Pressestatement von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor ihrem Gespräch mit dem Ministerpräsidenten des Königreichs Norwegen, Herrn Jens Stoltenberg

BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, ich freue mich, heute den norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg bei uns in Deutschland ‑ hier in Meseberg ‑ zu Gast zu haben.

 

Wir haben dieses Treffen lange vereinbart. Wir werden über unsere sehr guten bilateralen Beziehungen sprechen. Wir haben in Deutschland Anteil an den schrecklichen Ereignissen in Norwegen genommen und tun das auch jetzt noch an den Tagen, an denen uns neue Nachrichten erreichen. Wir haben Mitgefühl mit den Menschen in Norwegen gehabt. Aber wir haben auch Hochachtung gehabt, in welcher Art und Weise das norwegische Volk mit dieser schrecklichen Katastrophe umgegangen ist.

 

Wir werden natürlich heute über Europa sprechen. Auch wenn Norwegen kein Mitglied der Europäischen Union ist, ist Norwegen unser Nachbar der Europäischen Union und immer auf das Engste interessiert. Wir haben eine sehr, sehr enge Kooperation. Ich werde unsere Haltung erläutern. Wir werden gemeinsam darüber reden, wie wir die Schuldenkrise, die Vertrauenskrise im Euroraum überwinden können.

 

Wir werden über außenpolitische Fragen sprechen. Gerade Norwegen ist sehr aktiv im Nahost-Friedensprozess und bezüglich der Fragen der Entwicklungszusammenarbeit. Hier gibt es viele Gemeinsamkeiten. Wir werden uns natürlich auch über andere interessante Themen austauschen.

 

Ich freue mich jedenfalls, dass unser Austausch wieder einmal hier stattfindet. Ich erinnere mich gerne an meinen Besuch in Oslo anlässlich der Eröffnung der Oper. Ich glaube, Deutschland und Norwegen sind in Vielem verbunden. Gerade das Thema Energiepartnerschaft spielt eine große Rolle bei unserer gemeinsamen Arbeit. Wir haben hier noch viel vor ‑ von engen Verbindungen über Kabel bis hin zur Energiepartnerschaft bei erneuerbaren Energien. Norwegen ist ein großer Gaslieferant. Auch das wird natürlich eine Rolle spielen.

 

Herzlich willkommen hier bei uns in der Bundesrepublik Deutschland!

 

MP Stoltenberg: (auf Englisch; es erfolgte keine Übersetzung)

 

Frage: Frau Merkel, wir stecken jetzt in der Eurozone in einer tiefen Krise. Wie würden Sie die Lage beschreiben?

 

BK’in Merkel: Ich glaube in der Tat, dass wir in einer schwierigen Situation sind und dass wir politischen Mut brauchen, um in der Eurozone enger zusammenzurücken und unsere politische Gemeinsamkeit deutlich auszudrücken. Deshalb wollen wir begrenzte Vertragsänderungen unserer Arbeitsgrundlage nur für die Euro-Mitglieder, damit wir das Vertrauen der Märkte wiedergewinnen. Es muss Inhalt dieser Vertragsänderung sein, dass unser Stabilitäts- und Wachstumspakt, der unsere gemeinsame Grundlage ist, auch eingehalten wird. Bisher gab es 60 Verstöße. Die Länder haben sich weiter verschuldet. Es ist zu wenig passiert. Dieses Vertrauen müssen wir wiederherstellen.

 

Gleichzeitig gibt es Sicherungsmaßnahmen. Wir wollen dazu beitragen, dass wir uns abschirmen. Es wird sehr deutlich sein, dass Deutschland mit aller Entschiedenheit dafür eintritt, dass die Eurozone als Ganzes stabil wird und wieder Vertrauen auf den Weltmärkten gewinnt.

 

Frage: Frau Bundeskanzlerin, was erwarten Sie in der Hinsicht von Norwegen, das ja nicht Mitglied der Eurozone und der Europäischen Union ist?

 

BK’in Merkel: Ich erwarte nichts Besonderes, sondern das, was wir immer machen: eine enge Zusammenarbeit. Obwohl Norwegen nicht Mitglied der Europäischen Union ist, ist es, wie der Premierminister eben gesagt hat, sehr dicht an den europäischen Binnenmarkt angeschlossen. Deshalb werden wir überlegen, was richtig und gut ist, um Wachstum zu generieren, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und Jobs zu schaffen, wie es der Ministerpräsident auch gesagt hat. Wir werden uns sicherlich auch darüber austauschen, welche Möglichkeiten Norwegen sieht, um wieder das Vertrauen der Märkte in den Euro herzustellen.

 

Frage: Frau Bundeskanzlerin, können Sie Ihrem Kollegen aus Norwegen denn schon Einzelheiten darüber erzählen, was Sie zusammen mit Herrn Sarkozy entwickelt haben, um die Eurozone zu stärken?

 

BK’in Merkel: Ich werde dem norwegischen Ministerpräsidenten sicherlich ausführlich berichten. Aber wir haben noch den Europäischen Rat am 8. und 9. Dezember vor uns. Dazu gehören nicht nur Frankreich und Deutschland, die auch noch überlegen, welche Vorschläge sie unterbreiten werden, sondern 17 Mitgliedstaaten in der Eurozone und 10 Staaten, die nicht in der Eurozone sind.

 

Ich finde wichtig, dass heute erst einmal Beschlüsse zu der EFSF gefasst wurden. Ich hoffe, dass es bald zu einem Abschluss der Rekapitalisierungsvorschriften für die Banken kommt. Ich hoffe, dass die freiwillige Umschuldung von Griechenland vorankommt. Ich denke, es geht jetzt vor allen Dingen darum, den Märkten auch zu zeigen, dass wir Ergebnisse zeigen und nicht zu viele Ankündigungen machen. Deshalb werden wir das zwar bilateral besprechen, aber ansonsten müssen Sie bis zum Europäischen Rat am 8. und 9. Dezember warten.