Pressestatement von Bundeskanzlerin Angela Merkel am 13. April in Washington

Meine Damen und Herren, Präsident Obama hat zu einem außerordentlich wichtigen Gipfel hier nach Washington eingeladen, nämlich hinsichtlich der Bedrohung durch eine nukleare Bombe oder radiologische Quellen, die im 21. Jahrhundert im Bereich der asymmetrischen Konflikte von großer Bedeutung sein könnte. Das ist ein Thema, dem wir uns hier widmen und bezüglich dessen es eine große Entschlossenheit der über 40 Teilnehmerstaaten gibt, diesem Thema mehr Aufmerksamkeit zu schenken und in den nächsten Jahren auch die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, um so etwas zu verhindern.

Ein Beispiel für ein ungelöstes Problem ist zum Beispiel, wenn Staaten, die über Kernwaffen verfügen, solche Produkte an terroristische Organisationen weitergeben würden. Hierfür gibt es bis jetzt keine rechtliche Grundlage, zum Beispiel in Bezug auf den Internationalen Strafgerichtshof. Deshalb müssen wir daran arbeiten, solche rechtlichen Grundlagen zu schaffen.

Deutschland hat sich in die Vorbereitung dieser Konferenz sehr intensiv eingebracht. Wir haben den Blick auch noch einmal auf die vielen radiologischen Quellen gelenkt, die es in der Industrie und im medizinischen Bereich gibt und aus denen auch schmutzige Bomben entstehen könnten. Auch diesbezüglich werden wir in den nächsten Jahren einen besseren Überwachungsmechanismus entwickeln.

Diese Konferenz ist ein erster, wichtiger Schritt, um auf neue, bisher unbekannte Bedrohungen zu reagieren. Wir haben mit der Unterschrift unter das START-Abkommen durch die Vereinigten Staaten von Amerika und Russland gesehen, dass im Bereich der Abschreckungskapazitäten von Nuklearwaffen viel passiert ist. Ähnliches muss jetzt gelten, wenn es um asymmetrische Bedrohungen der Zukunft geht.

Ich bin mit dem Verlauf bislang sehr zufrieden. Am Rande dieser Konferenz finden natürlich auch Gespräche über mögliche Sanktionen gegenüber dem Iran statt, auch gestern Abend vonseiten der amerikanischen Außenministerin und der Vertreter der E3+3-Staaten, also auch Deutschland. Es gibt hoffnungsvolle Anzeichen dafür, dass auch mit China und mit Russland, die bisher bekannterweise zurückhaltender waren, Gespräche weitergeführt werden. Ich glaube, dass die Zeit drängt und dass wir diesbezüglich in den nächsten Wochen Erfolge sehen und Fortschritte erleben sollten. Aber ich glaube, auch hier sind die Signale eher optimistisch als pessimistisch.

FRAGE: Wie verhalten sich denn, Frau Bundeskanzlerin, die Länder, die Atomwaffen besitzen, aber dem Sperrvertrag nicht angehören, die also Alleingänge einschlagen könnten, wenn sie wollten?

BK'IN MERKEL: Ich glaube, die Tatsache, dass hier sehr viele Länder anwesend sind, zeigt, dass sich alle der Gefährdung bewusst sind und dass sich alle zu einem verantwortungsvollen Umgang bekennen. Ich denke, das Ergebnis dieser Konferenz muss sein, dass die Rolle der Internationalen Atomenergiebehörde gestärkt wird und dass die entsprechenden UN-Konventionen, die es in diesem Bereich gibt, besser ausgefüllt und auch präzisiert werden. Aber ich habe gestern Abend, als wir die Bedrohung diskutiert haben, sehr stark gespürt, dass die Verantwortung und auch die Klarheit über die Gefährdung doch wachsen und von allen geteilt werden.

FRAGE: Wie tritt hier denn Pakistan auf, das ja als eines der Sorgenkinder gilt, bzw. wie wird es in der Runde behandelt?

BK'IN MERKEL: Pakistan hat sich hier bis jetzt sehr eindrücklich eingebracht und sich auch ganz klar zu einem klaren Überwachungsregime sowie zu einem verantwortlichen Umgang bekannt. Ich habe auch persönlich mit dem pakistanischen Premierminister gesprochen und denke, dass sich Pakistan in die internationalen Bemühungen einreihen möchte.

FRAGE: Wie bewerten Sie die Äußerung von Herrn Sarkozy, dass Frankreich genug abgerüstet habe und keine weitergehenden Schritte unternehmen wolle?

BK'IN MERKEL: Ich denke, dass der französische Präsident darauf hinweisen möchte, dass die Verteilung der Kernwaffenarsenale doch noch sehr unterschiedlich ist. Er hat ‑ wie wir alle ‑ den START-Vertrag begrüßt, glaubt aber, dass zum Beispiel bei den taktischen Nuklearwaffen weitere Verhandlungserfolge erzielt werden müssen. Ich denke, so werden auch die Prioritäten gesetzt.

Ein wichtiger Punkt war hier heute noch das Bekenntnis der Ukraine, seine Kernwaffenkapazitäten schrittweise zu internationalisieren, also aus dem Land zu nehmen. Das ist, wie ich finde, ein sehr bemerkenswerter Schritt des ukrainischen Präsidenten, mit dem ich gestern auch die Gelegenheit zu sprechen hatte und den ich gerne nach Berlin eingeladen habe; denn ich hoffe, dass die Ukraine in Zukunft eine stabilere Entwicklung nehmen wird.