Große Verantwortung für türkische Regierung

Verfassungsreferendum Große Verantwortung für türkische Regierung

"Der knappe Ausgang der Abstimmung zeigt, wie tief die türkische Gesellschaft gespalten ist", so Kanzlerin Merkel und Außenminister Gabriel in einer gemeinsamen Erklärung zum Referendum in der Türkei. Die Bundesregierung messe der Einschätzung internationaler Wahlbeobachter hohe Bedeutung bei.

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Der knappe Ausgang des Referendums bedeute "große Verantwortung für die türkische Staatsführung und für Präsident Erdogan persönlich", erklärten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Sigmar Gabriel am Montag.

Beim Verfassungsreferendum zur Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei lauteten 51,4 Prozent der abgegebenen Stimmen auf "Ja" und bekundeten damit ihre Zustimmung. 48,6 Prozent der Wähler votierten mit "Nein" und lehnten eine entsprechende Änderung der türkischen Verfassung ab. Die Wahlbeteiligung lag bei 84 Prozent. Diese Zahlen wurden als vorläufiges Endergebnis von der türkischen Wahlkommission bekannt gegeben.

Respektvoller Dialog wichtig

Die Bundesregierung erwarte, "dass die türkische Regierung nun nach einem harten Referendumswahlkampf einen respektvollen Dialog mit allen politischen und gesellschaftlichen Kräften des Landes sucht".

Merkel und Gabriel dankten im Namen der Bundesregierung der OSZE-Wahlbeobachtermission für ihre Arbeit im Vorfeld und während des Referendums. Der abschließenden Einschätzung der OSZE-Wahlbeobachter solle nicht vorgegriffen werden. "Die Bundesregierung misst dieser Bewertung besondere Bedeutung bei", bekräftigten beide.

So habe der Leiter des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte, Michael Link, bereits in der vergangenen Woche Zweifel an der Gewährleistung fairer Bedingungen für das Referendum geäußert.

Keine Zweifel an Einschätzung der Wahlbeobachter

Die Bundesregierung habe keine Veranlassung, das von den Wahlbeobachtern der OSZE und des Europarates nach der Wahl Gesagte in Zweifel zu ziehen. Das bekräftigte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, am Mittwoch in der Regierungspressekonferenz in Berlin: "Wir halten das für sauber recherchiert, anständig beobachtet und wir nehmen das ernst."

Sowohl in der Türkei als auch von Wahlbeobachtern gebe es ernsthafte Kritik an Entscheidungen, die die Wahlkommission getroffen hat. Die Wahlbeobachter hätten dies zur Sprache gebracht, so Schäfer. Wie die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer betonte, müsse die türkische Regierung die von den Wahlbeobachtern aufgeworfenen Fragen klären.

Türkische Regierung muss Europarat-Bedenken beachten

Kanzlerin Merkel und Außenminister Gabriel äußerten sich auch zur Situation im Vorfeld des Referendums: "Die Bundesregierung ruft in Erinnerung, dass die Venedig-Kommission des Europarats gravierende Bedenken sowohl hinsichtlich des Verfahrens als auch der Inhalte dieser Verfassungsreform geäußert hat. Als Mitglied des Europarats, der OSZE und als EU-Beitrittskandidat, der den Kriterien der EU von Kopenhagen zu Demokratie und Grundrechtsschutz verpflichtet ist, muss die türkische Regierung diesen Bedenken Rechnung tragen".

Über die angesprochenen Aspekte müssten "schnellstmöglich politische Gespräche mit der Türkei stattfinden, sowohl auf bilateraler Ebene als auch zwischen den europäischen Institutionen und der Türkei", so Merkel und Gabriel weiter.