Spielräume für den Haushalt

Regierungserklärung Spielräume für den Haushalt

Vor dem Deutschen Bundestag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel einer Vergemeinschaftung nationaler Schulden eine erneute Absage erteilt. "Wir arbeiten daran, den Teufelskreis aus Schuldenmachen und Regelverstößen zu durchbrechen", sagte Merkel im Vorfeld des Europäischen Rates.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel während der Regierungserklärung am Rednerpult im Bundestag

Die Bundeskanzlerin spricht zur Fiskalpolitik.

Foto: Bundesregierung/Schacht

In ihrer Regierungserklärung warnte die Bundeskanzlerin davor, in der europäischen Staatsschuldenkrise auf schnelle und einfache Lösungen zu setzen. "Es gibt nicht den einen Befreiungsschlag." Vielmehr müsse man die Herausforderung als Prozess von Schritten und Maßnahmen verstehen, der das Übel an der Wurzel packt. Als Ursachen der Krise benannte Merkel "hausgemachte" Probleme, die es zu eliminieren und künftig zu vermeiden gelte: In erster Linie die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit einiger Euro-Staaten, aber auch grundlegende Konstruktionsfehler in der Wirtschafts- und Währungsunion und die massive Staatsverschuldung. Davon, wie diese Staatsschuldenkrise gelöst werde, hänge das Leben künftiger Generationen ab.

Merkel: Vertrauen wiedergewinnen

Verlässlichkeit schafft Vertrauen

Für die Zukunft mahnte sie an, "nichts zu versprechen, was wir nicht halten können und konsequent das umzusetzen, was wir beschlossen haben". Ein solches Handeln sei die Grundlage für Verlässlichkeit, und "Verlässlichkeit ist die Voraussetzung für Vertrauen" - ein hohes Gut, das man seit Gründung der Währungsunion nur zu oft mit Füßen getreten habe.

Um Vertrauen wiederzugewinnen, arbeite die Bundesregierung daran, den Teufelskreis aus Schuldenmachen und Regelverstößen zu durchbrechen. Auch wolle man einen Rechtsrahmen schaffen, der die Euro-Staaten dauerhaft zu soliden Staatsfinanzen verpflichte. Als wichtige Instrumente hierfür nannte sie:

  • die Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts
  • die Unterzeichnung des Fiskalvertrags
  • den künftigen permanenten Krisenbewältigungsmechanismus "ESM".

Die beiden letztgenannten Instrumente sollen am 29. Juni von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Hiervon erhofft sich die Bundeskanzlerin ein starkes Signal der Geschlossenheit und der Entschlossenheit, die europäische Schuldenkrise nachhaltig zu überwinden.

Konsolidierung und Wachstum

Unabdingbar sei ferner die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit als Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum, sagte Merkel. Dieses Ziel haben die Euro-Staaten bereits im März vergangenen Jahres den "Euro-Plus"-Pakt beschlossen. Jetzt sei es wichtig, Wachstum und vor allem Arbeitsplätze zu schaffen, ohne dass dies auf Pump geschehe. Diese Frage werde auch am 28. und 29. Juni wieder im Mittelpunkt der Beratungen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel stehen. "Konsolidierung und Wachstum bedingen einander", betonte Merkel. Dabei gehe es nicht um "Sparen um des Sparens willen". Vielmehr wolle man Spielräume für eine Haushaltspolitik zurück gewinnen, die nicht auf Kosten kommender Generationen gemacht werde.

Pakt für Wachstum und Beschäftigung

Auf dem EU-Gipfel solle dem Fiskalvertrag nun ein kraftvoller Pakt für Wachstum und Beschäftigung an die Seite gestellt werden. Schlüsselelemente bleiben auch hier die Strukturreformen der Mitgliedstaaten für mehr Wettbewerbsfähigkeit. Merkel lobte erste diesbezügliche Erfolge vor allem in Irland und Portugal. Auch Italien und Spanien seien auf einem richtigen Weg.

Mit "EURES" gegen Jugendarbeitslosigkeit

Höchste Priorität habe die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Hier gehe es um Anreize für Unternehmen, Jugendliche auszubilden und einzustellen, damit junge Menschen ohne Beschäftigung schnellstmöglich einen Arbeitsplatz finden könnten. Wichtig sei die grenzüberschreitende Vermittlung arbeitsuchender junger Menschen. Hier spiele das EURES-Programm ("EURopean Employment Services") eine große Rolle, das man auch erweitern und finanziell aufstocken wolle.

Insgesamt wolle sie sich in Brüssel dafür stark machen, EU-Finanzmittel stärker zur Förderung von Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum einzusetzen. Dazu gehöre auch, das Eigenkapital der Europäischen Investitionsbank (EIB) aufzustocken. All diese Maßnahmen sollen die Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen erleichtern und so helfen, Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern. Die genannten Maßnahmen summierten sich auf 130 Milliarden Euro, ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Europäischen Union. Dies sei ein starkes Signal.

Bausteine für stabile Währungsunion

Um die Fehlentwicklungen der Wirtschafts- und Währungsunion zu beheben, hob die Bundeskanzlerin vier wesentliche Elemente hervor. Sie sind auch in einem Bericht enthalten, den der Präsident des Rates zusammen mit dem Präsidenten der Kommission, dem Vorsitzenden der Eurogruppe und dem Präsidenten der Europäische Zentralbank vorgelegt hat. Es gehe um

  • die integrierte Zusammenarbeit der systemrelevanten Banken,
  • eine integrierte Fiskalpolitik
  • einen Rahmen für eine integrierte Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik
  • die demokratische Legitimation einer verstärkten Zusammenarbeit der Euro-Mitgliedstaaten.

Zugleich widersprach Merkel der in dem Bericht dargelegten Auffassung, dass eine Vergemeinschaftung der Haftung Vorrang vor einer gemeinschaftlichen Kontrolle habe. Sie betonte, Kontrolle und Haftung dürften nicht in einem Missverhältnis zueinander stehen: Gemeinsame Haftung könne erst stattfinden, wenn eine ausreichende Kontrolle gesichert sei.

Zu all diesen Aspekten erwartet Merkel in Brüssel kontroverse Diskussionen, zumal sich dabei erneut viele Augen auf Deutschland richten werden. Daher wolle sie wiederholen, dass Deutschland zwar Wirtschaftsmotor und Stabilitätsanker sei, Deutschlands Kräfte jedoch nicht überschätzt werden sollten. Eine Überforderung Deutschlands hätte unabsehbare Folgen für Deutschland und Europa: "Und das werden wir nicht zulassen", sagte Merkel.