Neues Kapitel der deutsch-chinesischen Beziehungen

Regierungskonsultationen Neues Kapitel der deutsch-chinesischen Beziehungen

Waren es früher nur gegenseitiger Handel und Investitionen, ist die Qualität der Zusammenarbeit heute eine deutlich andere: In zukunftsorientierten Projekten arbeiten deutsche und chinesische Unternehmen mittlerweile eng zusammen, ebenso die Regierungen beider Länder. Von der Fachkräfteausbildung über die Entwicklung von Elektroautos bis zum energieeffizienten Wohnungsbau. 

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Angela Merkel, Wen Jiabao und zwei Minister auf einem Podium

Deutsch-chinesisches Wirtschaftsforum

Foto: REGIERUNGonline/Koall

„Die ersten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen haben einen kleinen Eindruck von der hohen Intensität unserer Beziehungen gegeben“, bilanzierte Bundeskanzlerin Angela Merkel die jetzt aufgenommenen intensiven Arbeitsbegegnungen beider Regierungen. Die große Zahl angereister Minister und die Bandbreite der Themen machen deutlich: Hier wurde ein neues Kapitel in den deutsch-chinesischen Beziehungen aufgeschlagen.

Beim 6. deutsch-chinesischen Forum für wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit verwiesen Merkel und Staatspräsident Wen Jiabao auf die enormen Zuwächse beim wirtschaftlichen Austausch. Und die Ziele bleiben weiter hochgesteckt: "Was gut ist, das kann noch besser werden", zeigte sich die Kanzlerin optimistisch. Nicht nur die Investitionen, auch die Zusammenarbeit in Schlüsselbereichen wie der Elektromobilität wollen Wen und Merkel vertiefen. 

Merkel ermutigte chinesische Investoren, sich stärker in Deutschland zu engagieren. Im bilateralen Handel lasse sich das Volumen in den nächsten fünf Jahren durchaus von 130 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf 200 Milliarden erhöhen.

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China offen für mittelständische Investitionen

Die chinesische Regierung will insbesondere den Zugang für mittelständische Firmen erleichtern. Wen kündigte ein zwei Milliarden Euro starkes Kreditprogramm seiner Regierung für eine stärkere Zusammenarbeit deutscher und chinesischer Mittelständler an.

Bundeskanzlerin Merkel und Ministerpräsident Wen bei den militärischen Ehren

Militärische Ehren

Foto: REGIERUNGonline/Denzel

Wen betonte, China sehe in Deutschland einen wichtigen strategischen Partner. Die Zusammenarbeit der beiden wichtigen Volkswirtschaften komme der ganzen Welt zugute. Überhaupt setzt China nach den Worten Wens stark auf Europa. Die europäischen Partner hätten Know-how und hervorragende Fachkräfte. Deshalb seien die aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Kontinents von vorübergehender Natur. "Wir haben Vertrauen in die europäischen Länder", sagte Wen.

Zum Schluss der zweitägigen Konsultationen kamen schließlich vierzehn förmliche Abkommen zur Unterzeichnung: vier reine Wirtschaftsverträge, zehn Regierungsvereinbarungen. So wollen die Regierungen auch in den Bereichen Normung, Bauwesen, Biowissenschaft und in der Kultur enger zusammenwirken.

Die deutsche Wirtschaft investiert in den kommenden Jahren noch einmal verstärkt in China. Unter anderem entsteht für 860 Millionen Euro ein BASF-Werk in Chongqing. Volkswagen, Audi und Mercedes vereinbarten Kooperationen im Fahrzeugbau.

Und die Volksrepublik China wird im nächsten Jahr Partnerland der Hannover Messe. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler und der chinesische Industrieminister Miao Wie unterzeichneten eine entsprechende Vereinbarung.  

Enges Miteinander, doch mitunter verschieden

Presssekonferenz mit Bundeskanzlerin Merkel und Ministerpräsident Wen

Merkel: "Hohe Intensität unserer Beziehungen"

Foto: REGIERUNGonline/Bergmann

Was die internationale Politik angeht, räumten Merkel und Wen Jiabao gelegentlich durchaus verschiedene Ansätze ein. Libyen, Syrien, Iran, Afghanistan – „wir werden immer weiter um die Positionen ringen“, so die Bundeskanzlerin. Aber: „Je mehr gemeinsame Positionen wir haben, desto stärker ist der Sicherheitsrat.“ Und: "Wir fühlen auch eine gemeinsame Verantwortung für eine vernünftige Entwicklung in der Welt", so die Kanzlerin.

Zugleich unterstrich Merkel die Legitimität des Militäreinsatzes in Libyen unter Hinweis auf die einschlägige UN-Resolution. Unterschiedliche Meinungen zu Militärinterventionen werde es aber immer wieder geben.

Rechtsstaatsdialog: für Transparenz und Menschenrechte

Der vor über einem Jahrzehnt begonnene Rechtsstaatsdialog mit China geht weiter.

Die Bundeskanzlerin sprach nach den Konsultationen die Frage transparenter juristischer Verfahren und die Arbeitsbedingungen der Presse in China an. Im Zuge des Rechtsstaatsdialogs mit Peking seien zwar bereits Fortschritte erzielt worden. Etwa bei der Anerkennung des geistigen Eigentums. Was rechtsstaatliche Verfahren angehe, sei allerdings "noch eine Wegstrecke" zu bewältigen.

Merkel begrüßte die Freilassung der Bürgerrechtler Ai Weiwei und Hu Jia kurz vor den Regierungskonsultationen. Wichtig sei, dass es für diese wie auch andere Bürgerrechtler „transparente Verfahren“ geben werde.