Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und Bundesminister Spahn nach dem Gespräch mit den Ländern zu AstraZeneca am 30. März 2021

BK’in Merkel: Guten Abend, meine Damen und Herren! Die Ständige Impfkommission hat heute neue Empfehlungen zum zukünftigen Einsatz des AstraZeneca-Impfstoffs veröffentlicht. Es sind Empfehlungen, die sie nach intensiven Beratungen - auch Mitglieder der Ethikkommission und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina waren in den vergangenen Tagen mit dem Thema befasst - erarbeitet und beschlossen hat.

Ich darf Ihnen zunächst wegen der Bedeutung des Sachverhalts auch im Wortlaut Auszüge aus der Empfehlung der Ständigen Impfkommission vortragen, ich zitiere: Auf Basis der derzeit verfügbaren, allerdings noch begrenzten Evidenz und unter Berücksichtigung der pandemischen Lage empfiehlt die Ständige Impfkommission, die COVID-19-Vakzine AstraZeneca für Personen im Alter über 60 Jahre zu verwenden. Ihr Einsatz unterhalb dieser Altersgrenze bleibt indes nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoakzeptanz nach sorgfältiger Aufklärung möglich.

Zu der Frage, wie es für die Personen weitergeht, die bereits eine Erstimpfung mit AstraZeneca-Impfstoff bekommen haben, hat die Ständige Impfkommission in ihrer Empfehlung - noch einmal ein Zitat - festgehalten: Hinsichtlich der zweiten Impfstoffdosis für jüngere Personen, die bereits eine erste Dosis der COVID-19-Vakzine AstraZeneca erhalten haben, wird die Ständige Impfkommission bis Ende April Stellung nehmen. – Bis dahin werde sie für diese Frage notwendige Studien ausgewertet haben. Ich füge hinzu: Dann wird klar sein, mit welchem der in Deutschland zugelassenen Impfstoffe auch für diesen Personenkreis der volle Impfschutz erreicht werden wird.

Über die Folgen, die sich aus der neuen Empfehlung der Ständigen Impfkommission zum AstraZeneca-Impfstoff in Deutschland und zur Impfkampagne insgesamt ergeben, hat der Bundesgesundheitsminister am frühen Abend zunächst mit den Gesundheitsministerinnen und -ministern der Bundesländer beraten. Vorhin haben der Bundesgesundheitsminister und ich die Lage dann auch mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Bundesländer beraten. Die Beratung ist gerade zu Ende gegangen.

Dabei haben wir festgehalten: Die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beruhen auf Erkenntnissen, die Fachleute in den vergangenen Wochen über sehr seltene, gleichwohl sehr schwere Fälle von Thrombosen bei mit AstraZeneca-Impfstoff geimpften Personen gesammelt haben. Es sind Erkenntnisse, die die Ständige Impfkommission und damit schließlich auch wir nicht ignorieren können. Deshalb haben Bund und Länder heute Abend entschieden, der Empfehlung der Ständigen Impfkommission zu folgen. Wir unterrichten darüber natürlich auch die EMA sowie die WHO.

Wir alle wissen: Das Impfen ist das wichtigste Hilfsmittel gegen das Coronavirus. Dass wir verschiedene Impfstoffe zur Verfügung haben, ist ein großes Glück, und es ist und bleibt eine gewaltige Leistung der Wissenschaft. Wir stehen auch heute Abend nicht vor der Frage „AstraZeneca oder kein Impfstoff“, sondern wir haben verschiedene Impfstoffe zur Verfügung.

Wir wissen aber auch: Das ganze Impfen beruht auf einem Grundsatz, und das ist Vertrauen. Wir müssen den Impfstoffen vertrauen können. Deswegen warten wir, bis jeder Impfstoff das Zulassungsverfahren bis zur sogenannten bedingten Zulassung durchlaufen hat. Deswegen setzen wir nur Impfstoffe ein, die die europäische Zulassung haben, wozu auch die anschließende, fortlaufende Prüfung ihrer Wirksamkeit und Sicherheit sowie die permanente Abwägung von Risiken und Nutzen gehört. Vertrauen entsteht aus dem Wissen, dass jedem Verdacht und jedem Einzelfall nachgegangen wird. Dafür stehen Bund und Länder ein.

Die nun neuen Regeln für den Einsatz des AstraZeneca-Impfstoffs haben natürlich auch Folgen für die Organisation der Impfkampagne in der nächsten Zeit. Auch darüber haben wir heute beraten. Wir werden Veränderungen an den Lieferplänen vornehmen müssen, an der Verteilung an Impfzentren, an mobile Teams und gleich nach Ostern auch an die Hausärzte. Das werden wir, Bund und Länder, und die vielen engagierten Kräfte in den Kommunen gemeinsam anpacken und bewältigen. Die Gesundheitsminister haben dazu heute schon erste Empfehlungen abgegeben. Mit den immer größeren Lieferungen an Impfstoffen wird die Impfkampagne immer weiter forciert, und wir werden Schritt für Schritt - auch das kann ich heute Abend noch einmal wiederholen - die Pandemie überwinden können. Herzlichen Dank!

BM Spahn: Frau Bundeskanzlerin, meine Damen und Herren, die neue Empfehlung der Ständigen Impfkommission zu Impfungen mit dem AstraZeneca-Impfstoff hat zwei Seiten. Einerseits zeigt sie: Die Bürgerinnen und Bürger können sich darauf verlassen, dass in Deutschland zugelassene Impfstoffe akribisch überwacht werden und dass die Ergebnisse dieser Überwachung auch transparent gemacht und transparent diskutiert werden. Das zeigt im Übrigen auch, dass, nachdem wir im größeren Zusammenhang erste Erkenntnisse darüber hatten, dass es plausibel sein kann, dass es einen Zusammenhang zwischen den Impfungen mit dem AstraZeneca-Impfstoff und dieser sehr seltenen, aber doch auch sehr speziellen Form der Hirnvenenthrombose geben kann, die Entscheidung aus der vorletzten Woche richtig war, das dann auszusetzen und sich erst einmal ein Bild der Lage zu machen.

Andererseits ist es ohne Frage ein Rückschlag, dass bei einem unserer verfügbaren Impfstoffe in dieser Pandemie für eine bestimmte Altersgruppe offenbar ein erhöhtes Risiko besteht. Bis gestern wurden 31 Fälle einer Hirnvenenthrombose nach Impfung mit dem COVID-19-Impfstoff von AstraZeneca gemeldet. Neun davon verliefen leider tödlich. Fast alle Fälle betrafen Frauen, und in geringerem Maße auch Männer unter 60 Jahren.

Deswegen ist es richtig, dass sich die Ständige Impfkommission in engem Austausch mit anderen Expertinnen und Experten noch einmal mit dem Thema auseinandergesetzt hat und ihre Empfehlungen angepasst hat. Ich danke unseren Expertinnen und Experten beim Paul-Ehrlich-Institut und in der Ständigen Impfkommission ausdrücklich für die sorgfältige und gewissenhafte Prüfung der Ereignisse rund um AstraZeneca.

Ich will auch hinzufügen, dass uns - den Kolleginnen und Kollegen in den Ländern, den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten sowie allen Beteiligten in der Bundesregierung - sehr bewusst ist, was eine solche Entscheidung für das tägliche Geschehen in den Impfzentren und auch an einem Tag wie heute bedeutet, und dass, wenn solche Meldungen kommen, Unsicherheiten entstehen und viel Informations- und Nachfragebedarf entsteht. Das wollen wir natürlich auch bestmöglich und transparent adressieren.

Diese Empfehlungen - das haben wir sowohl zuerst mit den Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsministern und gerade eben auch mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten erörtert - werden wir beziehungsweise werden die Länder ab morgen in der Impfkampagne übernehmen und umsetzen. Wenn es jetzt schon so ist, hilft die nüchterne Betrachtung. Das bedeutet, dass jetzt die über 60-Jährigen schneller geimpft werden können. Wir haben im Übrigen auch vereinbart, dass die Länder mit diesem Impfstoff jetzt auch schon die 60- bis 69-Jährigen in ihre Impfkampagne mit einbeziehen können. Die Älteren in dieser wachsenden dritten Welle schneller zu schützen, ist wichtig und hilft auch, Leben zu schützen. Insofern kann ich alle über 60-Jährigen tatsächlich ausdrücklich nur bitten, dieses Impfangebot auch wahrzunehmen und sich möglichst frühzeitig impfen zu lassen, wodurch sie in dieser Impfkampagne auch Vorbild sein können.

Wichtig ist mir, dass der Impfstoff sehr wirksam ist. Es ist immer wieder wichtig, das zu betonen, und auch die Vorfälle, die wir jetzt diskutieren, ändern nichts an der hohen Wirksamkeit dieses Impfstoffes. Das gilt übrigens gerade auch bei den Älteren: Die Studien aus Schottland haben gezeigt, dass der Impfstoff von AstraZeneca gerade bei den Älteren ein besonders wirksamer ist.

Unter den Jüngeren kann jede und jeder selbst mit dem Arzt in einer Entscheidung für sich abwägen, ob sie oder er sich mit dem Impfstoff von AstraZeneca impfen lassen will oder nicht. Wichtig ist dabei, dass dieses Abwägen informiert und aufgeklärt passiert und dies dann auch entsprechend dokumentiert ist.

Wichtig ist auch der Hinweis zur Zweitimpfung, den ich jetzt noch einmal wiederholen will, weil ich weiß, dass 2,2 Millionen Menschen unter 60, die bereits eine Erstimpfung mit AstraZeneca erhalten haben, sich jetzt natürlich die Frage stellen: Was bedeutet das für meine Zweitimpfung? Wir haben Anfang Februar mit der AstraZeneca-Impfung in Deutschland begonnen. Das empfohlene Intervall, die Zeitspanne zwischen Erst- und Zweitimpfung sind neun bis zwölf Wochen. Zwölf Wochen nach Anfang Februar ist Anfang Mai; das heißt, die Erstimpfung mit ihrer Wirksamkeit besteht mindestens bis Anfang Mai fort. Wir wollen jetzt sehr zügig mit den Fachleuten, mit den Experten erörtern, ob eine Zweitimpfung möglicherweise auch mit einem anderen Impfstoff sichergestellt werden kann, und mit welchem Impfschema. Ganz wichtig ist aber die Botschaft: Jeder und jede wird auch ein Impfangebot bekommen, das zur vollen Schutzwirkung führt und führen kann. Im Übrigen kann natürlich jeder der unter 60-Jährigen unter Abwägung aller Informationen auch für sich entscheiden, die Zweitimpfung, die angeboten wird, auch mit dem Impfstoff von AstraZeneca anzunehmen.

Insgesamt geht es um ein Abwägen zwischen den Risiken einer Nebenwirkung, die statistisch gering, aber ernst zu nehmen ist, und dem Risiko, an Corona zu erkranken und einen schweren Verlauf oder Langzeitfolgen der Krankheit zu erleiden. In dieser Abwägung - da sind sich unsere Expertinnen und Experten sehr einig - gilt eines sehr klar: Impfen ist fast immer die bessere Entscheidung.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, jetzt ist ja das Problem, dass bei dem Impfstoff von AstraZeneca die Anwendungsvorgabe zunächst genau andersherum war, also dass man gesagt hat: für Jüngere ja und für Ältere nein. Mir ist bekannt, dass das damals vor allem an der Datenlage gelegen hat. Jetzt ist es genau andersherum: Ältere sollen ihn bekommen, Jüngere nicht. Wer sich jetzt nicht so sehr damit beschäftigt, könnte davon schon verwirrt werden. Glauben Sie nicht, dass das Vertrauen in diesen Impfstoff durch diesen Vorfall weiter gelitten hat?

Herr Spahn, eine Detailfrage: Es soll ja jetzt bei den unter 60-Jährigen möglich sein, sich nach individueller Risikoanalyse und Beratung den Impfstoff trotzdem spritzen zu lassen, allerdings nur beim Hausarzt. Wie können Sie denn gewährleisten, dass die Hausärzte in nächster Zeit auch über die nötigen Impfdosen verfügen?

BK’in Merkel: Man muss sich ja immer die Frage stellen, was die Alternativen sind. Natürlich hätten wir alle uns gewünscht, dass zum einen schon am Anfang die Datenlage auch für die Älteren da gewesen wäre und dass wir zum anderen heute nicht vor Ihnen stehen und Ihnen die Entscheidung der Ständigen Impfkommission mitteilen müssten.

Zweitens. Was ist dann die Alternative? - Natürlich werden sich Menschen fragen, was da passiert und was das für sie bedeutet. Jens Spahn hat ja insbesondere auf die über zwei Millionen schon Geimpften hingewiesen. Natürlich gibt es auch Menschen, die sich auf einen Impftermin gefreut haben. Das alles wird Verunsicherung mit sich bringen.

Aber womit wird das Vertrauen mehr erschüttert? Dadurch, so etwas unter den Teppich zu kehren und es nicht ernst zu nehmen, oder dadurch, die Fälle, die auftreten - - - Diese Impfstoffe sind eben noch nicht jahrelang im Einsatz, sondern es geht um Erkenntnisse, die wir erst dann haben, wenn eine große Zahl von Menschen geimpft wird. Wir würden dieses Vertrauen dadurch erschüttern, dass wir und die Ständige Impfkommission das, was wir wissen, nicht ernst nähmen. Deshalb denke ich, dass dies der Weg ist, der unter allen Abwägungen noch zu dem höchsten Vertrauen auf dem Weg zu einer Verwendung des AstraZeneca-Impfstoffes führt, wenngleich ich die Verunsicherung nicht wegreden kann. Aber Offenheit und Transparenz sind, denke ich, die beste Möglichkeit, mit einer solchen Situation umzugehen.

BM Spahn: Dem kann ich mich ausdrücklich nur anschließen. Ich denke, der Weg, den wir gewählt haben, den wir wählen und den wir auch in jedem anderen vergleichbaren Fall und in jeder vergleichbaren Situation wählen werden, ist vor allem der von Transparenz, Information, jeweils auf Basis der Wissenslage.

Ich bekomme ja auch die Frage: Was ist jetzt anders als vor zwei Wochen? - Wir wissen mehr. Wir haben mehr gemeldete Fälle; wir haben einen besseren Überblick; es gibt Austausch mit anderen Ländern. Im Übrigen sind wir auch nicht das einzige Land in Europa und auf der Welt - denken Sie etwa an Kanada heute -, das auf Basis der Datenlage zu dieser Entscheidung kommt.

Das Ziel für die Frage, wie wir mit den Impfdosen umgehen, das unbedingte Ziel muss sein, möglichst viele der über 60-Jährigen und der über 70-Jährigen, jetzt auch gerade in dieser wachsenden dritten Welle, zu impfen, um sie zu schützen, weil leider insbesondere ein höheres Alter auch ein höheres Risiko im Falle einer COVID-19-Erkrankung mit sich bringt. Deswegen geht es darum, dass die über zwei Millionen Impfdosen von AstraZeneca - 1,7 Millionen übrigens jetzt am Osterwochenende -, die auf jeden Fall noch an die Länder ausgeliefert werden, auch zügig verimpft werden. Es werden sich - dessen bin ich sehr, sehr sicher - hinreichend viele über 60-Jährige gern mit diesem Impfstoff schützen lassen. Deswegen ist es wichtig, dass das passiert.

Im Übrigen gilt auch für die Impfungen in den Arztpraxen, dass aus meiner Sicht mit dem AstraZeneca-Impfstoff zuerst und zuvörderst die über 60-Jährigen geimpft werden sollten, ob in den Impfzentren oder den Arztpraxen, mit diesem Impfstoff, von dem wir allein in den ersten beiden Quartalen, im ersten Halbjahr, über 20 Millionen Dosen erwarten mit der Empfehlung, die wir jetzt haben. Es macht ja unbedingt Sinn, ihn vornehmlich bei den über 60-Jährigen einzusetzen, weil wir ihn mit dieser Empfehlung hauptsächlich nur dort einsetzen können, und andere Impfstoffe stärker auch bei den unter 60-Jährigen einzusetzen. Das gilt, egal ob in einem Impfzentrum oder in einer Arztpraxis. Das Prinzip ist das gleiche.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Sie haben heute vor allem über das Impfen gesprochen. Aber die Menschen draußen interessiert auch Ihre Aussage vom Wochenende. Sie haben Kritik am Vorgehen mancher Länder gegen die Pandemie geübt und gesagt, Sie würden sich überlegen, was zu tun sei.

Ist dieser Prozess abgeschlossen? Werden Sie vom Bund her nun zum Beispiel das Infektionsschutzgesetz in Angriff nehmen und das an sich ziehen?

BK’in Merkel: Ich habe am Wochenende deutlich gemacht, dass, welchen Weg auch immer man wählt, Bund und Länder immer zusammenarbeiten müssen. Das ist die erste Botschaft. Es gibt keine einzige politische Entscheidung in Deutschland, die nicht zwischen Bund und Ländern gemeinsam getroffen werden kann. Ob es Bundestag und Bundesrat sind, ob es die Ministerpräsidentenkonferenz mit der Bundesregierung ist, es ist immer das Gleiche.

Der Prozess des Nachdenkens ist noch nicht abgeschlossen. Ich weiß nur, dass es wichtig ist, angesichts der dritten Welle, in der wir sind, alles zu tun, um diese Welle möglichst schnell zu brechen.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Vertrauen ist jetzt ja tatsächlich weiter verloren gegangen, und der Impfstoff von AstraZeneca ist für manche, glaube ich, jetzt so etwas wie eine heiße Kartoffel. Wie wollen Sie denn - abgesehen von dem, was Sie jetzt gerade gesagt haben - versuchen, das Vertrauen der Menschen in den Impfstoff von AstraZeneca wiederherzustellen? Durch eine Kampagne oder dergleichen?

An den Gesundheitsminister noch kurz die Frage: Wenn man jetzt sagt, dass sich, abweichend von der bisherigen Priorisierung, auch 60- bis 69-Jährige mit dem Impfstoff von AstraZeneca impfen lassen können, was ist denn, wenn sie nicht wollen? Müssen sie sich dann ganz hinten wieder anstellen oder kommen sie in zwei Monaten wieder dran?

BK’in Merkel: Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass wir alles tun - durch Transparenz, durch Information, durch Klarheit; ich bin der Ständigen Impfkommission und allen Fachleuten, die daran mitarbeiten, sehr dankbar -, dieses Vertrauen so herzustellen, dass wir nichts hinterm Berg halten und dass wir die Informationen klar geben. Das ist, glaube ich, der richtige Weg in einer solchen Situation.

Das sind alles neu entwickelte Impfstoffe. Sie haben, wie ich schon sagte, eine bedingte Zulassung. Wir lernen jeden Tag über den Charakter dieser Impfstoffe dazu. Wir müssen dann jedes Mal abgewogen die Entscheidung treffen beziehungsweise die Wissenschaftler und Fachleute müssen diese treffen. Wir tun als Politik gut daran, das zu übernehmen. Das haben wir bei der Unterbrechung der Impfung gemacht. Das haben wir nach der Entscheidung der EMA gemacht. Und das machen wir jetzt nach der Entscheidung der Ständigen Impfkommission auch.

BM Spahn: Zu der Frage der über 60-Jährigen: Es ist ja wichtig, dass für die 60- bis 69-Jährigen, die in der nächsten Priorisierungsgruppe wären, im Moment nur der Impfstoff von AstraZeneca zur Verfügung steht. Die Länder entscheiden das natürlich jetzt auch in ihrer Impfkampagne. Einige Länder sind bei der Impfung der 70-Jährigen und dem Impfangebot an sie schon relativ weit, andere fangen gerade mit den über 70-Jährigen an. Das hat zum Teil übrigens auch mit demografischen Unterschieden zu tun. Es gibt Länder, die ein höheres Durchschnittsalter als andere haben.

Es ist jetzt sozusagen ein pragmatischer Ansatz, mit diesem Impfstoff schon jetzt darüber hinaus ein Angebot für die 60- bis 69-Jährigen machen zu können, weil auch für die - das zeigen alle Daten - ein höheres Risiko besteht. Es ist nicht so hoch wie das für über 80-Jährige - deswegen ja abgestuft -, aber es besteht ein erhöhtes Risiko. Das ist jetzt sozusagen der Anreiz und die Möglichkeit, schneller in der Altersgruppe mit dem Impfstoff von AstraZeneca geimpft werden zu können, und zwar mit einem - ich sage es noch einmal, weil es sehr wichtig ist, dass der Teil der Botschaft auch mittransportiert ist - sehr wirksamen Impfstoff gerade auch für die Älteren. Die Daten aus Schottland und England zeigen, dass der Impfstoff von AstraZeneca teilweise in manchen Aspekten sogar wirksamer als der von BioNTech ist. Insofern soll er dort jetzt auch zum Einsatz kommen – und das idealerweise zügig.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, nun sind Sie gerade vom Gesundheitsminister aufgefordert worden, sich auch impfen zu lassen, weil Sie über 60 sind. Deswegen hätte ich ganz gerne von Ihnen gewusst: Werden Sie sich jetzt mit dem Impfstoff von AstraZeneca impfen lassen?

Erlauben Sie eine Nachfrage zu der Frage von dem Herrn Kollege. Der CSU-Chef hat heute gesagt, es sei sehr ungewöhnlich, dass sich die CDU-Kanzlerin mit dem CDU-Chef im Wahljahr streitet. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?

BK’in Merkel: Ich habe im Augenblick dem, was ich zu dem Kollegen gesagt habe, nichts hinzuzufügen.

Ansonsten habe ich gesagt: Wenn ich dran bin, lasse ich mich impfen, auch mit dem Impfstoff von AstraZeneca. Nun kann es sein, dass ich dran bin. Ich muss einmal gucken, wie Berlin das handhabt. Die Länder priorisieren das ja. Es kann ja auch sein, dass Berlin sagt: „Noch einige Tage erst nur die 70-Jährigen.“ Aber die Möglichkeit, sich impfen zu lassen, ist für mich näher gerückt. Das ist richtig.

Zuruf: Steht denn das Impfversprechen insgesamt?

BM Spahn: Sie meinen das Versprechen, im Sommer alle geimpft zu haben?

Zuruf: Genau!

BK’in Merkel: Ende des Sommers.

BM Spahn: Bis zum Ende des Sommers, im Sommer. Damit das jetzt nicht unbeantwortet bleibt, noch eine schnelle Ergänzung, weil es eine wichtige Botschaft ist: Ja.

BK’in Merkel: Ja.

BM Spahn: Wir rechnen im zweiten Quartal zusammen mit der Lieferung von Johnson & Johnson, die angekündigt ist, mit an die 70 Millionen Impfdosen; davon sind um die 15 Millionen von AstraZeneca. Das gibt uns die Möglichkeit, schon im zweiten Quartal einen deutlichen Unterschied zum ersten Quartal zu machen. Es gibt uns, wenn die Lieferzusagen eingehalten werden und alle Impfstoffe ihre Zulassung erhalten, auch die Möglichkeit, im Sommer, bis zum Ende des Sommers, im Laufe des dritten Quartals alle über 60 und unter 60 zu impfen.

BK’in Merkel: Nur die Kinder noch nicht.

BM Spahn: Nur die Kinder noch nicht.

BK’in Merkel: Danke schön und einen schönen Abend.