Konferenz zur Förderung der Jugendbeschäftigung in Europa am 03.07.13

Sprecher: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesministerin von der Leyen, Präsident des Europäischen Rats, Herman Van Rompuy, EU-Kommissionspräsident José Manuel Durão Barroso, Präsidentin Dalia Grybauskaitė, Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, Staatspräsident François Hollande

(Die Ausführungen des fremdsprachlichen Teils erfolgten anhand der Simultanübersetzung.)

StS Seibert: Meine Damen und Herren, guten Tag! Hier sitzen viele kompetente Persönlichkeiten, um Ihnen über die Ergebnisse der Konferenz zur Jugendbeschäftigung zu berichten. Das Wort hat zunächst die Bundeskanzlerin.

BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen sagen, dass wir heute einen sehr wichtigen Tag zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und für mehr Chancen von jungen Menschen in Europa hatten, der sicherlich nicht der Abschluss sein kann, sondern der Startpunkt für eine klarere Roadmap ist, die wir aufgestellt haben.

Im Grunde haben heute drei Konferenzen stattgefunden: einmal die Konferenz der Arbeitsministerinnen und Arbeitsminister der Europäischen Union, zusammen mit dem zuständigen Kommissar und den Sozialpartnern, zum Zweiten eine Konferenz der 28 Arbeitsagenturen oder ähnlicher Konzeptionen in den einzelnen Mitgliedstaaten und drittens am Nachmittag eine gemeinsame Konferenz der europäischen Institutionen mit vielen Regierungschefs und den Ministern und Vertretern der Arbeitsagenturen.

Das Ganze ist, wie unsere Ministerin es heute gesagt hat, der Tag der Praktiker. Wir haben uns ganz bewusst nicht darauf bezogen, welches Geld wir zur Verfügung haben, sondern darauf, welche Maßnahmen wir implementieren können, damit in der Sache etwas geschieht, damit mehr junge Menschen eine Chance auf eine zukünftige Tätigkeit haben.

Die gute Nachricht ist - dafür möchte ich dem Europäischen Parlament danken -, dass das Parlament mit großer Mehrheit und breiter Unterstützung die mittelfristige finanzielle Vorausschau verabschiedet hat, sodass die Gelder auch zur Verfügung stehen. Es geht nicht nur um 8 Milliarden Euro mehr zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, sondern um den flexibleren Einsatz von Strukturfondsmitteln, um Mittel der Europäischen Investitionsbank, um Mittel der Europäischen Sozialfonds. Das heißt, wenn immer gesagt wird: „Nur 8 Milliarden Euro!“ ist das nicht richtig, wenn es um die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit geht. Aber wir haben 8 Milliarden, die sozusagen noch nicht in den klassischen Strukturen verplant sind und für die jetzt bis zum Jahresende an den notwendigen Verordnungen gearbeitet werden muss, um die Gelder ab dem 1. Januar wirklich zur Verfügung zu haben.

Darüber, was wir genau tun wollen, haben wir heute gesprochen. Das wird jetzt im Weiteren fortgesetzt. Ich bin sehr dankbar, dass Frankreich - François Hollande wird nachher etwas dazu sagen - bereit ist, diesen Prozess fortzusetzen und natürlich auch unter Leitung der litauischen Präsidentschaft die Dinge gemeinsam mit den europäischen Institutionen weiterzuentwickeln.

Heute haben im Zuge der Veranstaltung alle Ebenen, die Arbeitsverwaltungen, die Minister für Arbeit und die Staats- und Regierungschefs, Verantwortung übernommen, genauso die Europäische Investitionsbank. Es gibt klare Abmachungen, was die nächsten Ratssitzungen anbelangt, was die Kommission unternehmen und wie das Parlament die notwendigen Dinge verabschieden wird. Wir wollen uns selbst dabei ein Stück weit unter Druck setzen; denn wir wissen: Mit einer Konferenz wie der heutigen haben wir auch erhebliche Erwartungen geweckt. Wir sagen ganz klar: Das Problem kann nicht von einem Tag auf den anderen gelöst werden. Aber wenn wir uns das nächste Mal in einem solchen Kreis treffen, muss es Fortschritte geben. Diese Fortschritte bestehen darin, dass die Arbeitsverwaltungen, dort, wo notwendig, effizienter gestaltet werden, dass die Weiterbildungs- und Qualifizierungsstrukturen gestärkt werden, dass die notwendigen Rechtsetzungen dafür in den Mitgliedstaaten erfolgen, dass, wie ich schon sagte, die Mittel vergeben werden können, dass die Europäische Investitionsbank sehr verzahnt mit den notwendigen Mitteln zur Unterstützung von Qualifizierung, Ausbildung, Training auch Kredite an kleine und mittlere Unternehmen gibt. Denn wir wissen, dass es heute eine große Bremse, eine große Barriere in Bezug auf Neueinstellungen von jungen Menschen ist, dass die Kreditfinanzierung der Unternehmen in bestimmten Ländern schlecht bis gar nicht klappt und dass deshalb Wachstum auch nicht möglich ist. So hat jeder der Partner - auch der European Round Table der 50 größten Unternehmen Europas, die kleinen und mittleren Unternehmen, die Gewerkschaften - seine Verantwortung übernommen, um in einer großen gemeinsamen Kraftanstrengung das Thema der Jugendarbeitslosigkeit in den Blick zu nehmen.

Ich bin allen, die daran mitgewirkt haben, sehr dankbar, dass wir uns dieser Aufgabe stellen, und möchte nun unserer Arbeitsministerin zur Ergänzung das Wort erteilen.

BM’in von der Leyen: Vielen Dank, Frau Bundeskanzlerin. Die Staats- und Regierungschefs haben uns im Frühjahr dieses Jahres einen sehr klaren Auftrag gegeben, indem sie die Jugendgarantie auf den Weg gebracht haben, unterlegt auch mit Finanzmitteln. Damit war für uns Arbeitsministerinnen und Arbeitsminister klar, dass wir das jetzt auch mit Leben füllen müssen. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten sehr intensiv an einem umfassenden Konzept und Papier gearbeitet, das vier Punkte zusammenbringt, die ich kurz skizzieren möchte.

Zunächst haben wir identifiziert, was das Hauptproblem für junge Menschen ist, die Eintrittskarte in den Arbeitsmarkt zu bekommen. Das Entscheidende ist die Beschäftigungsfähigkeit, das heißt die jungen Menschen müssen die Fertigkeiten haben, die die Wirtschaft braucht. Das lernt man nicht in der Schule. Die Wirtschaft ist auch nicht von vornherein bereit, jemanden, der keinerlei Fähigkeiten hat, keine Berufsausbildung hat, aufzunehmen. Das heißt, entscheidend ist, die Strukturen herzustellen, dass junge Menschen im Idealfall eine duale Ausbildung bekommen, um zu den Fachkräften zu werden, die die Wirtschaft braucht.

Es gibt aber noch mehr im Instrumentenkasten der Arbeitsminister, was wir einsetzen können, ob das „training on the job“ ist, ob das Lohnkostenzuschüsse sind, die sehr gezielt eingesetzt werden, damit junge Menschen zunächst einmal den Zutritt zu Betrieben erhalten, wo sie dann die Qualifizierung bekommen, ob das Erasmus für alle ist - Erasmus also nicht nur für Studenten, sondern auch für Auszubildende -, ob das eine höhere Mobilität in Europa ist oder ob das die Förderung der Selbstständigkeit ist. Dies ist ein Strauß dessen, was nach unserer typische Erfahrung in den Arbeitsministerien wirkt und was wir einsetzen wollen.

Oberstes Gebot ist es also, die Fähigkeiten der jungen Menschen auszubilden, damit die Wirtschaft und die jungen Menschen zusammenkommen.

Zweitens ist in der Tat zu fragen: Wo entstehen eigentlich die Arbeitsplätze? Wir haben festgestellt, dass die Hauptbarriere die Kreditklemme der kleinen und mittleren Unternehmen in Ländern ist, in denen die Banken das Problem haben, dass sie den an sich gesunden kleinen und mittleren Unternehmen Investitionskredite nur mit sehr hohen Zinsen ausgeben. Es gibt eine enorme Wettbewerbsverzerrung. Ein Unternehmen in Italien, das hohe Zinsen für einen Investitionskredit zahlen muss, hat viel schlechtere Chancen als ein Unternehmen in Deutschland mit günstigen Investitionskrediten. Die Lösung besteht also darin, die Kreditklemme über die Europäische Investitionsbank zu beseitigen. Dann können kleine und mittlere Unternehmen Aufträge annehmen, dann können sie investieren, und dann können sie auch neue Arbeitsplätze zur Verfügung stellen.

Der dritte Punkt ist ganz wichtig: Wie bringen wir all die Dinge, die ich eben kurz skizziert habe, vor Ort zu den jungen Menschen? Unser Transmissionsriemen, die Übersetzer, die Mediatoren, sind die öffentlichen Arbeitsverwaltungen, sind die Kammern und sind die Sozialpartner. Deshalb haben wir heute eine Konferenz mit den öffentlichen Arbeitsverwaltungen vorgeschaltet, die sich in den letzten Wochen zusammengeschlossen haben - alle 28 Arbeitsverwaltungen -; um ganz konkret zu besprechen, wie wir die jungen Leute vor Ort ansprechen, wie wir diejenigen finden, die Arbeit brauchen, wie wir einen Überblick über den europäischen Arbeitsmarkt erhalten, wie wir die Arbeitsuchenden und die Arbeitgeber, die bereit sind, diese aufzunehmen, zusammenbringen, um hier also den Arbeitsmarkt auch ganz konsequent europäisch zu denken.

Letzter Punkt: Das Geld alleine ist es nicht, aber ohne Geld geht es auch nicht. Insofern sind wir dankbar, dass uns sowohl die europäischen Sozialfondsmittel - wenn man die Mittel nimmt, die noch nicht verausgabt sind und die in den nächsten zwei Jahren zusätzlich zur Verfügung stehen, dann ist das ein Volumen von 24 Milliarden Euro - als auch die Mittel der Europäischen Investitionsbank zur Verfügung stehen. Es war eine gute Nachricht, dass die Europäische Investitionsbank heute gesagt hat, sie könne in den nächsten drei Jahren jedes Jahr zusätzlich noch einmal 6 Milliarden zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit zur Verfügung stellen, und zwar beginnend ab August dieses Jahres, also sofort. Viele der Länder sagen auch: Dass die Mittel fließen, ist entscheidend.

Somit haben wir jetzt ein geschlossenes Konzept, das sich zusammensetzt aus der Erfahrung aus den Arbeitsministerien, den Umsetzern, den Praktikern vor Ort in den Arbeitsverwaltungen, der Europäischen Investitionsbank, die die Kreditklemme löst, und der europäischen Ebene mit den europäischen Strukturfonds, die das überwölbende Dach geben.

P Van Rompuy: Guten Abend. Zunächst möchte ich Bundeskanzlerin Angela Merkel ganz herzlich dafür danken, dass sie zu dieser wichtigen Konferenz zur Frage der Jugendarbeitslosigkeit, wahrscheinlich einem der dringendsten Probleme, denen sich Europa gegenübersieht, (eingeladen hat).

Wie kann Europa dieses Problem angehen und bewältigen? Wir haben uns ausgerichtet an den Schlussfolgerungen des Europäischen Rats letzte Woche in Brüssel. Der Rat widmete sich ebenfalls dem Thema der Jugendarbeitslosigkeit. Die heutige Konferenz hat uns eine gute Gelegenheit geboten, die Erfahrungen, die wir in Europa dahingehend gemacht haben, wie Europa auf praktische Art und Weise die Schaffung von Arbeitsplätzen für junge Menschen unterstützen kann, auszutauschen. Das Ziel unserer Anstrengungen in den letzten drei Jahren besteht ja gerade darin, Beschäftigung zu schaffen. Finanzielle Stabilität, solide Finanzen, Strukturreformen - das sind Zwischenziele, Mittel zum Zweck. Das wirkliche Ziel besteht darin, den Menschen wieder eine Arbeit zu vermitteln.

Europa verfolgt eine umfassende Strategie, die langfristiges Wirtschaftswachstum zum Ziel hat. Wir sollten die Richtung nicht aus den Augen verlieren, aber das Tempo aufrechterhalten. Da wir diese langfristige Strategie haben, brauchen wir auch kurzfristige Maßnahmen. Wir können nicht einfach nur darauf warten, dass wirtschaftliches Wachstum automatisch Arbeitsplätze mit sich bringen wird. Wir können nicht darauf warten, dass uns die Vollendung der Bankenunion die Lösung der Kreditklemme für die kleinen und mittelständischen Unternehmen bringt.

Beim Gipfel letzte Woche haben alle 27 - heute sind es 28 - Mitgliedstaaten der EU eine Reihe wichtiger Entscheidungen getroffen. Wir wissen natürlich, dass die sozialen und die Beschäftigungspolitiken in erster Linie Sache der nationalen Regierungen sind; aber wir haben folgende vier Entscheidungen gefällt:

Erstens ist es uns gelungen, beim Gipfel alle wichtigen Akteure zusammenzubringen, die Mitgliedstaaten, die Sozialpartner, die europäischen Institutionen, gemeinsam hinter dem Ziel zu vereinen, mehr Arbeitsplätze und Beschäftigung für junge Menschen zu schaffen. Jeder ist mobilisiert worden.

Zweitens haben wir uns darauf geeinigt, unsere Jugendbeschäftigungsinitiative auf Stand zu bringen und hochzufahren. Ursprünglich hatten wir 6 Milliarden Euro, letztendlich haben wir 8 Milliarden Euro vorgesehen. Diese sollen in den nächsten zwei Jahren ausgegeben werden. In dem Maße, in dem sich der Haushalt in den nächsten Jahren entwickeln und ausgegeben werden wird, werden noch mehr Mittel gezielt in den Bereich der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit gehen.

Das Jugendgarantieprogramm der EU wird sicherstellen, dass einem jungen Menschen vier Monate, nachdem er entweder von der Schule abgegangen oder arbeitslos geworden ist, ein Ausbildungsplatz, eine Lehre, oder ein Arbeitsplatz angeboten werden wird.

Zunächst einmal wollen wir von den Erfahrungen der einzelnen Mitgliedstaaten profitieren. Die Erfahrung, die wir gemacht haben, ist: Je besser ausgebildet die jungen Menschen sind, desto größer ihre Chancen, einen Platz auf dem Arbeitsmarkt zu finden, desto geringer ihre Chancen, arbeitslos zu werden.

Kleine und mittelständische Unternehmen spielen hierbei eine große Rolle; denn sie beschäftigen die meisten Menschen in unseren Ländern. Ihnen müssen wir durch die Kreditklemme helfen. Dazu werden wir Mittel aus dem Haushalt der EU und aus dem Haushalt der EIB zusammenführen, um auf diese Art und Weise den Zugang zur Kreditfinanzierung gerade für die KMU zu verbessern, damit diese dann in die Lage versetzt werden, Arbeitsplätze zu schaffen. Deshalb hat sich der Europäische Rat auch auf einen neuen Investitionsplan für Europa geeinigt: eine Billion Euro. Deshalb haben wir beschlossen, die Durchsetzung regelmäßig zu überprüfen. Schon im Oktober werden wir uns zusammenfinden, um zu überprüfen, wie weit wir mit der Umsetzung unserer Pläne gekommen sind. Zunächst einmal geht es um die Förderung der Mobilität über die Grenzen hinweg, um die Förderung der Berufsbildung, aber auch von Ausbildungs- und Praktikumsplätzen, die eine hohe Qualität haben, um so Hunderttausende von jungen Menschen auf dem EU-Arbeitsmarkt eine Chance zu verschaffen.

Ich möchte der Bundeskanzlerin, dir, liebe Angela, für die Ausrichtung dieser Konferenz danken, die Ausdruck des echten europäischen Geistes der Kooperation ist. - Vielen Dank.

P Barroso: Vielen Dank! Wir erhöhen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Das ist Verpflichtung. Dieser Verpflichtung sind wir heute nachgekommen. Die Ergebnisse des europäischen Gipfels letzte Woche haben das auch unterstrichen. Jetzt geht es darum, dies auf nationaler Ebene umzusetzen. Denn das aktuelle Niveau der Jugendarbeitslosigkeit ist zu hoch.

Wir stehen vor einer sozialen Notlage. Wir müssen handeln. Es besteht akuter Handlungsbedarf. Wir müssen der Jugend in Europa wieder Hoffnung und Zukunftsperspektiven geben. Das muss gemeinsam geschehen und nicht im Alleingang. Wir machen das gemeinsam. Wir arbeiten hierbei zusammen, für die Zukunft der jungen Menschen in einem gemeinsamen Europa.

2007, als wir die Erklärung von Berlin unterzeichnet haben, haben wir uns folgendem Prinzip verpflichtet: Wir sind vereint, um Europas Jugend eine bessere Zukunft zu geben. Das war auch der Geist der heutigen Sitzung. Daher ganz herzlichen Dank an Bundeskanzlerin Angela Merkel für die Einberufung der heutigen Konferenz. Wir konnten über die besten Erfahrungen in Deutschland sprechen. Insbesondere das duale System ist ein Vorbild, aber auch die deutschen Arbeitsmarktreformen sind sicherlich Inspiration für andere Länder in Europa.

Die Diskussionen heute zeigen Europas Engagement, die langfristige Jugendarbeitslosigkeit anzugehen. Das ist die Verantwortung, und dazu brauchen wir die Finanzmittel. Das liegt natürlich überwiegend bei den Mitgliedstaaten, aber die Kommission kann hier die europäische Dimension hinzufügen und als Ansprechpartner für die Maßnahmen dienen, als Bündelung, aber auch als Katalysator der nationalen Bestrebungen und Bemühungen, über eine Finanzierung der Programme und zum Beispiel auch über eine Hebelung der Mittel, die von der EIB bereitgestellt werden. Hier kann also eine Bündelung der Kräfte und Mittel erfolgen.

Es gibt fünf Bereiche, in denen die Kommission einen Mehrwert zu den nationalen Bemühungen erbringen kann.

Erstens. Die Sicherstellung der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen. Hier geht es um konkrete Maßnahmen, die jetzt identifiziert wurden. Dazu gehören Strukturreformen, Arbeitsmarktreformen, um so mehr Arbeitsplätze zu schaffen.

Zweitens. Unterstützung der Mitgliedstaaten bei ihren Bemühungen zur Umsetzung der Jugendgarantie, Vorziehen der Jugendbeschäftigungsinitiative. Es wird auch sogenannte Aktionsteams für Jugendbeschäftigung geben, die bei Bedarf eingesetzt werden können. Das ist mit Blick auf die Bereitstellung von Strukturfondsmitteln besonders wichtig.

Außerdem können wir die Arbeiten der Partnerschaftsprogramme beschleunigen, um auch über diesen Weg das Humankapital stärker zu fördern.

Zudem müssen wir die grenzüberschreitende Mobilität der Jugend in Europa fördern und Anreize für die Arbeitsaufnahme schaffen. Hierzu wurde gestern die europäische Ausbildungsallianz in Leipzig ins Leben gerufen.

Nicht zuletzt möchte ich hier auch noch das Erasmusplus-Programm erwähnen.

All dies ist ein Paket, das uns helfen wird, die Jugendarbeitslosigkeit anzugehen. Ich freue mich sagen zu können, dass die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit heute als oberste Priorität erkannt wurde. Das ist ein ganz wichtiges Thema, das für uns ganz oben auf der Tagesordnung steht. Daher freue ich mich ganz besonders, dass wir heute diese europäische Veranstaltung hatten, und ich freue mich, dass sich Frankreich bereits bereit erklärt hat, die Folgekonferenz auszurichten. Jetzt gilt es, diese Dynamik aufrechtzuerhalten, um weiter konkrete Ergebnisse zu erzielen. Jetzt geht es um die Realisierung der heute gemachten Zusagen. - Vielen Dank.

P Grybauskaitė: Vielen Dank! - Im Namen der europäischen Ratspräsidentschaft möchte ich sagen, dass die Konferenz heute sehr interessant und ergiebig war. Wir haben uns hier als Mitglieder des Europäischen Rates zusammengesetzt. Aber wir hatten auch die wichtigen Sozialpartner mit am Tisch. Das ist also heute eine ganz einmalige Konferenz gewesen.

Die Frage ist: Warum hat die Konferenz heute stattgefunden und nicht gestern oder vorgestern oder bereits in der weiter zurückliegenden Vergangenheit? Das sind ja Themen, die nicht erst heute auf der Tagesordnung stehen. Es sieht so aus, als ob die meisten Mitgliedstaaten dieses Problem unterschätzt hätten. Das Problem hat uns sozusagen erwischt. Es hat uns eingeholt.

In allen Ländern ist die Jugendarbeitslosigkeit fast doppelt so hoch wie die allgemeine Arbeitslosigkeit. Viele Länder haben nicht auf europäische Unterstützung gewartet. Sie haben eigene nationale Maßnahmen ergriffen, um die Jugendbeschäftigung zu fördern. Daher haben wir auch bereits Erfahrungen über erfolgreiche Maßnahmen, die wir zwischen den Mitgliedstaaten, aber natürlich auch zwischen den Sozialpartnern austauschen können.

Unsere Priorität wird während unseres Ratsvorsitzes folgende sein: Wir werden mit dem Europäischen Parlament die Rechtsgrundlage für das Vorziehen der Finanzmittel schaffen. Wir werden die Partnerschaftsabkommen entsprechend einsetzen, damit die Finanzierung ab 2014 bereitgestellt werden kann. Aber wichtig sind natürlich auch konkrete Maßnahmen auf nationaler Ebene. Das ist die Aufgabe jedes einzelnen Mitgliedstaates. Jeder Mitgliedstaat muss seinen Aktionsplan zusammenstellen.

Dann geht es um die Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern. Die Sozialpartner haben Erfahrungen aus erster Hand. Sie wissen vor Ort, wo Bedarf besteht - oftmals besser als die Politiker selbst. Das ist auch der Grund, weshalb wir hier so hinterherhinken. Wir müssen alle zusammen an einem Strang ziehen. Wir müssen uns besonders um die kümmern, die am anfälligsten sind, also um die schwächsten Bevölkerungsgruppen. Hier geht es auch um soziale Inklusion. Alle müssen in Beschäftigung oder Ausbildung gebracht werden, auch Menschen mit besonderen Bedürfnissen.

Ganz besonders möchte ich aber hervorheben - und ich möchte auch die Mitgliedstaaten daran erinnern -, dass all diese Fragen, die wir jetzt versuchen anzugehen, schon eine ganze Weile vor sich hin gären. Wir wissen in der Europäischen Union, dass wir einen EU-Haushalt haben. Wir haben ein Budget, das 1,5 Prozent des BIP innerhalb der EU beträgt. Die soziale Dimension und die sozialen Fragen können jedoch nur durch nationale Zuständigkeiten, durch nationale politische Verantwortung gelöst werden. Die EU kann natürlich Unterstützung leisten; das ist richtig. Sie kann Anstöße geben. Aber die Hauptverantwortung liegt hier auf der nationalen Ebene. Das gilt auch für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Hier sind die nationalen Regierungen gefordert.

Daher möchte ich mich noch einmal ganz herzlich für die heutige Konferenz bedanken. Sie ist sehr begrüßenswert. Aber ich möchte auch eines klarstellen: Wir dürfen hier nicht die Illusion erwecken, dass jetzt die nationalen Regierungen eine Art Ausrede, ein Alibi haben, Zuhause nichts zu tun, und zwar nach dem Motto: Europa wird es schon richten, und wir bekommen Hilfe aus Brüssel.

Die Mitgliedstaaten selbst sind hier gefordert. Sie sind selbst zuständig für die Umsetzung ihrer Politik. Ja, Europa zusammen kann helfen. Aber Europa ist nicht die Lösung aller Probleme. Mit aller Unterstützung, die hier heute und in Zukunft geleistet wird, möchte ich auch sagen, dass wir in Bezug auf unsere Programme, die wir zusammen durchführen, natürlich eng mit dem Rat, mit der Kommission, mit dem Parlament zusammenarbeiten werden. Wir werden mit allen EU-Institutionen eng zusammenarbeiten, um möglichst viel zu erreichen. Aber ohne klares Engagement und eine Beteiligung der nationalen Regierungen können wir hier nicht erfolgreich sein. Darauf wird gewartet. Die Leute wollen konkrete Ergebnisse sehen und keine weiteren schönen Konferenzen oder Sonntagsreden. Das ist unsere Pflicht, und dieser Pflicht müssen wir gerecht werden.

P Schulz: Die Bemerkung von Frau Grybauskaitė, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine besondere Verantwortung für das tragen, was wir heute hier diskutiert haben, trifft ganz ohne Zweifel zu. Die Europäische Union und ihre Institutionen können einen Rahmen bilden. Aber es ist sicher so, dass die Arbeitsmarktpolitik am Ende nationale Verantwortlichkeit ist. Deshalb teile ich die Auffassung der Ratsvorsitzenden, dass es am Ende nicht so sein kann, dass Europa - was immer auch Europa sein mag - für ein Defizit verantwortlich gemacht wird, das in den nationalen Ebenen auftaucht. Deshalb fand ich es gut, dass hier heute auch Regierungschefs um den Tisch herum eine Selbstverpflichtung eingegangen sind, nämlich eine Selbstverpflichtung, das ambitionierte Projekt, das wir anpacken, auch tatsächlich umzusetzen.

Das, was wir hier heute gemacht haben, ist, eine enorme Erwartungshaltung zu wecken, von der ich glaube, dass wir ihr wirklich mit konkreten Maßnahmen eine Antwort geben müssen. Die Tatsache, dass wir politisch einen Zustand beschreiben - sei es auf der nationalen oder auf der europäischen Ebene -, und die Tatsache, dass wir Maßnahmen beschreiben, wie man Missstände abbaut, ist endlich ein Schritt in die richtige Richtung, wenn es um die Jugendarbeitslosigkeit geht. Wir sind uns ja alle darüber im Klaren, dass das die zentrale Herausforderung überhaupt ist.

Wir müssen Maßnahmen im Europäischen Parlament ergreifen - Frau Grybauskaitė hat darauf hingewiesen -, um gesetzgeberisch die Begleitung zu schaffen, damit das möglichst schnell umgesetzt werden kann, damit die Programme, die wir brauchen, um die entsprechenden Gelder in die regionalen, die lokalen und nationalen Körperschaften zu bringen, die dafür verantwortlich sind, dass die Projekte umgesetzt werden, (geschaffen werden). Das werden wir tun. Dafür - das habe ich eben gesagt - übernehme ich auch persönlich die Verantwortung, bis zum Ende dieses Jahres diese Maßnahmen im Parlament zu beschließen - logischerweise in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten.

Aber wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass wir ein zentrales Problem bei der Beschaffung für junge Menschen haben. Neben der Qualifizierung von jungen Männern und Frauen gibt es das Problem, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen diejenigen sind, die die meisten Arbeitsplätze zur Verfügung stellen, auch die meisten Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. Aber gerade die sind diejenigen, die fast überall in Europa in den Krisenländern ein zentrales Problem haben, nämlich den mangelnden Zugang zu Krediten. Das werden wir nicht über die EIB alleine lösen können. Deshalb habe ich das eben auch in der Konferenz gesagt. Wir beklagen im Europäischen Parlament seit langer Zeit - übrigens weit über alle Fraktionsgrenzen hinweg - die Tatsache, dass wir eine Politik des billigen Geldes der EZB haben, die richtig ist, aber dass wir es nicht schaffen, dass dieses Geld in dem Maße in die Realwirtschaft fließt, in dem es nötig wäre.

Das ist ein Punkt, über den wir diskutieren müssen. Es kann nicht sein, dass Banken für 0,5 Prozent Zinsen Geld leihen können, das sie anschließend nicht in die Realwirtschaft investieren, sondern gerade diesen genannten kleinen und mittleren Unternehmen sagen: Wir haben für euch Kreditkonditionen, die für diese Unternehmen nicht stemmbar und deshalb nicht haltbar sind. Deshalb entstehen dort auch keine Arbeitsplätze. Die Realwirtschaft mit vernünftigen Kreditkonditionen zu versorgen, ist also eine der zentralen Aufgaben und Herausforderungen bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.

Ich möchte meine Bemerkungen damit abschließen, dass ich glaube, dass es um eine Herausforderung geht, wie wir sie nie zuvor in der Geschichte der europäischen Integration hatten. Wenn sich eine ganze Generation - wahrscheinlich in einigen Ländern die am besten ausgebildete Generation, die diese Länder je hatten - vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen fühlt, dann kann das irgendwann auch in einen systemischen Bruch münden, indem diese Generation sich davon abwendet, sich für diese Staaten und unsere Gesellschaft zu engagieren. Das wäre allerdings eine katastrophale Entwicklung. Deshalb hängt die Rückgewinnung von Vertrauen gerade dieser jungen Menschen davon ab, ob wir neben den ambitionierten Projekten, die wir anpacken, tatsächlich auch die konkreten Ergebnisse liefern können.

Wir haben heute ein großes Rad gedreht und Erwartungshaltungen geweckt, die wir auch erfüllen müssen. Deshalb wiederhole ich hier, was ich eben in dieser Runde gesagt habe. Wir sind ja in Berlin und in Deutschland darf man ja immer mit Johann Wolfgang von Goethe schließen: „Das Schicksal jedes Volkes und jeder Zeit hängt von den Menschen unter 25 Jahren ab.“ Das Zitat ist zwar schon 200 Jahre alt, aber immer noch richtig.

P Hollande: Ich danke der Frau Bundeskanzlerin ganz herzlich für die Ausrichtung dieser Konferenz, bei der es um ein ganz bedeutendes Thema geht, das die Europäer und Europäerinnen am meisten besorgt. Das ist die Beschäftigung der jungen Menschen.

Es ging uns heute nicht darum, Ankündigungseffekte zu verbreiten, die man als reine Improvisation aufgefasst hätte. Nein, diese Konferenz entspricht einer ganz kohärenten Logik. Wir haben sie letztes Jahr mit der Verabschiedung des Wachstumspaktes auf den Weg gebracht. Dank dieses Wachstumspaktes sind wir heute in der Lage, die Darlehen der Europäischen Investitionsbank bereitzustellen, und zwar zugunsten der Unternehmen und der Betriebe und zugunsten einiger Ausbildungszentren oder Existenzgründungen.

Diese Konferenz ist auch deshalb so kohärent, weil wir vor wenigen Tagen gerade erst eine Tagung des Europäischen Rates hatten, wo über den EU-Haushalt gesprochen wurde. Es wurde vorgesehen, dass 6 Milliarden Euro, wahrscheinlich 8 Milliarden Euro, für die Förderung der Jugendbeschäftigung aufgebracht werden.

Worum ging es also heute? Auf Initiative der Arbeits- und Sozialminister und auch auf Initiative der Staats- und Regierungschefs, die heute anwesend waren, ging es darum, alle Praktiken, Politiken und Maßnahmenpakete zu evaluieren, die in den jeweiligen Ländern umgesetzt werden. Es ist unsere Verantwortung, die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen, und zwar mit Hilfe von Reformen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, das Wachstum zu fördern, aber auch und vor allem, um in dieser sehr schwierigen Zeit jungen Menschen Zukunftsperspektiven und Lösungen in Aussicht zu stellen. Wir haben all das bewertet, was bereits funktioniert, damit das, was funktioniert, auf alle anderen europäischen Länder, die das wünschen, übertragen wird.

Eine weitere Zielsetzung dieses heutigen Treffens bestand darin, alle Kredite bereitzustellen, die bereits bereitgestellt worden sind oder dann bereitgestellt werden, wenn dieser Plan für Jugendbeschäftigung umgesetzt wird. Gleichzeitig ging es um die Bereitstellung der Darlehen der Europäischen Investitionsbank. Dies geht in drei Richtungen.

Die erste Ausrichtung bezieht sich auf die berufliche Aus- und Fortbildung, die Lehre - all das, was es jungen Menschen ermöglichen kann, zusätzliche Berufsqualifikationen zu erwerben.

Die zweite Ausrichtung: Wir setzen uns für all das ein, was die Mobilität fördern kann. Es geht um berufliche Mobilität zugunsten von jungen Menschen, die einen Arbeitsplatz suchen. Wir wollen sie hin zu Berufen führen, wo es heute freie Stellen gibt. Denn wir wissen, dass es in vielen Branchen in jedem unserer Länder offene Stellen gibt, die vakant geblieben sind, die besetzt werden können. Es geht uns auch dabei um die Branchen der Zukunft. Wir müssen auch das Wachstum in diesen Branchen vorbereiten und fördern, damit dort neue Arbeitsplätze entstehen.

Es geht auch um die geografische Mobilität. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass junge Menschen umziehen und in anderen Ländern, fern von ihrem Heimatort, arbeiten können. Deshalb müssen wir sie begleiten. Wir müssen ihnen Anreize bieten, zum Beispiel durch die Wohnungsbaupolitik, durch eine Aufnahmepolitik, durch eine Politik, die auch darauf abzielt, bestimmte Kosten zu erstatten, die dabei für die jungen Menschen anfallen, wenn sie in ein anderes Land umziehen.

Darüber hinaus wollen wir die Gründung von eigenen Existenzen fördern. Wir wollen die Selbstständigkeit fördern. Vor allem wollen wir hierbei auch auf die Investitionsbank zurückgreifen und Kredite nutzen, die wir für Unternehmen bereitstellen können.

Da wir heute sehr gut gearbeitet haben, sind wir natürlich jetzt verpflichtet, einen weiteren Schritt zu tun und weiter voranzukommen. Alle europäischen Institutionen sind heute hier vertreten. Die meisten Staats- und Regierungschefs waren heute hier zugegen. Wenn sie nicht selbst zugegen waren, waren ihre Arbeits- und Sozialminister heute bei der Konferenz anwesend.

Darüber hinaus - das ist eine sehr gute Idee - haben wir heute auch die Leiter der öffentlichen Arbeitsmarktdienstleister und auch die Sozialpartner mit einbezogen. Deshalb gibt es für uns eine Ergebnisverpflichtung. Damit wir vorwärtskommen, hat Frankreich sich bereiterklärt, die Folgekonferenz, also die Konferenz, die auf die heutige folgt, auszurichten. Wir wollen bei der nächsten Konferenz nicht nur auf das hinweisen, was wir tun können, sondern wir wollen dann das überprüfen, was wir bereits geleistet haben werden und was wir noch in den kommenden Monaten zu leisten haben werden. Das ist eine Pflicht, die uns umtreibt. Diese Pflicht besteht darin, dass wir der Jugend Hoffnung geben. Das ist eine nationale Verpflichtung. Es ist eine europaweite Verpflichtung. - Herzlichen Dank!

Frage: Ich würde gerne wissen, ob sich diese Konferenz einen Zielwert gesetzt hat, etwa für die Reduzierung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa, anhand dem sie zu einem ganz konkreten Zeitpunkt sagen kann, ob man erfolgreich oder nicht erfolgreich gewesen ist, um auch dem Vorwurf vorzubeugen, dass diese Veranstaltung nur eine Showveranstaltung war.

BK’in Merkel: Wenn ich beginnen darf: Die drei Dokumente, die wir Ihnen zur Verfügung stellen - einmal die Schlussfolgerungen der Chefs der Arbeitsagenturen, die Schlussfolgerungen der Arbeitsminister und die Schlussfolgerungen, die wir aus unserer großen Konferenz gezogen haben -, zeigen schon, dass es ganz konkrete Maßnahmen gibt.

Wir werden bei der Folgekonferenz berichten können, was seitdem geschehen ist. Martin Schulz hat schon gesagt: Wir haben sehr große Erwartungen erweckt. Wir können nicht genau sagen - man sollte eigentlich nicht Dinge tun, die man nicht genau benennen kann -, was wir jetzt in der Kombination der Maßnahmen genau schaffen können. Unser Ziel ist doch vollkommen klar, nämlich dass die große hohe Jugendarbeitslosigkeit (auf ein niedrigeres Niveau) herunterkommen muss. In welchem Land das wie geschafft wird - mit Durchschnittswerten ist da auch nichts getan.

Wir werden Ihnen bei der nächsten Konferenz - ich glaube, das kann man zusagen - sagen, was wir ganz konkret seitdem geschafft haben. Das ist besser, als heute ein Versprechen abzugeben, das wir zum Schluss vielleicht nicht halten können.

BM’in von der Leyen: Ich glaube, ganz wichtig ist auch, dass wir unter den Arbeitsministern, aber auch unter den Arbeitsverwaltungen ein System etablieren, das auch Vergleiche untereinander zulässt: Wo hat etwas gut funktioniert? Warum hat es da gut funktioniert? Wo gibt es in anderen Regionen noch erhebliche Schwierigkeiten? Es geht also um ein Benchmarking, ein Benchlearning, darum, dass wir auch tatsächlich Transparenz hinsichtlich des europäischen Arbeitsmarktes schaffen, dass wir anhand der Fehler, aber auch der Erfolge voneinander lernen und dass wir das dann ganz konsequent zusammenbringen. Man sieht an den monatlichen Zahlen, die wir Arbeitsminister ja auch immer wieder auf dem Tableau haben, wo sich Erfolge abzeichnen, und dann kann man daraus lernen, was man investieren muss beziehungsweise was man in anderen Regionen tunlichst sein lassen sollte.

Es ist, glaube ich, eine der ganz großen Chancen Europas, dass wir durch die Freizügigkeit und durch den gemeinsamen Markt die Fähigkeit haben, untereinander aus guten Beispielen zu lernen. Was haben wir in Deutschland von der Arbeitsvermittlung der Holländer gelernt! Was haben wir von dem dänischen Modell gelernt! Was haben wir hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zum Beispiel von den Franzosen gelernt! So sind wir jetzt auch bereit, die Blaupause für die duale Ausbildung weiter hinauszutragen und die Mobilität nach vorne zu bringen. Das ist die ganz große Stärke des europäischen Arbeitsmarktes. Das ist auch die Frage, an der wir im globalen Arbeitsmarkt gemessen werden, nämlich ob wir dabei jetzt auch erfolgreich sind.

P Grybauskaitė: Ich würde gerne etwas im Namen der Präsidentschaft hinzufügen: Zwei Sitzungen werden stattfinden. Dazwischen werden Arbeiten vorgenommen werden. Wir werden sicherlich in der Lage sein, am Ende des Jahres eine Bestandsaufnahme vorzunehmen. Wir werden dann mit dem EP alle notwendigen parlamentarischen Programme verhandelt haben, um dann 2014 unsere Arbeitslosigkeitsbekämpfungsprogramme umzusetzen. Wir werden neue und weitere Möglichkeiten zur Zusammenführung der EU-Finanzierungsmöglichkeiten mit den Mitteln der EIB prüfen. Die EIB hat deutlich gemacht, dass diese Mittel wahrscheinlich schon im August oder ab August zur Verfügung stehen werden. Das heißt, wir werden konkrete Dinge tun können. Wir werden auch sehen, ob wir damit erfolgreich sind. Aber ohne ein echtes Engagement seitens der Mitgliedstaaten werden wir keine echten Ergebnisse sehen. Aber Sie werden diese Ergebnisse sehen.

Frage: Gab es zwischen Ihnen unterschiedliche Auffassungen, was den Spionageskandal in den Vereinigten Staaten angeht? Hat das Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen? Gibt es Auswirkungen auf die Europäische Union?

Herr Präsident aus Frankreich, man hat Ihnen Doppelzüngigkeit gegenüber den Vereinigten Staaten vorgeworfen. Es ging auch um den Überflug eines bolivianischen Flugzeuges. Man dachte, dass Edward Snowden in dem Flugzeug sitzt. Wir haben heute festgestellt - - -

StS Seibert: I said „One question“. One is one, now it’s two. I think we should stick with it!

Zusatzfrage: Deutschland hat gezeigt, dass im Bereich der Ökologie viele Arbeitsplätze geschaffen werden können. Sie haben, Herr Präsident aus Frankreich, Delphine Batho das Amt entzogen. Welche Signalwirkung hat dies?

BK’in Merkel: Ich glaube, wir haben über das erste Thema, das Sie aufgeworfen haben, bereits miteinander gesprochen. Der Präsident der Kommission kann dazu etwas sagen, und wir werden etwas ergänzen.

P Barroso: Was das transatlantische Handelsabkommen anbetrifft, möchte ich klar und deutlich sagen, dass die EU und die USA beide ein großes Interesse an einem erfolgreichen Verhandlungsabschluss haben. TTIP, wie wir das nennen, eröffnet uns allen ein großes Entwicklungspotenzial. Deshalb werden die Verhandlungen weiterhin eine hohe Priorität erfahren. Gleichzeitig wollen wir aber seitens der Europäer auch unsere Besorgnis hinsichtlich dieser Überwachungsmaßnahmen zum Ausdruck bringen. Deshalb werden wir auf europäischer Ebene über die Fragen des Datenschutzes sprechen.

Heute kann ich sagen, dass wir selbstverständlich der transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft verpflichtet bleiben. Wir schlagen aber vor, dass wir parallel dazu innerhalb der EU eine Arbeitsgruppe einrichten, die dann zusammen mit den Amerikanern über eine Überwachung der Tätigkeiten der Geheimdienste, Fragen des Datenschutzes und Fragen des Schutzes der Privatsphäre diskutieren.

(In einem Brief an den) Kommissar, der für einige dieser Themen verantwortlich ist, nämlich zum Beispiel für die Frage des Datenschutzes, hat der Generalbundesanwalt der USA ein Schreiben an Viviane Reding geschickt und deutlich gemacht, dass die USA bereit sind, baldmöglichst diese Arbeitsgruppen ins Leben zu rufen, die sich mit diesen Fragen befassen werden. Das heißt, wir erwarten jetzt, dass sich diese zwei Gruppen, die EU-Gruppe und die US-Gruppe - auf europäischer Seite wird nicht nur die Kommission, sondern werden natürlich auch Geheimdienstexperten vertreten sein -, baldmöglichst treffen, damit wir dann parallel zu den Handelsverhandlungen über diese Fragen diskutieren können. Denn diese transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft ist von großer Bedeutung für uns. Das ist ein sehr ehrgeiziges Projekt, und wir wollen erfolgreich sein. Aber um erfolgreich zu sein, muss zwischen den Partnern Vertrauen herrschen, und Vertrauen gibt es sicherlich besser, wenn einige dieser sehr ernstzunehmenden Fragen dann auch geklärt werden.

Ich freue mich sagen zu können, dass die anderen hier vertretenen EU-Institutionen sowie Frankreich und Deutschland diesen Ansatz voll und ganz unterstützen. Gemäß der Verträge - das dürfte Ihnen bekannt sein - obliegt diese Frage der Verantwortlichkeit der Kommission. Wir haben von den Mitgliedstaaten das Mandat erhalten, diese Verhandlungen zu beginnen. Wir werden uns an das Mandat halten. Aber der Zeitplan und der Zeitrahmen obliegen der Verantwortung der Gemeinschaft insgesamt. Die EU wird Sorge dafür tragen, dass das auch eingehalten wird. Wir haben aber die volle Unterstützung der Mitgliedstaaten für diesen Ansatz. Es geht hierbei um Fragen von großer Bedeutung für die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten.

BK’in Merkel: Ich möchte das unterstreichen. Wir sind ja alle - das ist in unseren Gesprächen heute auch deutlich geworden - sehr über bestimmte Aktivitäten besorgt, die stattgefunden haben oder hinsichtlich derer zumindest geklärt werden muss, ob sie stattgefunden haben. Deshalb beachte ich es als ein sehr wichtiges Angebot der Vereinigten Staaten, sehr schnell zwei Arbeitsgruppen einzusetzen. Wir sind uns auch einig, dass wir diese Arbeitsgruppen bilden wollen. Die Zeit drängt. Deshalb, finde ich, es ist eine richtige Idee, zu sagen: Parallel zu dem Beginn der Handelsverhandlungen zu TTIP, die die Europäische Kommission im Auftrag der Mitgliedstaaten mit den Vereinigten Staaten von Amerika führt, werden auch diese Arbeitsgruppen ihre Arbeit aufnehmen.

Die europäische Seite ist dazu bereit, die notwendigen Personalentscheidungen auch innerhalb der notwendigen Zeit zu fällen. Da „baldmöglichst“ von der amerikanischen Seite angeboten wird, gehe ich davon aus, dass eine solche Parallelität auch erreichbar ist. Ich bin sehr froh, dass wir diese Gemeinsamkeit gefunden haben und damit auch eine politische Gemeinsamkeit jenseits aller legalen Zuständigkeiten aufbauen können.

P Hollande: Die Handelsverhandlungen fallen in die Zuständigkeit der Europäischen Kommission. Es ist jedoch zu Vorfällen gekommen - jedenfalls bitten wir um eine Überprüfung -, die natürlich Fragen in allen betroffenen Ländern aufwerfen. Sie fragen sich, ob sie überwacht worden sind oder vielleicht sogar noch mehr. Diese Länder haben das Gefühl, dass möglicherweise persönliche beziehungsweise personenbezogene Daten verwendet worden sind. All das rechtfertigt es, dass Erklärung gegeben wird und dass Informationen gegeben werden.

Frankreichs Haltung - das entspricht auch dem Sinn der Ausrichtung dieses Abkommens - ist, dass es unserer Ansicht nach nicht sein kann, dass Handelsverhandlungen eingeläutet werden, wenn nicht auch gleichzeitig - zum gleichen Termin, zum gleichen Datum - mit den Vereinigten Staaten von Amerika Diskussionen und Überprüfung im Hinblick auf die Aktivitäten der amerikanischen Geheimdienste in unserem Land sowie in Bezug auf die mögliche Verwendung von personenbezogenen Daten durchgeführt werden. Das ist der Sinn, den wir diesem Abkommen verleihen wollen. Dieses Abkommen ist natürlich ein Kompromiss. Ich halte es aber für einen richtigen Kompromiss. Das bedeutet, dass es Handelsverhandlungen gibt, dass diese Handelsverhandlungen aber nur dann begonnen werden können, wenn parallel dazu - zum gleichen Zeitpunkt, zum gleichen Datum - diese Diskussionen über die Überprüfung der Tätigkeiten der amerikanischen Geheimdienste und die mögliche Verwendung von personenbezogenen, privaten Daten geführt werden.

Was Ihre dritte Frage angeht, so habe ich den Sinn nicht ganz verstanden. Aber ich möchte gern Ihre zweite Frage beantworten: Es wurden gegensätzliche, widersprüchliche Informationen über die Identität der Personen gestreut, die sich an Bord eines Flugzeuges oder von zwei Flugzeugen befanden. Diese Flugzeuge wollten Frankreich überfliegen. Sobald ich in Erfahrung gebracht hatte, dass es sich um das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten handelte, habe ich ihm sofort eine Überfluggenehmigung erteilt!

Frage: Ich möchte nach dieser Idee fragen, die Frau von der Leyen angesprochen hat, also dieses frische Geld, das von der Europäischen Investitionsbank kommen soll, diese 6 Milliarden Euro. Unter welchen Bedingungen sollen die direkt an die kleinen und mittleren Unternehmen fließen? Wie kommt das Geld an die Länder, die es jetzt dringend brauchen?

BM’in von der Leyen: Wenn mich nicht alles täuscht, liegt in Ihrer Presseunterlage auch eine schematisierte Aufzeichnung darüber, wie der Weg von der Europäischen Investitionsbank zu den kleinen und mittleren Unternehmen schlussendlich sein kann. Das haben wir vorbereitet, und ich hoffe, dass das tatsächlich auch in der Pressemappe liegt.

Für die Europäische Investitionsbank sind zwei Dinge wichtig, erstens das Thema, das jetzt schon öfter angeklungen ist, nämlich direktes Investitionskapital für kleine und mittlere gesunde Unternehmen, die oft in Zukunftsbranchen sind - die Nano Technologie in Spanien ist ein typisches Beispiel dafür - und die hochproduktiv wären, wenn sie Investitionskapital hätten und dann auch zukunftsträchtige Arbeitsplätze zur Verfügung stellten. Das ist die Hauptaufgabe der Europäischen Investitionsbank.

Für uns Arbeitsminister war aber auch die gute Nachricht, dass die Europäische Investitionsbank sehr wohl auch ein Mandat hat, in Ausbildung und Weiterbildung zu investieren. Das bedeutet konkret, nicht nur in Schulgebäude, sondern zum Beispiel auch in das Programm „Train the trainer“ zu investieren, also in die Förderung der Ausbildung derjenigen, die dann nachher die duale Ausbildung leisten.

Für uns ist die dritte gute Nachricht gewesen - es gab einige Mitgliedstaaten, die beklagten, dass es immer eine Zeitspanne lang dauert, bis die Mittel aus dem Europäischen Strukturfonds ankommen, und sie brauchen jetzt Hilfe -, dass die Europäische Investitionsbank sagte: Sie kann durchaus die Brückenfinanzierung machen, bis die Mittel aus dem Europäischen Strukturfonds tatsächlich auch in den jeweiligen Ländern ankommen. Das ist für die Praktiker vor Ort, die die Probleme kennen, wenn es darum geht, dann auch tatsächlich in der Region oder in der Stadt die Programme zu bekommen, eine ganz, ganz gute Nachricht. Deshalb ist die wichtige Botschaft auch: 6 Milliarden Euro pro Jahr, jedes Jahr, in den nächsten drei Jahren und ab August!

BK’in Merkel: In den Materialien, die hier verteilt worden sind, ist ganz dezidiert beschrieben, wie das geht.

StS Seibert: Dann danke ich Ihnen allen und wünsche noch einen schönen Abend!