Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel, Ministerpräsident Carstensen, Ministerpräsident Beck, Bundesminister Rösler und Bundesminister Altmaier zur Umsetzung der Energiewende

Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel, Ministerpräsident Carstensen, Ministerpräsident Beck, Bundesminister Rösler und Bundesminister Altmaier zur Umsetzung der Energiewende

in Berlin

  • Mitschrift Pressekonferenz
  • Mittwoch, 23. Mai 2012

BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, wir haben heute eine außerordentlich wichtige und außerplanmäßige Sitzung der Ministerpräsidenten, der Bundeskanzlerin und der zuständigen Fachminister absolviert. Es war eine sehr konstruktive Diskussion, für die ich mich ausdrücklich bedanken möchte. Es war auch eine sehr breit angelegte Diskussion; denn die Energiewende ist eine große Aufgabe ich habe manchmal schon gesagt: eine Herkulesaufgabe , der wir uns gemeinsam verpflichtet fühlen. Das ist heute die wichtige Grundeinstellung gewesen: Wir wollen den Erfolg, und zwar alle, jeder in seiner Verantwortung.

Dazu haben wir uns mit den Themen, also sozusagen der Agenda und den Zeitplänen der Energiewende, beschäftigt. Wir haben verabredet, uns halbjährlich zu treffen, um Fortschritte und nicht erledigte Aufgaben zu identifizieren, und zwar auf der Chef-Ebene, wie man sagen würde, sowohl seitens der Länder als auch seitens des Bundes. Wir haben hinsichtlich einer Vielzahl einzelner Themen ganz konkrete Arbeitsaufträge erteilt und eine gemeinschaftliche Vorgehensweise vereinbart.

Wir werden ja in wenigen Tagen einen ersten Vorschlag für eine Bundesnetzplanung haben. In diesem Lichte werden wir bereits am 14. Juni, wenn ich mich regulär mit den Ministerpräsidenten treffen werde, darauf zurückkommen und dann einen Zeitplan in Bezug darauf verabreden, wie wir die Bundesnetzplanung bis Ende des Jahres verabreden können. Sie hängt das kann man sich gut vorstellen mit der Kraftwerksplanung zusammen, und deshalb ist dieser Teil der Energiewende von einer zentralen Bedeutung. Der Bundeswirtschaftsminister wird dazu dann auch gleich noch einmal etwas sagen.

Wir haben zweitens verabredet, unter dem Stichwort „Kapazitätsmärkte“ den Ausbau der erneuerbaren Energien mit der Notwendigkeit von grundlastfähigen Kraftwerken, die auch gebaut werden müssen, zu harmonisieren. Hierfür werden wir seitens des Bundes einen Vorschlag für das weitere Vorgehen machen und dann natürlich auch mit den Ländern sprechen.

Wir haben über die anstehenden Vermittlungsverfahren gesprochen, insbesondere über das Thema der Gebäudesanierung wir wollen versuchen, ein Ergebnis zu erreichen , und über das Vermittlungsverfahren zum Erneuerbare-Energien-Gesetz für Solarförderung. Hierbei drängt die Zeit, und es hat hier auch den Willen gegeben, dass wir ein Vermittlungsverfahren in einer Arbeitsgruppe so vorbereiten, dass wir noch vor der Sommerpause eine Einigung hinbekommen werden.

Insgesamt würde ich das heutige Treffen schon noch einmal als einen Meilenstein bezeichnen, nachdem wir vor ungefähr einem Jahr gemeinschaftlich verabredet haben, dass wir diese Energiewende stemmen wollen. Wir haben heute einen sehr konkreten Plan entwickelt, immer unter der Überschrift: Die Energieversorgung muss sicher sein, sie muss umweltverträglich sein, und sie muss für die Menschen in Deutschland bezahlbar sein. Diese drei Dinge müssen zusammengebracht werden. Da liegt noch ein ganzes Stück Arbeit vor uns, aber dem stellen wir uns gemeinsam.

MP Carstensen: Frau Bundeskanzlerin, meine Damen und Herren, die Einladung der Bundeskanzlerin heute sind wir auf Einladung der Bundeskanzlerin hier gewesen zu dem heutigen Gespräch ist ein wichtiger Schritt dabei gewesen, unterschiedliche Interessen der Länder untereinander und sicherlich auch zwischen Ländern und Bund aufzuarbeiten. Die unterschiedlichen Interessen sind sehr natürlich; sie liegen an regionalen Verschiedenheiten, die bei uns im Bundesgebiet selbstverständlich eine Rolle spielen. Gleichwohl müssen diese unterschiedlichen Interessen für eine erfolgreiche Energiewende überwunden werden. Die Energiewende darf nicht am Föderalismus scheitern. Ich will auch noch einmal deutlich machen: Der notwendige Ausbau der erneuerbaren Energien muss in ganz Deutschland flott vonstattengehen und beschleunigt werden. Wir werden hierbei alle gemeinsam auf das Tempo drücken müssen - Politik, Wirtschaft und auch die Gesellschaft.

Für uns ist klar, dass die Länder das ist heute noch einmal deutlich geworden die Umsetzung der Energiewende als eine gesamtstaatliche Aufgabe betrachten. Das nationale Interesse an dieser Energiewende muss im Mittelpunkt des Handelns stehen, auch bei einzelnen Ländern. Für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende ist daher auch ein enges Zusammenwirken von Bund und Ländern unverzichtbar. Wir haben auch deutlich gemacht, dass wir dieses Zusammenwirken und den Austausch von Informationen in dem Sinne institutionalisieren werden, dass wir neben vielen anderen Gesprächen, die wir als Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin führen, ein Gespräch institutionalisieren wollen, das mindestens zweimal im Jahr stattfinden muss, um eben aufzuarbeiten, wo wir stehen und wo neue Probleme entstanden sind. Ich will auch deutlich sagen: Die Energiewende kann nur dann gelingen, wenn die Rollen hierbei richtig verteilt sind. Dazu, dabei seine Aufgabe zu erledigen, ist der Bund bereit, und dazu sind wir bereit; das ist auch ein wichtiges Ergebnis des heutigen Tages. Vorgesehen ist, durch die Bildung von Arbeitsgruppen einzelne Themen zu bearbeiten und sie in Gesprächen auf Bund-Länder-Ebene Lösungen zuzuführen.

Ich bin nach unserem heutigen intensiven Gespräch auch zuversichtlich, dass wir, Bund und Länder, gemeinsam auf einem guten Weg sind. Nach manchen Diskussionen, die im Vorfeld geführt worden sind, darf ich sagen: Ich bin sehr dankbar, dass wir dieses Gespräch führen konnten, Frau Bundeskanzlerin. Dies war ein recht erfolgreiches Gespräch.

MP Beck: Auch von meiner Seite aus bedanke ich mich für die Einladung seitens der Bundeskanzlerin und für ein intensives und gutes Gespräch, das zielorientiert geführt worden ist.

Ich will betonen, dass wir in einer Einleitungsrunde auch unsere Sorgen hinsichtlich gewisser Unsicherheiten ausgedrückt haben, was die Energiewende, die Planungssicherheit und die Investitionssicherheit für viele Unternehmen sowohl in der Energiebranche als auch im verarbeitenden Gewerbe angeht. Darauf fußt, dass wir es als Länder für ganz wichtig erachtet haben, dass wir Schwung in die Bemühungen bringen, die Energiewende zu vollziehen und zu bewältigen. Deshalb bin ich froh darüber, dass die Anregung aufgenommen worden ist, dass wir uns künftig halbjährlich auf der Verantwortungsebene treffen. Damit werden wir auch eine gewissen Gesamtbetrachtung in Bezug auf uns selbst, auf die Administration, aber auch auf Dritte, die ihren Beitrag leisten müssen, abhalten, und damit werden wir versuchen, gegebenenfalls bestehende Probleme in jeweiliger Zuständigkeitsabstimmung zu lösen und damit Zeitverzögerungen zu vermeiden.

Lassen Sie mich auch ein Wort zu den Fragen sagen, die inhaltlich natürlich weiterhin wichtige Bedeutung haben werden: Das ist die Onshore/Offshore-Thematik. Ich sehe es so darauf haben wir uns auch als Länder verständigt , dass das kein Entweder-Oder ist, sondern dass es um ein Sowohl-als-Auch geht, was diese Entwicklungen angeht. Deshalb bin ich froh, dass wir diese Fragen im Zusammenhang mit dem Netzausbau dann auch im Rahmen eines besprochenen Prozess miteinander besprechen können.

Ich will noch einen Punkt hervorheben. Das ist das Thema Energieforschung. Ich glaube, dass wir gut daran tun, wenn wir in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Vorankommen hinsichtlich der Speichertechnologien achten; denn das wird für die regenerativen Energieträger die entscheidende Bedeutung in Bezug darauf haben, welchen Anteil an der Stromgrundlastversorgung sie letztendlich dauerhaft und sicher zu tragen vermögen. Insoweit, denke ich, ist ein Weg beschrieben. Er wird immer wieder auf die richtige Richtung, Geschwindigkeit und Genauigkeit der Schritte hin überprüft werden müssen, aber ich hoffe doch sehr, dass wir durch die verabredeten jeweiligen Verantwortlichkeiten und Vorgehensweisen einen neuen Impuls gegeben haben.

BM Rösler: Frau Bundeskanzlerin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bundeskanzlerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Energiewende eine Aufgabe von historischer Dimension ist. Sie ist aber auch eine Riesenchance für deutsche Unternehmen, mit neuen Produkten und Dienstleistungen auf den Weltmärkten erfolgreich zu sein. Ich bin am heutigen Tag auch den Ländern ausdrücklich dafür dankbar, dass noch einmal klar geworden ist, dass wir diese Aufgabe nur gemeinsam werden bewältigen können. Es ergibt keinen Sinn, 16 unterschiedliche Energiekonzepte zu haben. Im Gegenteil: Nicht nur Bund und Länder müssen zusammenarbeiten, sondern auch das ist deutlich geworden wir brauchen auch auf europäischer Ebene eine verstärkte Zusammenarbeit in energiepolitischen Fragen.

Wir haben sehr konkret über zwei große Themen gesprochen, nämlich über die Versorgungssicherheit und über die Wirksamkeit von Energie. Wir alle wollen eine umweltverträgliche Energieerzeugung, also einen Ausbau der erneuerbaren Energien. Der Erfolg hängt auch eins zu eins mit dem Netzausbau selbst zusammen. Hierbei gibt es große Aufgaben aufseiten der Länder, die noch aus alter Gesetzgebung, dem Energieleitungsausbaugesetz, stammen bisher sind nur 10 Prozent der geplanten Leitungen fertiggestellt worden , und es gibt auch Planungen und Aufgaben aufseiten des Bundes. Wir werden in der nächsten Woche die Frau Bundeskanzlerin hat es gesagt den ersten Netzentwicklungsplan vorlegen, und damit werden erstmalig die Trassen deutlich werden, die wir innerhalb der nächsten 10 Jahre in der Größenordnung von mehr als 4.000 Kilometern an neuen Leitungen auf Bundesebene brauchen werden. Dann werden wir in die Diskussion zwischen Bund, Ländern, Kommunen und den betroffenen Menschen einsteigen, um diesen Netzausbau realisieren zu können, was dann in ein neues Gesetzgebungsverfahren wenn es möglich ist, bis zum Ende des Jahres münden muss.

Wir haben über neue Kraftwerke gesprochen. Auch hier liefert der Bund. Schon in dieser Woche werden wir das neue Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz verabschieden, was die Attraktivität für den Kraftwerksbau bei hocheffizienten, dezentralen Kraft-Wärme-Kopplungskraftwerken noch einmal verbessern wird. Auch hier wurde das Thema Versorgungssicherheit also sehr konkret aufgegriffen.

Insgesamt haben wir uns mit den Ländern in fünf Feldern geeinigt: Weiterführung des Netzausbaus, Kraftwerksausbau, erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energieforschung. Ich glaube, man kann sehr zufrieden sein. Es ist deutlich geworden, dass das eine große Aufgabe ist, und Bund und Länder werden dieser gemeinsamen Aufgabe dann auch gerecht werden, jeder in seinem Bereich, aber mit der gleichen, gemeinsamen Zielsetzung.

BM Altmaier: Vielen Dank, Frau Bundeskanzlerin. Wir sind dem Ziel eines nationalen Konsenses heute ein gutes Stück näher gekommen. Bund und Länder bilden eine Verantwortungsgemeinschaft. Alle Akteure waren sich dessen heute bewusst.

Es geht jetzt darum, dass wir bis zum nächsten Treffen der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten die Hausaufgaben machen. Das bedeutet für das Bundesumweltministerium insbesondere, dass wir uns um die stärkere Verzahnung des Netzausbaus mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien bemühen. Wir haben hierzu eine Plattform gegründet, die sowohl den Kollegen Rösler und das Bundeswirtschaftsministerium als auch die Länder als auch andere Akteure einbeziehen wird. Ich habe aus diesen Gesprächen heute den Eindruck mit nach Hause genommen, dass die Energiewende gelingen kann und dass sich alle ihrer Verantwortung bewusst sind.

Frage: Ich habe eine Frage an den Umweltminister: Können Sie bitte noch einmal konkreter sagen, was genau mit dieser Plattform gemeint ist, die sich um die Synchronisierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien und des Netzausbaus kümmern soll?

Frau Bundeskanzlerin, es gab ja diverse Vorschläge vonseiten der Ministerpräsidenten dazu, eine Gesamtkoordination für die Energiewende einzurichten. Ist das jetzt in Form dieser halbjährlichen Treffen verabredet worden, oder ist dabei an etwas Konkreteres gedacht?

BK’in Merkel: Nein, wenn ich das gleich sagen darf: Durch die Treffen mit den Ministerpräsidenten ist die Gesamtkoordinierung – das sage ich jetzt einmal – sehr stark formalisiert worden, es ist ein Weg gezeichnet worden. Das schließt nicht aus, dass wir parallel zum Teil auch Bund und Länder – mit der Wirtschaft und den Netzbetreibern sprechen. Wir müssen uns in Europa verzahnen und über die europäischen Rahmenbedingungen sprechen. Gestern hat die Kommission zum Beispiel bestimmte Subventionierungen für die energieintensive Industrie gebilligt. Wir sprechen mit den Ländern darüber: Was ist notwendig?

Wir sind sozusagen der Kern der Koordinierung, Bund und Länder auf der Ebene der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten. Darum herum gruppiert sich die Einbeziehung der gesellschaftlichen Kräfte, die an der Energiewende mitwirken, der Kommunen und der Energieunternehmen selbst.

BM Altmaier: Im Übrigen haben wir die Plattformen sowohl im Zuständigkeitsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums als auch des Bundesumweltministeriums gegründet. Sie können das auf der Homepage unseres Ministeriums auch nachlesen. Es war ein verbreiteter Wunsch aller Beteiligten; dem sind wir nachgekommen. Wir werden selbstverständlich in den nächsten Tagen und Wochen auf der politischen Leitungsebene des BMU eine Vielzahl von Gesprächen führen, und zwar ganz persönlich zwischen dem zuständigen Minister und den Beteiligten in den Ländern und darüber hinaus.

BK’in Merkel: Also das Wort Plattform ist vielleicht der Offshore-Technik entlehnt. Es handelt sich im Wesentlichen um „Runde Tische“, in denen Länder, Bund und alle notwendigen Akteure sitzen.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, Sie hatten gesagt, dass Sie den Kraftwerkausbau mit dem Ausbau des Ökostroms harmonisieren wollen. Können Sie einmal erläutern, was damit gemeint ist? Bisher können ja Wind und Sonne, Sonnenkraftwerke, gebaut werden, wo man will. Soll das eingeschränkt werden? Sollen jetzt nur noch bestimmte Flächen ausgewiesen werden? Was ist da geplant?

BK’in Merkel: Das Stichwort, das man in der Fachsprache dafür verwendet, heißt Kapazitätsmärkte. Wir werden in der gesamten Energieversorgung umdenken müssen. Früher hat man, wenn man Kohlekraftwerke oder Gaskraftwerke hatte, einfach die Zahl der verfügbaren Gigawattstunden addiert, und dann hat man gewusst, dass man sicher 24 Stunden Strom hat.

Heute muss man durch den ansteigenden Anteil der erneuerbaren Energien hier ist an gar keine Kappung gedacht einfach die Entwicklung mit den grundlastfähigen Kraftwerken zusammenbringen, um zu jeder Stunde die von der Gesellschaft gebrauchte Kapazität zur Verfügung zu stellen. Herr Ministerpräsident Beck hat eben schon darauf hingewiesen, dass das Thema Forschung und Speicherung von ganz besonderer Bedeutung ist, damit man die Kapazitäten zum Beispiel nachts anders nutzen kann als am Tage oder man in den Spitzenzeiten gespeicherte Kapazitäten zur Verfügung hat. Man muss jetzt also viel stärker verzahnt und nicht nur sektoral denken: Hier baue ich die Windenergie aus; hier baue ich die Gaskraftwerke aus. Das ist damit gemeint, Stichwort Kapazitätsmärkte.

Frage: Herr Ministerpräsident Beck, welche finanziellen Zusagen hat Ihnen denn die Bundeskanzlerin gemacht? Das klang ja heute alles sehr verträglich und versöhnlich. Im Vorfeld waren Sie doch viel mehr auf Antikurs zwischen Bund und Ländern.

MP Beck: Also ich kann nicht sehen, dass wir auf Antikurs waren. Wir haben lediglich als Länder und das auch Parteigrenzen übergreifend betont, dass wir eine Koordination brauchen. Es ist auch für uns unstreitig, dass die zentrale Aufgabe bei der Bundesregierung liegt. Aber wir brauchen eine Verzahnung der Verantwortlichkeiten. Darum haben wir uns bemüht.

Es ging heute nicht darum, Finanzbeträge einzufordern. Allerdings haben wir unsere Forderungen zu dem Vermittlungsverfahren hinsichtlich der Energieeffizienz im Baubereich nicht aufgegeben. Das ist ausdrücklich auch betont worden. Ich hoffe, dass wir uns da in den nächsten Wochen so aufeinander zubewegen können, dass das entscheidungsreif wird.

BK’in Merkel: Wir haben heute vor allen Dingen auch darüber gesprochen, dass wir nicht das Geld der Bürgerinnen und Bürger unsinnig verteilen, sondern auf bezahlbare Energie achten und dazu das beste Maß an Koordinierung brauchen. Das eint uns, dass wir bezahlbare Energie wollen – sowohl für die Wirtschaft als auch für die Bürgerinnen und Bürger.

Frage: Eine Frage an die Bundeskanzlerin und den Umweltminister: Wurde denn heute auch das Thema Endlager thematisiert, und wie soll es da weitergehen?

BK’in Merkel: Nein, das wurde heute ausdrücklich nicht thematisiert. Dazu gibt es ja bereits Gesprächsstrukturen. Der Bundesumweltminister, der ja noch nicht sehr lange im Amt ist, wird diesen Gesprächsfaden umgehend aufnehmen. Das hätte heute den Rahmen etwas gesprengt.

BM Altmaier: Umgehend.

MP Beck: Ich darf dazu sagen, dass wir auch an dieser Stelle seitens der Länder in hohem Maße interessiert sind, uns auf ein gemeinsames und abgestimmtes Vorgehen zu verständigen. Mir scheinen die Vorarbeiten, die bisher geleistet worden sind, durchaus so tragfähig, dass man in der Lage sein wird, miteinander eine Verabredung über die nächsten Schritte hinzubekommen.

BM Altmaier: Dem stimme ich ausdrücklich und voll inhaltlich zu.

Frage: Viele Bundesländer streben ja nach Autarkie, speziell Bayern. Frau Bundeskanzlerin, haben Sie diesen Ländern klar gemacht, dass Autarkie heute kein erstrebenswertes Ziel mehr für ein Bundesland ist?

BK’in Merkel: Ich würde sagen: Es sind zwei Facetten zu beachten. Die Länder im Süden haben ein hohes Maß an Versorgung mit Strom aus Kernenergie. Das heißt, sie haben in den nächsten zehn Jahren die gravierendsten Umstellungen in der Energieversorgung zu bewerkstelligen. Dass diese Länder von Energievollversorgung nicht in eine totale Abhängigkeit geraten wollen – also nur erneuerbare Energien ausbauen und anschließend überhaupt keine grundlastfähigen Kraftwerke mehr haben , kann man, glaube ich, gut verstehen.

Gleichzeitig ist in dem gesamten Gespräch deutlich geworden: Wir sind eine Bundesrepublik Deutschland. Der Wind weht im Norden mit Sicherheit so gut, dass ab und zu auch eine Kilowattstunde über die norddeutschen Länder hinaus nach Süden transportiert wird. Deshalb sprechen wir ja auch so viel über Übertragungsnetze. Wir sind im Übrigen in einen europäischen Energiemarkt eingebettet. Dazu werden wir noch einmal Vorschläge unterbreiten müssen, weil das sehr wichtig ist.

Alle Energieszenarien, die wir für die nächsten dreißig, vierzig Jahre angestellt haben, haben immer gezeigt, dass Deutschland phasenweise einmal Energie importieren wird, phasenweise einmal Energie exportieren wird. Wir haben in diesem Winter selber zum Teil erhebliche Probleme gehabt, gleichzeitig aber Energie nach Südfrankreich exportiert, wo durch den kalten Winter eine große Notwendigkeit zum Heizen bestand.

Das heißt, wir können auch wenn wir die Strombörsen sehen überhaupt nicht mehr nur national oder nur bundesländerspezifisch denken. Aber ich hatte den Eindruck, dass hier auch nicht jemand auf irgendetwas beharrt hat, sondern es ein sehr kooperatives Herangehen gab.

MP Carstensen: Ich möchte dazu eine Bemerkung machen: Ich habe ja nun die Vorbereitung aus verschiedenen Gründen ganz besonders intensiv gemacht. Für mich war heute ein Erfolg – das habe ich hier am Anfang gesagt , dass wir die Tatsache, dass es selbstverständlich unterschiedliche Interessen zwischen den Ländern gibt, heute ausgeblendet haben. Die Bundeskanzlerin hat eine Situation angesprochen: Der Kollege Bouffier aus Hessen hat nicht viel Interesse, bei sich Offshore-Windparks zu etablieren.

Wir sind uns also einig gewesen, dass die Diskussion untereinander, die es gegeben hat, heute ausgeblendet wurde – (zum Teil ist sie) auch berichtigt worden und wir mit einem Punkt gemeinsam in die Diskussion mit der Bundesregierung eingestiegen sind, zu dem wir dann auch Einigkeit erzielt haben.

Frage: Es gibt immer wieder die Forderung nach einem Energieministerium, Frau Merkel. Warum entscheiden Sie sich dagegen?

BK’in Merkel: Ich habe mehrfach schon darauf hingewiesen: Wir haben im Augenblick noch eine erhebliche Kapazität an Kernenergie. Es gibt sehr gute Gründe, die Aufsicht über die Kernkraftwerke ministeriell getrennt von dem Betrieb von Kraftwerken zu betrachten. Ob man eines Tages zu einer Zusammenlegung der Zuständigkeiten kommt, das will ich jetzt nicht für alle Zukunft ausschließen.

Das heutige Gespräch hat gezeigt: Wir brauchen Ministerien, die gut zusammenarbeiten. Wir haben Zuständigkeiten des Raumordnungsministers, wir haben Zuständigkeiten der Forschungsministerin usw., und wir haben Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern. Deshalb würde selbst auf der Bundesebene ein Energieministerium allein nicht reichen. Da wären wir beim Leitungsausbau zum Beispiel noch gar nicht vorangekommen.

Also ich finde, die Struktur, die wir jetzt haben im Kernstück mit der Koordinierung zwischen Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin und den Ausläufern in die gesamte Gesellschaft hinein –, dürfte eine arbeitsfähige Struktur sein, mit der wir die Energiewende schaffen können. Den Willen dazu haben wir. Jetzt gehen wir an die Arbeit.

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