Merkel: Flüchtlingszahlen spürbar reduzieren

Zwischenbilanz Mitte Februar Merkel: Flüchtlingszahlen spürbar reduzieren

Die Bundesregierung will die Flüchtlingszahlen "spürbar und nachhaltig" senken. Notwendig sei eine europäische Lösung, sagte Kanzlerin Merkel in Wildbad Kreuth. Zugleich gelte es, bei den Fluchtursachen anzusetzen. Nach dem EU-Gipfel Mitte Februar könne es eine weitere Zwischenbilanz geben.

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Flüchtlinge gehen am 21.11.2015 an der deutsch-österreichischen Grenze nahe Wegscheid (Bayern) während eines Schneeschauers nach Deutschland.

Die Bundesregierung drängt auf eine europäische Lösung, um die Flüchtlingszahlen zu reduzieren.

Foto: picture-alliance/dpa/Weigel

Merkel sagte am Mittwoch in Wildbad Kreuth vor ihrem Treffen mit der bayerischen CSU-Landtagsfraktion, der Türkei komme eine Schlüsselrolle bei der Reduzierung der Zahl der Flüchtlinge zu. Das werde bei den ersten Deutsch-Türkischen Regierungskonsultationen am Freitag in Berlin eine Rolle spielen.

Zwischenbilanz Mitte Februar

Merkel wies zugleich auf die Bedeutung der Geberkonferenz zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Flüchtlinge in Syrien, Jordanien und im Libanon am 4. Februar in London sowie des EU-Gipfels Mitte Februar in Brüssel hin. Dort würden neben der Frage Großbritanniens auch die Flüchtlingskrise eine zentrale Rolle spielen müssen. Deutschland werde sich mit seinen Vorstellungen einbringen. Merkel: "Danach können wir eine weitere Zwischenbilanz ziehen und dann sehen, wo wir stehen."

Bundesfinanzminister Schäuble sagte in Kreuth, wenn Deutschland ebenfalls zur Schließung der Grenzen gezwungen wäre, dann sei das kein deutsches Problem, sondern ein europäisches. Natürlich werde das Auswirkungen auf das Schengen-System haben und damit auf die europäische Integration, den gemeinsamen Markt und vermutlich auch auf das Euro-System. Europa müsse daher schneller handeln, um eine gemeinsame Lösung zu finden. "Die Zeit ist endlich", sagte Schäuble.

Pläne Österreichs: Erst später beurteilen

Derweil wurden am Mittwoch Pläne Österreichs für eine Begrenzung der Asylbewerberzahlen bekannt. In Berlin ging Kanzleramtschef Altmaier nicht näher darauf ein. Er sagte jedoch, die Bundesregierung werde mögliche Auswirkungen "dann beurteilen, wenn es soweit ist". Nach seiner Kenntnis handele es sich bei den österreichischen Plänen nicht um eine Obergrenze, sondern um eine Richtgröße. Auch wolle Wien noch weitere rechtliche Gutachten einholen, so der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung. "Das alles wird man abwarten müssen", sagte Altmaier.

Zu den Flüchtlingszahlen in Deutschland hatte Regierungssprecher Steffen Seibert bereits am Mittwochmittag erklärt: Zwar seien die Zahlen deutlich niedriger als vor einigen Wochen und Monaten, dies reiche "aber bei Weitem nicht aus". "Wir haben bereits jetzt mehr Ordnung im System und trotzdem muss noch weiter an dieser Agenda gearbeitet werden", so Seibert. Flüchtlinge ohne Bleiberecht müssten schneller in ihre Heimatländer zurückgeführt werden, damit die Flüchtlinge mit Bleiberecht besser integriert werden können.

Nationale, europäische und internationale Anstrengungen

Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier unterstrich in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Samstag (16. Januar) das laufende Engagement der Bundesregierung: "Wir müssen die Flüchtlingszahlen verringern. Eine Million Flüchtlinge in einem Jahr kann unser Land verkraften, aber dauerhaft in jedem Jahr geht das nicht. Deshalb haben wir ja zwei Asylpakete vorgelegt. Eines ist vom Bundestag beschlossen. Das andere kommt in Kürze."

Zuletzt hatte Kanzlerin Angela Merkel in ihrer Neujahrsansprache betont, dass auf allen Ebenen an der Lösung der Flüchtlingsfrage gearbeitet werde: "National, in Europa und international arbeiten wir daran, den Schutz der europäischen Außengrenzen zu verbessern, aus illegaler Migration legale zu machen, die Fluchtursachen zu bekämpfen und so die Zahl der Flüchtlinge nachhaltig und dauerhaft spürbar zu verringern."

Rückführungen intensivieren

Im Hinblick auf eine beschleunigte Rückführung von Flüchtlingen aus den Maghreb-Staaten stellte Regierungssprecher Seibert bereits in der Regierungspressekonferenz vergangenen Freitag klar, dass auch Flüchtlinge aus nordafrikanischen Staaten, die kein Aufenthaltsrecht haben, Deutschland verlassen müssen:  "Wir haben mit Algerien ein Rückführungsabkommen. Das heißt, auf dem Papier ist alles geregelt. In der Praxis erweist es sich in einzelnen Fällen als durchaus problematisch, und darüber, dass die Praxis der Vertragslage angepasst wird, muss geredet werden."

Zum heutigen Maghreb gehören die durch das gleichnamige Gebirge verbundenen Länder Marokko, Algerien und Tunesien als Kernräume.

Ergänzend führte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, aus, dass allein das Aushandeln von Rücknahmeabkommen nicht ausreichend sei. Es gebe eine Vielzahl von Möglichkeiten, "solche grundsätzlichen politischen Vereinbarungen in der Praxis zu erschweren oder gar unmöglich zu machen".

Gespräche mit Maghreb-Staaten und Westbalkan

Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Außenminister Steinmeier arbeiteten gemeinsam daran, die "bürokratischen Probleme" zu bewältigen. Ziel sei es, zunächst mit dem westlichen Balkan, aber auch in Nordafrika zu vereinbaren, dass es sogenannte EU-Laissez-Passer gibt, sagte Schäfer.

"Laissez-Passer-Papiere" sind durch die europäische Union ausgestellte Standard-Reisedokumente für die Rückkehr von Ausländern ohne Reisedokumente in ihre Heimatländer. Ein solcher Passersatz ermöglicht die freiwillige Ausreise in Heimatländer, die den Passersatz anerkennen.

"Das ist das sprichwörtliche dicke Brett, das da gebohrt werden muss. Das geschieht nicht erst seit gestern und auch nicht erst seit dem letzten Jahr, sondern das geschieht seit vielen Jahren und ist mühsam. Ich kann Ihnen versichern: Der Außen- und der Innenminister gehen das mit großem Engagement an, auch in den persönlichen Gesprächen, die sie mit diesen Ländern führen", so Schäfer.