Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich des 
8. Deutsch-Angolanischen Wirtschaftsforums am 7. Februar 2020 in Luanda

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Sehr geehrter Staatspräsident, lieber Herr Lourenço,

sehr geehrte Minister,

Exzellenzen,

meine Damen und Herren,

herzlichen Dank für den freundlichen Empfang und diese doch opulente Menge von Menschen, die hier versammelt sind! Ich freue mich sehr, nach neun Jahren wieder in Luanda zu sein und diesmal gemeinsam mit Ihnen, Herr Staatspräsident, beim Deutsch-Angolanischen Wirtschaftsforum dabei zu sein.

Uns liegt sehr viel daran, die Wirtschaftsbeziehungen unserer beiden Länder weiter zu vertiefen. Das zeigt sich auch an der anwesenden Wirtschaftsdelegation, die mit mir mitgekommen ist und die ja auch gleich im Anschluss einige Verträge unterzeichnen wird. Dass dieses Wirtschaftsforum bereits zum achten Mal stattfindet, zeigt ja auch, dass wir zu einer Kontinuität gekommen sind. Aber man muss ganz einfach sagen: Die Beziehungen sind noch ausbaufähig. Ich glaube und hoffe, dass der heutige Tag auch noch einmal einen qualitativen Sprung in der Abwicklung unserer Kooperation mit sich bringt.

Ich glaube, dass sich angolanische und deutsche Unternehmen sehr gut ergänzen können. Das gilt für den Energiesektor. Sie haben darauf hingewiesen, in welch klarer Abhängigkeit vom Erdöl sich Angola befindet. Deshalb kann ich nur unterstützen, dass man diese Abhängigkeit reduziert und die gesamte Wertschöpfung diversifiziert. Deutschland ist im Bereich der Wasserkraft ‑ auch im Rahmen der Wirtschaftsdelegation, die heute hier ist ‑ sehr gut vertreten. Aber wir sind auch bereit, beim technologischen Aufbau erneuerbarer Energien anderer Art zu helfen, wenn es zum Beispiel um Wind- oder Sonnenenergie geht.

Ich möchte auch sagen, dass es viele weitere Wirtschaftsbeziehungen sehr gut zu entwickeln gilt, zum Beispiel im Transportwesen sowie hinsichtlich Finanzdienstleistungen und Digitalisierung.

Angola ist eines der wenigen Länder in Subsahara-Afrika mit einem mittleren Pro-Kopf-Einkommen. Das verdanken Sie natürlich Ihren reichen Bodenschätzen, insbesondere dem Öl. Aber Sie sind auch ein Land, das mit mutigen Reformen begonnen hat; wir haben das sehr gut verfolgt. Ich glaube, Reformen bieten dann auch eine sehr, sehr gute Grundlage für Wirtschaftsunternehmen, Vertrauen entstehen zu lassen, um in Ihrem Land zu investieren. Ich will nur die Einführung einer Umsatzsteuer nennen. Das ist natürlich ein wichtiges Merkmal. Ich habe auch verstanden, dass es nicht schlecht wäre, wir würden mit dem Doppelbesteuerungsabkommen ein bisschen vorankommen; das würde sicherlich auch manches erleichtern. Ich werde noch einmal mit unserem Finanzminister reden. Sie restrukturieren Unternehmen, privatisieren teilweise die Staatsunternehmen und entwickeln Ideen, wie man vielleicht auch den Wechselkurs liberalisieren könnte. Das wären natürlich auch noch einmal wichtige Zeichen.

Ich finde die Dezentralisierung des Landes und die Schaffung von Selbstverwaltung für die Kommunen sehr mutig.

Natürlich sind wir auch gerne dabei, wenn es um den Ausbau der Infrastruktur geht. Deutschland hat also ein breites Portfolio anzubieten, und wir sind sehr gerne dabei, wenn wir hier auch verlässliche Rahmenbedingungen vorfinden.

Dass Sie den Kampf gegen die Korruption sozusagen eröffnet haben und dass Sie diesen Kampf entschieden führen, ist ein mutiger Schritt, aber, glaube ich, auch ein notwendiger Schritt. Wir müssen auch schauen, dass wir gerade in unserer binationalen Wirtschaftskommission noch einmal über tarifäre und nicht-tarifäre Handelshemmnisse sprechen; denn die können die Beziehungen natürlich auch oft erschweren.

Ich habe heute mit dem Präsidenten über die Frage des „Compact with Africa“ gesprochen. Präsident Lourenço ist sehr gerne bereit dazu, dass Angola das 13. Mitglied dieses „Compact with Africa“ wird. Auch das wird die Investitionsbedingungen noch einmal verbessern und sicherlich auch Unterstützung für die Reformen bieten.

Von entscheidender Bedeutung ist natürlich das Thema der Bildung und Ausbildung. Angola ist ein junges Land. Die jungen Menschen haben große Erwartungen. Deshalb darf ich Ihnen sagen, dass Ausbildung immer ein Markenzeichen deutscher Unternehmen ist. Wo immer sich deutsche Unternehmen im Ausland ansiedeln, bauen sie Ausbildungsstätten und bilden hervorragend aus, und das ist auch immer zum Nutzen der jeweiligen Jugend in dem Land, in dem deutsche Unternehmen tätig sind. Heute wird das ganz besonders mit dem Gründungsabkommen für eine Ausbildungsakademie unterstrichen. Dieses Abkommen wird gleich unterzeichnet werden. Ich glaube, das ist ein wichtiger Schritt. Alles in allem bin ich also heute sehr gerne hier.

Die Afrikanische Union als solche hat sich ja sehr viel vorgenommen. Sie hat im Sommer eine Freihandelszone der Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union für den gesamten afrikanischen Kontinent beschlossen. Wir als Mitglied der Europäischen Union wissen, dass es natürlich ein langer Weg ist, das dann auch wirklich bis zum Ende durchzubuchstabieren. Da, wo es keine Zölle gibt, gibt es dann doch viele kleine nicht-tarifäre Handelshemmnisse, denen man immer wieder hinterherjagen muss. Aber wir sind gerne bereit, Ihnen auf diesem Weg zu einer Freihandelszone auch zu helfen.

Wir werden im Herbst einen EU-Afrika-Gipfel abhalten, also einen Gipfel mit der Afrikanischen Union. Unter der Präsidentschaft Deutschlands wird das im zweiten Halbjahr stattfinden. Ich glaube, wir sollten daran arbeiten, und dann werden wir dort auch gute Beispiele aus den deutsch-angolanischen Beziehungen vortragen können. Das freut mich. Deshalb danke ich den Organisatoren dieser Veranstaltung. Ihnen allen möglichst gute, möglichst praktische Gespräche!

Ich darf Ihnen berichten, dass wir sehr gute Gespräche geführt haben und dass dieser Tag heute die deutsch-angolanischen Beziehungen sicherlich noch einmal gefestigt und gestärkt hat. Herzlichen Dank!