G20-Staaten beraten in Cannes

Weltwirtschaftliche Entwicklung G20-Staaten beraten in Cannes

Die Weltwirtschaft, die Reform des Weltwährungssystems und die Finanzmarktregulierung: Das sind die drei großen Themenblöcke für den G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 3. und 4. November in Cannes. Im Zentrum der Diskussion steht die aktuelle weltwirtschaftliche Entwicklung.

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Alle Maßnahmen zur Stabilisierung der gemeinsamen europäischen Währung werden zentrale Gesprächsthemen sein. Die führenden Wirtschaftsnationen der Welt haben ein starkes Interesse an einem starken und stabilen Euro.

Die G20 sind dem gemeinsamen Ziel verpflichtet, starkes, nachhaltiges und ausgewogenes Wachstum zu schaffen. Zentrale Elemente sind dabei aus deutscher Sicht: glaubwürdige Haushaltskonsolidierung, Strukturreformen und Wechselkursflexibilisierung. Auch Handelsliberalisierung (Abschluss der Doha-Runde) wäre ein wichtiger Beitrag zur Erholung der Weltwirtschaft.

Doha-Runde:

Vom 9. bis 13. November 2001 trafen sich die Mitglieder der World Trade Organisation (WTO) auf ihrer vierten Ministerkonferenz im Golfstaat Katar, um eine neue multilaterale Liberalisierungsrunde ins Leben zu rufen. Die dort begonnenen und derzeit noch laufenden Verhandlungen werden als Doha-Runde oder auch Doha-Entwicklungsagenda (Doha Development Agenda - DDA) bezeichnet. Ziel ist es, umfassende Handelserleichterungen vor allem für Industrie- und Agrarprodukte sowie für Dienstleistungen (GATS) zu erreichen. Weitere wichtige Verhandlungsthemen betreffen Handelsregeln zu Antidumping und Subventionen oder besondere Erleichterungen für Umweltgüter sowie die Vereinfachung von Zollabfertigungsverfahren. Ein wichtiger Schwerpunkt der neuen Runde ist auch die verbesserte Integration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft durch eine Sonder- und Vorzugsbehandlung dieser Staaten.

Haushaltskonsolidierung

Aus Sicht der Bundesregierung, ist es wichtig, dass die G20 an ihren Zielen zur Haushaltskonsolidierung glaubwürdig festhält.

Das heißt insbesondere, die Toronto-Ziele, also die Halbierung der Haushaltsdefizite bis 2013 und die Stabilisierung des Staatsschuldenstandes bis 2016, auch einzuhalten. Die in Deutschland existierenden verfassungsrechtliche Schuldenbremse findet zunehmend Gefolgschaft.

Reform des internationalen Währungssystems

Der zweite Themenblock für den Gipfel ist die Reform des internationalen Währungssystems. Dieses basiert auf folgenden Grundelementen: Wechselkursen, die den ökonomischen Fundamentaldaten entsprechen, und einem freien Kapitalverkehr, der eine international effiziente Kapitalallokation sicherstellt.

Die G20 hat zu Beginn der französischen G20-Präsidentschaft eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die Deutschland und Mexiko leiten. Ziel ist es, das internationalen Währungssystem stabiler zu machen und es an veränderte weltwirtschaftliche Gewichte anzupassen.

Die Bundeskanzlerin wird zu den Ergebnissen dieser G20-Arbeitsgruppe beim Gipfel vortragen.

Finanzmarktregulierung fortsetzen

Ein weiteres wichtiges Thema des G20-Gipfels ist die Finanzmarktregulierung. Die G20 wollen sie verschärfen. Im Fokus stehen in Cannes vor allem die Regulierung von so genannten systemrelevanten Finanzinstituten (SIFIs) und Schattenbanken sowie die Regulierung von Derivaten. Deutschland tritt für eine weltweite Transaktionssteuer ein.

Systemrelevanten Finanzinstituten (SIFIs)

SIFIs, ist das, was als das Thema "too big to fail" begann. Dabei geht es darum, wie solche Institutionen besser beaufsichtigt werden können. Wie kann die Verlusttragfähigkeit erhöht werden? Und wie können solche Institutionen notfalls restrukturiert oder abgewickelt werden, ohne dass dies zu Verwerfungen des globalen Finanzsystems führt?

Die Arbeiten haben sich in der ersten Stufe auf Banken konzentriert. Eine Liste wird 29 global systemrelevante Banken enthalten. Diese Banken müssen zusätzliche Kapitalanforderungen, die zu den Kapitalschwellen von Basel III hinzu kommen, von 1 bis 2,5 Prozentpunkten erfüllen. Es gibt sogar eine Stufe, in der ein Plus von 3,5 Prozentpunkten als Aufschlag zu erfüllen sein würde. Diese Stufe ist zurzeit von keiner Bank besetzt. Das soll ein negativer Anreiz sein, die Systemrelevanz nicht weiter zu vergrößern. Das heißt, wenn irgendeine dieser 29 Banken deutlich weiter wächst, rutscht sie in die oberste Zuschlagsstufe von 3,5 Prozent.

Die Umsetzung dieser Regelung soll ab 2016 schrittweise greifen und 2019 vollständig wirksam werden. Weiter enthalten sind Kernelemente für Abwicklungsregime für solche Banken. Das ist der Ansatz für sogenannte globale systemrelevante Banken. Das soll im Jahre 2012 auf so genannte nationale systemrelevante Finanzinstitutionen übertragen werden.

Am 12. September 2010 haben die Chefs der Notenbanken und Aufsichtsbehörden von 27 Staaten im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht neue Kapital- und Liquiditätsvorschriften für Bankeninstitute beschlossen. Die neuen Eigenkapitalregeln, auch Basel III genannt, ziehen die Lehren aus der Finanzmarktkrise und sollen dazu führen, dass Banken sich im Krisenfall aus eigener Kraft stabilisieren und retten können.

Was ist Basel III?

Weitere wichtige Themen

Weitere wichtige Themen des Gipfels sind die Reduktion der Preisschwankungen bei Rohstoffen und die Verbesserung der Widerstandsfähigkeit und Stabilität des internationalen Währungssystems.

Deutschland setzt sich dafür ein, die Rohstoffthematik im G20-Rahmen auch für den Dialog über offene Märkte, den Abbau von Handelshemmnissen und die Nachhaltigkeit im Rohstoffsektor zu nutzen.

Vom G20-Gipfel sollte zudem ein Signal zur Unterstützung der UN-Klimakonferenz in Durban ausgehen.

Die Gruppe der Zwanzig (G 20)

Die G 20 ist ein informeller Zusammenschluss der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer: Australien, Russland, Argentinien, Brasilien, China, Indien, Indonesien, Mexiko, Saudi Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, USA, Kanada, Japan, Europäische Union und Bretton Woods Institutionen. 2004 war die letzte deutsche Präsidentschaft.

Seit Gründung der G 20 treffen sich regelmäßig die Finanzminister und Notenbankgouverneure der Mitglieder; seit November 2008 finden zusätzlich auch Treffen der Staats- und Regierungschefs statt.