Rolle der Zivilgesellschaft schätzen 

Merkel in Budapest Rolle der Zivilgesellschaft schätzen 

Die Kanzlerin hat in Ungarn die Bedeutung der Zivilgesellschaft betont. In einer Demokratie sei es wichtig, die Rolle der Opposition, der Zivilgesellschaft und der Medien zu schätzen, sagte sie nach einem Gespräch mit Ministerpräsident Orbán. Weitere Themen waren die Wirtschaftsbeziehungen und die Ukraine-Krise.   

In der gemeinsamen Pressekonferenz erinnerte Bundeskanzlerin Angela Merkel an die Grenzöffnung zu Österreich vor 25 Jahren. Deutschland sei dem ungarischen Volk besonders dankbar, dass es damals diese Möglichkeit eröffnet und "damit einen wichtigen Eckpfeiler des Weges zur deutschen Einigung" gesetzt habe, erklärte Merkel. "Wir sind heute in Freundschaft und in demokratischen Gesellschaftsordnungen miteinander verbunden", betonte sie nach der Unterredung mit Ministerpräsident Viktor Orbán.

Anschließend ging Merkel auf die wirtschaftlichen Beziehungen ein. Sie glaube, dass die makroökonomische Entwicklung Ungarns in den vergangenen Jahren erfolgreiche Kennzahlen aufweisen könne, so Merkel. Die deutsche Wirtschaft sei froh, dazu einen Beitrag zu leisten. Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Ungarn bezeichnete Merkel als sehr intensiv. Sie glaube, dass viele Arbeitsplätze in Ungarn auch durch deutsche Investitionen geschaffen worden seien. Dies solle sich möglichst weiter so entwickeln.

Wichtige Rolle der Zivilgesellschaft

Ein weiteres Thema der Unterredung war die Entwicklung der Zivilgesellschaften. Auch wenn man - wie der ungarische Ministerpräsident - eine sehr breite Mehrheit habe, sei es in einer Demokratie sehr wichtig, die Rolle der Opposition, die Rolle der Zivilgesellschaft und die Rolle der Medien zu schätzen, betonte Merkel. Und weiter: "Unsere Gesellschaften leben davon, dass sie im Wettstreit miteinander um den besten Weg ringen."

Keine militärische Lösung der Ukrainekrise

Merkel und Orbán sprachen auch über die europäischen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise. Man werde in der europäischen Politik darauf achten, dass man die Energiebezugsquellen diversifiziere. Das setze allerdings voraus, dass Europa einen Energiemarkt bilde. Man müsse weiter an diesem arbeiten, da sich viele Pläne nicht hätten realisieren lassen.

Einig waren sich Merkel und Orbán darin, "dass wir im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland darauf setzen müssen, möglichst schnell einen Waffenstillstand hinzubekommen." Das Minsker Abkommen sei dafür ein guter Ausgangspunkt. Deutschland werde die Ukraine nicht mir Waffen unterstützen, betonte Merkel. Sie sei überzeugt, dass dieser Konflikt nicht militärisch gelöst werden könne.

Merkel unterstrich die Bedeutung der europäischen Einigkeit bei allen Beschlüssen, die man gefasst habe: Europa sei immer dann stark, wenn wir in unserem Vorgehen auch bezüglich aller internationalen Herausforderungen gemeinsam auftreten, so die Kanzlerin. 

Ehrendoktorwürde für die Kanzlerin

Nach Gesprächen mit Vertretern der deutschen Wirtschaft traf Merkel auch mit dem ungarischen Staatspräsidenten János Áder zusammen.

Am Nachmittag wartete noch eine besondere Ehrung auf die Kanzlerin: In der deutschsprachigen Andrássy-Universität, wo sie mit Studentinnen und Studenten verschiedener ungarischer Universitäten sprach, wurde Merkel die Ehrendoktorwürde der Universität Szeged verliehen. Die 1872 gegründete Universität ist eine der größten in Ungarn.

In ihrer Rede unterstrich Merkel die Bedeutung der europäischen Ordnung. Sie finde ihren Gestaltungsraum ganz wesentlich in einer Gesellschaft, in der freie Bürger frei kommunizieren, sich frei von Angst und Zwang einbringen könnten und von der Regierung als Partner verstanden würden. "Diese Form gesellschaftlichen Engagements ist unsere Stärke und die Grundlage unseres Erfolgs, genauso wie eine pluralistische und unabhängige Medienlandschaft", sagte Merkel.

Zum Abschluss ihres Aufenthaltes traf die Bundeskanzlerin in der Großen Synagoge von Budapest mit Vertretern der jüdischen Glaubensgemeinschaften in Ungarn zusammen. Dort legte sie im Beisein von Holocaust-Überlebenden am "Baum des Lebens" einen Stein nieder.

Die Andrássy-Universität ist eine internationale ungarische Universität und die erste und einzige deutschsprachige Universität außerhalb des deutschen Sprachraums. Die AUB bietet unter anderem ein interdisziplinäres Studium der Geschichte, Politik-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an.