Nuklearterrorismus  größte Herausforderung für die Sicherheit der Welt

Gipfelatmosphäre während der Sitzungen

Obama, Merkel und der Premierminister Singapurs im Gespräch

Foto: REGIERUNGonline/Bergmann

"Wir erkennen die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen den Staaten an, um Vorfälle von illegalem nuklearen Handel wirksam zu verhindern", heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Teilnehmerstaaten des Washingtoner Nuklear-Sicherheits-Gipfels. Präsident Barack Obama hatte 47 Staaten zu der Konferenz eingeladen. Die meisten Länder waren mit ihren Staats- und Regierungschefs vertreten.

Obama zeigte sich mit den Ergebnissen des Gipfels zufrieden. Die geschmiedete Allianz mache die Welt sicherer, befand er.

Mit ihrer Abschlusserklärung verabschiedeten die Teilnehmerstaaten auch einen konkreten Arbeitsplan. Auf freiwilliger Basis wollen die Regierungen gemeinsam auf die ins Auge gefassten Ziele hinarbeiten.

Verbindliche Regeln, wirksame Kontrollen

Geplant ist ferner eine strengere rechtliche Aufsicht. Hier dauert die Diskussion aber noch an. Die Bundeskanzlerin hatte in Washington ein verbindliches internationales Regelwerk für den Umgang mit Nuklearmaterial gefordert. Dieses soll auch den zivilen Bereich umfassen. 

In Diskussion ist ebenfalls ein internationaler Gerichtshof für Nuklearsicherheit. Fest steht bereits, dass der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) bei der Kontrolle und Überwachung der nuklearen Sicherheit eine herausragende Bedeutung zukommen soll.

Über den Fortgang ihrer Bemühungen hat die Staatengemeinschaft einen regelmäßigen Austausch vereinbart. In zwei Jahren soll ein Folgegipfel in Südkorea überprüfen, was erreicht wurde und weitere Schritte einleiten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel nannte die Washingtoner Konferenz einen wichtigen Schritt, um auf die neuartige Bedrohungslage zu reagieren. "Es geht um die Wahrnehmung der Gefahr und um eine Kultur der Sicherheit, die in der Öffentlichkeit sicher noch nicht so ausgeprägt ist", so Merkel in Washington.

Sicherheit durch Verzicht

Erklärtes Ziel des US-Präsidenten war es, bei diesem Gipfeltreffen möglichst viele Teilnehmerländer zum Verzicht auf waffenfähiges Nuklearmaterial zu bewegen. Hochangereichertes Uran und Plutonium werden in Atomreaktoren oder im Forschungsbereich genutzt.

Die USA und Russland haben sich in Washington auf die Vernichtung großer Bestände waffentauglichen Plutoniums geeinigt: Material, das für rund 17.000 Atomwaffen ausreichen würde. Einen entsprechenden Vertrag unterzeichneten am Rande des Gipfels US-Außenministerin Hillary Clinton und ihr russischer Kollege Sergej Lawrow.

Der ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch war der erste Staatschef, der Gastgeber Obama für sein Land zusagte, den gesamten Bestand an hochangereichertem Uran abzubauen. Damit steht es nicht mehr zum Bau von Atombomben zur Verfügung. Auch Kasachstan hat sich verpflichtet, spaltbares Material abzubauen. 

Schmutzige Bomben verhindern

Plutonium und hochangereichertes Uran gehören schon heute weltweit zu den am besten überwachten Stoffen. Sie sind in der Datenbank der IAEA erfasst. Nur sehr selten verschwindet dieses Nuklearmaterial oder taucht an der falschen Stelle wieder auf.

Anders verhält es sich mit gering uranangereichertem Material, genutzt in Laboren, Krankenhäusern oder Universitäten. Derartige Materialien sind weit verbreitet, und es gibt keine internationalen Standards zu ihrer Kontrolle. Dabei kann auch dieses Material extrem gefährlich sein.

Ein weiteres Problem: Selbst "nur" um nukleares Material angereicherte konventionelle Waffen - so genannte schmutzige Bomben - können verheerende Wirkungen entfalten.

Die teilnehmende Länder haben die Gefahr von radiologischer Quellen erkannt. Deshalb soll die IAEO nun auch eine Datenbank für diese gering angereicherte Material einrichten. Deutschland wird dazu bis zum Jahr 2012 zehn Millionen Euro bereitstellen: ein großer Erfolg des Washingtoner Nukleargipfels, wie die Kanzlerin resümierte.

Es geschah vor 23 Jahren: Zwei Männer stahlen in einer Klinik im brasilianischen Goiânia ein altes Gerät. Sie schraubten die Metalle heraus, um sie als Schrott zu verkaufen. Was sie die Diebe nicht wussten: Sie hatten einen Apparat zur medizinischen Strahlentherapie erwischt. In seinem Inneren befand sich radioaktives Cäsium. Der Schrotthändler war von dem Cäsium fasziniert, das im Dunkeln so schön blau leuchtete. Er ließ aus dem Metall ein Armband anfertigen. Im Verlauf mehrerer Tage kamen so zahlreiche Personen mit dem strahlenden Material in Kontakt. Die erschreckende Bilanz: Vier Menschen starben, 249 wurden verstrahlt, rund 112.000 medizinisch untersucht. Zudem waren Dutzende Häuser und der Boden der ganzen Gegend kontaminiert. Noch heute, fast ein Vierteljahrhundert später, verzeichnet man in der Gegend erhöhte Strahlungswerte.