Keine Distanzierung von Armenien-Resolution

Bundesregierung stellt klar Keine Distanzierung von Armenien-Resolution

Die Bundesregierung distanziere sich "überhaupt nicht" von der Armenien-Resolution des Bundestages, so Kanzlerin Merkel in einem TV-Interview. Jedoch seien diese Resolutionen politische Äußerungen und rechtlich nicht bindend. "Und das ist in den Gesprächen mit der Türkei auch deutlich gemacht worden", sagte Merkel.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte in einem Interview mit dem TV-Sender n-tv klar, dass die Bundesregierung sich "überhaupt nicht" von der Armenien-Resolution des Bundestages distanziert. "Das will ich ausdrücklich dementieren", so Merkel. "Jedes Parlament und allemal der Bundestag haben das Recht, solche Resolutionen zu verabschieden, und das ist in den Gesprächen mit der Türkei auch deutlich gemacht worden."

Deutlich gemacht, was eine Bundestagsresolution ist

"Was wir in Gesprächen mit der Türkei deutlich gemacht haben, ist, was ist eine Bundestagsresolution?", erläuterte Merkel. "Es ist eine politische Äußerung." Und die Homepage des Deutschen Bundestages ordne Gesetze und Resolutionen auch selber ein. Auf diese Homepage habe die Bundesregierung verwiesen und gesagt, die seien nicht rechtlich bindend. Diese Resolutionen seien politische Äußerungen.

Merkel verwies darauf, dass sie selbst Mitglied des Deutschen Bundestages ist. Und ein Verfassungsorgan wie die Bundesregierung werde sich auch nicht zu dem äußern, was der Bundestag gemacht habe.

Bundestag hat sein souveränes Recht ausgeübt

Auch Regierungssprecher Steffen Seibert betonte am Freitag, dass es der Bundesregierung nicht zustehe, sich in die Zuständigkeiten eines anderen Verfassungsorgans einzumischen und sich wertend zu äußern. "Der Bundestag hat das Recht und die Möglichkeit, sich zu jedem Thema zu äußern, wann immer er das für richtig hält", so Seibert in der Regierungspressekonferenz in Berlin. Von einer Distanzierung der Bundesregierung von der Armenien-Resolution des Bundestags "kann keine Rede sein".

Die Bundesregierung unterstütze und verteidige dieses "souveräne Recht der deutschen Volksvertretung". Dieses habe der Bundestag auch im Fall der Armenien-Resolution ausgeübt. Das Wort "Völkermord" habe in der Tat rechtlich eine ganz bestimmte "Legaldefinition", und dies werde von den zuständigen Gerichten ausgelegt und festgestellt.

Begriff des "Genozid": Die Bundesregierung stellt für den rechtlichen Begriff des Völkermords auf die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes vom 9. Dezember 1948 ab. Für die Bundesrepublik Deutschland ist sie seit dem 22. Februar 1955 in Kraft. Sie gilt nicht rückwirkend.

Enge Verbindungen zwischen Deutschland und der Türkei

Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, betonte die engen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei. Die Beziehungen zur Türkei "sind uns auf Grund der Vielzahl von politischen, aber auch wirtschaftlichen, kulturellen und vor allem menschlichen Verbindungen zwischen unseren beiden Staaten sehr wichtig", so Schäfer. "Wir setzen uns dafür ein, dass sie sich gut entwickeln."

Die Bundesregierung begrüße es sehr, dass die Türkei bald einen neuen Botschafter nach Berlin entsenden werde. "Ebenso freuen wir uns über eine Wiederbelebung des politischen Besucherverkehrs zwischen unseren beiden Staaten", so der Sprecher des Auswärtigen Amtes.

Besuch von Abgeordneten in Incirlik "selbstverständlich"

Zu einem Besuch von Bundestagsabgeordneten im türkischen Incirlik erklärte Schäfer, dass die Bundesregierung immer deutlich gemacht habe, dass es ein "Ding der Selbstverständlichkeit" sei, dass Abgeordnete eines demokratisch gewählten Parlamentes die Bundeswehr und ihre Soldaten besuchen können müssen. Deutschland habe eine Parlamentsarmee. "Deshalb hoffen wir, und gehen auch davon aus, dass es in Kürze" möglich sein werde, dass Abgeordnete des Deutschen Bundestages die Bundeswehrsoldaten in Incirlik besuchen können.

Auszug aus Resolution des Deutschen Bundestages
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
– im Geiste der Debatte des Deutschen Bundestages vom 24. April 2015 zum 100. Jahrestag weiterhin zu einer breiten öffentlichen Auseinandersetzung mit der Vertreibung und fast vollständigen Vernichtung der Armenier 1915/1916 sowie der Rolle des Deutschen Reiches beizutragen,
– die türkische Seite zu ermutigen, sich mit den damaligen Vertreibungen und Massakern offen auseinanderzusetzen, um damit den notwendigen Grundstein zu einer Versöhnung mit dem armenischen Volk zu legen,
– sich weiterhin dafür einzusetzen, dass zwischen Türken und Armeniern durch die Aufarbeitung von Vergangenheit Annäherung, Versöhnung und Verzeihen historischer Schuld erreicht werden,
– weiterhin wissenschaftliche, zivilgesellschaftliche und kulturelle Aktivitäten in der Türkei und in Armenien zu unterstützen und im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel zu fördern, die dem Austausch und der Annäherung sowie der Aufarbeitung der Geschichte zwischen Türken und Armeniern dienen.