlerinnen und Sportler mit und ohne Behinderungen abwechselnd an den Start gegangen. Auch wenn sie nicht im gleichen Wettkampf antraten: Das war ein Beitrag zu gelebter Inklusion im Sport.

Der Tagesspiegel: Deutschland hat viele Flüchtlinge aufgenommen, von denen einige aufgrund des Krieges körperliche Behinderungen haben. Inwiefern wird dies für die zukünftige Inklusionspolitik relevant? Und welche Bedeutung hat der paralympische Sport in diesem Zusammenhang?

Merkel: Im Nationalen Aktionsplan 2.0 sind konkrete Punkte vereinbart, die die besondere Situation von Flüchtlingen mit Behinderungen verbessern sollen. Entscheidend sind der Abbau von Zugangsbarrieren, zum Beispiel bei Beratungsstellen, und natürlich auch, dass Behörden für die besonderen Belange von Flüchtlingen mit Behinderungen sensibel sind. Der Sport spielt als Motor der Inklusion und der Integration eine besondere Rolle. Auch Flüchtlinge mit Behinderungen können in Sportvereinen ein neues Zuhause finden. Übrigens habe ich es für ein wunderbares Zeichen gehalten, dass bei den Olympischen Spielen in Rio ein Flüchtlingsteam an den Start gehen konnte. Und es ist großartig, dass so ein Team auch bei den Paralympics dabei ist.

Der Tagesspiegel: Möchten Sie dem deutschen Paralympics-Team etwas mit auf den Weg nach Rio geben?

Merkel: Ich wünsche unseren Athletinnen und Athleten spannende und erfolgreiche Wettkämpfe, bei denen sie ihre besten Leistungen zeigen können. Außerdem wünsche ich ihnen eine fröhliche Atmosphäre und ein begeistertes Publikum.

Frau Bundeskanzlerin, wir danken Ihnen für dieses Interview.

Das Interview führte Der Tagesspiegel .