Rede von Bundeskanzlerin Merkel bei der Auftaktveranstaltung zum Girls’ Day 2017 am 26. April 2017 in Berlin

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Sehr geehrter Herr Schwaderer,
meine Damen und Herren
und vor allem: liebe Schülerinnen,

es ist eine gute Tradition, dass wir hier im Kanzleramt den bundesweiten Girls’ Day einläuten. Dazu möchte ich Sie heute herzlich willkommen heißen. Denn morgen ist wieder dieser Girls’ Day. Zum 17. Mal öffnen Unternehmen und Forschungsinstitute, Verwaltungen, Verbände und Einrichtungen in ganz Deutschland ihre Türen für Schülerinnen. Das sind also schon 17 Jahre; und von euch sind noch gar nicht alle 17 Jahre alt.

10.000 Angebote für 100.000 junge Mädchen – der Girls’ Day ist also längst ein echter Renner; und das aus gutem Grund. Denn es ist ein Zukunftstag für Mädchen, der eben eine gute Gelegenheit bietet, einmal einen Blick in die Zukunft zu werfen – einen Blick auf spannende Arbeitsfelder und damit vielleicht auch auf die eigene berufliche Zukunft. Ihr könnt Arbeitsbereiche kennenlernen, die ihr vielleicht noch nicht so gut kanntet – Berufsfelder, die auch nicht zu den typischen Mädchenberufen gehören.

Ich war vorgestern auf der Hannover Messe. Das ist die weltweit wichtigste Industriemesse. Auf dieser Messe kann man heute schon Dinge sehen, die morgen die Arbeit bestimmen werden. Sie bietet sozusagen einen Einblick in die Wunder der Technik und wie sich die Dinge ändern. Roboter spielen eine sehr große Rolle, aber keine Roboter, die den Menschen ersetzen, sondern Roboter – oder Cobots, wie sie manchmal auch genannt werden –, die mit dem Menschen kooperieren. Ganz tolle Techniken sind hierfür in der Entwicklung.

Für viele solcher zukunftsträchtigen Entwicklungen spielen die sogenannten MINT-Fächer eine Rolle – also die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technologie. Wir haben einen riesigen Fachkräftebedarf in diesen Bereichen. Das heißt, wer Lust hat, sich da zu engagieren, der hat eine gute berufliche Zukunft vor sich. Es freut uns deshalb, dass auch immer mehr junge Frauen ein Studium in solchen Fächern aufnehmen.

Trotzdem ist es immer noch so, dass viele fragen: Maschinenbau, Elektrotechnik, Physik, Chemie – ist das alles nicht sehr schwierig? Dazu möchte ich eine Physikerin aus der Vergangenheit zitieren, Marie Curie. Ich weiß nicht, ob ihr sie kennt. Habt ihr schon etwas von Marie Curie gehört? Sie hat zum Beispiel das Element Polonium entdeckt. Sie hat also in der Forschung zur Radioaktivität gearbeitet. Sie ist zweifache Nobelpreisträgerin gewesen – für Physik und für Chemie. Sie hatte schon vor einem Jahrhundert eine gute Antwort parat. Sie hat nämlich gesagt: „Man muss nichts im Leben fürchten, man muss nur alles verstehen.“

Alles zu verstehen, ist natürlich nicht so einfach. Dafür muss man Wissen und Bildung in Anspruch nehmen und dann auch selber noch nachdenken. Wenn wir uns fragen, wie es mit dem Wissen und der Bildung von Mädchen heute aussieht, können wir sagen, dass sie im Durchschnitt höhere und bessere Schulabschlüsse haben als Jungen und hervorragend qualifiziert und ausgebildet sind. Nie waren die Chancen besser als heute, sich für einen Beruf zu entscheiden, der gute Entwicklungsmöglichkeiten und auch gute Verdienstmöglichkeiten mit sich bringt.

Viele Frauen zeigen schon, dass sie in ihren Berufen spannende Aufgaben und Führungsverantwortung übernehmen können. Gerade auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels – also der Tatsache, dass es in unserer Gesellschaft mehr ältere und weniger jüngere Menschen gibt –, wird verstärkt Nachwuchs gesucht, weshalb es ganz wichtig sein wird, dass ihr euch für zukunftsfähige Berufe entscheidet. Also, interessiert euch auch für Forschung und Entwicklung, soweit das möglich ist, weil ihr damit auch etwas Gutes für Deutschland tut und dafür, dass unser Wohlstand bestehen und unser Leben weiter ein gutes Leben bleibt.

Wir versuchen in vielfältiger Weise, eine Kultur der Neugierde zu fördern – neben dem Girls’ Day etwa auch mit dem Wettbewerb „Jugend forscht“. Wir bieten viele Einblicke. Auch die Bundesagentur für Arbeit schafft Einblicke. Natürlich verändert sich die Welt auch durch die Digitalisierung. Ihr wisst das ja auch; das Smartphone ist euer täglicher Begleiter. Aber man sollte auch verstehen, was hinter der Digitalisierung steht und was alles an Veränderungen sie mit sich bringt. Deshalb mein Aufruf: Nutzt alle Chancen, nicht nur den heutigen Girls‘ Day.

An dieser Stelle möchte ich auch denjenigen, die diese Chancen bieten, danken – also den vielen Unternehmen, Einrichtungen und Schulen, die sich für den Girls‘ Day einsetzen. Dafür sehr herzlichen Dank. Dieser Dank geht natürlich vor allen Dingen auch an die heute hier vertretenen Unternehmen sowie an Sie, lieber Herr Schwaderer, als Präsident der Initiative D21.

Nun geht es wie in jedem Jahr auch um einen ganz konkreten Gewinn. Ihr gewinnt sowieso etwas, weil ihr heute neue Sachen kennenlernt. Aber es ist auch wieder eine Preisfrage gestellt worden. Die richtige Antwort ist zugleich ein Ticket für einen Ausflug in das FAB Lab Berlin, in dem jeder und jede lernen kann, mit Hightech-Werkzeugen umzugehen. Konkret ist die Gewinnerin mit ihren Mitschülerinnen eingeladen zum Team-Workshop „Wir fertigen ein intelligentes Kleinfahrzeug“. Na, das ist ja eine spannende Sache.

Die Frage lautete: „Wie viel Prozent der Studierenden, die im Wintersemester 2016/17 ein Studium der Ingenieurwissenschaften aufgenommen haben, waren Frauen?“ Die richtige Antwort lautet: haargenau 24,74 Prozent; also nur ungefähr ein Viertel.

Gewonnen hat Sedra Al Muntaha Mustafa. Wer ist das? – Du bist in Damaskus geboren, seit anderthalb Jahren in Deutschland und kommst von der Gustav-Langenscheidt-Schule in Tempelhof-Schöneberg. Du hattest 23 Prozent geschätzt und lagst damit der Lösung am nächsten. Deshalb herzlichen Glückwunsch; und natürlich auch herzlichen Glückwunsch deinen Klassenkameradinnen.