Pressekonferenz zum Münchener Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft

Sprecher: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Alexander Legowski, Dieter Hundt, Otto Kentzler, Ulrich Grillo

Legowski: Einen schönen guten Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein herzliches „Grüß Gott“ aus München! Das Spitzengespräch am Rande der Internationalen Handwerksmesse hat stattgefunden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit den Präsidenten der vier Spitzenverbände BDA, BDI, DIHK und ZDH gesprochen. - Eine kurze Zusammenfassung möchten Frau Merkel und Präsident Hundt von der BDA geben. Bitte schön!

Hundt: Meine sehr verehrten Damen, wir haben heute im Rahmen dieses Austausches mit der Bundeskanzlerin ein sehr gutes Gespräch geführt. Wir haben erfreulicherweise feststellen können, dass in vielen Punkten Übereinstimmung besteht. Aus unserer Sicht ist unverändert die Lösung der europäischen Staatsschuldenkrise ein zentrales Problem, eine zentrale Aufgabe. Die deutsche Wirtschaft unterstützt nachdrücklich den Kurs von Frau Merkel. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass dieses die richtige Position war und nach unserer Überzeugung auch für die Zukunft bleiben wird.

Die Krise legt derzeit offensichtlich eine gewisse Pause ein. Wir stimmen aber trotzdem darin überein, dass die Krise mit Sicherheit noch nicht überwunden ist und die Probleme bei weitem nicht gemeistert sind.

Wir brauchen eine entschiedenere Haushaltskonsolidierung und mehr Strukturreformen in allen EU-Staaten. Die Reduzierung der Staatsverschuldung und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit bleiben unverändert wichtige Aufgaben. Das gilt auch für Deutschland, wo wir ja im kommenden Jahr einen strukturell ausgeglichenen Bundeshaushalt erreichen wollen. Wir begrüßen dieses und sind der Meinung, dass das Ziel vielleicht vor dem Hintergrund sprudelnder Steuerquellen und unverändert guter Beitragseinnahmen noch etwas ambitiöser sein dürfte.

Wir haben ganz kurz die Steuerpläne von SPD und Grünen angeschnitten, obwohl dieses naturgemäß nicht ein Diskussionsthema mit der Bundeskanzlerin sein kann. Unabhängig davon, ob es sich um die Wiedererhebung der Vermögenssteuer oder eine Verschärfung der Erbschaftssteuer handelt: Dieses sind enorme zusätzliche und schwer beziehungsweise nicht verkraftbare Belastungen, insbesondere für die mittelständische Wirtschaft, weil nicht verhindert werden kann, dass auch Betriebsvermögen betroffen werden, was dann zur Reduktion von Investitionen und zu einer Einschränkung von Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung führen wird. Was wir vielmehr benötigen, ist eine Vereinfachung unseres Steuersystems. Wir haben die Bundeskanzlerin dringend darum gebeten, dass dieses auch in der nächsten Legislaturperiode mit hoher Priorität auf der Agenda bleiben wird.

Es gibt einen weiteren Punkt, der die Wirtschaft mit zunehmender Sorge begleitet. Das sind international wettbewerbsfähige Energiepreise bei gleichzeitiger Versorgungssicherheit. Dieses ist für unsere Unternehmen ein existenzieller Punkt. Wir haben diskutiert, dass in den zurückliegenden Monaten die Strompreise wieder beträchtlich und besorgniserregend angestiegen sind - insbesondere wegen der drastischen Zunahme der EEG-Umlage. Uns besorgt natürlich besonders die aktuelle Diskussion über eine mögliche Reduktion der Rabatte für die energieintensive Wirtschaft, für die energieintensiven Unternehmen.

Wir empfehlen dringend, das Projektmanagement der Energiewende zu verbessern. Der Neubau von Leitungen, Speicher und Kraftwerkskapazitäten ist nach unserer Beurteilung in Verzug. Darüber hinaus sollten die Anreize für Energieeffizienz für Privathaushalte und die Wirtschaft weiter im Auge behalten werden. Sie sind ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg der Energiewende.

Natürlich konnte ich, nachdem ich heute die Federführung aufseiten der Wirtschaft habe, nicht umhin, eines der für mich ganz besonders wichtigen Themen anzuschneiden: Das ist die gesetzliche Regelung der Tarifeinheit. Ich weiß - und habe dies auch bestätigt -, dass die Frau Bundeskanzlerin offen für diese gesetzliche Tarifeinheit ist - im Übrigen genauso wie der Bundeswirtschaftsminister. Trotz aller In-Aussicht-Stellungen sind wir bei dem Thema bisher aber nicht vorangekommen. Ich kann nur jede Gelegenheit nutzen, erneut darauf aufmerksam zu machen, dass wir handeln müssen, wenn wir unsere Tarifautonomie, die sich über sechs Jahrzehnte und mehr insgesamt hervorragend bewährt hat und um die uns das Ausland beneidet, nicht verwässern oder gar gefährden wollen und wenn wir die ständig zunehmende Gründung weiterer Spartengewerkschaften und insbesondere auch tarifeinheitswidrige Streiks dieser Spartengewerkschaften in der Zukunft verhindern wollen.

So viel von mir. - Herzlichen Dank!

BK’in Merkel: Herzlichen Dank, Herr Hundt. - Sehr geehrte Präsidenten, ich bin gerne wieder zu diesem Austausch auf die Handwerksmesse nach München gekommen; das ist eine jährliche Möglichkeit, mit Ihnen allen aus den unterschiedlichen Perspektiven der kleineren und größeren Unternehmen in Deutschland zu diskutieren.

Die Themen, die wir diskutiert haben, sind von Herrn Hundt genannt worden. Was die europäische Entwicklung anbelangt, ist es in unserem zentralen Interesse - sowohl, was die Wirtschaft anbelangt, als auch, was die Politik anbelangt -, dass wir einen stabilen, sicheren Euro haben. Er hat vielerlei Vorzüge für die deutsche Wirtschaft als große Exportnation. Er muss aber auf solidem Fundament gebaut sein, und das heißt: nachhaltige Haushaltskonsolidierung, gekoppelt natürlich möglichst mit wirtschaftlichem Wachstum. Dieses Wachstum muss allerdings auch ganz wesentlich durch Strukturreformen, die durchgeführt werden, entstehen; ansonsten wird dieses Wachstum nicht nachhaltig sein. Darüber gibt es eine breite Übereinstimmung.

Es ist richtig, dass die Bundesregierung die Schuldenbremse, die wir eigentlich erst 2015 einhalten müssen, jetzt schon im Jahre 2013 einhalten wird und dass wir uns für 2014 ein ambitioniertes Ziel gesetzt haben, nämlich einen strukturell ausgeglichenen Haushalt. Wenn man bedenkt, dass wir zu Beginn der Legislaturperiode noch einen Haushalt vorgefunden haben, der um die 80 Milliarden Euro Neuverschuldung beinhaltet, dann sieht man, welche Wegstrecke wir - natürlich auch dank des Wachstums - zurücklegen konnten. Die gute Situation der deutschen Wirtschaft und auch die guten Leistungen, die während der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise durch die Wirtschaft, durch die Tarifpartner erbracht wurden, haben uns hier sehr geholfen.

Die Beschäftigungslage ist gut, aber das Thema Fachkräftemangel spielt eine Rolle. Das heißt, wir dürfen nicht nachlassen - das habe ich gestern bei Internet-Unternehmen gesagt -, wenn es darum geht, eine Willkommenskultur zu zeigen. Wir haben die sogenannte Blue-Card-Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt und müssen jetzt noch die Anerkennung der Berufsabschlüsse von Menschen aus anderen Ländern abschließen - hierzu hat die Bundesregierung auch ein wichtiges Gesetz verabschiedet. Dieses Thema wird uns in den nächsten Jahren begleiten. Deshalb muss die Mobilität auf dem europäischen Arbeitsmarkt erhöht werden und möglichst in vielen Ländern duale Ausbildung eingeführt werden. Über die Bedeutung der dualen Ausbildung waren wir uns auch absolut einig.

Wir haben über das Thema Energie gesprochen, das ich gestern mit Herrn Driftmann und Herrn Grillo in einem größeren Kreis besprochen habe. Wir werden das am 21. März auch noch einmal mit den Ministerpräsidenten besprechen.

Ich glaube, dass die Arbeitsstruktur, in der wir die Energiewende bewerkstelligen können, vorhanden ist. Es muss eben jeder seinen Part erfüllen. Es muss für bestimmte gesetzliche Änderungen auch zu parlamentarischen Mehrheiten kommen.

Ich halte die Strompreisbremse, die der Bundesumweltminister und der Bundeswirtschaftsminister vorgeschlagen haben, für einen ersten guten Ausgangspunkt für eine Diskussion des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Wir brauchen hier Veränderungen, wenn wir nicht die Kostensteigerung zu hoch werden lassen wollen.

Was das Thema Tarifeinheit anbelangt, so werde ich nach wie vor für Mehrheiten werben. Ich halte es für gerechtfertigt, dass Herr Hundt an dieses Thema immer wieder erinnert. Die Zersplitterung der Tariflandschaft ist ein neues Phänomen; das gab es über Jahrzehnte in der Bundesrepublik nicht. Daran, wie wir darauf genau reagieren, haben wir noch zu arbeiten.

Danke schön für die Möglichkeit des Gesprächsaustausches!

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Sie haben eben gerade von der Strompreisbremse gesprochen. Ich möchte noch einmal auf einen Punkt, der gestern ein großes Thema war, zurückkommen, nämlich dass Sie für die stromintensiven Betriebe die Subventionierung aufgrund der EU und des Gerichtsurteils infrage stellen. Was können Sie dem Mittelstand, den kleineren Unternehmen und auch hier den Handwerkern auf der Messe sagen? Sie leiden ja auch erheblich unter starken Strompreissteigerungen.

BK’in Merkel: Was in der Diskussion ist, sind zwei Dinge: Das ist erstens die Erneuerbare-Energien-Umlage, und zweitens sind das Netzentgelte, die bezahlt werden müssen. Wir wollen für die Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, sicherstellen, dass sie durch die Gesetzgebung zu den erneuerbaren Energien nicht zusätzlich belastet werden. Wir müssen schauen, ob unsere Befreiungsregelungen so trenngenau sind, wie es notwendig ist, oder ob es auch Betriebe gibt, die heute profitieren und die vielleicht nicht so stark im internationalen Wettbewerb stehen.

Die Europäische Kommission hat in einer anderen Sache gegen uns ein Beihilfeverfahren eröffnet. Dabei geht es um die Netzentgelte. Davon sind energieintensive Unternehmen in Deutschland auch zum Teil befreit. Hier gibt es Klagen anderer Länder, die sagen: Unsere energieintensiven Unternehmen -so zum Beispiel in Holland- müssen doch auch Netzentgelte bezahlen. Warum dürfen sie in Deutschland befreit werden?

Das müssen wir mit der Europäischen Kommission bereden. Der Bundeswirtschaftsminister wird sowieso noch eine Änderung der Netzentgeltverordnung vornehmen.

Der dritte Punkt ist, dass auch ein deutsches Gericht an dieser Netzentgeltfrage etwas zu monieren wusste. Wir werden jetzt analysieren, was dafür die Grundlage ist. Dann werden wir versuchen, darauf zu reagieren.

Was kann ich den Handwerkern sagen? Ich kann sagen, dass wir eine Veränderung des Erneuerbare-Energie-Gesetzes wollen - Stichwort Strompreisbremse - und bitten, dass wir darin unterstützt werden, dass es eine gesetzliche Änderung gibt. Wir brauchen dafür die notwendigen Mehrheiten.

Zweitens kann ich sagen, dass wir alles daran setzen, um die Energieeffizienz zu verbessern. Wir haben leider vergeblich dafür gekämpft, dass die Gebäudesanierung steuerlich so gestellt wurde, dass wir den volkswirtschaftlichen und individuellen Mehrwert für mehr Energiesanierung gehabt hätten. Allerdings hat die Bundesregierung, weil sie die Zustimmung der Länder nicht bekommen hat, ein anderes Programm aufgelegt. Das ist nicht so wirksam, aber auch ein wichtiger Schritt.

Das sind die Beiträge, die ich im Augenblick leisten kann. Ansonsten müssen wir alle Kraft darauf verwenden, das Erneuerbare-Energien-Gesetz so zu verändern, dass wir die Strompreisbremse bekommen.

Frage: Frau Merkel, ich habe eine Frage zu einem anderen Thema, zu Herrn Mehdorn. Glauben Sie, dass Herr Mehdorn die Pannenserie am neuen Berliner Flughafen in den Griff bekommen und beenden können wird?

BK’in Merkel: Die Aufgabe, die Herrn Mehdorn übernehmen wird, ist ja eine, die durchaus komplex ist. Einer alleine wird das nicht schaffen. Aber ich wünsche mir, dass jetzt mit neuem Schwung geschaut wird, wo die Schwierigkeiten liegen, die zu überwinden sind, und dass im Sinne einer guten Projektsteuerung alles auf den Tisch kommt, was verbessert werden muss. Berlin braucht einen Flughafen, und insofern müssen wir alles daran setzen, dass dieser Flughafen möglichst schnell fertig wird. Ich kann nur jedem, der an dem Projekt mitarbeitet, eine glückliche Hand wünschen.

Frage: Frau Merkel, wie lautet denn die Botschaft der Frau Bundeskanzlerin zu diesem Internationalen Frauentag, vor allem vor dem Hintergrund zweier politischer Themen, die auch in Ihrer Partei diskutiert werden, zum einen der Frauenquote und zum anderen - aufseiten der Arbeitgeber - das Thema Equal Pay, das ja ein Thema ist, das viele bewegt?

BK’in Merkel: Für wen fragen Sie?

Zusatz: N24.

BK’in Merkel: Der Internationale Frauentag erinnert jährlich daran, dass wir auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung noch einen Weg zu gehen haben. Nach meiner festen Auffassung ist die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie dabei ein Schlüssel. Deshalb ist es gut, dass die Bundesregierung den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab dem 1. August nicht nur ins Gesetzblatt geschrieben hat, sondern sich auch mit erheblichen finanziellen Mitteln an der Realisierung dieses Rechtsanspruchs beteiligt. Wir werden durch die bessere Kinderbetreuung eine sehr viel bessere Möglichkeit für Frauen bekommen, auch am Erwerbsleben teilzunehmen. Das gilt insbesondere für Alleinerziehende, für die die Ungerechtigkeiten heute noch sehr stark sind.

Was die gleiche Bezahlung anbelangt, so haben wir die Aufgabe, weiter daran zu arbeiten. Es geht zum einen um die Frage: Sind Frauenberufe ähnlich gut bezahlt wie Berufe, in denen vor allen Dingen Männer tätig sind? Meine These ist: Je mehr Frauen es bei uns in klassischen Männerberufen und je mehr Männer es in klassischen Frauenberufen gibt, umso größer wird der Druck sein, sich anzugleichen. Das Zweite ist, dass es natürlich total inakzeptabel ist, wenn Frauen in gleicher Position nicht den gleichen Lohn bekommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in der Wirtschaft gewünscht ist. Ich kann Frauen auch nur ermutigen, wenn sie in Leitungspositionen sind, ihre Forderungen mutig zu stellen, ähnlich couragiert wie Männer. Dort, wo wir rechtlich helfen können - ich will das jetzt nicht auf die einzelne Frau abschieben -, werden wir es tun. Aber das Thema wird, glaube ich, in der Wirtschaft auch so gesehen, dass eine Frau für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn bekommen muss.

Dann brauchen wir sicherlich Fördermechanismen. Ich finde, das, was unsere Frauen- und Familienministerin mit der Selbstverpflichtung der Unternehmen macht - also zu sagen, dass wir gegen Ende des Jahrzehnts einen Frauenanteil von 30 Prozent oder 40 Prozent auch in Aufsichtsräten brauchen -, ist ein richtiges Unterfangen. Ich sage auch: Wenn es uns nicht gelingt, das auf dem freiwilligen Weg zu schaffen, dann wird die Gefahr hinsichtlich der Möglichkeit, dass wir gesetzlich handeln müssen, steigen. Denn wir als Bundesrepublik sind jetzt, wenn man einmal überlegt, schon sehr alt, weit über 60, und man könnte jetzt langsam auch einmal dazu kommen, dass auch in Aufsichtsräten mehr Frauen sind. Ich sehe eine positive Entwicklung in der Wirtschaft, aber das kann alles noch beschleunigt werden.

Kentzler: Weil wir ja hier auf der Handwerksmesse sind, passt das, glaube ich, ganz gut dazu: 20 Prozent aller Meisterprüfungen werden im Moment von Frauen abgelegt, und 25 Prozent aller Gründungen im Handwerk gehen auch auf Frauen zurück. Ich glaube also, dass wir das Prinzip der Gleichberechtigung in unserem Bereich schon sehr stark verankert haben.

BK’in Merkel: Ist das in den letzten Jahren mehr geworden?

Kentzler: Ja, es ist mehr geworden.

Hundt: Darf ich das, was die Frau Bundeskanzlerin gesagt hat, mit einem Satz ergänzen? Ich versichere Ihnen: Von wenigen Ausnahmen abgesehen - das sind die schwarzen Schafe, die es bedauerlicherweise überall gibt -, wird eine Frau in den Unternehmen für die gleiche Tätigkeit gleich bezahlt, wie ein Mann. All diese Statistiken, die da herangezogen worden sind, sind methodisch verzerrt, weil sie die unterschiedliche Beschäftigung, die unterschiedlichen Berufe und dergleichen mehr nicht berücksichtigen.

Grillo: Wenn wir über Statistiken reden, vielleicht ganz kurz auch zu den DAX-Konzernen: Frau Bundeskanzlerin, die Besetzung der Aufsichtsräte (mit Frauen) hat in den letzten zwei Jahren eine Quote von 40 Prozent erreicht. Auch bei den großen Konzernen passiert also etwas; das sei nur angemerkt.

BK’in Merkel: Das ist schon einmal etwas, dass die Besetzungsquote 40 Prozent betrug; ich habe das schon verstanden. Aber wenn man halt bei 2 Prozent startet und (die Besetzungsquote) 40 Prozent beträgt, dauert es eine Weile, bis man (absolut) bei 40 Prozent ankommt.

Hundt: Aber wir können die anderen eben schlecht entsorgen!

BK’in Merkel: Ich habe ja gesagt: Ich setze weiter darauf, dass wir vorankommen. Ich sehe auch Fortschritte. Aber wenn man einmal überlegt, wie lange das gedauert hat, dann kann ich auch die Ungeduld mancher verstehen.

Frage: Beim Blick aufs Podium: Herzlichen Glückwunsch zum Weltfrauentag!

BK’in Merkel: Ich fühle mich angesprochen!

Zusatzfrage: Die Bundesvereinigung Bauwirtschaft hat gestern davon gesprochen, dass der Wohnungsbau, die Schaffung von neuen Wohnräumen und die zu hohen Mieten zum Wahlkampfthema der Bundestagswahl 2013 werden sollte. Ich hätte ganz gerne gewusst, wie Sie dazu stehen.

Am Montag haben Sie im Rahmen der CeBIT-Eröffnung eine Gründungskultur in Deutschland und in Europa gefordert. Wo sehen Sie das Handwerk dabei?

BK’in Merkel: Das Handwerk sehe ich dabei ganz weit vorne. Das Handwerk - Herr Kentzler hat es ja eben gesagt - ist, was Gründungen anbelangt und was auch Familientraditionen anbelangt, sehr gut.

Bei der CeBIT ging es vor allem auch um die Fortsetzung der deutschen Gründungskultur im Bereich des Internets. Dabei geht es auch sehr stark darum, dass die Rahmenbedingungen für diese spezielle Branche so sind, dass man international mithalten kann. Das hat etwas mit Private-Equity-Kapital und Ähnlichem zu tun. Die Bundesregierung hat einen Gründerfonds eingerichtet, damit wir hierbei auch schrittweise vorankommen. Das hat zum Teil auch etwas mit Mentalitäten zu tun. Gerade im Internet-Bereich muss man damit rechnen, dass jemand auch einmal Misserfolg hat, um dann neu einzusteigen. Ich hoffe, wenn ich mir das gestern in Berlin angeschaut habe, dass wir hierbei vorankommen, und ich kann mir neben Berlin auch andere deutsche Städte vorstellen, in denen sich eine solche Gründungslandschaft sehr gut herausbilden könnte.

Wir müssen die Fähigkeiten, die wir traditionell erworben haben, mit den Fähigkeiten im Internet-Bereich kombinieren, weil das ja dann auch diese sogenannte „Industrie 4.0“ ausmacht. Es geht also um möglichst viel Gründungselan, und wir haben dafür eine ganze Reihe von Förderinstrumenten.

Zur ersten Frage: Es gibt sozusagen gegenläufige Tendenzen in Deutschland. Wir haben Regionen mit fallenden Mietpreisen, und wir haben Regionen, die wirtschaftlich sehr erfolgreich sind, in denen die Mietpreise steigen. Das ist eine riesige Herausforderung, gerade für junge Leute. Deshalb muss man überlegen: Wie kann man die Rahmenbedingungen so verbessern, dass mehr Wohnungen gebaut werden? Es ist ganz wichtig, dass man jetzt nicht etwas macht, das dazu führt, dass zum Schluss weniger Wohnungen gebaut werden, weil sich diejenigen, die investieren könnten, vielleicht aus Investitionen zurückziehen. Aber dort, wo der Staat fördernd eingreift, muss sichergestellt werden, dass Wohnungen auch in dem Segment gebaut werden, in dem sie gebraucht werden. Es gibt zum Teil sehr viele hochpreisige Wohnungen, und es gibt nicht das, was zum Beispiel Berufsanfänger oder junge Akademiker mit Familie brauchen. Wir werden uns sehr zielgenau Gedanken darüber machen, was an Förderung unternommen werden kann.

Frage: Ich habe noch zwei Fragen. Zum einen haben Sie gesagt, dass beim Erneuerbare-Energien-Gesetz Änderungen her müssen, damit die Stromkosten nicht noch mehr steigen. Die Strompreisbremse war eines der Stichworte. Schwebt Ihnen noch etwas anderes vor, bei dem man ansetzen könnte?

Der zweite Punkt ist der Pannenflughafen in Berlin. Der Flughafen selbst hat heute keinen neuen Eröffnungstermin genannt. Trotzdem frage ich: Halten Sie es für realistisch, dass der letztgenannte Termin haltbar bleibt?

BK’in Merkel: Ich verweise auf die Pressekonferenz, die zum Berliner Flughafen durchgeführt wurde. Es ist sicherlich nicht sinnvoll, jetzt von München aus Zusatzinformationen zu geben, die ich gar nicht habe. Alles, was in Berlin gesagt wurde, kann gesagt werden. Ich kann nur sagen: Man muss eher gründlich analysieren und dann entscheiden, wann man es schaffen kann, als weitere Unsicherheit aufkommen zu lassen, die uns ja allen nicht hilft.

Das Zweite ist: Ich bin im Augenblick mit der Umsetzung der Strompreisbremse voll beschäftigt. Wir haben noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Ansonsten habe ich ja gesagt, dass wir die Verfahren bei der Europäischen Kommission natürlich dahingehend begleiten, dass wir sagen: Wir glauben, dass die Befreiung von den Netzentgelten dort richtig ist, wo Unternehmen im internationalen Wettbewerb stehen. Das sind die Betätigungspunkte, mit denen wir uns im Augenblick beschäftigen - natürlich neben der Beschleunigung des Netzausbaus. Es ist nämlich ganz wichtig, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien Hand in Hand mit neuen Netzen geht. Es ist eine der positiven Botschaften, die wir haben, dass die Bundesländer bereit sind, klassische Kompetenzen im Planungsbereich hinsichtlich länderübergreifender Leitungen an die Bundesnetzagentur abzugeben, sodass länderübergreifend geplant und gebaut werden kann. Das ist ein Zeichen der konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern.