Rede von Bundeskanzlerin Merkel zum Treffen mit BBK, THW und den Hilfsorganisationen im Bereich des Bevölkerungsschutzes am 19. August 2014 in Bonn

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Lieber Herr Bundesminister de Maizière, lieber Thomas,
sehr geehrte Präsidenten und Vizepräsidenten,
liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Deutschen Bundestag und dem Landtag, aber vor allen Dingen grüße ich Sie alle, die Sie heute stellvertretend für Hunderttausende oder besser gesagt Millionen gekommen sind, um hier zu zeigen, was in Ihnen steckt!

Ich grüße Sie und weiß, dass Sie nach der Devise handeln: „Gemeinsam sind wir stark!“ Ich will noch einmal hervorheben: Stark war Ihre Zivilcourage, die Sie etwa während der Hochwasserkatastrophe im vergangenen Jahr bewiesen haben. Ich war damals sehr beeindruckt davon, was Sie in den betroffenen Gebieten geleistet haben, wie Sie geholfen haben, die Not zu lindern und noch Schlimmeres zu verhindern – ob es nun darum ging, Menschen zu helfen, die vom Wasser eingeschlossen waren, sie mit dem Nötigsten zu versorgen, Dämme abzudichten, Keller leer zu pumpen oder schließlich dann auch beim Aufräumen zu helfen. Die schier unglaubliche Hilfsbereitschaft war damals alles andere als selbstverständlich.

Das hat mich in dem Wunsch bestärkt, noch mehr über den Bevölkerungsschutz, den Katastrophenschutz zu erfahren und mich in einer Zeit kundig zu machen, in der nicht gerade der Einsatz im großen Stil gefragt ist, aber natürlich alles vorgehalten wird, was notwendig ist, wenn von einer Stunde auf die andere eine Katastrophensituation eintritt. Deshalb freue ich mich, dass Sie von den Organisationen und Behörden des Bevölkerungsschutzes heute so zahlreich der Einladung gefolgt sind, zum Teil auch von weit her angereist sind und dass Sie sich stellvertretend für die vielen Haupt- und Ehrenamtlichen in ganz Deutschland hier präsentieren.

Sie leisten Großartiges. Ich bitte Sie, wenn Sie wieder nach Hause fahren, das auch weiter zu sagen. Ich freue mich, dass Sie bereit sind, mir von Ihrer Arbeit zu berichten. Und das Ganze ist ja hier auch sehr schön aufgebaut. Ich freue mich, von Ihren Erfolgen zu hören. Ich sage aber ausdrücklich: Sagen Sie auch, wo aus dem Guten noch etwas Besseres werden kann, wo Sie sozusagen der Schuh drückt, denn so ein Besuch soll ja auch dazu führen, dass wir wissen, was Ihnen wichtig ist.

Der Staat unterstützt mit sachlichen oder finanziellen Mitteln. Er hilft durch die Gestaltung geeigneter Rahmenbedingungen. Vieles muss auch in Kooperation von Bund und Ländern geschafft werden. Aber die tragende Säule unseres Zivil- und Katastrophenschutzes ist letztlich das freiwillige Engagement. Deshalb kann man es gar nicht oft genug sagen: Ohne Freiwillige, ohne Ehrenamtliche ist kein Staat zu machen.

Das ist eine der großen Stärken der Bundesrepublik Deutschland. Deshalb denke ich, wenn ich hier bin, an die rund 600.000 freiwilligen Helferinnen und Helfer des Deutschen Roten Kreuzes, des Arbeiter-Samariter-Bundes und Malteser-Hilfsdienstes, der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft und der Johanniter-Unfall-Hilfe, an die etwa 1,1 Millionen freiwilligen Feuerwehrleute und die über 80.000 Freiwilligen beim Technischen Hilfswerk. Allen ist gemeinsam, dass Sie immer da anpacken, wo Not am Mann oder an der Frau ist. Es ist auch ohne Notfälle wichtig und beruhigend zu wissen, dass es Sie gibt und dass Sie jederzeit einsatzbereit sind. Eine flächendeckende Präsenz ist die notwendige Voraussetzung. Ohne ehrenamtliches Engagement wäre diese flächendeckende Präsenz nicht möglich. Deshalb können wir stolz darauf sein.

Es ist im wahrsten Sinne des Wortes unbezahlbar, was Sie in unserer Gesellschaft und für unsere Gesellschaft leisten. Denn neben allem Engagement und aller Zeit muss man sich vor Augen führen, dass Sie sich Gefahren für Leib und Leben aussetzen und das, um anderen in entscheidenden Situationen zu helfen. Jeder Einsatz bringt Einschränkungen und auch ein Stück Verzicht mit sich, denn Unfälle oder Katastrophen nehmen nun einmal keine Rücksicht auf Feierabend oder Freizeitpläne.

Verzicht leisten müssen nicht nur diejenigen, die ehrenamtlich tätig sind, sondern auch die Familien, die Verwandten, die Bekannten, wenn es zum Beispiel um längere Trennungszeiten, aber auch manches abgesagte Vorhaben in der Familie geht. Deshalb ist es auch verständlich, dass manchmal gerade bei den Angehörigen Sorgen mitschwingen. Auf der anderen Seite geben viele, viele Angehörige Ihnen auch Rückhalt. Ich glaube, ohne diese Unterstützung wäre die Dienstausübung noch viel, viel schwieriger. Insofern haben diejenigen, die in den Familien mit dabei sind, auch ein Stück Anteil an dem Erfolg unserer Schutzorganisationen.

Danken möchte ich auch den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, denn die Freistellung von beruflichen Pflichten, das Verständnis dafür ist immer mit einem hohen Maß an Flexibilität verbunden, das von den Kolleginnen und Kollegen aufgebracht werden muss, die man am Arbeitsort hat. Insofern ist das auch ein Markenzeichen unserer Gesellschaft.

Nun will ich aber nicht nur von Einschränkung oder Verzicht reden. Denn auch aus meinen persönlichen Begegnungen weiß ich, dass es vielen Freude macht, anderen Menschen Hoffnung, Hilfe und Beistand zu schenken. Ich glaube, mancher Dank, den Sie empfangen, wiegt dann manche Anstrengung auch wieder auf.

Gemeinnützige Hilfe kennt viele Facetten. Wichtig ist, dass sie deutlich macht, dass es Werte in unserer Gesellschaft gibt, die ganz konkret durch das eigene Handeln umgesetzt werden: Hilfsbereitschaft, Solidarität und soziale Verantwortung. Solche Werte werden in den Organisationen des Bevölkerungsschutzes gelebt – egal, ob bei den Haupt- oder Ehrenamtlichen. Das gute Miteinander von Haupt- und Ehrenamt ist ja auch eines der Geheimnisse des gesamten Erfolges. Denn ohne die Hauptamtlichen geht es nicht.

Wichtig ist, dass wir Nachwuchs haben. Deshalb spielt die Jugendarbeit eine ganz zentrale Rolle. Hier werden durch die Erwachsenen Vorbilder gezeigt, hier werden jungen Leuten Möglichkeiten gezeigt mitzumachen, auch kundig zu werden. Und deshalb ist das eine sehr schöne Aufgabe.

Wichtig und sehr gut ist, dass unsere Organisationen des Bevölkerungsschutzes ein anhaltend hohes Ansehen genießen – hierzulande, aber genauso international. Ob im In- oder im Ausland: Sie, die Sie sich um den Bevölkerungsschutz verdient machen, sind eben auch Botschafter unseres Landes, eines Landes, in dem menschliches Miteinander und Füreinander eine große Rolle spielt. Deshalb möchte ich allen ganz herzlich danken: den freiwilligen Helfern, aber auch denen, die das hauptamtlich machen.

Die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Organisationen und Behörden sind diejenigen, die die professionelle Kooperation in unserem Bevölkerungsschutzsystem organisieren, die eng miteinander zusammenarbeiten, was auch nicht immer einfach ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist ein föderales Gebilde. Ich habe mit dem Bundesinnenminister gerade hier darüber gesprochen, was das Zusammenwirken von Bund und Ländern und die gemeinsamen Aufgaben angeht. Es ist sozusagen eine hohe Kunstfertigkeit, dabei immer die richtigen Antworten zu finden. Wir alle wissen ja: Die Bevölkerung interessiert mit Recht zum Schluss nicht, wer für was zuständig ist, sondern sie will, dass es funktioniert, dass es klappt.

Meine Damen und Herren, das bedeutet, dass das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe konzeptionell arbeitet und das Technische Hilfswerk stärker auf die operativen Aufgaben ausgerichtet ist. Aber wenn sie sich nicht beide ergänzen und auch gut kooperieren, wird das alles gar nichts.

Nun möchte ich noch einmal ganz herzlich den Gastgebern danken, die die heutige Veranstaltung ermöglicht und organisiert haben. Ich vermute, dass eine Menge Mühe und Aufwand damit verbunden waren. Sie dürfen aber davon ausgehen, dass wir das auch weiter tragen werden – sowohl die Abgeordneten als auch die, die für die Bundesregierung heute dabei sind.

Deshalb freue ich mich jetzt auf den Rundgang. Ich bin gespannt auf interessante Gespräche und freue mich, Neues dazuzulernen und neue Eindrücke zu gewinnen.
Herzlichen Dank, dass ich hier sein kann.