Mahnung für die Gegenwart

Gedenken an Holocaust-Opfer Mahnung für die Gegenwart

Der Bundestag hat in einer Gedenkstunde an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Auch die Kanzlerin nahm daran teil. Anita Lasker-Wallfisch berichtete über ihr Schicksal im Konzentrationslager Auschwitz. Heute gehe es darum, sicherzustellen, dass so etwas nie wieder geschehe, sagte sie in ihrer Rede.

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Steinmeier, Lasker-Wallfisch und Merkel im Bundestag

Die 92-jährige Holocaust-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch (Mitte) hielt die Gedenkrede im Bundestag.

Foto: Bundesregierung/Denzel

73 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz hat der Deutsche Bundestag der Opfer der NS-Diktatur gedacht. Millionen von Menschen – meist jüdischen Glaubens – starben in den nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern.

Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nahmen die Vertreter aller anderen Verfassungsorgane an der Gedenkstunde teil.

Antisemitismus entschlossen bekämpfen

Die Gedenkrede hielt die Cellistin Anita Lasker-Wallfisch. 1943 wurde die heute 92-Jährige ebenso wie ihre Schwester in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Weil Anita Lasker-Wallfisch Cello spielen konnte, teilte man sie dem sogenannten Mädchenorchester zu. Das Orchester musste beispielsweise spielen, wenn die Mithäftlinge zur Zwangsarbeit marschierten. Im November 1944 wurden beide Schwestern in das Konzentrationslager Bergen-Belsen in Niedersachsen verlegt.

In ihrer Rede erinnerte Lasker-Wallfisch an die Gräueltaten gegenüber Juden. Heute gehe es darum, dass so etwas nie wieder geschehe, mahnte sie.

In ihrem Podcast hatte Bundeskanzlerin Merkel am Samstag (27. Januar) dazu aufgerufen, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit zu bekämpfen. Es sei "eine Schande, dass keine jüdische Einrichtung ohne polizeiliche Bewachung existieren kann", sagte Merkel.

Pflicht zur Verantwortung

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble betonte in seiner Ansprache die gegenwärtige Verantwortung Deutschlands. Sie erwachse aus der Schuld, die Deutsche in der Zeit des Nationalsozialismus auf sich geladen hätten. Es sei inakzeptabel, wenn Juden gegenwärtig im Alltag wieder antisemitische Anfeindungen erleben müssten.

Der Sohn der Hauptrednerin, Raphael Lasker-Wallfisch, wirkte als Cellist bei der musikalischen Gestaltung mit. Vorgetragen wurden Kompositionen von Ernest Bloch, der einer Familie Genfer Juden entstammte.

Jugendliche befassen sich mit NS-Zeit

An der Gedenkstunde nahmen auch Jugendliche zwölf Ländern teil. Sie beschäftigen sich im Rahmen der Jugendbegegnung des Bundestags mit der NS-Zeit. Das Programm steht dieses Jahr unter der Überschrift "Widerstand aus Gewissensgründen".

Die rund 70 Jugendliche haben in den vergangenen Tagen die KZ-Gedenkstätte Dachau sowie die Dauerausstellung über die Widerstandsgruppe "Die weiße Rose" in der Ludwig-Maximilians-Universität München besucht. Nach der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag nahmen die Jugendlichen an einem Podiumsgespräch mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, Anita Lasker-Wallfisch und ihrer Schwester Renate Lasker-Harpprecht teil.

Der 27. Januar ist Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Der Gedenktag wurde 1996 durch Proklamation von Bundespräsident Roman Herzog eingeführt. Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz von sowjetischen Truppen befreit. Dort waren etwa 1,1 Millionen Menschen ermordet worden. Etwa sechs Millionen Juden kamen insgesamt im Holocaust ums Leben. Die Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus findet seit 1996 jährlich im Deutschen Bundestag statt.