Gemeinsame Presseerklärung von Bundeskanzlerin Merkel, des OECD-Generalsekretärs Gurría, der geschäftsführenden Direktorin des IWF, Lagarde, des Präsidenten der Weltbankgruppe, Kim, des Generaldirektors der IAO, Ryder, und des Generaldirektors der WTO, Azevêdo, anlässlich ihres Treffens am 11. März 2015

Gemeinsame Presseerklärung von Bundeskanzlerin Merkel, des OECD-Generalsekretärs Gurría, der geschäftsführenden Direktorin des IWF, Lagarde, des Präsidenten der Weltbankgruppe, Kim, des Generaldirektors der IAO, Ryder, und des Generaldirektors der WTO, Azevêdo, anlässlich ihres Treffens am 11. März 2015

in Berlin

  • Pressemitteilung 99
  • Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA)

Das weltweite Wachstum stieg im letzten Jahr erneut an und hat zuletzt durch die fallenden Erdölpreise zusätzliche Impulse erhalten. Einige Regionen leiden jedoch noch immer unter einem schleppenden Wachstum. Laut dem aktualisierten IWF-Bericht zu den globalen Konjunkturaussichten vom Januar wird ein Wachstum der Weltwirtschaft um 3,5 % im Jahr 2015 und um 3,7 % im Jahr 2016 erwartet. Die IAO erwartet, dass die Zahl der Arbeitslosen weltweit um 3 Millionen steigt. Im September 2014 korrigierte die WTO ihre Prognose für das Wachstum des Welthandels nach unten, und zwar auf moderate 3,1 % für 2014 und etwas höhere 4,0 % für 2015. Geopolitische Risiken haben in verschiedenen Regionen der Welt zugenommen und stellen eine erhebliche Belastung für die weltweite Wirtschaftsentwicklung dar.

In einer Zeit moderater und unsicherer Wachstumsaussichten müssen die Regierungen Reformen und proaktive Maßnahmen verstärken, um den Aufschwung zu unterstützen und Wachstum zu sichern. Ehrgeizige Reformen können dabei helfen, produktivere, dynamischere und inklusivere Volkswirtschaften und Gesellschaften aufzubauen. Laut dem jüngsten OECD-Bericht "Going for Growth" haben die seit Beginn des letzten Jahrzehnts umgesetzten Reformen dazu beigetragen, das potenzielle Pro-Kopf-BIP in den einzelnen Ländern durchschnittlich um rund 5 % anzuheben. Gleichzeitig haben neue Arbeiten gezeigt, dass die zunehmende Ungleichheit in vielen Ländern mehr Aufmerksamkeit erfordert.

Die G7-Staaten als Wertegemeinschaft und Schlüsselakteure der Weltwirtschaft tragen diesbezüglich eine besondere Verantwortung. Deutschland ist entschlossen, seine G7-Präsidentschaft 2015 zu nutzen, um Kernfragen der Außen-, Sicherheits-, Klima-, Handels- und Entwicklungspolitik zu beraten und neue Initiativen in den Bereichen Umwelt-, Energie- und Gesundheitspolitik sowie die Teilhabe von Frauen voranzubringen.

Unsere gemeinsame Strategie der internationalen wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit hat die Folgen der Krise abgemildert, neue Standards gesetzt und Wachstumschancen gefördert. Die institutionelle wie auch die informelle Vernetzung von Regierungen, internationalen Organisationen und anderen Akteuren hat sich im Verlauf dieses Prozesses verstärkt. Wir begrüßen die laufende Zusammenarbeit zwischen IWF, Weltbankgruppe, IAO, OECD und WTO, insbesondere in folgenden Bereichen:

• Die Stärkung der Wachstumsaussichten hat weiterhin oberste Priorität. Wir begrüßen die fortwährenden Bemühungen vieler Länder des Euro-Raums, die Produktivität zu steigern, die Beschäftigungsquote zu erhöhen und die Haushaltslage zu verbessern. Es ist wichtig, Investitionen anzukurbeln und den jüngsten Trend, insbesondere den Rückgang ausländischer Direktinvestitionen, umzukehren. Der neue Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) wird durch die Förderung von Investitionen und Wachstumsaussichten in Europa zu diesem Ziel beitragen. Dennoch sind weitere Anstrengungen, vor allem in Bezug auf die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen, soziale Inklusion, Strukturreformen und wachstumsfreundliche Konsolidierung in allen Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets weiterhin dringend geboten. Die Förderung von Innovationen, Verbesserung der Bildungs- und Gesundheitssysteme, Steigerung der Produktivität, Verringerung sozialer Ungleichheiten und die Stärkung der Produkt- und Arbeitsmärkte sind wichtige politische Ziele, die durch die Umsetzung einer ehrgeizigen Reformagenda erreicht werden sollen.

• Die Bemühungen zur Erhöhung der Beschäftigungsraten müssen verstärkt werden, wobei besonderes Augenmerk auf die Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit gelegt werden muss. Grundlage hierfür bilden die Agenda für menschenwürdige Arbeit der IAO, der auf der Internationalen Arbeitskonferenz (IAK) 2009 beschlossene Globale Beschäftigungspakt, der auf der IAK 2012 beschlossene Aufruf zum Handeln gegen Jugendarbeitslosigkeit sowie der Jugendaktionsplan, die Gleichstellungsinitiative und die Initiative für integratives Wachstum der OECD. Es bleibt unser Ziel, all jenen gute und sichere Arbeitsbedingungen, steigende Einkommen und wirkliche Zukunftsaussichten zu ermöglichen, die arbeiten wollen, und dabei zugleich die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern.

• Der Handel bleibt eine wichtige Triebkraft für globales Wachstum sowie die weltweite Entwicklung und Beschäftigung. Wir begrüßen das Bali-Paket der WTO von 2013 einschließlich des Übereinkommens über Handelserleichterungen, das jetzt umgesetzt wird. 2015 muss der Schwerpunkt darauf liegen, bis Juli ein Arbeitsprogramm zu beschließen, um die Doha-Runde voranzubringen und so den Grundstein für eine erfolgreiche zehnte WTO-Ministerkonferenz im Dezember zu legen. Darüber hinaus müssen wir offen für neue Ideen sein, die die Arbeit der WTO voranbringen. Zwar bleibt die Öffnung des multilateralen Handels der beste Weg, um neue Chancen auf den globalen Märkten zu schaffen, doch begrüßen wir auch die laufenden Bemühungen um den Abschluss neuer bilateraler und regionaler Freihandelsabkommen. Dazu zählen die Transpazifische Partnerschaft und die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft, die 2015 erhebliche Fortschritte machen sollen. Damit sie das multilaterale Handelssystem gut ergänzen, sollten diese Abkommen offen, transparent und umfassend ausgestaltet werden und möglichst wenig zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern diskriminieren.

• Der Klimawandel und der Schutz der natürlichen Ressourcen bleiben wesentliche Herausforderungen unserer Zeit. Alle internationalen Organisationen bekennen sich dazu, den Klimawandel zu bekämpfen und grünes Wachstum zu fördern, und arbeiten diesbezüglich im Rahmen ihrer Mandate zusammen. Wir sind uns bewusst, dass das Jahr 2015 mit der Konferenz der Vertragsstaaten der Rahmenkonvention der Vereinten Nationen über Klimaänderungen in Paris im Dezember, auf der ein umfassendes, ehrgeiziges und wirksames Abkommen zum Abschluss gebracht werden muss, von entscheidender Bedeutung für die Klimapolitik ist.

• Die Ausarbeitung einer übergreifenden Agenda für den Zeitraum nach 2015 bietet die einmalige Chance, unseren Einsatz dafür, extreme Armut und Hunger bis 2030 zu beseitigen, zu verstärken, und ein Rahmenwerk für nachhaltige Entwicklung zu schaffen. Dabei liegt die zentrale Herausforderung darin, eine Agenda zu erarbeiten, die umsetzbar ist und die drei Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung – Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt – einschließt. Zentrales Ziel der Agenda für nachhaltige Entwicklung nach 2015 sollte es sein, die Lebens- und Arbeitsbedingungen aller Menschen weltweit zu verbessern und die natürlichen Ressourcen wie auch das Weltökosystem zu schützen, welche die Grundlage des Lebens auch künftiger Generationen bilden. Wir werden die Erarbeitung dieser ehrgeizigen Agenda in den Vereinten Nationen unterstützen. Dazu bedarf es nachdrücklichen politischen Engagements und entschlossenen Handelns auf allen Ebenen und durch alle Beteiligten. In diesem Zusammenhang sehen wir der Dritten Konferenz für Entwicklungsfinanzierung vom 13. bis 16. Juli 2015 in Addis Abeba, Äthiopien, erwartungsvoll entgegen.

• Der Ausbruch der Ebola-Epidemie hat deutlich gezeigt, dass die Weltgemeinschaft, ungeachtet der beträchtlichen Unterstützung für die betroffenen Länder durch die internationale Gemeinschaft, nicht über ein angemessenes internationales Krisenmanagement für weltweite Gesundheitskrisen verfügt und sie schneller und koordinierter agieren muss. Deutschland hat daher eine Initiative auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse vorgeschlagen, die innerhalb der G7 aufgegriffen wird. Für die Bewältigung dieser Aufgabe bedarf es entschlossenen Handelns durch alle einschlägigen Akteure und Institutionen.

Die Pressemitteilung auf Englisch finden Sie hier.

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