Pressestatement von Bundeskanzlerin Merkel zum Besuch beim Heiligen Stuhl und in der Italienischen Republik am 7. Oktober 2021

BK‘in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass ich heute wieder einmal auf dem Campus Santo Teutonico sein kann, der symbolisch für die jahrhundertealte Verbundenheit zwischen Deutschland und dem Heiligen Stuhl ist.

Wir hatten schon heute Vormittag ein sehr interessantes und wichtiges Programm. Ich habe zuerst das zukünftige anthropologische Institut an der Universität Gregoriana besucht, das sich mit dem Kindesmissbrauch und der Aufarbeitung beschäftigt. Dort hatten wir eine wichtige Diskussion. Ich wollte mit meinem Besuch dort unterstreichen, dass wir glauben, dass die Wahrheit sozusagen ans Licht kommen muss und dass das Thema Kindesmissbrauch aufgearbeitet werden muss. Das hat natürlich heute auch in meinen Gesprächen hier im Heiligen Stuhl eine Rolle gespielt, denn es bedarf ja auch des Vertrauens der Christen, der Gläubigen in ihre Kirche. Deshalb ist das aus meiner Sicht ein sehr wichtiges Projekt, das in den letzten Jahren von deutscher Seite schon mit dem Zentrum für den Kampf gegen Kindesmissbrauch sehr stark befördert wurde.

Es war für mich dann natürlich eine große Ehre und Freude, dem Heiligen Vater, Papst Franziskus, in einer Privataudienz begegnen zu können. Heute Nachmittag werde ich beim Friedenstreffen von Sant`Egidio noch einmal mit ihm zusammentreffen. Wir haben uns natürlich auf der einen Seite über die Situation der Kirche ausgetauscht, aber auch über die politischen Herausforderungen, vor denen wir ganz besonders im Blick auf die Europäische Union stehen ‑ der Heilige Vatter hat jüngst ja auch Länder Osteuropas besucht ‑, aber natürlich auch über die Herausforderungen für die gesamte Welt. Hier haben die Klimakonferenz COP26, die demnächst in Glasgow stattfinden wird, und die Umsetzung des Pariser Abkommens eine große Rolle gespielt. Es ist für mich sehr, sehr wichtig und auch ermutigend, dass auch in der katholischen Kirche das Thema „Bewahrung der Schöpfung“ ‑ Welchen Weg können wir gehen? Welche Möglichkeiten hat auch die katholische Kirche, hier Einfluss zu nehmen? ‑ ein großes Thema ist und vom Heiligen Vater persönlich bearbeitet wird.

Ich glaube, das ist deshalb so wichtig, weil die Antwort der Menschheit auf den Klimawandel eine radikale Veränderung unseres Lebensstils in allen Bereichen bedeutet. Deshalb bedarf es hier wirklich einer großen Überzeugungsarbeit und einer großen Anstrengung, die in alle Bereiche des Lebens hineingeht.

Beim meinem anschließenden Besuch bei Staatssekretär Parolin standen natürlich das Thema der Weltkirche und die Konflikte der Welt auf der Tagesordnung. Wenn wir uns die Welt anschauen, hätte man natürlich weitaus länger über all die Probleme sprechen können, die es gibt, und über die Wege, mit denen wir versuchen, diese zu lösen. Sowohl beim Gespräch mit dem Heiligen Vater als auch beim Gespräch mit dem Staatssekretär ist mir wichtig gewesen, dass das Engagement der Kirche ‑ sei es in Entwicklungsländern, sei es in anderen Teilen der Welt ‑, natürlich von allergrößter Bedeutung ist, eingeschlossen die Hilfsorganisationen wie zum Beispiel die Caritas, die natürlich eine unglaublich wichtige Arbeit leistet.

Deutschland möchte bei der Verbesserung der Situation der Welt natürlich seinen Beitrag leisten ‑ sei es beim Klimawandel, beim Kampf gegen den Verlust von Artenvielfalt oder eben auch bei den Bemühungen um Frieden und humanitäre Hilfe. Das habe ich in den Gesprächen auch immer wieder deutlich gemacht.

In dem Zusammenhang hat auch das Thema Afghanistan noch einmal eine besondere Rolle gespielt, weil wir nach dem Ende der Präsenz westlicher Truppen alles daransetzen müssen, dort nun auch eine humanitäre Katastrophe zu verhindern, was alles andere als einfach sein wird.

Alles in allem ein wichtiger Vormittag. Das wollte ich Ihnen zu dem Verlauf sagen. Danke schön.