Rede von Bundeskanzlerin Merkel zur Eröffnung der Internationalen Tourismus-Börse

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Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, liebe Frau Schwesig,
sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister, lieber Herr Müller,
sehr geehrter Herr Generalsekretär Pololikashvili, Generalsekretär der Welttourismusorganisation,
sehr geehrter Herr Frenzel,
sehr geehrter Herr Göke,
meine Damen und Herren,

ich bin sehr gerne hier mit dabei, bei der Eröffnung der ITB – der weltweit größten Tourismusmesse. Ich bin heute ganz besonders gerne hier, weil das Partnerland, das hier vorgestellt wird, auch meine politische Heimat ist. Ich darf Ihnen verraten: In Mecklenburg-Vorpommern wird gearbeitet, auch wenn wir das ab und zu nicht so sichtbar machen, sondern so, dass sich Gäste gut erholen können. Ich komme aus dem vorpommerschen Teil. Es gibt noch viel über die Unterschiede zwischen Mecklenburg und Vorpommern zu sagen. Zumindest haben sie zwei verschiedene Hymnen.

Aber nun will ich nicht weiter über meine politische Heimat sprechen, sondern mich doch wieder der Welt zuwenden. Denn die weltweit größte Reisemesse hält, was sie selbst mit ihrem Satz „An einem Tag um die ganze Welt“ verspricht: Hier rückt die Welt tatsächlich zusammen. Der Schriftsteller Victor Hugo hatte schon im 19. Jahrhundert ähnliche Erfahrungen gemacht, als er bemerkte: „Die Entfernungen nehmen ab, die Menschen kommen sich näher.“

Heute ist es natürlich einfacher als zu Hugos Lebzeiten, auch weit entfernte Winkel unserer Erde aufzuspüren. In der Tat ist es und bleibt es so: Menschen kommen einander näher. Der frühere Tourismusbeauftragte der Bundesregierung Ernst Hinsken war der Ansicht, dass Tourismus gar die beste Außenpolitik sei. Herr Frenzel, ich kann Sie beruhigen: Nicht nur, dass die Parlamentarische Staatssekretärin der geschäftsführenden Bundesregierung, verantwortlich für Tourismus, Frau Gleicke, heute hier ist; es wird auch wieder einen Tourismusbeauftragten oder eine Tourismusbeauftragte geben. Ansonsten würden wir uns gar nicht in Ihre Nähe trauen.

Meine Damen und Herren, Tourismus ist in der Tat ein ausgezeichnetes Beispiel für die Chancen der Globalisierung. Wir sprechen so oft über Sorgen, aber hier sehen wir wirklich auch Chancen. Tourismus bringt nicht nur Menschen einander näher. Er schafft auch Arbeitsplätze und Existenzgrundlagen. Er ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Es ist hier schon gesagt worden; man mag es kaum glauben: Zehn Prozent der globalen Wirtschaftsleistung entfallen auf den Tourismus. Es gab im Vorjahr weltweit mehr als 1,3 Milliarden Reiseankünfte im internationalen Tourismus. Das zeigt, wie viele Menschen sich auf der Welt begegnen.

Dort arbeiten, wo andere Urlaub machen – diese ökonomische Chance nutzen ja nicht nur wir in Mecklenburg-Vorpommern, in Berlin oder in Deutschland insgesamt, sondern auch immer mehr Entwicklungs- und Schwellenländer. Diese Länder bieten mehr als Sonne, Sand und Strand – eines muss man nämlich sagen: es regnet manchmal in Mecklenburg-Vorpommern – und locken auch mit kulturellen Reichtümern, Traditionen und einzigartigen Naturräumen. Allein aus Deutschland reisen jährlich mehr als elf Millionen Menschen in diese Länder. In der Hälfte der weltweit ärmsten Länder erwirtschaftet die Reisebranche mehr als 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Tourismus hilft also, wirtschaftliche Perspektiven zu eröffnen.

Diese Chance muss im Sinne der Nachhaltigkeit klug genutzt werden. Denn zunehmenden Energie- und Wasserverbrauch, höhere Klimabelastung, Gefahren für die Ökosysteme und die Nichteinhaltung arbeitsrechtlicher Standards dürfen wir nicht aus dem Blick lassen, sondern wir müssen uns um nachhaltige Ziele bemühen. Das ist etwas, worum sich auch die Bundesregierung sehr bemüht. Uns ist die Agenda 2030 eine Verpflichtung – eine Verpflichtung zu nachhaltiger Entwicklung überall auf der Welt.

Es geht auch darum, Menschen und Unternehmen vor Ort in den Tourismus einzubinden und viele Investitionen in das Umfeld der dort das ganze Jahr über lebenden Menschen zu tätigen – in die Landschaftspflege, in touristische Infrastrukturen, in Ausbildung und Beschäftigung. Ich darf Ihnen – wieder auch am Beispiel Mecklenburg-Vorpommerns – sagen: Ohne Tourismus wäre es kaum möglich, kulturelle Reichtümer zu erhalten, zu entwickeln und zu gestalten. Das heißt, hier gehen Tradition und Moderne eng miteinander einher.

Meine Damen und Herren, das Tourismusgewerbe in Deutschland verbucht seit einigen Jahren einen Rekord nach dem anderen. Noch nie gab es so viele Übernachtungen in- und ausländischer Gäste wie im Jahr 2017: Es waren 460 Millionen. Für ein Land mit etwas mehr als 80 Millionen Einwohnern ist das eine stolze Bilanz.

Das kommt nicht von ungefähr. Denn wir bemühen uns um serviceorientierte Hotellerie und Gastronomie. Unser Land kann sich damit, denke ich, sehen lassen. Unser Land ist vielfältig von Nord bis Süd. Es ist sehr bemerkenswert, wie kreativ die Tourismusbranche ihre Angebote entwickelt und sich auf die verschiedenen Reisewünsche der Menschen einstellt. Deutschland ist auch als Tagungs-, Kongress- und Messestandort internationale Spitze. Das sehen wir ja auch an dieser ITB. Der Tourismus in all seiner Vielfalt erweist sich also auch bei uns als ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der Arbeitsplätze schafft und sichert. Knapp drei Millionen Menschen sind im deutschen Gastgewerbe tätig. Sie erwirtschaften einen Jahresumsatz in Höhe von rund 290 Milliarden Euro.

Im Umsatzplus der Branche spiegelt sich auch unsere insgesamt gute gesamtwirtschaftliche Lage wider. Wir hoffen, dass unsere Wirtschaft im Jahr 2018 das neunte Jahr in Folge wächst. Noch nie waren so viele Menschen in Deutschland erwerbstätig. Es gibt aber viele offene Stellen; auch das muss man sagen. Trotzdem können wir sagen: Die Arbeitslosenzahl ist auf dem tiefsten Stand seit der Wiedervereinigung. Das hat natürlich viele positive Auswirkungen, obwohl wir auch noch eine Vielzahl von Problemen zu lösen haben.

Herr Frenzel hat ordentliche Arbeits- und Rahmenbedingungen eingefordert. Wir haben mit der Koalitionsvereinbarung für die nächste große Koalition in der Tat versucht, diesen Erwartungen Rechnung zu tragen und gleichzeitig – das will ich auch sagen – den Menschen zu helfen, die zum Teil geringe Löhne haben. Auskömmliche und gute Arbeitsplätze zu schaffen – auch das ist eine Aufgabe der Tourismusbranche. Für diese Anstrengungen möchte ich mich bei der Branche bedanken.

Meine Damen und Herren, gerade auch strukturschwache Regionen müssen wir in den Blick nehmen, dort den Tourismus entwickeln und Schönheiten erkennbar machen. Wo Strände sind, ist das relativ einfach. Aber auch tiefer im Land, gerade auch in Mecklenburg-Vorpommern, gelingt das zunehmend besser. Wir versuchen auch in das Innere des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit seinen wunderbaren Schlössen, Guts- und Herrenhäusern zu investieren. Konzerte gehören zur Tagesordnung. Das alles ist natürlich wunderbar.

Und ich finde es wunderbar, dass sich Mecklenburg-Vorpommern auf dieser ITB vorstellen darf. Ich möchte mich dafür bedanken und denke, dass die Frau Ministerpräsidentin auch gleich die Aussteller begrüßen wird. Ich werde auch noch kurz dort vorbeischauen, wo sich Mecklenburg-Vorpommern präsentiert. Aber auch diese Präsentation hier ist schon sehr beeindruckend.

Meine Damen und Herren, Tourismus lebt von Weltoffenheit und er belebt Weltoffenheit. Deshalb sind all diejenigen, die im Tourismus engagiert sind, auch Botschafter der Weltoffenheit. Um es mit Oscar Wilde zu sagen: „Reisen veredelt den Geist und räumt mit unseren Vorurteilen auf.“ Davon gibt es leider so viele auf der Welt, sodass wir nur sagen können und sodass ich sagen möchte: Möge diese ITB dazu beitragen, dass es weniger Vorurteile und mehr gute Urteile über die vielen schönen Plätze auf der Welt gibt.

In diesem Sinne erkläre ich die ITB 2018 für eröffnet.