Merkel: E-Mobilität braucht neue Modelle und Konzepte

Elektrofahrzeuge Merkel: E-Mobilität braucht neue Modelle und Konzepte

Elektrisch betriebene Fahrzeuge und alternative Kraftstoffe sind wegweisend für die Mobilität der Zukunft, sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel im Interview der ADAC-Motorwelt. Bei den dafür erforderlichen Technologien müsse Deutschland international eine führende Rolle spielen, so die Kanzlerin.

  • Interview mit Angela Merkel
  • in ADAC-Motorwelt

ADAC-Motorwelt: Ist das Ziel der Regierung realistisch, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu bringen?

ADAC-Präsident Peter Meyer: Es ist ein ambitioniertes Ziel, aber ein erreichbares. Allerdings werden nicht ausschließlich rein elektrisch betriebene Autos dabei sein, sondern auch Hybridfahrzeuge.

Bundeskanzlerin Angela Merkel: Ehrgeizige Ziele fördern den Erfolg. Wir alle wissen: Elektrisch betriebene Fahrzeuge sind wegweisend für die Mobilität der Zukunft. Ich will, dass Deutschland, das Land, das das Automobil erfunden hat, bei dieser Innovation mit vorn liegt. Unsere Stärken sind diese Tradition, unsere Unternehmen und unsere vielfältige Forschungslandschaft. Die müssen wir ausspielen, und dann werden wir auch bei der Elektromobilität eine führende Rolle spielen können. Natürlich heißt das, dass wir uns in den nächsten Jahren erheblich anstrengen müssen. Der internationale Wettbewerb ist hart, andere schlafen auch nicht, und in solchen Umbruchzeiten wird so manches neu sortiert. Deshalb haben wir ja im vergangenen Mai den Startschuss für die Nationale Plattform Elektromobilität gegeben. Industrie, Wissenschaft und Politik erarbeiten in diesem Rahmen zurzeit Vorschläge, wie wir Deutschland bei der Elektromobilität in all ihren Facetten mit vereinten Kräften an die Spitze bringen. Mich beeindruckt es sehr, wie engagiert sich alle Beteiligten da reinhängen.

ADAC -Motorwelt: In zehn Jahren werden noch 95 Prozent der Fahrzeuge in Deutschland konventionelle Antriebe besitzen. Was bedeutet das für Industrie und Politik?

Merkel: Konventionell ist dabei nur das Grundprinzip. Tatsächlich wird doch auch der Verbrennungsmotor ständig weiterentwickelt und verbessert - das ist eine permanente Innovationsanstrengung. Und die ist auch nötig: Wir haben uns ehrgeizige Ziele gesetzt, wie stark wir den C02-Ausstoß reduzieren wollen. Das sollte ein möglichst offener Wettstreit darum sein, mit welchen Technologien wir diese Ziele am besten erreichen können. Auch alternative Kraftstoffe spielen dabei eine Rolle, auch sie müssen weiterentwickelt werden.

Meyer: Die umweltfreundliche Weiterentwicklung von Benzin- und Dieselmotoren bleibt weiterhin sehr wichtig. Dort gibt es Sparpotenziale von bis zu 30 Prozent, die gehoben werden können und müssen.

ADAC -Motorwelt: Wer wird in den nächsten Jahren Hauptnutzer von Elektromobilität sein?

Meyer: Treiber der Marktentwicklung kann gar nicht der private Fahrer sein. Im Mittelpunkt stehen in den kommenden Jahren kommunale und gewerbliche Flotten, die es schon allein von der Lade-Infrastruktur leichter haben.

Merkel: Wenn ich mir die angekündigten Modelle anschaue, so sind sie sicher auch für Autofahrer attraktiv, die sich für das Neue begeistern. Natürlich sind leistungsstarke Batterien jetzt noch sehr teuer. Das ist am Anfang eines Innovationsprozesses nicht so ungewöhnlich. Ich finde es wichtig, dass wir für ganz neue Geschäftsmodelle und Mobilitätskonzepte offen sind. Gerade dazu erwarte ich mir von der Nationalen Plattform fantasievolle Vorschläge. Elektroautos sollten in erster Linie nicht exklusiv, sondern pfiffig sein. Der Markt wird da seine ganz eigene Dynamik entwickeln, das sollten wir nicht unterschätzen.

ADAC-Motorwelt: Braucht die Elektromobilität staatliche Zuschüsse?

Meyer: Einen internationalen Subventionswettlauf um direkte Fördermittel lehnt der ADAC ab. Die Politik muss vernünftige Rahmenbedingungen setzen, um besonders umweltfreundlichen Fahrzeugkonzepten Vorteile bei der Nutzung zu verschaffen. Der Staat sollte aber nicht den direkten Verkauf an den Kunden unterstützen. Steuermilliarden für Subventionen sind kein Rezept. Bezahlbare Technologien, die den Bedürfnissen der Autofahrer gerecht werden, werden sich auch ohne finanzielle Unterstützung auf dem Markt durchsetzen.

Merkel: Die Bundesregierung fördert Hochtechnologie. Deutschland kann nur Innovationsland Nummer eins für moderne Antriebstechnologien sein, wenn wir gute Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung schaffen. Unter anderem aus dem Konjunkturpaket II haben wir dafür schon enorme Mittel zur Verfügung gestellt. Aber sprechen wir nicht nur immer über Fördermittel: Genauso wichtig ist es, die Stärke unserer Industrien zu nutzen. Wir sind gut, oft sogar Weltspitze in den Bereichen Automobil, Energie, Chemie und IT. Da muss sich jetzt vieles vernetzen, müssen Branchen und Unternehmen zusammenarbeiten, die bisher noch nicht viel miteinander zu tun hatten. Und dann bin ich mir sicher, dass wir hier in Deutschland die Elektromobilität zu einem Erfolg für uns alle machen können.

Motorwelt-Chefredakteur Michael Ramstetter im Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und ADAC-Präsident Peter Meyer.