Merkel und Obama einig über Ukraine

USA-Reise Merkel und Obama einig über Ukraine

Deutschland und die USA wollen die Wahlvorbereitungen in der Ukraine nach Kräften unterstützen. Über die Datensicherheit werden beide Nationen gemeinsam einen Cyber-Dialog führen. Das betonten Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Obama nach ihrer Unterredung im Weißen Haus.

Bundeskanzlerin Angela Merkel im Gespräch mit US-Präsident Barack Obama.

Kanzlerin Merkel wird von US-Präsident Obama im Oval Office empfangen.

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Länger als ursprünglich geplant sprachen Kanzlerin Angela Merkel und Präsident Barack Obama miteinander. Im Anschluss sagte die Kanzlerin, das Thema Ukraine sei angesichts der aktuellen Lage ein besonderer Schwerpunkt gewesen.

Freie Wahlen von entscheidender Bedeutung

Durch das Vorgehen Russlands werde "die Nachkriegsordnung in Europa in Frage gestellt", so Merkel. Es zeige sich, wie wichtig die transatlantische Partnerschaft auch in der heutigen Zeit sei. "Es ist gut, dass wir bisher alle Schritte, die wir gegangen sind, gemeinsam gegangen sind," bilanzierte die Kanzlerin. "Wir haben heute in unseren Gesprächen noch einmal die Absicht bekundet, dies auch weiter zu tun."

Merkel hob die Bedeutung der Präsidentschaftswahlen in der Ukraine am 25. Mai hervor. Bei der ordnungsgemäßen Durchführung komme der OSZE eine "zentrale Rolle" zu. Dieser Termin sei ein entscheidendes Datum.

"Es geht jetzt um nicht mehr und nicht weniger als darum, dass die Menschen in der Ukraine selbstständig entscheiden können, welchen Weg sie für die Zukunft gehen wollen," so die Kanzlerin. "Wir werden mit der OSZE alles unternehmen, um auch Russland, das ja Mitglied der OSZE ist, dazu zu bewegen, die notwendigen Schritte zu tun, damit der 25. Mai einen Fortschritt bei der Stabilisierung der Ukraine bringt."

Weitere Sanktionen auf der Tagesordnung

Wenn dies nicht möglich ist, seien weitere Sanktionen unvermeidlich, warnte die Kanzlerin. Es liege jetzt "stark in der russischen Hand", die Situation zu entschärfen, so Merkel. Sie hofft, "dass Russland seiner Verantwortung in Zukunft besser gerecht werden wird. Dafür müssen wir aber Taten sehen. Es gibt noch keine Befreiung der Geiseln der OSZE, darunter auch vier deutsche Geiseln. Das ist ein ganz wichtiger Schritt, der jetzt erst einmal erfolgen muss."

Auch Präsident Obama bekräftigte, dass die immer noch gefangen gehaltenen OSZE-Mitarbeiter umgehend aus den Händen der Aufständischen freikommen müssten. Andernfalls treibe Russland "den Preis in die Höhe", den es für sein Verhalten zahlen müsse. EU und die USA seien "fest entschlossen", nötigenfalls auch weitere Sanktionsmaßnahmen umzusetzen.

Merkel wies darauf hin, dass kurzfristige sektorale Maßnahmen jederzeit beschlossen werden könnten, etwa beim nächsten EU-Außenministertreffen am 12. Mai. Mittel- und langfristig gehe es darum, die Energiediversifizierung in Europa voranzutreiben und das Pipelinenetz auszubauen. Über eine Energieunion werde jetzt diskutiert.

Beide Regierungschefs stellten klar, dass sie weiter intensiv an einer diplomatischen Lösung der Krise arbeiten. "Das Ziel ist es nicht, Russland zu bestrafen, sondern wir wollen Russland einen Anreiz dafür geben, einen besseren Lösungsweg zu beschreiten, und zwar einen diplomatischen Weg", sagte Präsident Obama. Sanktionen seien "kein Selbstzweck", so die Kanzlerin, machten aber deutlich: "Es ist uns ernst".

Cyber-Dialog, um Vertrauen zu schaffen

Weiteres zentrales Thema: die NSA. Zwar bestünden nach wie vor Meinungsverschiedenheiten, so Merkel "über die Balance zwischen der Intensität von Überwachung auf der einen Seite, dem Schutz vor Gefahren der Bürgerinnen und Bürger, und der Sicherung der privaten Freiheit und der Persönlichkeitsrechte auf der anderen Seite. Dies wird auch weitere, tiefere Diskussionen zwischen unseren Ländern notwendig machen, um diese Meinungsunterschiede zu überwinden."

Die Bundeskanzlerin begrüßt die Bereitschaft der USA, sich dem Gespräch zu stellen. Ein wichtiger Schritt sei der geplante deutsch-amerikanische Cyber-Dialog.

Safe Harbor und ein Rahmenabkommen seien zwei Verhandlungsstränge, die es als erste Schritte zu verfolgen gelte. Außerdem gebe es das Angebot, dass sich die Parlamente beider Länder enger austauschen. Insgesamt sei der Cyber-Dialog mehr als ein bloßes Übergehen zur Tagesordnung. "Daran werden wir arbeiten, das wird uns in der nächsten Zeit bestimmen", stellte die Kanzlerin klar.

Transatlantisches Wirtschaftsabkommen wichtig

"Sehr, sehr wichtig" ist für die Bundeskanzlerin das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU - auch unter dem Aspekt der Ukraine-Krise. Noch bestehende Schwierigkeiten müssten rasch überwunden werden, um den Vertrag möglichst bis Ende 2015 zum Abschluss zu bringen. Es herrsche "volle Übereinstimmung", so Merkel, dass dies jetzt "geradezu notwendig" sei.

Mit TTIP sollen Wachstumschancen verbessert und Arbeitsplätze geschaffen werden. Befürchtungen von Verbraucherschützern begegnet die Bundesregierung deutlich: Es werde kein Abkommen unterzeichnet, das Verbraucherstandards in der EU negativ beeinflussen könnte.

Das TTIP-Abkommen war auch Thema im weiteren Verlauf ihres Aufenthalts in Washington. In ihrer Rede vor der US-Handelskammer betonte die Kanzlerin: "Die Europäische Union und die USA verfügen schon heute jeweils über ein dichtes Netz von Freihandelsabkommen mit Drittländern und verhandeln aktuell über zahlreiche weitere Abkommen. Nun wird und nun muss es uns doch miteinander und untereinander gelingen, mit dem Abkommen eine transatlantische Freihandelszone zu schaffen."

Für Merkel wäre das Freihandelsabkommen "ein klares Signal unserer Entschlossenheit, Handelsschranken umfassend abzubauen, und es wäre nebenbei ein wichtiger Impuls für die Entwicklung der Weltwirtschaft insgesamt."

Brennpunkte der Weltpolitik

Während ihres gemeinsamen Mittagessens standen für Merkel und Obama weitere aktuelle Fragen der Weltpolitik auf der Agenda. Dazu gehörten die Verhandlungen mit dem Iran über das Atomprogramm sowie die Lage in Syrien - auch mit Blick auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen im Juni.

Auch Gesprächsthema der beiden Regierungschefs: ihre jüngsten Eindrücke aus Asien. Obama kehrte am Dienstag von einer achttägigen Asien-Reise zurück. Die Bundeskanzlerin traf kürzlich mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und der koreanischen Präsidentin Park zusammen.

Finanzhilfen für die Ukraine

Beim Treffen der Bundeskanzlerin mit IWF-Chefin Christine Lagarde zum Abschluss ihres Washington-Besuchs stand die Lage in der Ukraine im Mittelpunkt. Die geplanten Finanzhilfen des IWF sollen der Regierung in Kiew dabei helfen, ihre Gasschulden bei Russland zu begleichen.